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VwGH vom 20.03.2002, 99/09/0031

VwGH vom 20.03.2002, 99/09/0031

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des O in W, vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Buchfeldgasse 19a, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom , Zl. 10/13116/911 610, betreffend Arbeitserlaubnis, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice (belangte Behörde) vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines nigerianischen Staatsbürgers, vom auf Ausstellung einer Arbeitserlaubnis nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG gemäß § 14a Abs. 1 AuslBG abgewiesen.

Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer in den letzten 14 Monaten nur 359 Tage, nämlich vom bis zum bei der H-GesmbH sowie vom bis zum bei der S Handels-GesmbH beschäftigt gewesen sei, für die Erlangung einer Arbeitserlaubnis wäre jedoch eine Beschäftigung im Ausmaß von 52 Wochen, also von 364 Tagen erforderlich gewesen.

In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorgebracht, ihm sei nach Beendigung seines Dienstverhältnisses mit vom bis zum eine Urlaubsentschädigung ausbezahlt worden. Gemäß § 16 Abs. 1 lit. l des Arbeitslosenversicherungsgesetzes ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld während des Zeitraumes, für den Urlaubsentschädigung oder -abfindung gewährt werde, weshalb diese Bestimmung der Ansicht des Beschwerdeführers zufolge auch auf die Definition der Dauer der Beschäftigung im AuslBG angewendet werden müsse. Für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 14a Abs. 1 AuslBG seien jedoch nur Zeiten der legalen Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG heranzuziehen. Ein nicht verbrauchter Erholungsurlaub, welcher finanziell mittels Urlaubsentschädigung abgegolten werde, zähle nicht zum Dienstverhältnis und stelle somit keinesfalls eine reguläre Beschäftigung nach den Bestimmungen des AuslBG dar. Der Hinweis des Beschwerdeführers, er sei von seinem Dienstgeber gekündigt worden, ohne dass er seinen Urlaub habe konsumieren können, und sei schlechter gestellt als ein Beschäftigter, der seinen Urlaub im Dienstverhältnis konsumiere und damit seine Ansprüche wahren könne, sei mangels entsprechender Regelungen im AuslBG für das gegenständliche Verfahren von keiner Relevanz.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 78/1997, lauten:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. ...

(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern

die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger

Vorschriften ausgeübt wird,

c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der

Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,


Tabelle in neuem Fenster öffnen
d)
nach den Bestimmungen des § 18 oder
e)
überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.
...

(4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. ...

...

Arbeitserlaubnis

Voraussetzungen und Geltungsbereich

§ 14a. (1) Einem Ausländer ist auf Antrag eine

Arbeitserlaubnis auszustellen, wenn der Ausländer in den letzten

14 Monaten insgesamt 52 Wochen im Bundesgebiet im Sinne des § 2

Abs. 2 mit einer dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes

unterliegenden Tätigkeit erlaubt beschäftigt war. Zeiten einer

Beschäftigung

1. gemäß § 3 Abs. 5 oder

2. gemäß § 18 oder

3. auf Grund einer Beschäftigungsbewilligung gemäß § 9

des Fremdengesetzes 1997 oder

4. auf Grund einer Beschäftigungsbewilligung, welcher

eine Beschäftigung als Grenzgänger gemäß § 1 Abs. 11 des

Fremdengesetzes 1997 zu Grunde liegt oder

5. auf Grund einer Beschäftigungsbewilligung für

Künstler gemäß § 4a,

werden nicht berücksichtigt.

(2) Die Arbeitserlaubnis berechtigt den Ausländer zur Aufnahme einer Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 in jenem Bundesland, für welches die Arbeitserlaubnis ausgestellt wurde, es sei denn, der Geltungsbereich ist durch eine Verordnung gemäß § 14b eingeschränkt. Der örtliche Geltungsbereich der Arbeitserlaubnis erfasst bei wechselnden Beschäftigungsorten bei einem Arbeitgeber alle betroffenen Bundesländer.

(3) Die Arbeitserlaubnis ist für den Bereich jenes Bundeslandes auszustellen, in welchem die letzte Beschäftigungsbewilligung erteilt oder die erlaubte Beschäftigung zuletzt ausgeübt wurde. Der örtliche Geltungsbereich kann bei saisonal bedingten unterschiedlichen Beschäftigungsorten auf den Bereich mehrerer Bundesländer ausgedehnt werden.

