VwGH vom 20.10.1994, 91/06/0033
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde
1. des A und 2. der H, beide in X und beide vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom , Zl. 96.205/35-IX/6/90, betreffend Berichtigung des Grenzkatasters (mitbeteiligte Parteien: 1. H und 2. M, beide in G)
Spruch
1. den Beschluß gefaßt:
Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen; die Zweitbeschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen,
2. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Erstbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Durch Verordnung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom , AVerm 5, wurde aufgrund des § 22 Abs. 1 des Vermessungsgesetzes, BGBl. Nr. 306/1968, in der Fassung des Bungesgesetzes BGBl. Nr. 238/1975, der Beginn des Verfahrens zur allgemeinen Neuanlegung des Grenzkatasters in der Katastralgemeinde S angeordnet.
Im Zuge dieses Neuanlegungsverfahrens fand am an Ort und Stelle eine Grenzverhandlung statt, in der unter anderem auch die Grenze zwischen den Grundstücken Nr. 632 und 634 in Anwesenheit der beteiligten Eigentümer festgelegt und gekennzeichnet wurde. Eigentümerin des Grundstückes Nr. 632 war die Rechtsvorgängerin im Eigentum an der Liegenschaft der Beschwerdeführer, Eigentümer des Grundstückes Nr. 634 waren (und sind) die mitbeteiligten Parteien. An der Verhandlung nahmen sowohl die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführer als auch die Zweitmitbeteiligte, diese auch im Namen des Erstmitbeteiligten, teil. Dieser Grenzverhandlung lagen nach der Niederschrift über die Verhandlung unter anderen Plänen auch der Plan von Dipl.-Ing. R mit der Zl. 2757/61 und eine Skizze zugrunde, in der die Grenzen des Grundstückes Nr. 634 durch die Punkte H-G-C-I gekennzeichnet sind. Die südliche Grundstücksgrenze des Grundstückes Nr. 634 zum Grundstück Nr. 632 wird in dieser Skizze durch die Strecke zwischen den Punkten H und I gekennzeichnet. Der Punkt I ist als "behauener Grenzstein" planlich dargestellt. Aus der Niederschrift, in der insbesondere auf diese Skizze verwiesen wird, ergibt sich, daß die Grenzfestlegung unter Zugrundelegung dieser Skizze erfolgte.
In dem der Verhandlung nach der Niederschrift ebenfalls zugrunde liegenden Lageplan von Dipl.-Ing. R vom sind die Grenzen des Grundstückes Nr. 634 durch die Punkte 1-2-3-4 gekennzeichnet, wobei die südliche Grenze die Strecke zwischen den Punkten 3 und 2 bildet. Diese Strecke ist auf dem Plan mit 40,00 Metern angegeben; die Strecke zwischen den Punkten 3 und 4 (die Grenze des Grundstückes Nr. 634 zur S-Straße) ist mit 49,83 Meter angegeben. Vergleichbare Längenangaben enthält die erwähnte Skizze nicht.
Aufgrund der Niederschrift über die Grenzverhandlung und Vermessung wurde gemäß § 28 Vermessungsgesetz der Entwurf des Grenzkatasters der Katastralgemeinde S erstellt und mit Verordnung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom , AVerm 410, das Richtigstellungsverfahren eingeleitet. Während dieses Richtigstellungsverfahrens konnte der Entwurf des Grenzkatasters in der Zeit vom bis eingesehen werden und Einwendungen gegen den Entwurf erhoben werden.
Weder von den Mitbeteiligten noch von der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführer wurden Einwendungen erhoben. Nach Abschluß des Richtigstellungsverfahrens wurde vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen mit Verordnung vom , AVerm 511, gemäß § 31 Abs. 1 Vermessungsgesetz das Inkrafttreten des berichtigten Entwurfes des Grenzkatasters der Katastralgemeinde S mit Wirksamkeit vom festgesetzt.
Mit Schreiben vom beantragten die mitbeteiligten Parteien als Eigentümer des Grundstückes Nr. 634 die Berichtigung des Grenzkatasters gemäß § 13 Vermessungsgesetz hinsichtlich ihres Grundstückes. Sie begründeten den Antrag damit, daß in der Grenzverhandlung am der Plan des Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen Dipl.-Ing. R vom , GZ. 2757/61 nicht berücksichtigt worden sei (bei Berücksichtigung dieses Planes verliefe die Grundstücksgrenze etwas südlich des in der Natur vorhandenen Zaunes).
