VwGH vom 17.11.2004, 2003/08/0041

VwGH vom 17.11.2004, 2003/08/0041

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des G in F, vertreten durch Dr. Stefan Gloß, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Wiener Straße 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. GS8-9879/2-2002, betreffend Befreiung von der Kostenbeteiligung und der Rezeptgebühr nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei:

Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Niederösterreich in 2501 Baden, Kaiser-Franz-Ring 27), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Kostenbeteiligung und der Rezeptgebühr nach § 86 Abs. 6 lit. d und § 92 Abs. 5 GSVG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer bei der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt die "Befreiung von der Rezeptgebühr und Kostenanteile" unter Hinweis auf sein monatliches Nettoeinkommen von ca. ATS 5.900,-- (EUR 428,77) beantragt habe. In dem gegen den Bescheid der Erstbehörde, mit dem dieser Antrag abgewiesen worden war, erhobenen Einspruch habe der Beschwerdeführer vorgebracht, dass durch seine Arbeitsunfähigkeit und die damit verbundene Betriebseinstellung zwangsläufig außergewöhnliche Belastungen entstanden wären, die seine finanzielle Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen würden. Als Einkommensnachweis sei der rechtskräftige Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 vorgelegt worden. Laut den Richtlinien des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger habe bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit von der Einhebung des Kostenanteiles bzw. der Rezeptgebühr abgesehen zu werden. Eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit liege jedenfalls dann vor, wenn das Nettoeinkommen des Versicherten im Sinne des § 149 GSVG den Richtsatz nach § 150 Abs. 1 lit. a sublit. aa GSVG nicht übersteige.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 86 Abs. 6 lit. d GSVG der Versicherungsträger von der Einhebung des Kostenanteiles absehen könne, wenn eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit des Versicherten vorliege und nicht § 93 Abs. 2 GSVG anzuwenden sei. Gemäß § 92 Abs. 5 GSVG habe der Versicherungsträger bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten nach Maßgabe der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hiezu erlassenen Richtlinien von der Einhebung der Rezeptgebühr abzusehen. Es sei somit zu überprüfen, ob im Hinblick auf die vom Hauptverband in Entsprechung des gesetzlichen Auftrages gemäß § 31 Abs. 5 Z. 16 ASVG erlassenen Richtlinien über die Befreiung von der Rezeptgebühr und der von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft erlassenen Richtlinien über die Befreiung von der Kostenbeteiligung die geltend gemachte und in diesen Richtlinien definierte besondere soziale Schutzbedürftigkeit im konkreten Fall vorliege.

Keiner der in § 3 der vom Hauptverband erlassenen Richtlinie über die Befreiung von der Rezeptgebühr und in § 2 der von der Sozialversicherungsanstalt erlassenen Richtlinien über die Befreiung von der Kostenbeteiligung angeführten Befreiungsgründe treffe auf den Beschwerdeführer zu. Es liege auch keiner der in § 5 Abs. 4 bis 6 der vom Hauptverband erlassenen Richtlinien über die Befreiung von der Rezeptgebühr und in §§ 3 und 4 der von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft erlassenen Richtlinien über die Befreiung von der Kostenbeteiligung weiteren angeführten Befreiungsgründe ("kein Anspruch auf Ausgleichszulage ausschließlich aus dem Grunde des § 150 Abs. 4 GSVG, Leiden des Versicherten an mit großen Aufwendungen verbundenen Krankheiten oder Gebrechen, die Notwendigkeit einer - den wirtschaftlichen Verhältnissen des Versicherten nicht zumutbaren - länger dauernden medikamentösen Behandlung, Anstaltsunterbringung, Asylwerber im Bundesbetreuung etc.") vor bzw. sei das Vorliegen eines derartigen Befreiungsgrundes vom Beschwerdeführer nicht releviert worden. Für die belangte Behörde ergebe sich angesichts der gesetzlichen und richtlinienmäßigen Bestimmungen kein Entscheidungsspielraum im Sinne der in einer vom Beschwerdeführer vorgelegten Stellungnahme seines Steuerberaters in Erwägung gezogenen Kulanzregelung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

1.1. Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, dass es sich bei dem "Schreiben vom mit dem Kennzeichen GS8- 9879/2-2002" nicht um einen Bescheid im Sinne des AVG handle. Aus diesem Schreiben sei nicht ersichtlich, von welcher Behörde der Bescheid erlassen worden sei; immerhin gebe es in Österreich neun Landeshauptmänner und es sei nicht ersichtlich, welcher Landeshauptmann die entscheidende Behörde sein solle.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schadet es nicht, wenn im Kopf der Bescheidausfertigung lediglich das Hilfsorgan der entscheidenden Behörde genannt wurde; maßgebend für die Zurechnung des Bescheides ist die Art der Unterfertigung. Trägt der angefochtene Bescheid die Fertigungsklausel "für den Landeshauptmann", so ergibt sich daraus zweifelsfrei, dass der angefochtene Bescheid dem Landeshauptmann zuzurechnen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/11/0327). Da der Landeshauptmann gemäß § 1 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, BGBl Nr. 289/1925, der Vorstand des Amtes der Landesregierung ist, können auch die vom Beschwerdeführer behaupteten Zweifel, welchem Landeshauptmann ein Bescheid zuzurechnen sei, der mit dem Kopf des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung versehen ist, nicht entstehen.

