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VwGH vom 29.06.2005, 2003/08/0086

VwGH vom 29.06.2005, 2003/08/0086

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des K in L, vertreten durch Dr. Franz Lethmüller, Rechtsanwalt in 6500 Landeck, Malserstraße 11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom , Zl. Vd-SV-1001-1- 324/6/Au, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei: Tiroler Gebietskrankenkasse in 6020 Innsbruck, Klara-Pölt-Weg 2), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 330,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom wurde der Beschwerdeführer als Dienstgeber auf Grund einer Beitragsnachverrechnung verpflichtet, den Betrag von S 47.673,95 (EUR 3.464,60) zu bezahlen. Begründend führte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, dass am beim Beschwerdeführer eine Beitragsprüfung durchgeführt worden sei. Diese Beitragsprüfung sei durch eine Mitteilung des Finanzamtes ausgelöst worden, wonach dieses für die Jahre 1998 bis 2000 den Sachbezugswert für die Privatnutzung eines firmeneigenen Kraftfahrzeuges für den Dienstnehmer W.N., einen Sohn des Beschwerdeführers, zur Nachrechnung gebracht habe. Gemäß § 50 ASVG gelte für die Bewertung der Sachbezüge jene für Zwecke der Lohnsteuer. Auf Grund der rechtskräftigen Bewertung durch die Finanzbehörden habe die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse die im Lohnsteuerprüfungsverfahren angesetzten Bemessungsgrundlagen als Beitragsgrundlagen in der Sozialversicherung heranzuziehen gehabt.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Einspruch des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse als unbegründet abgewiesen. Sie führte aus, dass der dem konkreten Fall zu Grunde liegende Sachverhalt unstrittig sei, es gehe (nur) um die Rechtsfrage, ob die Berechtigung zur privaten Nutzung eines firmeneigenen Kraftfahrzeuges "durch den Dienstnehmer bzw. Sohn des Einspruchswerbers" aus dem Dienstverhältnis resultiere oder im nahen Angehörigen- bzw. Eltern-Kind-Verhältnis begründet sei.

Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG seien unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch habe oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhalte. Der mit "Bewertung von Sachbezügen" überschriebene § 50 ASVG normiere, dass für die Bewertung der Sachbezüge die Bewertung für Zwecke der Lohnsteuer gelte. § 15 Abs. 1 EStG 1988 normiere, dass Einnahmen vorliegen, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der außerbetrieblichen Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z. 4 bis 7 zuflössen. § 15 Abs. 2 EStG 1988 präzisiere die Bewertung der geldwerten Vorteile (wie z.B. Wohnung, Heizung oder die Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung). § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge normiere in seinem Abs. 1, dass im Falle des Bestehens einer Möglichkeit für den Arbeitnehmer, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen, ein Sachbezugswert von 1,5 % der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (einschließlich Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe), maximal S 7.000,-- monatlich, anzusetzen sei. Gemäß § 4 Abs. 2 dieser Verordnung sei ein Sachbezugswert im halben Betrag (0,75 % der tatsächlichen Anschaffungskosten, maximal S 3.500,-- monatlich) anzusetzen, wenn die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten im Sinne des Abs. 1 im Jahr nachweislich nicht mehr als 500 km betrage.

Der Beschwerdeführer vertrete zur Frage der steuer- bzw. sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der privaten Nutzung des firmeneigenen Kraftfahrzeuges durch den als Dienstnehmer in seinem Betrieb tätigen Sohn den Standpunkt, dass die (bereits vor der Begründung des Dienstverhältnisses erfolgte) Benützung des firmeneigenen Kraftfahrzeuges für private Zwecke im nahen Verwandtschaftsverhältnis begründet sei und daher die lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtliche Bewertung eines Sachbezuges im konkreten Fall nicht in Betracht komme.

Der nach den Behauptungen des Beschwerdeführers auf dem nahen Angehörigenverhältnis beruhenden Berechtigung zur privaten Benützung des firmeneigenen Kraftfahrzeuges sei nach Ansicht der belangten Behörde die sozialversicherungsrechtliche Anerkennung zu versagen, weil die zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn getroffene "familienrechtliche Regelung" bzw. "Abmachung" über die private Benützung des betreffenden Kraftfahrzeuges nach außen nicht ausreichend für die Behörden nachvollziehbar und nachprüfbar in Erscheinung getreten sei bzw. trete und sie keinen eindeutigen, jeden Zweifel ausschließenden Inhalt aufweise. Im konkreten Falle lasse sich auch aus dem ermittelten Akteninhalt und aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht in objektiver Weise ableiten, ob, aus welchen Gründen, wie oft, in welchen Zeiträumen etc. er das firmeneigene Kraftfahrzeug seinem Sohn als Gefälligkeit oder "Unterstützung" für die von seinem Sohn ihm gegenüber erfüllten familiären Verpflichtungen für private Zwecke (unentgeltlich oder gegen Kostenersatz) zur Verfügung gestellt habe. Die bloße Behauptung, der Beschwerdeführer habe dem Sohn bereits vor der Begründung des Dienstverhältnisses (bis zum gegebenen Zeitpunkt) die Benützung des Kraftfahrzeuges für private Zwecke (unbefristet) "erlaubt", genüge den vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Kriterien, dass die Vereinbarungen nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen und einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben müssten, nicht. Dem Erfordernis klarer und eindeutiger vertraglicher Abmachungen komme bei der - auf Grund des zwischen nahen Angehörigen fehlenden Interessengegensatzes schwierigen - Abgrenzung der "familienhaften, auf bloßer Gefälligkeit oder gegenseitiger Unterstützung beruhenden Verwandtschaftsverhältnisse" von sozialversicherungsrechtlich relevanten Beschäftigungsverhältnissen, die in wechselseitigen dienstvertraglichen Verpflichtungen ihren Grund haben, große Bedeutung zu, und es seien an die Anerkennung von (familienrechtlichen) Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen strenge Maßstäbe anzulegen, insbesondere wenn von allgemein üblichen Vertragsinhalten abgewichen werde.

Es sei - im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers auch bei dessen Betriebsgröße - durchaus üblich, dass ein Dienstgeber seinem Dienstnehmer, insbesondere wenn dieser wie im konkreten Fall in leitender Funktion tätig sei, ein Kraftfahrzeug zur Verfügung stelle und dem Dienstnehmer dessen Benützung auch für private Zwecke gestatte. Die private Benützung des Kraftfahrzeuges sei in diesem Falle grundsätzlich als Vorteil aus dem bestehenden Dienstverhältnis zu werten, führe daher zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und sei als Sachbezug zu behandeln. Der geldwerte Vorteil, den sich der einzelne Dienstnehmer bzw. der Sohn durch die (unentgeltliche) Überlassung des firmeneigenen Kraftfahrzeuges für private Fahrten erspare, finde seine Ursache darin, dass er ein eigenes Kraftfahrzeug nicht selbst käuflich erwerben müsse.

Im konkreten Fall sei die sich aus dem bestehenden Dienstverhältnis ergebende Duldung bzw. das (mündlich bzw. konkludent erteilte) Einverständnis des Beschwerdeführers zu Privatfahrten des Dienstnehmers (Sohnes) mit dem betreffenden firmeneigenen Kraftfahrzeug als der Lebenserfahrung entsprechend zu unterstellen und die vom Beschwerdeführer in keiner Weise nachgewiesene bzw. glaubhaft gemachte Behauptung einer ausschließlich auf dem nahen Angehörigenverhältnis beruhenden privaten Benützung des Kraftfahrzeuges durch den Sohn als eher unwahrscheinlich anzusehen. Daher sei im gegenständlichen Fall die private Benützung des firmeneigenen Kraftfahrzeuges durch den als Dienstnehmer beschäftigten Sohn als sozialversicherungsrechtlicher Vorteil aus dem Dienstverhältnis zu werten, zumal durch die Einräumung eines Sachbezuges durch den Beschwerdeführer stets ein Beitrag zu einem Aufwand geleistet werde, den der Dienstnehmer sonst im Rahmen seiner privaten Lebensführung selbst hätte tätigen müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Im vorliegenden Fall steht fest, dass dem Dienstnehmer (und Sohn) des Beschwerdeführers die Benützung eines firmeneigenen Kraftfahrzeuges des Beschwerdeführers für private Zwecke gestattet wurde. Bereits damit ist der Tatbestand der Gewährung einer Sachleistung aus dem Dienstverhältnis hergestellt. Für diese Beurteilung ist das Motiv der Überlassung ebenso wenig maßgeblich wie die Frage, ob und aus welchem Grunde eine derartige Überlassung allenfalls auch bereits vor Beginn des Dienstverhältnisses erfolgt ist; auch auf die Frage, ob anderen Dienstnehmern des Beschwerdeführers ebenfalls Kraftfahrzeuge zur privaten Benützung zur Verfügung standen, kommt es bei der Beurteilung der dem konkreten Dienstnehmer eingeräumten Benützungsmöglichkeit nicht an. Schon der Umstand, dass das dem Dienstnehmer (und Sohn) des Beschwerdeführers zur privaten Benützung überlassene Kraftfahrzeug sich unstrittig im Betriebsvermögen des Beschwerdeführers befand, indiziert einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis. Eine nach außen zu Tage getretene Trennung von Familiärem und Dienstlichem in Bezug auf die Benützung des Kraftfahrzeuges durch den Dienstnehmer (und Sohn) des Beschwerdeführers war nicht gegeben (wie z.B. im Falle der Überlassung eines nicht zum Betriebsvermögen gehörenden Kraftfahrzeuges). Ebenso wenig kommt eine familienrechtliche - z.B. unterhaltsrechtliche - Verpflichtung zur Überlassung in Betracht, sodass die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend von einem Vorteil aus dem Dienstverhältnis ausgehen konnte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am