In der Zwischenzeit hatten die Beschwerdeführer das Grundstück Nr. 632 erworben. Der Antrag der Mitbeteiligten auf Einleitung des Berichtigungsverfahrens wurde in erster Instanz zunächst zurückgewiesen, über Berufung der Mitbeteiligten wurde vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben und das Vermessungsamt angewiesen, das Berichtigungsverfahren gemäß § 13 Vermessungsgesetz durchzuführen.
Im Zuge dieses Berichtigungsverfahrens fand am eine Grenzverhandlung statt, bei der keine Einigung über den Grenzverlauf erzielt werden konnte. Das Vermessungsamt forderte sodann mit Schreiben vom die Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 2 Vermessungsgesetz auf, binnen sechs Wochen ein gerichtliches Verfahren zur Bereinigung des Grenzstreites anhängig zu machen, widrigenfalls der von den mitbeteiligten Parteien angegebene Grenzverlauf in den Grenzkataster übernommen werden würde.
Die Beschwerdeführer kamen dieser Aufforderung nicht nach und das Vermessungsamt gab sodann mit Bescheid vom dem Antrag der mitbeteiligten Parteien auf Berichtigung des Grenzkatasters statt. Die Grenze wurde entsprechend den im Plan von Dipl.-Ing. R verzeichneten Punkten festgelegt.
Gegen diesen Bescheid erhob nur der Erstbeschwerdeführer Berufung, der vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen keine Folge gegeben wurde. Der daraufhin erhobenen Berufung durch den Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges im wesentlichen aus, daß aus der Niederschrift über die Grenzverhandlung Nr. 28 vom zweifelsfrei hervorgehe, daß alle beteiligten Eigentümer ordnungsgemäß geladen worden seien und daß der Verlauf der gegenständlichen Grenze von den erschienenen beteiligten Eigentümern entsprechend jener Skizze festgelegt und gekennzeichnet worden sei, die der Niederschrift beiliege. Aus der Niederschrift gehe auch hervor, daß der Plan des Dipl.-Ing. R vom , GZ. 2757/61, der in der Urkundensammlung des Vermessungsamtes unter der Aktenzahl Vhw 52/62 abgelegt sei, den Eigentümern als Behelf im Sinne des § 25 Abs. 1 Vermessungsgesetz vorgehalten worden sei. Der Plan sei jedoch in der Niederschrift fälschlich mit GZ. 2751/61 zitiert. Diese Niederschrift sei von den erschienenen Eigentümern vorbehaltlos unterfertigt und damit die Richtigkeit des in der Niederschrift beurkundeten Ergebnisses der Grenzverhandlung bestätigt worden.
Bei der Anlegung des Grenzkatasters sei jedoch der Grenzpunkt Nr. 1356, der dem Grenzpunkt H der Skizze über die Grenzverhandlung entspreche und den westlichen Endpunkt der gemeinsamen Grenze zwischen den Grundstücken Nr. 632 und 634 bilde, abweichend von der Festlegung in der Grenzverhandlung vermessen und im Kataster eingetragen worden. Insoweit werde auf die diesbezüglichen vermessungstechnischen Erwägungen im Bescheid der zweiten Instanz verwiesen. Der von den Beschwerdeführern ins Treffen geführte Gutglaubensschutz im Sinne des § 1500 ABGB und § 49 Vermessungsgesetz wäre in dem Gerichtsverfahren zu prüfen gewesen, zu dessen Einleitung die Beschwerdeführer vom Vermessungsamt aufgefordert worden seien. Im übrigen sei das Eigentumsrecht mit Schenkungvertrag vom an die Beschwerdeführer übertragen worden und zu diesem Zeitpunkt der Grenzkataster noch nicht in Kraft gesetzt gewesen.