(4) Die Arbeitserlaubnis darf für höchstens zwei Jahre ausgestellt werden. Der Ablauf der Arbeitserlaubnis wird während der Dauer eines Lehrverhältnisses und der gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Verpflichtung zur Weiterverwendung gehemmt.

§ 7 Abs. 5 gilt entsprechend."

Der Beschwerdeführer bestreitet die Feststellung der belangten Behörde nicht, dass er bloß 359 Tage in einem Arbeitsverhältnis gestanden sei. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt an der Richtigkeit dieser Feststellung keinen Zweifel.

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid aber deswegen für rechtswidrig, weil sein Dienstverhältnis zwar am geendet habe und er auch bei der Sozialversicherung abgemeldet worden sei, er aber seinen Erholungsurlaub nicht mehr habe konsumieren können und für den Zeitraum vom bis zum eine Urlaubsentschädigung erhalten habe. Gemäß § 16 Abs. 1 lit. l des Arbeitslosenversicherungsgesetzes ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld während des Zeitraumes, für den Urlaubsentschädigung im Zeitpunkt der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses gebühre. Gemäß § 16 Abs. 4 Arbeitslosenversicherungsgesetz beginne der Ruhenszeitraum mit Ende des anspruchsbegründenden Beschäftigungsverhältnisses. Die Vorschriften des Arbeitslosenversicherungsgesetzes behandelten den Beschwerdeführer de facto so, als ob er weiterhin beschäftigt worden wäre. Erst nach Ende des fiktiven Beschäftigungsverhältnisses werde Arbeitslosengeld bezahlt. Während eines Urlaubs stelle der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft nicht zur Verfügung, es bestehe keine Arbeitspflicht, der Anspruch auf Entlohnung bleibe aber erhalten. Auch im Fall des Beschwerdeführers, in dem das Dienstverhältnis noch vor der Urlaubskonsumation beendet worden sei, habe keine Arbeitspflicht bestanden, wohl aber der Entlohnungsanspruch. Für die Qualifizierung als Beschäftigungszeiten nach dem AuslBG könne es somit keinen Unterschied machen, ob jemand seinen Urlaub während des aufrechten Dienstverhältnisses konsumiere oder als Urlaubsentschädigung nach Beendigung des Dienstverhältnisses ausbezahlt bekomme. Dies deshalb, weil der Arbeitnehmer bei einer Kündigung des Dienstverhältnisses dies ja gar nicht beeinflussen könne. Der Beschwerdeführer habe für seinen Urlaubsanspruch gleich lang gearbeitet wie alle anderen. Die Arbeits- bzw. Entgeltspflicht sei keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen einer Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG. Auch bei Karenzurlauben nach dem Mutterschutzgesetz innerhalb eines Dienstverhältnisses ruhten Arbeits- und Entgeltspflichten, und trotzdem würden solche Zeiten angerechnet. Auch der Abfertigungsanspruch setze ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis voraus. Trotzdem habe die Rechtsprechung auch Vordienstzeiten beim selben Arbeitgeber dann angerechnet, wenn zwischen den einzelnen Dienstverhältnissen kurze Unterbrechungen gelegen seien.

Dagegen wendet die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zusammengefasst ein, dass ein Anspruch auf Urlaubsentschädigung erst nach Beendigung eines Dienstverhältnisses bestehe, sofern ein Urlaubsanspruch überhaupt entstanden sei, jedoch noch nicht verbraucht sei. Die finanzielle Abgeltung des Erholungsurlaubes sei keinesfalls einer Verwendung in einem Arbeitsverhältnis bzw. arbeitnehmerähnlichen Verhältnis im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG gleichzusetzen. Der Beschwerdeführer habe während jener Zeit, für welche ihm Urlaubsentschädigung zuerkannt worden sei, auch jederzeit ein neues Dienstverhältnis begründen können. Auch sei die Gültigkeit der für den Beschwerdeführer erteilten Beschäftigungsbewilligung mit dem Tag der Beendigung seines Dienstverhältnisses am gemäß § 7 Abs. 6 AuslBG erloschen.

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ausländer im Sinne des § 14a Abs. 1 erster Satz AuslBG während des in dieser Bestimmung angeführten Zeitraumes "erlaubt beschäftigt war", kommt es nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung auf eine Beschäftigung "im Sinne des § 2 Abs. 2" leg. cit. an, wobei allerdings Zeiten in den in den Z. 1 bis Z. 5 des § 14a Abs. 1 zweiter Satz AuslBG angeführten vorübergehenden oder atypischen Beschäftigungsformen nicht zu berücksichtigen sind, nämlich Zeiten der Beschäftigung als Volontär, Ferial- oder Berufspraktikant, als vom Ausland betriebsentsandte Arbeitskraft, als Saisonarbeitskraft nach § 9 des Fremdengesetzes 1997, als Grenzgänger gemäß § 1 Abs. 11 des Fremdengesetzes 1997 und als Künstler gemäß § 4a AuslBG (Beschäftigungsbewilligung auch ohne Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 bis 3 AuslBG). Der Gesetzgeber hat in § 14a Abs. 1 AuslBG sohin nur tatsächlich zurückgelegte Zeiten einer Beschäftigung (im Rahmen eines aufrechten Beschäftigungsverhältnisses) normiert und davon auch bestimmte Arten von Beschäftigungen ausgenommen. Die Vorschrift enthält keinen Hinweis darauf, dass Zeiten, in denen kein Beschäftigungsverhältnis bestand, auf die vom Gesetz verlangte Mindestdauer an Beschäftigung anzurechnen wären.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 96/09/0078, hinsichtlich der Anrechnung von Zeiten eines Karenzurlaubes nach dem Mutterschutzgesetz im Grunde des § 14a AuslBG ausgeführt, dass auch Zeiten eines Karenzurlaubes nach dem Mutterschutzgesetz innerhalb eines Dienstverhältnisses bei der Beurteilung der zeitlichen Voraussetzungen zur Erlangung einer Arbeitserlaubnis nach dem AuslBG als anrechenbare Beschäftigungszeit anzusehen seien. Hiebei hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch betont, dass es sich hiebei um Zeiten "innerhalb eines Dienstverhältnisses" handle. Für Schnorr, Ausländerbeschäftigungsgesetz, 4. Auflage 1998, S. 111, sind "Unterbrechungen der faktischen Arbeitsleistung wegen Urlaubs, Krankheit, Betriebsstörung u.ä. einzubeziehen, da insoweit das Arbeitsverhältnis rechtlich aufrecht bleibt und nur die Arbeitspflicht ruht", auch für diesen Autor ist also entscheidend, dass in der anrechenbaren Zeit ein aufrechtes Arbeitsverhältnis weiterhin besteht.

Auch gebietet die in § 2 Abs. 4 erster Satz AuslBG normierte wirtschaftliche Betrachtungsweise kein anderes Ergebnis, zumal auch eine wirtschaftliche oder persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers während der Zeit des Bezuges einer Urlaubsentschädigung nicht besteht, und er etwa die Möglichkeit besitzt, in dieser Zeit eine neue Beschäftigung einzugehen.

§ 14a Abs. 1 AuslBG enthält eben keine etwa dem § 11 Abs. 1 zweiter Satz ASVG vergleichbare Bestimmung, die ausdrücklich anordnete, dass Zeiten, in denen noch ein Anspruch auf Entgelt besteht, zu berücksichtigen wären. Aus dem Umstand aber, dass während solcher Zeiten gemäß § 16 Abs. 1 lit. l des Arbeitslosenversicherungsgesetzes der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht, folgt schließlich ebenfalls nicht, dass sie für Zwecke des Erwerbs einer Arbeitserlaubnis im Grunde des § 14a Abs. 1 AuslBG zu berücksichtigen wären. Die Frage, ob ein Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz besteht, ist daher für das Vorliegen anrechenbarer erlaubter Beschäftigungszeiten im Sinn des § 14a Abs. 1 AuslBG nicht entscheidend. Dass sein Arbeitsverhältnis am durch Arbeitgeberkündigung endete, hat der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde ausdrücklich vorgebracht.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie im vorliegenden Fall das aufrechte Bestehen eines Arbeitsverhältnisses während angerechneter Zeiten im Sinne des § 14a Abs. 1 erster Satz AuslBG für erforderlich hielt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am