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VwGH vom 23.04.1996, 94/08/0180

VwGH vom 23.04.1996, 94/08/0180

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und den Senatspräsidenten Dr. Knell sowie die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des B in L, vertreten durch seinen Sachwalter M, dieser vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom , Zl. 745.046/1-8/94, betreffend Kostenübernahme nach § 2 Abs. 1 lit. b Impfschadengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Begehren auf Stempelgebührenersatz wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom anerkannte der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz die Gesundheitsschädigung des am geborenen Beschwerdeführers ("schwere geistige Retardation im Sinne einer Imbezillität, diffuser Hirnschaden mit erhöhter cerebraler Krampfbereitschaft") als Impfschaden im Sinne des Impfschadengesetzes (ISchG), BGBl. Nr. 371/1973. Diese Gesundheitsschädigung bedinge Pflegebedürftigkeit der Stufe II. Gemäß § 2 Abs. 1 iVm Abs. 2 lit. b ISchG würden aufgrund dieses anerkannten Impfschadens ab dem Antragsmonat, das sei der Februar 1980, folgende Entschädigungen aus Bundesmitteln geleistet: "Übernahme der Kosten für die Behandlung zur Besserung oder Heilung des Impfschadens; Übernahme der Kosten für Maßnahmen zur Rehabilitation; wiederkehrende Geldleistungen in Form eines Pflegebeitrages der Stufe II".

Mit Bescheid vom änderte der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz - im Hinblick auf die bevorstehende Vollendung des 15. Lebensjahres durch den Beschwerdeführer am - von Amts wegen den Bescheid vom dahin ab, daß dem Beschwerdeführer ab anstelle des gewährten Pflegebeitrages der Stufe II gemäß § 2 Abs. 1 lit. c ISchG eine Beschädigtenrente gemäß § 23 HVG entsprechend einer Erwerbsunfähigkeit von 100 % und eine Pflegezulage gemäß § 27 Abs. 4 HVG nach Stufe II zuerkannt werde.

Mit Schreiben vom ersuchte der Vater des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Vollendung der Schulpflicht des Beschwerdeführers mit Ablauf des Schuljahres 1983/84 um Übernahme der Kosten für die Beschäftigungstherapie und der Fahrtkosten zur Tagesheimstätte der Lebenshilfe Oberösterreich in Linz.

Daraufhin erging folgendes Schreiben des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom an den Vater des Beschwerdeführers:

"Mit Bezug auf Ihr Schreiben vom teilt das Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz mit, daß die Kosten für Beschäftigungstherapie einschließlich der Fahrtkosten grundsätzlich aus Bundesmitteln übernommen werden können.

Die Übernahme erfolgt jeweils nach Vorlage entsprechender Belege."

In der Folge wurden ab der Aufnahme der Beschäftigungstherapie in der genannten Tagesheimstätte durch den Beschwerdeführer am aufgrund der jeweiligen Vorlage einer Verpflegskostenabrechnung durch die Landesleitung der Lebenshilfe Oberösterreich die Verpflegskosten (einschließlich der Fahrtkosten mit Kraftfahrzeugen der Lebenshilfe Oberösterreich) bis einschließlich Mai 1989 durch das Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz bzw. das Bundeskanzleramt übernommen.

Am beantragte der Vater des Beschwerdeführers in dessen Namen beim Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz die Wiederübernahme der Kosten der Unterbringung des Beschwerdeführers in der Tagesheimstätte der Lebenshilfe Oberösterreich in Linz, in der der Beschwerdeführer von O8.00 Uhr bis 16.00 Uhr untergebracht sei, sowie der Fahrtkosten gemäß § 2 Abs. 1 ISchG. Diesen Antrag hielt er nach seiner Bestellung zum einstweiligen Sachwalter mit Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom und zum Sachwalter mit Beschluß des genannten Gerichtes vom aufrecht.

