VwGH vom 18.02.2004, 2003/08/0091

VwGH vom 18.02.2004, 2003/08/0091

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, in der Beschwerdesache des A in K, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in 8700 Leoben, Hauptplatz 12/II, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom , Zl. LGS600/SfA/1218/2003-Mag. GR/Kö, betreffend Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am einen Antrag auf Zuerkennung von Notstandshilfe. Er gab an, dass seine Ehefrau ca. EUR 1.400,-- netto monatlich verdiene.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom wurde dem Antrag des Beschwerdeführers keine Folge gegeben, da im Hinblick auf das anrechenbare Einkommen der Ehefrau des Beschwerdeführers keine Notlage vorliege.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid führte der Beschwerdeführer aus, die Anrechnung des Einkommens seiner Ehefrau sei rechtswidrig. Er verweise dazu auf die Kundmachungen BGBl. II Nr. 15 und Nr. 16/2003.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers nicht stattgegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Verwaltungsgerichtshof sei mit der Frage befasst, ob die Anrechnung des Einkommens des Ehemannes bei der Gewährung von Notstandshilfe an die Ehefrau dem Gemeinschaftsrecht entspricht. Diese Frage sei noch nicht gelöst. Es stehe auch nicht fest, ob die Anrechnung von Partnereinkommen generell gleichheitswidrig sei. Daher sei die Anrechnung von Partnereinkommen bei männlichen Berufungswerbern gesetzeskonform durchzuführen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird, mit dem Antrag, den Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Bestimmungen über die Anrechnung des Einkommens des Ehepartners seien gemeinschaftsrechtswidrig, ist gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung der hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2002/08/0202, und vom , Zl. 2002/08/0038, zu verweisen.

Des weiteren legt der Beschwerdeführer dar, auf Grund der Kundmachungen BGBl. II Nr. 15 und Nr. 16/2003 hätte die belangte Behörde das Verfahren unterbrechen müssen. Dem ist Folgendes zu erwidern:

§ 26a VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 124/2002 lautet:

"§ 26a. (1) Ist beim Verwaltungsgerichtshof eine erhebliche Anzahl von Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide nach Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG anhängig, in denen gleichartige Rechtsfragen zu lösen sind, oder besteht Grund zur Annahme, dass eine erhebliche Anzahl solcher Beschwerden eingebracht werden wird, so kann der Verwaltungsgerichtshof dies mit Beschluss aussprechen.

...

(3) Mit Ablauf des Tages der Kundmachung des Beschlusses gemäß Abs. 1

1. dürfen in allen Rechtssachen, in denen eine zur Entscheidung in oberster Instanz berufene Verwaltungsbehörde die im Beschluss genannten Rechtsvorschriften anzuwenden und eine darin genannte Rechtsfrage zu beurteilen hat, nur solche Handlungen vorgenommen oder Entscheidungen und Verfügungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten;

...

(4) In seinem Erkenntnis fasst der Verwaltungsgerichtshof die Antwort auf die zu lösenden Rechtsfragen in einem Rechtssatz zusammen, der nach Maßgabe des Abs. 2 unverzüglich kundzumachen ist. Mit Ablauf des Tages der Kundmachung des Rechtssatzes enden die Wirkungen des Abs. 3 Z 1 und 3 und beginnt die gemäß Abs. 3 Z 2 gehemmte oder unterbrochene Beschwerdefrist zu laufen."

Am hat der Verwaltungsgerichtshof zur Zl. 2002/08/0202 folgenden Beschluss gefasst:

"1. Es besteht im Sinne des § 26a Abs. 1 VwGG Grund zur Annahme, dass beim Verwaltungsgerichtshof eine erhebliche Anzahl von Beschwerden eingebracht werden wird, in denen die Rechtsfrage zu lösen ist, ob die gesetzliche Anordnung der Berücksichtigung des Einkommens des Ehemannes bei Beurteilung der Notlage der im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehefrau im Zusammenhang mit der Gewährung von Notstandshilfe dem Gemeinschaftsrecht entspricht, insbesondere ob darin nicht eine mittelbare Diskriminierung der betroffenen Frauen erblickt werden kann.

2. Zur Beantwortung der in Z. 1 genannten Rechtsfrage hat der Verwaltungsgerichtshof folgende Rechtsvorschriften anzuwenden:

§ 33 und § 36 iVm § 39 AlVG, BGBl. Nr. 609/1977 idF BGBl. Nr. 142/2000; § 2 und § 6 Notstandshilfeverordnung, BGBl. Nr. 352/1973, idF BGBl. Nr. 240/1996; Art. 2 bis 4 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit vom (Gleichbehandlungsrichtlinie), ABl. Nr. L 006 vom ,

S. 24.

..."

Dieser Beschluss wurde vom Bundeskanzler und vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit im BGBl. II Nr. 15/2003 kundgemacht.

Aus dem Wortlaut des genannten Beschlusses ergibt sich, dass er sich lediglich auf die Rechtsfrage bezieht, ob die gesetzliche Anordnung der Berücksichtigung des Einkommens des Ehemannes bei Beurteilung der Notlage der Ehefrau dem Gemeinschaftsrecht entspricht, insbesondere ob darin nicht eine mittelbare Diskriminierung der betroffenen Frauen erblickt werden kann. Die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage, ob sich - gegebenenfalls -

auch Männer auf eine allfällige Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Einkommensanrechnung berufen können, war somit nicht Gegenstand einer Rechtsfrage, bis zu deren Beantwortung durch den Verwaltungsgerichtshof die belangte Behörde auf Grund des § 26a Abs. 3 Z 1 VwGG bestimmte Entscheidungen nicht treffen durfte.

Die Rechtswirkungen des § 26a Abs. 3 VwGG beziehen sich nur auf Rechtssachen, in denen Rechtsfragen zu beantworten sind, die im jeweiligen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 26a Abs. 1 VwGG genannt sind. Der Umstand, dass die Beantwortung der jeweiligen Rechtsfragen gegebenenfalls Auswirkungen auch auf andere Fälle haben kann, führt nicht dazu, dass auch in diesen Fällen die Rechtswirkungen des § 26a Abs. 3 VwGG eintreten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am