Im Verfahren nach § 13 Vermessungsgesetz sei nur zu prüfen, ob die dort genannten Voraussetzungen für eine Berichtigung des Grenzkatasters vorliegen. Wenn sich ergebe, daß die Neuanlegung des Grenzkatasters oder eine in diesem enthaltene Einverleibung oder Anmerkung mit der Grundlage nicht im Einklang stehe oder fehlerhaft sei, so sei von Amts wegen oder auf Antrag des Eigentümers die Berichtigung mit Bescheid zu verfügen. Das durchgeführte Verfahren habe ergeben, daß die Angaben des Grenzkatasters bezüglich des Grenzpunktes Nr. 1356 mit ihrer Grundlage, das sei gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 Vermessungsgesetz in diesem Fall die Niederschrift über die Grenzverhandlung, nicht im Einklang stehe. Den Angaben in der Berufung, daß bei der Grenzverhandlung der Grenzverlauf anhand eines schon damals und auch heute noch bestehenden Zaunes ermittelt worden sei, widerspreche schon die unbestrittene und auch in der mündlichen Verhandlung am ausdrücklich anerkannte Tatsache, daß der Grenzpunkt I laut Verhandlungsskizze (der dem Grenzpunkt Nr. 1347 des Grenzkatasters entspreche) ein Punkt der gemeinsamen Grenze sei. Dieser durch einen Grenzstein gekennzeichnete Punkt liege jedoch fast 70 Zentimeter südlich des von den Beschwerdeführern genannten Zaunes. Es zeige insbesondere die Eintragung der Zeichen für Grenzsteine bei den Punkten I und K, daß die von der Berufung behauptete Festlegung der Grenze entsprechend dem (auch damals schon bestandenen) Zaun unzutreffend sei.
Das Ermittlungsverfahren habe somit ergeben, daß der in der Grenzverhandlung am von den Eigentümern festgelegte Grenzpunkt H zwischen den Grundstücken Nr. 632 und 634 unrichtig in den Grenzkataster eingetragen worden sei und daher gemäß § 13 Vermessungsgesetz zu berichtigen gewesen sei. Die belangte Behörde kommt zu dieser Schlußfolgerung insbesondere aufgrund der Feststellung, daß die Punkte H-I-K in der Skizze, die der Niederschrift über die Verhandlung vom angeschlossen ist, auf einer Geraden liegen (sollte Punkt H mit der in der Natur vorhandenen Zaunecke identisch sein, wäre die Verbindung H-I-K NICHT geradlinig).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf unversehrten Bestand der Grenze ihres Grundstückes Nr. 632 zum Grundstück Nr. 634 der Katastralgemeinde S wie sie durch den rechtskräftig festgesetzten Entwurf des Grenzkatasters ausgewiesen sei, verletzt erachten. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und unter Hinweis auf die Begründung des angefochtenen Bescheides und des Bescheides der zweiten Instanz die Abweisung der Beschwerden unter Zuspruch der Kosten für den Vorlageaufwand beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
I. Zur Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin:
Die Zweitbeschwerdeführerin hat gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Vermessungsamtes vom , mit dem die Berichtigung des Grenzkatasters hinsichtlich der Grundstücke Nr. 634 und 632 KG S, verfügt wurde, keine Berufung erhoben. Ihre Berufung gegen den zweitinstanzlichen Bescheid, der den erstinstanzlichen Bescheid nicht abänderte, wäre daher zurückzuweisen gewesen (vgl. für den Fall des zweigliedrigen Instanzenzuges die bei Dolp, Verwaltungsgerichtsbarkeit2, 388, wiedergegebene hg. Judikatur). Dadurch, daß die belangte Behörde statt dessen auch über die Berufung der Zweitbeschwerdeführerin meritorisch in der Weise entschieden hat, daß sie den - gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin ohnehin bereits rechtskräftigen - Abspruch der Unterinstanz bestätigte, kann die Zweitbeschwerdeführerin jedoch in keinem subjektiven Recht verletzt sein. Die Beschwerde war daher insofern gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.
II. Zur Beschwerde des Erstbeschwerdeführers:
1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Vorschriften des Vermessungsgesetzes, BGBl. Nr. 306/1968, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 238/1975 und 480/1980, lauten:
"§ 13. (1) Ergibt sich, daß die Neuanlegung des Grenzkatasters oder eine in diesem enthaltene Einverleibung oder Anmerkung mit ihrer Grundlage nicht im Einklang steht oder fehlerhaft ist, so ist von Amts wegen oder auf Antrag des Eigentümers die Berichtigung mit Bescheid zu verfügen.
(2) Die Einleitung eines Verfahrens nach Abs. 1 ist im Grenzkataster anzumerken. Die Anmerkung hat zur Folge, daß für die betroffenen Grundstücke die Angaben des Grenzkatasters nicht als verbindlicher Nachweis nach § 8 Z. 1 anzusehen sind und der Schutz des guten Glaubens nach § 49 ausgeschlossen ist.
(3) Nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides nach Abs. 1 ist die Berichtigung vorzunehmen und die Anmerkung zu löschen."
"ABSCHNITT III
Neuanlegung des Grenzkatasters
§ 15. (1) ...
...
§ 25. (1) In der Grenzverhandlung ist von den erschienenen beteiligten Eigentümern nach Vorhalt der vorhandenen Behelfe (Grundsteuerkataster, Pläne und andere) der Verlauf der Grenzen festzulegen und in der Weise zu kennzeichnen, wie sie § 845 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches vorsieht. Kommen die Eigentümer der Kennzeichnungspflicht nicht nach, so ist die Kennzeichnung von Amts wegen gegen Kostenersatz vorzunehmen.
(2) Einigen sich die Eigentümer nicht über den Grenzverlauf und ist noch kein gerichtliches Verfahren anhängig, so ist der Eigentümer, der behauptet, daß die Grenze nicht mit dem sich aufgrund der Behelfe ergebenden Grenzverlauf übereinstimmt, aufzufordern, binnen sechs Wochen ein für die Bereinigung des Grenzstreites bestimmtes gerichtliches Verfahren anhängig zu machen. Läßt sich auf diese Weise der zur Einleitung des gerichtlichen Verfahrens aufzufordernde Eigentümer nicht ermitteln, so ist derjenige Eigentümer aufzufordern, dessen Behauptung den sonstigen in der Grenzverhandlung hervorgekommenen Umständen nach den geringeren Grad der Wahrscheinlichkeit besitzt.
(3) Wird eine von einem Eigentümer aufgrund der Aufforderung nach Abs. 2 eingebrachte Klage rechtskräftig abgewiesen, so gilt im Verhältnis zu ihm der von den übrigen beteiligten Eigentümern in der Grenzverhandlung angegebene Grenzverlauf als richtig.
...
(5) Kommt der Eigentümer der Aufforderung nach Abs. 2 nicht fristgerecht nach oder setzt er ein anhängiges gerichtliches Verfahren nicht gehörig fort, so ist er als dem von den übrigen beteiligten Eigentümern in der Grenzverhandlung angegebenen Grenzverlauf oder, wenn eine den Grenzverlauf festsetzende außerstreitige gerichtliche Entscheidung vorliegt, als dem Inhalt dieser Entscheidung zustimmend anzusehen."
"§ 28. (1) Die Grundlage für die Anlegung des Grenzkatasters bilden:
1. die Niederschriften über die Grenzverhandlungen in den Fällen, in denen der Grenzverlauf festgelegt wurde (§ 25 Abs. 1) oder in denen der von den übrigen beteiligten Eigentümern angegebene Grenzverlauf maßgebend ist (§ 25 Abs. 3 und 5),
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2. | ... | |||||||||
3. | ... . |
(2) Aufgrund der im Abs. 1 angeführten Urkunden und aufgrund der Vermessung ist unter Berücksichtigung der inzwischen im Grundsteuerkataster vorgenommenen Eintragungen vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen der Entwurf des Grenzkatasters zu erstellen und das Richtigstellungsverfahren anzuordnen."
2.1 In Rechtssachen, die sich auf unbewegliches Gut beziehen, muß sich der Erwerber eines Grundstückes auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage Verfahrenshandlungen seines Rechtsvorgängers in Verwaltungsverfahren, die das Grundstück betreffen oder betroffen haben, zurechnen lassen. Dies gilt sowohl für Verfahren nach AVG (und dabei wiederum sowohl für bereits abgeschlossene Verfahren, deren Rechtskraft unter Umständen auch dem Rechtsnachfolger gegenüber wirkt, als auch für noch anhängige Verfahren, in denen eine etwa eingetretene Präklusion des Rechtsvorgängers nicht durch die Veräußerung des Grundstückes beseitigt werden kann), als auch für Verfahren, die nicht mit der Erlassung eines Bescheides enden, wie das Verfahren im Zuge der Neuanlegung des Grenzkatasters nach § 13 Vermessungsgesetz. Soweit daher in der vorliegenden Verwaltungsangelegenheit - wovon aufgrund der unten stehenden Überlegungen tatsächlich auszugehen ist - die Festlegung der Grenze in der Grenzverhandlung vom maßgeblich ist, muß sich der Erstbeschwerdeführer grundsätzlich das Handeln seiner Rechtsvorgängerin zurechnen lassen.
2.2 Wenn in der Beschwerde zunächst darauf hingewiesen wird, daß durch die Einleitung des Berichtigungsverfahrens ohne gesetzliche Grundlage die Rechtskraft der Grenzfestsetzung angetastet und schließlich durch den Bescheid beseitigt worden sei, so übersieht der Erstbeschwerdeführer, daß die gesetzliche Regelung eines Berichtigungsverfahrens, wie sie § 13 Vermessungsgesetz enthält, bedeutet, daß dem Grenzkataster selbst nach dem formellen Inkrafttreten keine erhöhte Bestandskraft zukommt, wie sie bei Bescheiden aufgrund der Rechtskraft gegeben ist, da ihm nur insoweit Bestandskraft zukommt, als er mit seinen Grundlagen im Sinne des § 28 Vermessungsgesetz übereinstimmt. Wie sich aus § 13 Abs. 1 VermG ergibt, IST die Neuanlegung des Grenzkatasters ZU BERICHTIGEN, wenn sie MIT IHRER GRUNDLAGE NICHT IM EINKLANG STEHT. Die GRUNDLAGE IN DIESEM SINNE ist nach § 28 Abs. 1 Vermessungsgesetz DIE NIEDERSCHRIFT über DIE GRENZVERHANDLUNG und zwar in den Fällen, in denen der Grenzverlauf festgelegt wurde (§ 25 Abs. 1) oder in den Fällen, in denen der von den übrigen beteiligten Eigentümern angegebene Grenzverlauf maßgebend ist (§ 25 Abs. 3 und 5). Erst nach Vorliegen eines rechtskräftigen Bescheides nach § 13 Vermessungsgesetz ist von einer rechtskräftigen Entscheidung auszugehen; dies aber wiederum nur hinsichtlich des Bescheides, nicht aber hinsichtlich der Eintragung im Grenzkataster aufgrund dieses Bescheides (auch diesbezüglich könnten sich Abweichungen ergeben; Rechtskraft kommt nur dem Bescheid zu).
Auch aus dem Umstand, daß das Vermessungsgesetz vor der endgültigen Inkraftsetzung des Grenzkatasters ein "Richtigstellungsverfahren" vorsieht, in dessen Zuge nach § 30 Vermessungsgesetz von den beteiligten Eigentümern Einwendungen gegen den Entwurf erhoben werden können, folgt nicht - wie dies in der Beschwerde vertreten wird -, daß dann, wenn keine derartigen Einwendungen erhoben werden, nachfolgend kein Berichtigungsverfahren im Sinne des § 13 Vermessungsgesetz angestrengt werden könnte. Der Verweis auf § 42 AVG geht in diesem Zusammenhang deshalb fehl, weil im vorliegenden Fall kein Verwaltungsverfahren nach dem AVG mit Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach den §§ 40 ff abzuwickeln ist. Gerade der Hinweis auf § 42 AVG belegt die Unhaltbarkeit der in der Beschwerde vertretenen Auffassung, da eine dem § 42 AVG vergleichbare Bestimmung im Vermessungsgesetz fehlt. Der Verweis in § 3 Abs. 1 Vermessungsgesetz auf das AVG betrifft nur das "behördliche Verfahren", worunter aufgrund systematischer Auslegung im Zusammenhalt mit Art. II Abs. 1 EGVG nur das auf die Bescheiderlassung zielende Verfahren zu verstehen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse Slg. 5365 A/1960 und Slg. 6111 A/1963 und Walter - Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes5, Rz 58).
2.3 Der Beschwerde kommt aber im Ergebnis im Hinblick auf das Vorbringen betreffend Verfahrensmängel Berechtigung zu:
Wenngleich einiges für die Darstellung im angefochtenen Bescheid, der insoferne den Ausführungen im Bescheid des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen folgt, spricht, daß die in der der Niederschrift über die Verhandlung vom angeschlossenen Skizze verzeichneten Punkte I und H jenen Punkten entsprechen, die im Plan von Dipl.-Ing. R mit der Bezeichnung 2 und 3 versehen sind, sind im Verfahren Umstände hervorgekommen, die diese Annahme erschüttern. Die Behauptung in der Beschwerde, daß der Punkt H ein markanter Grenzpunkt, nämlich eine Zaunecksäule sei, wird nämlich auch durch den Amtsvermerk auf dem Einlageblatt zu
GZ. P 7729/1988-01.155 des vorgelegten Aktes der belangten Behörde bestätigt, wo darauf hingewiesen wird, daß die Grenzpunktaufnahme V 46 L ergebe, daß die Punkte G, H und C als Zaunecken bezeichnet sind. Der Amtsvermerk spricht ausdrücklich davon, daß die Niederschrift über die Grenzverhandlung vom "nicht eindeutige oder unrichtige Angaben" enthalte. Die belangte Behörde hätte aufgrund dieser Angaben nähere Feststellungen darüber zu treffen gehabt, ob die in der von ihr als maßgeblich angesehenen Skizze zur Niederschrift vom angegebenen Punkte tatsächlich mit jenen in dem der Verhandlung zugrundeliegenden Plan von Dipl.-Ing. R übereinstimmten, oder ob sie nicht vielmehr die in der Natur vorgefundenen Zaunecken markieren. Dies vor allem deshalb, weil aufgrund der Niederschrift davon auszugehen ist, daß die Grenzfestlegung in der Grenzverhandlung tatsächlich ANHAND DER SKIZZE ERFOLGTE (die nach der Angaben der belangten Behörde in der Verhandlung auch präzisiert worden sein soll), und der Plan von Dipl.-Ing. R offenbar nicht Gegenstand der Erörterung war. Es wäre daher aufzuklären gewesen, wie sich der Widerspruch zwischen der von den Verwaltungsbehörden nachträglich getroffenen Annahme, daß die Punkte H und I den Punkten 2 und 3 im Plan von Dipl.-Ing. R entsprächen, und dem Akteninhalt, daß der Punkt H eine Zaunecke repräsentiere (die offenbar nördlich des Punktes 2 im Plan von Dipl.-Ing. R liegt), erklären läßt. Zu diesem Zweck wären gegebenenfalls die vom Beschwerdeführer angeregten Zeugeneinvernahmen durchaus geeignet gewesen, den maßgebenden Sachverhalt insoweit klarzustellen. Die im angefochtenen Bescheid getroffene Annahme, daß die Eintragung der Zeichen für Grenzsteine bei den Grenzpunkten I und K zeige, daß die Berufung auf eine Festlegung der Grenze entsprechend dem bestehenden Zaun unzutreffend sei, ist nämlich nicht schlüssig. Die belangte Behörde übersieht dabei, daß durch die Feststellung betreffend die Punkte I und K noch kein zwingender Rückschluß auf den Punkt H möglich ist. Im Hinblick auf den oben genannten Amtsvermerk kann jedenfalls nicht - wie die belangte Behörde dies tut - aus dem Umstand, daß die Punkte K-I-H auf der Skizze auf einer Geraden liegen, verläßlich auf die Lage des Punktes H geschlossen werden, da es der Skizze - auch nach dem genannten Amtsvermerk - offenbar an der entsprechenden Genauigkeit mangelt.
Da nach § 25 Abs. 1 Vermessungsgesetz in der Grenzverhandlung von den erschienenen beteiligten Eigentümern nach Vorhalt der vorhandenen Behelfe (Grundsteuerkataster, Pläne und andere) der Verlauf der Grenzen festzulegen und in der Weise zu kennzeichnen ist, wie sie § 845 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches vorsieht, und zudem nach Ansicht der belangten Behörde die beigelegte Skizze angeblich während der Verhandlung auch ergänzt wurde, was jedoch von den Beschwerdeführern bezweifelt wird, ist es nicht von vorneherein auszuschließen, daß zwischen den auf der Skizze verzeichneten Punkten und den auf dem Plan von Dipl.-Ing. R enthaltenen Punkten Abweichungen bestehen bzw. daß die Skizze auch Ungenauigkeiten enthält (vgl. den oben genannten Amtsvermerk und die Ausführungen in der Berufung gegen den zweitinstanzlichen Bescheid). Im Hinblick auf den Wortlaut des § 25 Abs. 1 ist jedoch der in der Verhandlung vorgenommenen Festlegung des Grenzverlaufes der Vorrang einzuräumen.
Die von der belangten Behörde gezogene Schlußfolgerung erweist sich bei dem von ihr erhobenen Sachverhalt daher nicht als schlüssig. Die Feststellung des Sachverhaltes erfolgte daher insofern in einem mangelhaften Verfahren.
2.4 Es bleibt jedoch noch zu prüfen, welchen Einfluß die vom Vermessungsamt Graz im Zuge des Berichtigungsverfahrens vorgenommene Verweisung auch des Erstbeschwerdeführers auf den Rechtsweg (unter Berufung auf § 25 Abs. 2 Vermessungsgesetz) auf die Rechtslage im Beschwerdefall hat. Wenn die Wirkungen des § 25 Vermessungsgesetz, insbesondere dessen Abs. 5, im Beschwerdefall zum Tragen kämen, wäre die mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte Grenzfestlegung rechtmäßig, da der festgestellte Verfahrensmangel einen Sachverhalt beträfe, der nicht entscheidungswesentlich ist.
§ 25 Abs. 2 Vermessungsgesetz trifft eine Regelung für die nach Abschnitt III des Vermessungsgesetzes durchzuführende NEUANLEGUNG des Grenzkatasters. Für die im Zuge dieser Neuanlegung durchzuführende Grenzverhandlung sieht § 25 Abs. 2 die Verweisung auf den Rechtsweg mit den in § 25 Abs. 5 genannten Rechtsfolgen vor.
FÜR DAS BERICHTIGUNGSVERFAHREN GEMÄß § 13 VERMESSUNGSGESETZ
IST DEM VERMESSUNGSGESETZ EINE DERARTIGE ANORDNUNG NICHT ZU
ENTNEHMEN. Das Vorliegen einer Gesetzeslücke (welche Voraussetzung dafür wäre, daß an die analoge Anwendung verwandter Regelungen gedacht werden könnte) ist zu verneinen:
Während im Neuanlegungsverfahren die in der Natur bestehende ("tatsächliche") Grundgrenze durch entsprechende Behelfe im Grundkataster zur korrekten Darstellung gebracht werden soll, geht es im Verfahren nach § 13 nicht um das Verhältnis des tatsächlichen Grenzverlaufes zu den Behelfen, sondern um das Verhältnis der zwischen den Parteien akkordierten (oder als akkordiert geltenden) Behelfe zur tatsächlich erfolgten Eintragung. Abweichungen im letztgenannten Zusammenhang beruhen nicht auf Auslegungsdifferenzen über den Grenzverlauf in der Natur (hinsichtlich dessen die Einschaltung eines gerichtlichen Verfahrens zweckmäßig sein kann), sondern darüber, wie die vereinbarte bzw. als vereinbart geltende Darstellung dieses Grenzverlaufes zu lesen ist, Umstände also, über die in einem gerichtlichen Verfahren im Sinne der §§ 850 ff ABGB gerade nicht abzusprechen ist: Nicht der Verlauf der Grenze in der Natur ist im Beschwerdefall bestritten, sondern welcher von zwei in der Natur gar nicht strittigen, möglichen Grenzverläufen im Zuge des Neuanlegungsverfahrens mit konstitutiver Wirkung zwischen den Parteien festgelegt wurde. Eine Anwendung des § 25 Vermessungsgesetz im Verfahren nach § 13 kommt daher nicht in Betracht. Wenn der Beschwerdeführer dennoch aufgefordert wurde, den Rechtsweg zu beschreiten, konnte dies nicht die Rechtswirkungen des § 25 Abs. 5 Vermessungsgesetz auslösen. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer der mit Verfahrensanordnung getroffenen Aufforderung, den Rechtsweg zu beschreiten, im Berichtigungsverfahren nicht nachgekommen ist, bewirkt somit nicht, daß hinsichtlich der Grenzen zwischen den Grundstücken Nr. 634 und Nr. 632 nunmehr von den in der mündlichen Verhandlung im Berichtigungsverfahren von den Mitbeteiligten gemachten Angaben auszugehen wäre.
Die Aufforderung, den Rechtsweg zu beschreiten, hatte somit nicht zur Folge, daß die Verwaltungsbehörden der Aufgabe enthoben gewesen wären, die in der Verhandlung am erfolgte Festlegung der Grenzen zwischen den in Rede stehenden Grundstücken sachverhaltsmäßig aufzuklären.
2.5 Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Beachtung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft zuviel verzeichneten Stempelaufwand.