Mit Bescheid vom wies das (nach der Novelle BGBl. Nr. 278/1991 zur Entscheidung in erster Instanz zuständig gewordene) Landesinvalidenamt für Oberösterreich den genannten Antrag gemäß § 2 Abs. 1 ISchG ab. Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß die Unterbringung eines Impfgeschädigten in einer Tagesheimstätte oder ähnlichen Einrichtung keine Maßnahme zur Rehabilitation im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b ISchG sei und daher die Kosten einer solchen Unterbringung nach dem ISchG nicht entschädigungsfähig seien. Die hauptsächlich für Unterbringung, Beaufsichtigung und Lebensunterhalt erwachsenden Kosten seien nach den gesetzlichen Bestimmungen aus den Versorgungsleistungen nach dem ISchG (Beschädigtenrente und Pflegezulage) zu tragen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Vater und Sachwalter des Beschwerdeführers Berufung, in der er - unter ausdrücklichem Bezug auf ein Schreiben der Landesleitung der Lebenshilfe Oberösterreich an die erstinstanzliche Behörde vom über den Inhalt und Sinn der Betreuung Behinderter in den Tagesheimstätten - ausführlich darlegte, aus welchen Gründen seiner Auffassung nach die Betreuung des Beschwerdeführers in der genannten Tagesheimstätte eine nach § 2 Abs. 1 lit. b ISchG zu entschädigende Maßnahme zur sozialen Rehabilitation darstelle.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid. Begründet wurde dieser Bescheid - nach zusammenfassender Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides und des Berufungsvorbringens - wie folgt:

"Die (belangte Behörde) hat erhoben, daß die Tagesheimstätte der Lebenshilfe Oberösterreich in Linz als Förderungseinrichtung im Sinne des Oberösterreichischen Behindertengesetzes anerkannt ist. In der Tagesheimstätte werden geistig behinderte Personen in Gruppen von sechs bis acht Leuten zusammengefaßt und einer Beschäftigungstherapie (Webe-, Holz-, Handwerks- und Kreativgruppen) zugeführt. Außerdem können die Behinderten Zusatzangebote und Einzelangebote wie z.B. Turnen oder Schwimmen in Anspruch nehmen. Die Tagesheimstätten verfolgen das Ziel, die Lebensqualität und das Sozialverhalten der Behinderten zu verbessern sowie Fähigkeiten zu fördern sowie sie zu größtmöglicher Selbständigkeit zu erziehen. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, finden allwöchentlich Teambesprechungen der Betreuer statt. Darüber hinaus wird alljährlich eine Überprüfung des Sozial- und Persönlichkeitsbildes der Behinderten (Feststellung der Fortschritte und der Defizite) durchgeführt.

Den Tagesheimstätten steht ein heilpädagogischer Betreuer sowie ein Sozialarbeiter zur Verfügung.

Zur Beurteilung der Berufungseinwendungen hat die (belangte Behörde) im Wege eines von Vertretern der nachgeordneten Dienststelle Landesinvalidenamt für Oberösterreich durchgeführten Außendienstes die in der Tagesheimstätte in Linz gebotenen Förderungs- und Betreuungsmaßnahmen personenbezogen ermittelt. Der (Beschwerdeführer) wird im Ausmaß von 37 Stunden wöchentlich in der Tagesheimstätte betreut und ist im Rahmen der Beschäftigungstherapie in der handwerklichen Gruppe tätig und verrichtet vorwiegend Strick-, Häkel-, Web-, Töpferei- und Laubsägearbeiten. Der (Beschwerdeführer) selbst erachtet aufgrund der schweren geistigen Behinderung seine medizinische Rehabilitation als abgeschlossen und berufliche Rehabilitationsmaßnahmen im Sinne einer Wiedereingliederung in das Erwerbsleben als nicht geeignet.

Die (belangte Behörde) teilt diese Ansicht und sieht die Unterbringung des (Beschwerdeführers) in der Tagesheimstätte mit Beschäftigungstherapie an sich als soziale Maßnahme der Rehabilitation an.

Die Frage der Kostentragung ist in rechtlicher Hinsicht wie folgt zu beurteilen:

Das Impfschadengesetz sieht schon in seiner Stammfassung, BGBl. Nr. 371/1973, den Anspruch auf Übernahme der Kosten für Maßnahmen zur Rehabilitation vor, ohne den Begriff der Rehabilitation zu definieren. Nur im Bericht des Ausschusses für Gesundheit und Umweltschutz über die Regierungsvorlage wurde festgehalten, daß unter § 2 Abs. 1 lit. b auch alle Maßnahmen der schulischen und beruflichen Rehabilitation fallen. Mit der Novellierung des § 2 Abs. 1 lit. b Impfschadengesetz mit BGBl. Nr. 278/1991 wurde lediglich eine dahingehende Klarstellung herbeigeführt, daß die in § 2 Abs. 1 lit. a angeführten Kosten auch im Zusammenhang mit Rehabilitationsmaßnahmen vergütet werden.

