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VwGH vom 23.01.1992, 91/06/0190

VwGH vom 23.01.1992, 91/06/0190

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des L in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ve-551-540/5, betreffend Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S vom wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 40 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung die Fortsetzung der Arbeiten an einem bewilligungspflichtigen Bauwerk auf der Gp. n1, KG S untersagt. Mit einem weiteren Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S vom wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, das Bauwerk innerhalb von zehn Tagen ab Zustellung des Bescheides zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Bauwerk sei bewilligungpflichtig, jedoch ohne Vorliegen einer entsprechenden Baugenehmigung erstellt worden, innerhalb der Frist von einem Monat gemäß § 40 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung sei auch um keine Genehmigung angesucht worden. Der Abbruch sei umsomehr aufzutragen, als sich Teile des Bauwerkes auf fremdem Grund befänden und eine ausdrückliche Zustimmung des Grundnachbarn nicht vorliege. Dieser Bescheid erging nach seiner Zustellverfügung sowohl an den Beschwerdeführer als auch an Dr. A, Rechtsanwalt in Z. In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung brachten die einschreitenden Rechtsanwälte vor, der Bescheid vom habe keinerlei rechtliche Bedeutung, der Beschwerdeführer habe die Arbeiten bereits fertiggestellt, weshalb der Bescheid auf Unterlassung der Fortsetzungsarbeiten von vornherein ohne jegliches rechtliches Substrat gewesen sei. Die Behörde irre, wenn sie annehme, daß das Objekt bewilligungspflichtig gewesen sei, es handle sich um einen Geräteschuppen, der mit dem Erdboden nicht verbunden sei. Die Behauptung, daß Teile des Bauwerkes auf fremdem Grund stünden und eine ausdrückliche Zustimmung des Grundnachbarn nicht vorliege, sei unzutreffend. Mit Bescheid vom hat der Vorstand der Gemeinde S die Berufung des einschreitenden Rechtsanwaltes gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom als verspätet zurückgewiesen. Dieser Bescheid ist offensichtlich rechtskräftig geworden.

Mit Schreiben vom , gerichtet an den Beschwerdeführer, wies die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel den Beschwerdeführer darauf hin, daß mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S vom der Auftrag zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes auf der Gp. n1, KG S verfügt worden sei. Der Bescheid des Bürgermeisters vom sei rechtskräftig und vollstreckbar. Es werde dem Beschwerdeführer bis zum Zeit gegeben, das angeführte Bauwerk zu entfernen, da ansonsten der zwangsweise Abbruch des Bauwerkes auf Kosten des Beschwerdeführers veranlaßt würde. Dieses Schreiben war an den Beschwerdeführer gerichtet und wurde von ihm am übernommen.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom wurde die mit Schreiben vom angedrohte Ersatzvornahme angeordnet. Dieser Bescheid wurde ebenfalls an den Beschwerdeführer zugestellt und wurde von ihm am übernommen. In der dagegen eingebrachten Berufung wurde vorgebracht, die Überschrift des Bescheides laute "Bescheid über die Vorauszahlung der Kosten einer Ersatzvornahme", Kosten seien jedoch nicht verlangt worden. Sohin sei der Bescheid in sich widersprüchlich und daher rechtswidrig. Der Bescheid stütze sich auf einen nichtigen Bescheid der Gemeinde S. Der Gemeinde seien offensichtlich die Vertretungsverhältnisse noch immer nicht bekannt, obwohl Rechtsanwalt Dr. A bereits seit über einem Jahr als Vertreter des L in den Akten der Gemeinde aufscheine.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, im Vollstreckungsverfahren könne eine Berufung nur aus den im § 10 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VVG) angeführten Gründen erhoben werden, keiner dieser Gründe liege vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VVG) kann die Berufung gegen einen nach diesem Gesetz erlassene Vollstreckungsverfügung nur ergriffen werden, wenn


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a)
die Vollstreckung unzulässig ist oder
b)
die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder
c) die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit der Vorschrift des § 2 im Widerspruche stehen.

Wie dem vorgelegten Verwaltungsakt zu entnehmen ist, wurden die Bescheide vom und vom jeweils vom Bürgermeister der Gemeinde S erlassen. Dieser ist gemäß § 50 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1988, Baubehörde erster Instanz und war somit zur Erlassung der genannten Bescheide zuständig. Die Beschwerderüge, es lasse sich nicht feststellen, ob diese Bescheide vom Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz, vom Bürgermeister als Person oder aber von der Gemeindevertretung S erlassen worden seien, ist nach den vorgelegten Bescheiden nicht berechtigt: Die Bescheide enthalten die Bezeichnung der Behörde, die die Bescheide erlassen hat, nämlich jeweils des Bürgermeisters.

Die Behörde ist nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechtes nicht berechtigt, die Partei, die in einer Rechtssache eine allgemeine Vollmacht vorgelegt hat, in anderen Rechtsangelegenheiten als durch den ausgewiesenen Gewalthaber vertreten zu behandeln, es sei denn, daß sie ihren Willen, sich auch in allen weiteren Rechtssachen, eben dieses Vertreters zu bedienen, unmißverständlich zu erkennen gegeben hat; die Tatsache allein, daß in einer Rechtssache eine Vollmacht vorgelegt wurde, die eine Bevollmächtigung zur Vertretung "in allen Angelegenheiten" bekundet, reicht hiezu nicht aus (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 1188, angeführte Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts). Daraus ergibt sich für die vorliegende Beschwerde, daß der Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz sowohl bei Erlassen des Bescheides vom (Baueinstellung) als auch des Bescheides vom (Abbruchauftrag) nicht davon ausgehen konnte, daß der Beschwerdeführer, der in anderen Verfahren durch den Beschwerdevertreter vertreten war, auch in diesem Verfahren durch diesen Anwalt vertreten sein wollte. Zu Recht hat daher der Bürgermeister seine Bescheide dem Beschwerdeführer persönlich zugestellt.

Die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel hat als Vollstreckungsbehörde erster Instanz zu Recht das Schreiben vom , mit dem die Ersatzvornahme angedroht wurde, an den Beschwerdeführer persönlich gerichtet, da das Vollstreckungsverfahren ein neues Verfahren ist und eine Vollmacht in einem anderen Verfahren nicht die Vertretungsbefugnis im Vollstreckungsverfahren bedeutet. Da der Beschwerdeführer, der das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom nach dem ausgewiesenen Rückschein am persönlich übernommen hat, auch nicht zu erkennen gegeben hat, daß er sich auch im Vollstreckungsverfahren eines Vertreters bedienen wollte, hat die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel zu Recht den Bescheid vom wieder dem Beschwerdeführer persönlich zugestellt. Erst mit der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung vom , eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel am , wurde auf das Bestehen eines Vollmachtsverhältnisses hingewiesen.

Während in der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S vom noch vorgebracht wurde, bei dem gegenständlichen Geräteschuppen handle es sich um ein Objekt, das nicht der baubehördlichen Bewilligungspflicht unterliege, brachte der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde vor, das Ansuchen um Erteilung der beantragten baubehördlichen Bewilligung für das vom Abbruch bedrohte Bauwerk sei noch nicht entschieden. Dieses erstmals in der Beschwerde ausgeführte Vorbringen steht daher im Widerspruch zu dem aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbaren Neuerungsverbot, sodaß darauf nicht weiter einzugehen war.

Da der Beschwerdeführer somit durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Mit Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos.