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VwGH vom 15.03.2005, 2003/08/0083

VwGH vom 15.03.2005, 2003/08/0083

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Ing. F in G, vertreten durch Dr. Bernhard Krump, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Heinrichstraße 16, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. 54-13u1/4-2002, betreffend Haftung gemäß § 25a BUAG (mitbeteiligte Partei: Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse in 1050 Wien, Kliebergasse 1a), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Haftung des Beschwerdeführers gemäß § 25a Abs. 7 BUAG für Zuschläge zum Lohn gemäß §§ 21 und 21a BUAG samt Nebengebühren in der Gesamtsumme von S 201.144,-- festgestellt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 25a Abs. 7 BUAG die zur Vertretung der juristischen Person berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Zuschlagsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Zuschläge insoweit haften, als die Zuschläge aus Verschulden des Vertreters nicht eingebracht werden können. Im gegenständlichen Fall habe die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse mit Rückstandsausweis vom dem Beschwerdeführer gemäß § 25a Abs. 7 BUAG als Geschäftsführer der T GmbH & Co KG für den Zeitraum Juli 1998 bis April 1999 die rückständigen und vollstreckbaren Zuschläge zum Lohn gemäß § 21 und 21a BUAG samt Nebengebühren in der Gesamtsumme von S 201.144,-- vorgeschrieben.

Zu den Einwendungen des Beschwerdeführers, weder Gesellschafter noch Geschäftsführer der zwischenzeitig insolventen T GmbH & Co KG und daher nicht haftungspflichtig gemäß § 25a Abs. 7 BUAG zu sein, führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 17 Abs. 1 GmbH-Gesetz neue Geschäftsführer ihre Unterschrift vor dem Gericht zu zeichnen oder die Zeichnung in beglaubigter Form vorzulegen hätten. Dies sei im gegenständlichen Fall durch die Firmazeichnungserklärung erfolgt, welche der Beschwerdeführer am vor einem Notar unterzeichnet habe; aus dieser Erklärung gehe eindeutig hervor, dass damit die Fertigung als Geschäftsführer der T GmbH verbunden sei. Es sei daher anzunehmen, dass der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auch vom Gesellschafterbeschluss, mit dem er zum Geschäftsführer bestellt worden sei, der am selben Tag vor dem selben Notar abgeschlossen worden sei, Kenntnis erlangt habe. Der Beschwerdeführer habe auch bestätigt, dass die Firmazeichnungserklärung vom seine Unterschrift trage und dass er auch einige Schriftstücke in der Notariatskanzlei unterfertigt habe. Dass er nicht auf deren Inhalt geachtet habe, könne nicht als Rechtfertigung für eine Eintragung ohne sein Wissen und seine Zustimmung gewertet werden.

Den "Einspruchsausführungen" (gemeint wohl: Berufungsausführungen), dass der Beschwerdeführer auf Grund seines Alters und seiner Schwerhörigkeit sowie des Umstandes, dass er sich seit längerer Zeit in Pension befinde, nicht mehr geschäftsgewandt sei, werde entgegengehalten, dass er nach eigenen Angaben seit 1980 bei entsprechenden Unternehmen "im Geschäftsbereich" tätig gewesen sei.

Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer "geltend gemachten möglichen Zahlungsfähigkeit" der T GmbH werde "auf die Stellungnahme des Masseverwalters" verwiesen. Grundsätzlich sei aber jede mit der Geschäftsführung betraute Person verpflichtet, wenn Exekutionen gegen die GmbH anhängig seien, für die ordentliche Geschäftsgebarung zu sorgen, widrigenfalls Verschulden angelastet werden könne. In der gegenständlichen Angelegenheit habe am bei der belangten Behörde eine Besprechung stattgefunden, in der vereinbart worden sei, dass der Vertreter des Beschwerdeführers Unterlagen vorlegen werde, die den Beschwerdeführer von der Haftung entlasten würden. Bis zum Tag der Bescheiderlassung seien solche Unterlagen nicht vorgelegt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte Teile der Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 25a Abs. 7 Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Zuschlagsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Zuschläge insoweit, als die Zuschläge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

2. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, seine "aus dem Firmenbuch ersichtliche Bestellung zum handelsrechtlichen Geschäftsführer" der T GmbH sei nicht rechtmäßig bzw. gegen seinen Willen gewesen, kann ihm nicht gefolgt werden. In der Stellungnahme bzw. Urkundenvorlage des Beschwerdeführers vom wird ausgeführt, dass seine Schwerhörigkeit bereits am Tag der Firmazeichnungserklärung soweit fortgeschritten gewesen sei, dass er "seinen Bestellungsvorgang zum Geschäftsführer nicht mehr wahrgenommen" habe. Dazu ist festzuhalten, dass derartiges Vorbringen - wenngleich ohne Stellung konkreter Beweisanträge oder Vorlage von Unterlagen - im Verwaltungsverfahren bereits erstattet worden war. Die belangte Behörde hat in nicht als unschlüssig zu erkennender Weise und in Kenntnis des Vorbringens betreffend die Schwerhörigkeit des Beschwerdeführers aus der von ihm vor dem Notar erfolgten Firmazeichnung und seiner Bestätigung, dass er "einige Schriftstücke in der Notariatskanzlei" unterfertigt habe, geschlossen, dass der Beschwerdeführer der Bestellung zum Geschäftsführer zugestimmt und vom diesbezüglichen Gesellschafterbeschluss auch Kenntnis erlangt habe.

3. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Annahme seiner persönlichen und alleinigen Haftung nach § 25a Abs. 7 BUAG für Zuschlagsrückstände der T GmbH & Co KG, da er keine zur Vertretung dieser Kommanditgesellschaft berufene Person sei. Er scheine weder als Gesellschafter noch als Geschäftsführer dieser Kommanditgesellschaft im Firmenbuch auf, sodass seine Inanspruchnahme unbegründet sei. Er sei im Firmenbuch als Geschäftsführer der T GmbH eingetragen, über deren Vermögen bis dato kein Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Diese Gesellschaft sei nie Schuldner der gegenständlich geforderten Zuschläge bzw. Arbeitgeber der betroffenen Bauarbeiter gewesen und bei ihr sei bisher von der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse nicht einmal versucht worden, Zuschläge einbringlich zu machen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass bei einer GmbH & Co KG die der geschäftsführenden GmbH gemäß § 25a Abs. 7 BUAG auferlegte Pflicht zur Abfuhr der Zuschläge für Arbeitnehmer der Kommanditgesellschaft auch den Geschäftsführer der GmbH in seiner Eigenschaft als zu deren Vertretung berufene Person betrifft und daher auch seine Inanspruchnahme nach dieser Bestimmung rechtfertigt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/08/0032).

4. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass er nach dem - seiner Ansicht nach unrichtigen - Firmenbuchstand bloß kollektiv mit einem weiteren Geschäftsführer zeichnungsberechtigt gewesen sei, sodass er nicht einmal berechtigt gewesen sei, Zuschläge an die Kasse zu entrichten, ist er darauf zu verweisen, dass - wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind - grundsätzlich alle für die Erfüllung der ihnen als gesetzlichen Vertretern auferlegten Pflichten haften. Auch eine faktische Behinderung seiner Geschäftsführerbefugnisse vermöchte den Beschwerdeführer nicht zu exkulpieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/08/0290). Eine Agendenverteilung zwischen den Geschäftsführern im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschwerdeführer nicht behauptet.

5. Schließlich wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Höhe des Rückstandes und gegen die Annahme der Uneinbringlichkeit der von der mitbeteiligten Partei geltend gemachten Rückstände sowie gegen die Annahme, dass ein Rückstand überhaupt aus einem Verschulden der Geschäftsführung entstanden sei. Die belangte Behörde habe in dieser Hinsicht keine Ermittlungen vorgenommen.

Die belangte Behörde hat es trotz erfolgter Urgenz unterlassen, die Akten des Verwaltungsverfahrens vollständig vorzulegen. Der Verwaltungsgerichtshof kann daher, da die belangte Behörde auf diese Säumnisfolge ausdrücklich hingewiesen wurde, soweit die Aktenvorlage unvollständig geblieben ist, gemäß § 38 Abs. 2 VwGG auf Grund der Behauptungen des Beschwerdeführers erkennen.

Da die unvollständig vorgelegten Verwaltungsakten - insbesondere auch des Verfahrens vor den Unterinstanzen - nicht erkennen lassen, dass bzw. in welcher Weise und mit welchen Ergebnissen Ermittlungen in diesem Zusammenhang durchgeführt worden wären, war der angefochtene Bescheid auf der Grundlage des Vorbringens des Beschwerdeführers in Anwendung des § 38 Abs. 2 VwGG gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am