Aus dem Impfschadengesetz selbst kann somit der Begriff der Rehabilitation nicht ausgelegt werden, sondern nur mit Hilfe der Analogie.

Es liegt nahe, als vergleichbare Bestimmung in der Rechtsordnung das Heeresversorgungsgesetz (HVG) heranzuziehen, weil das Impfschadengsetz u.a. vom Grundsatz bestimmt wird, daß sich das Ausmaß der Entschädigung nach den Bestimmungen des HVG richtet. Die vom HVG abweichenden Regelungen dienen der Anpassung an den in Betracht kommenden Personenkreis, da die Impfschäden überwiegend bei Personen im Kindesalter auftreten. Das HVG verstand in seiner zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Impfschadengesetzes geltenden Fassung unter Rehabilitation Heilfürsorge, orthopädische Versorgung, berufliche Ausbildung und Begünstigung zur Erlangung und Beibehaltung eines Arbeitsplatzes und bestimmte in seinem § 5 Abs. 1, daß durch die Rehabilitation der Beschädigte in das Erwerbsleben eingegliedert oder wiedereingegliedert oder seine Stellung im Erwerbsleben erleichtert oder gefestigt werden soll. Diese Legaldefinition hat mit der 13. Novelle zum HVG, BGBl. Nr. 612/1977, im Zuge der Neuordnung der Rehabilitation mit der 32. ASVG-Novelle einen neuen zeitgemäßen Begriffsinhalt erhalten. Unter Rehabilitation wurden nunmehr Heilfürsorge, orthopädische Versorgung sowie berufliche und soziale Maßnahmen zusammengefaßt und der Zweck der Rehabilitation im § 5 Abs. 1 wie folgt definiert: Durch die Rehabilitation sollen Beschädigte bis zu einem solchen Grad ihrer Leistungsfähigkeit wiederhergestellt werden, daß sie in die Lage versetzt werden, im beruflichen und wirtschaftlichen Leben und in der Gemeinschaft einen ihnen angemessenen Platz möglichst dauernd einnehmen zu können.

Die Neuordnung der Rehabilitation mit der 32. ASVG-Novelle, deren Zielsetzungen Eingang in die Bestimmungen des HVG fanden, war die Folge des sich gleichzeitig mit der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in den Industrieländern gewandelten Begriffsinhaltes der Rehabilitation, der über seine traditionelle Zielsetzung, die sich auf die Erhaltung oder Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit des Behinderten konzentrierte, hinausgewachsen ist. Soweit die Gedanken einer modernen Rehabilitation in der Heeresversorgung noch nicht verwirklicht waren, wurden, der Unfallversicherung nach dem ASVG entsprechend, die §§ 20 und 20a HVG betreffend die beruflichen und sozialen Maßnahmen der Rehabilitation geändert bzw. ergänzt. Soweit die im § 201 Abs. 2 ASVG vorgesehenen sozialen Maßnahmen nicht bereits durch Maßnahmen der orthopädischen Versorgung gedeckt waren, wurden sie im § 20a HVG normiert. Gemäß § 20a HVG kann unter bestimmten Voraussetzungen als Maßnahme der sozialen Rehabilitation ein Zuschuß zu den Kosten für die Erlangung einer Lenkerberechtigung bzw. zur Adaptierung einer Wohnung gewährt werden.

Das HVG läßt eine über den Wortlaut des § 20a hinausgehende Auslegung nicht zu. Demzufolge können auch nicht nach dem Impfschadengesetz die Kosten der Unterbringung in Tagesheimstätten mit Beschäftigungstherapie als soziale Maßnahme zur Rehabilitation übernommen werden. Dieses Ergebnis ist im Zusammenhalt mit den übrigen Bestimmungen des Impfschadengesetzes als gerechtfertigt anzusehen. Danach hat der Bund u.a. einerseits die Kosten für die Behandlung zur Besserung oder Heilung des Impfschadens sowie die Kosten für Maßnahmen zur Rehabilitation zu übernehmen und andererseits wiederkehrende Geldleistungen, nämlich Beschädigtenrente und Pflegezulage zu erbringen.

Für die Dauer einer 2 Monate überschreitenden Unterbringung in einer Krankenanstalt, einem Pflegeheim oder einer ähnlichen Anstalt, die mit der Gewährung der vollen Verpflegung verbunden ist, sieht § 2 Abs. 2 lit. c des Impfschadengesetzes vor, daß die Pflegezulage nicht und die Beschädigtenrente nur zu einem Viertel zu leisten ist. Es fehlt jedoch eine ausdrückliche, dementsprechende Regelung für jene Fälle, in denen eine Unterbringung für kürzere Zeitspannen wie z.B. in einer Tagesheimstätte erfolgt. Aus der taxativen und ausdrücklich zwischen Kostenübernahme für Behandlung und Rehabilitation bzw. Rente und Pflegezulage unterscheidenden Aufzählung der zu erbringenden Leistungen ist zu schließen, daß in den Fällen der tageweisen Unterbringung die dafür auflaufenden Kosten nicht zusätzlich vom Bund zu bestreiten sind. Für eine auf sozialpolitische Aspekte gestützte Auslegung des Impfschadengesetzes bietet die Rechtsordnung keine Handhabe."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer wendet gegen die Abweisung seines Antrages mit dem angefochtenen Bescheid zunächst ein, daß einer derartigen Sachentscheidung das Verfahrenshindernis der entschiedenen Sache entgegenstehe. Der oben wiedergegebenen schriftlichen Mitteilung des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz vom sei zweifelsohne Bescheidcharakter zuzuerkennen, manifestiere sich doch darin die Rechtsansicht der - damals zuständigen - Behörde, derartige Maßnahmen seien als Maßnahmen der Rehabilitation aufzufassen. Eine maßgebliche Änderung der Rechts- und Sachlage sei nicht eingetreten. Eine bloße Änderung der subjektiven Auffassung der Behörde bei gleichgebliebenem Sachverhalt stelle nämlich keine solche Änderung dar.

Dieser Deutung des Schreibens vom kann - vor dem Hintergrund der ausführlichen Darlegungen im Beschluß eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 9458/A - nicht beigepflichtet werden. Denn es ergibt sich weder aus der Form noch aus der Formulierung dieser Erledigung zweifelsfrei, daß die Behörde damit nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt, sondern daß sie damit auch normativ im Sinne einer rechtlichen Feststellung entschieden hat, es würden die künftigen Kosten für die Beschäftigungstherapie einschließlich der Fahrtkosten dem Grunde nach übernommen. Vielmehr handelte es sich dabei - im Zweifel - um die bloße Mitteilung der Rechtsauffassung, es könnten solche Kosten grundsätzlich aus Bundesmitteln übernommen werden, wobei die Übernahme jeweils nach Vorlage entsprechender Belege erfolge (vgl. dazu zu einem ähnlichen Sachverhalt das Erkenntnis vom , Zl. 90/18/0017).

2. Gegen die Auffassung der belangten Behörde, es handle sich bei der von ihr an sich als soziale Maßnahme der Rehabilitation anerkannten Unterbringung des Beschwerdeführers in der Tagesheimstätte nicht um eine Maßnahme zur Rehabilitation im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b ISchG, wendet der Beschwerdeführer Nachstehendes ein:

Richtig sei, daß im ISchG eine genaue Definition und Interpretation des Wortes "Rehabilitation" fehle. Es müsse deshalb auf vergleichbare Rechtsgebiete abgestellt werden. Diesbezüglich sei insbesondere auf die Legaldefinition des § 172 Abs. 2 ASVG und den zur Erreichung der darin umschriebenen Ziele der Rehabilitation angeführten Katalog sozialer Maßnahmen der Rehabilitation im § 201 ASVG, insbesondere auf dessen Abs. 4 (Beschäftigung des Versehrten in einer geschützten Werkstätte bzw. in einer Einrichtung der Beschäftigungstherapie), zu verweisen. Der Begriff der sozialen Rehabilitation bzw. der sozialen Maßnahmen der Rehabilitation sei also im österreichischen Recht durchaus definiert und geeignet, im Beschwerdefall analog angewendet zu werden. Dies insbesondere deshalb, weil dauernde Gesundheitsschädigungen eine typische Folge des Impfschadens seien und das ISchG gerade deswegen geschaffen worden sei, um die Folgen derartiger dauernder gesundheitlicher Beeinträchtigungen zumindest - teilweise - ausgleichen zu können. Bei Schaffen des Gesetzes sei es dem Gesetzgeber klar gewesen, daß eine volle Wiedereingliederung der Impfgeschädigten in das soziale Leben typischerweise nicht in Frage kommen könne, weshalb, wolle man dem Gesetzgeber nicht eine überflüssige und sinnlose Interpretation des Begriffes "Rehabilitation" unterstellen, darunter schlichtweg eine fachgerechte Betreuung, Beschäftigung und Förderung eines Impfgeschädigten verstanden werden müsse. Die Aufnahme des Anspruches auf "soziale Rehabilitation" wäre ja auch deshalb sinnlos, weil die Pflege und Behandlung in Krankenanstalten ohnedies gemäß § 2 Abs. 1 lit. a Z. 4 ISchG vom Bund übernommen werde.

Diesem Einwand kommt - im Ergebnis - Berechtigung zu.

Nach § 1 ISchG hat der Bund für Schäden, die durch näher angeführte Schutzimpfungen verursacht worden sind, (nur: vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 87/09/0144) nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes Entschädigung zu leisten. Die Entschädigungsleistungen (für Dauerfolgen) sind im § 2 ISchG taxativ angeführt. Dazu zählen nach § 2 Abs. 1 lit. a und b ISchG:

"a) Übernahme der Kosten für die Behandlung zur Besserung oder Heilung des Impfschadens:


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1.
ärztliche Hilfe;
2.
Versorgung mit den notwendigen Arznei-, Verband- und Heilmitteln;
3.
Versorgung mit orthopädischen Behelfen;
4.
Pflege und Behandlung in Krankenanstalten und Kuranstalten in der allgemeinen Pflegegebührenklasse;
5.
die mit der Behandlung verbundenen unvermeidlichen Reise- und Transportkosten, erforderlichenfalls auch für eine Begleitperson;

b) Übernahme der Kosten für Maßnahmen zur Rehabilitation unter sinngemäßer Anwendung der lit. a Z. 1 bis 5;"

§ 2 Abs. 1 lit. b ISchG erhielt die obgenannte Fassung durch die Novelle BGBl. Nr. 278/1991; in der Stammfassung fehlte der Zusatz "unter sinngemäßer Anwendung der lit. a Z. 1 bis 5".

Nach § 2 Abs. 1 lit. c und d ISchG sind als Entschädigung (wiederkehrende) Geldleistungen "im gleichen Ausmaß wie die entsprechenden Geldleistungen nach dem ... HVG", die durch Verweis auf die diesbezüglichen Bestimmungen des HVG näher determiniert sind, zu leisten. Nach § 2 Abs. 2 ISchG ist abweichend von den in Abs. 1 lit. c und d angeführten Bestimmungen des HVG unter anderem gemäß § 2 Abs. 2 lit. c ISchG "für die Dauer einer zwei Monate überschreitenden Unterbringung in einer Krankenanstalt, einem Pflegeheim oder einer ähnlichen Anstalt, die mit der Gewährung der vollen Verpflegung verbunden ist, die Pflegezulage nicht und die Beschädigtenrente nur zu einem Viertel zu leisten".

Nach den Erläuterungen der Regierungsvorlage zum ISchG in der Stammfassung (733 BlgNR XIII. GP, 3) sei die vorgeschlagene Regelung von folgenden Grundsätzen bestimmt:

"1. Das Ausmaß der Entschädigung richtet sich nach den Bestimmungen des Heeresversorgungsgesetzes.

...

Die Anwendung des Heeresversorgungsgesetzes bietet sich deshalb an, weil mit dieser Norm in zeitgemäßer Weise Entschädigungen für Schäden gewährt werden, die gleichfalls in Erfüllung einer gesetzlich auferlegten Pflicht eingetreten sind. Überdies sind die in diesem Gesetz vorgesehenen Leistungen höher, als diejenigen, die gegenwärtig als Impfschadenersatz nach zivilrechtlichen Grundsätzen gewährt werden."

Zu § 2 heißt es in den genannten Erläuterungen der Regierungsvorlage (S. 4),

"daß Impfgeschädigte neben Anspruch auf Übernahme der Kosten der Behandlung und der Rehabilitation auch auf die entsprechenden Leistungen wie für eine Dienstbeschädigung nach dem Heeresversorgungsgesetz haben. Die vom Heeresversorgungsgesetz abweichenden Regelungen dienen der Anpassung an den in Betracht kommenden Personenkreis, da die Impfschäden überwiegend bei Personen im Kindesalter auftreten."

Der Ausschußbericht (816 BlgNR XIII. GP) enthält diesbezüglich folgende Bemerkungen:

"Durch die gegenständliche Regierungsvorlage soll ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Entschädigung für Impfschäden anstelle des bisherigen rein zivilrechtlichen begründet werden. Für die Festsetzung des Ausmaßes dieser Entschädigung ist die sinngemäße Anwendung der einschlägigen Bestimmungen des Heeresversorgungsgesetzes vorgesehen; ...

Der Ausschuß ... war einhellig der Auffassung, daß unter § 2 Abs. 1 lit. b auch alle Maßnahmen der schulischen und beruflichen Rehabilitation fallen."

Nach den Erläuterungen der Regierungsvorlage zur Novelle BGBl. Nr. 278/1991 (105 BlgNR XVIII. GP, 5) dient die obgenannte Änderung des § 2 Abs. 1 lit. b ISchG der

"Klarstellung, daß die in lit. a angeführten Kosten auch im Zusammenhang mit Rehabilitationsmaßnahmen vergütet werden."

An diesem Befund fällt - für die Lösung der strittigen Frage - zweierlei auf:

Erstens ordnet § 2 Abs. 1 lit. b ISchG - anders als die lit. c und d des § 2 Abs. 1 - nicht an, daß nur die Kosten der (für Impfgeschädigte in Betracht kommenden) Maßnahmen zur Rehabilitation nach den §§ 5 bis 20 HVG als Entschädigung zu übernehmen sind. (Auch § 3 Abs. 2 ISchG sowohl in der Stammfassung als auch in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 278/1991 enthält keinen Hinweis auf die Bestimmungen des HVG über die Rehabilitation).

Zweitens lassen die oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien zwar die Absicht des Gesetzgebers erkennen, daß für die Festsetzung des Ausmaßes der Entschädigung von Impfschäden grundsätzlich die einschlägigen Bestimmungen des HVG sinngemäß angewendet werden sollten; vor allem der Ausschußbericht macht aber - vor dem Hintergrund der eingeschränkten Zwecke (§ 5 Abs. 1 HVG) und der ihr entsprechenden Maßnahmen (§§ 4 Abs. 1 Z. 1, 5 Abs. 2 sowie 6 bis 20 HVG in der im Zeitpunkt des Inkrafttretens der ISchG geltenden Fassung) - durch die Wendung "auch alle Maßnahmen der schulischen ... Rehabilitation" deutlich, daß der fehlende Hinweis im § 2 Abs. 1 lit. b ISchG auf die "einschlägigen Bestimmungen" des HVG beabsichtigt war. Er hatte seinen Grund offensichtlich darin, daß wegen der (in der Regel) unterschiedlichen gesundheitlichen, beruflichen und sozialen Situation der Impfgeschädigten (mit Dauerfolgen) die bloße Anordnung der entsprechenden Anwendung der §§ 5 bis 20 HVG nicht ausreichend erschien, sondern den Impfgeschädigten entsprechend ihrer individuellen Situation (schon damals) ein Anspruch auf die Übernahme der Kosten für alle für eine Rehabilitation erforderlichen Maßnahmen, das heißt - trotz des damals im Bundesrecht eher engen Verständnisses des Begriffes der Rehabilitation (vgl. Wimmer, Der Behinderte im sozialen Leistungsstaat, JBl. 1975, 190 ff) - der Maßnahmen für ihre Eingliederung nicht nur (soweit es überhaupt möglich ist) in das Erwerbsleben, sondern primär in die Gesellschaft (die Gemeinschaft), eingeräumt werden sollte.

Nun erfuhr zwar das Bundesrecht der Rehabilitation durch die 32. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 704/1976, und die im Anschluß daran erlassenen Novellen des HVG, BGBl. Nr. 612/1977, und des KOVG, BGBl. Nr. 614/1977, eine Neuregelung (vgl. dazu die Erläuterungen der Regierungsvorlage zur 32. ASVG-Novelle, 181 BlgNR XIV. GP., 40 ff; Erläuterungen der Regierungsvorlage zur 13. HVG-Novelle, 627 BlgNR XIV. GP., 5 ff; Erläuterungen der Regierungsvorlage zur Novelle des KOVG, BGBl. Nr. 614/1977, 630 BlgNR XIV. GP., 6 f; Fürböck, Rehabilitation in der Sozialversicherung, ZAS 1979, 83 ff; Hannemann-Peterka, Die Rehabilitation im Bereich der Sozialversicherung,

SoSi 1979, 154 ff; dieselben, Die Rehabilitation im Bereich der Sozialversicherung, SoSi 1979, 345 ff). Demgemäß besteht - nach der grundlegenden Bestimmung des § 172 Abs. 2 ASVG und der ihr nachgebildeten Bestimmung des § 5 Abs. 1 HVG - ihr Ziel darin, Versehrte (Beschädigte) bis zu einem solchen Grad ihrer Leistungsfähigkeit wieder herzustellen, daß sie in die Lage versetzt werden, im beruflichen und wirtschaftlichen Leben und in der Gemeinschaft einen ihnen angemessenen Platz möglichst dauernd einnehmen zu können.

Da jedoch das ISchG im Zuge dieser Neuordnung keine Änderung erfuhr (auch nicht bei der Neufassung des § 2 Abs. 1 lit. b durch die Novelle BGBl. Nr. 278/1991) kann nicht der Auffassung der belangten Behörde gefolgt werden, es seien unter den "Maßnahmen zur Rehabilitation" im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b ISchG nur die im HVG ausdrücklich angeführten Maßnahmen, insbesondere unter den "sozialen Maßnahmen" nur die im § 20a HVG genannten, zu verstehen. Zu den "Maßnahmen zur Rehabilitation" im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b ISchG zählen vielmehr nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch alle sozialen Maßnahmen, die - in bezug auf Impfgeschädigte - in entsprechender Abwandlung der Ausführungen von Tomandl (in:

Tomandl, System, 322 f; vgl. auch Pfeil, Neuregelung der Pflegevorsorge in Österreich, 78) der "Herstellung der Gemeinschaftsfähigkeit" des Impfgeschädigten dienen.

Das aber hat zur Konsequenz, daß die von der belangten Behörde als soziale Maßnahme zur Rehabilitation (im genannten Sinn) anerkannte, näher umschriebene "Unterbringung" des Beschwerdeführers in der Tagesheimstätte der Lebenshilfe Oberösterreich nach § 2 Abs. 1 lit. b ISchG und den sinngemäß anzuwendenden Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. a Z. 1 bis 5 leg. cit. durch Übernahme der hiefür erforderlichen Kosten zu entschädigen ist; das heißt: wenn, soweit und so lange diese "Unterbringung" zur "Herstellung der Gemeinschaftsfähigkeit" des Beschwerdeführers erforderlich ist.

Gegen diese Interpretation spricht nicht der von der belangten Behörde abschließend hervorgehobene Umstand, daß im ISchG eine dem § 2 Abs. 2 lit. c entsprechende Regelung für Unterbringungen z.B. in einer Tagesheimstätte fehle. Daraus folgt lediglich, daß in solchen Fällen die Rechtsfolgen des § 2 Abs. 2 lit. c ISchG nicht eintreten. Gegen diese von der Unterbringung mit voller Verpflegung abweichende Regelung (vgl. auch die gemäß § 3 Abs. 2 sinngemäß anzuwendende Bestimmung des § 94a HVG) hegt der Verwaltungsgerichtshof keine verfassungsrechtlichen Bedenken unter Gleichheitsgesichtspunkten, weil zwischen einer Unterbringung mit voller Verpflegung und einer solchen in einer Tagesheimstätte unter dem Gesichtspunkt der sonstigen finanziellen Belastung des Impfgeschädigten und seiner Angehörigen ein wesentlicher Unterschied besteht.

3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994. Das Begehren auf Ersatz der Stempelgebühren für die vorgelegte Vollmachtsurkunde war im Hinblick auf die bestehende sachliche Abgabenfreiheit (§ 6 Abs. 2 ISchG) und die Möglichkeit einer Einschränkung der Bevollmächtigung auf die Vertretung im vorliegenden Verfahren abzuweisen.