Auf die nicht näher substanziierten, "aus prozessualer Vorsicht" vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Zeichnungsberechtigung für den Landeshauptmann braucht nicht weiter eingegangen zu werden.

1.2. Die belangte Behörde macht Bedenken gegen die Rechtzeitigkeit der Beschwerde geltend, da zum einen nicht klar sei, ob der Bescheid der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom tatsächlich erst am in der Kanzlei des Vertreters des Beschwerdeführers eingelangt sei und da zum anderen auf den Beschwerden zwei unterschiedliche Eingangsstempel des Verwaltungsgerichtshofes aufscheinen. Hiezu ist festzuhalten, dass sich auf den auf der Beschwerde angebrachten Eingangsvermerken des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, dass die Beschwerde ursprünglich am , nach Postaufgabe am eingelangt ist; der zweite auf der Beschwerde angebrachte Eingangsstempel vom 27. März bezieht sich - wie aus dem Vermerk "erg. Beschwerde" klar erkennbar - auf die Vorlage der nach einem Verbesserungsauftrag ergänzten Beschwerde. Die Beschwerde wurde daher gemäß § 26 Abs. 3 VwGG rechtzeitig eingebracht.

2. Zu den Beschwerdegründen:

2.1. Gemäß § 86 Abs. 1 GSVG hat der Versicherte für die vom Versicherungsträger gewährten Sachleistungen mit Ausnahme der Anstaltspflege, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird, den in der Satzung festgelegten Kostenanteil zu entrichten. Gemäß § 86 Abs. 6 lit. d GSVG kann der Versicherungsträger von der Einhebung des Kostenanteiles absehen, wenn eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit des Versicherten vorliegt und nicht § 93 Abs. 2 anzuwenden ist.

Gemäß § 92 Abs. 5 GSVG hat der Versicherungsträger bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten nach Maßgabe der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hiezu erlassenen Richtlinien von der Einhebung der Rezeptgebühr abzusehen.

§ 31 Abs. 5 Z. 16 ASVG lautet wörtlich:

"(5) Richtlinien im Sinne des Abs. 2 Z 3 sind aufzustellen:

...

16. für die Befreiung von der Rezeptgebühr (Herabsetzung der Rezeptgebühr) sowie für die Befreiung von der Krankenscheingebühr bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des (der) Versicherten; in diesen Richtlinien ist der für die Befreiung (Herabsetzung) in Betracht kommende Personenkreis nach allgemeinen Gruppenmerkmalen zu umschreiben; darüber hinaus ist eine Befreiungs-(Herabsetzungs-)Möglichkeit im Einzelfall in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des (der) Versicherten sowie der Art und Dauer der Erkrankung vorzusehen;"

Die nach dieser Bestimmung vom Hauptverband erlassenen Richtlinien für die Befreiung von der Rezeptgebühr (im Folgenden: Richtlinien), kundgemacht in der "Sozialen Sicherheit" Nr. 114/1996, S. 1065, sehen in §§ 3 und 4 bestimmte Befreiungstatbestände vor; unter anderem werden gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 der Richtlinien Bezieher einer Ausgleichszulage zu einer Pension aus der Pensionsversicherung von der Rezeptgebühr befreit und ist ein Bezieher einer Pension gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 auf Antrag von der Rezeptgebühr zu befreien, wenn er ausschließlich aus dem Grunde des § 150 Abs. 4 GSVG keinen Anspruch auf Ausgleichszulage hat. § 5 der Richtlinien lautet:

"Befreiung in besonderen Fällen

§ 5. In anderen als den in den §§ 3 und 4 genannten Fällen ist eine Befreiung von der Rezeptgebühr zu bewilligen, wenn sich nach Prüfung der Umstände im Einzelfall herausstellt, dass eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit gegeben ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn eine länger dauernde medikamentöse Behandlung notwendig ist, die im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten eine nicht zumutbare Belastung mit Rezeptgebühren zur Folge hätte."

2.2. Der Beschwerdeführer bezieht eine Pension, welche nach dem im Verwaltungsakt vorliegenden "Feststellungsblatt zum Antrag auf Befreiung bzw. Nachsicht von der Kostenbeteiligung und der Rezeptgebühr" im Jahr 2001 monatlich ATS 11.169,50 betrug. Nach dem vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgelegten Einkommensteuerbescheid 2000 erzielte er im Jahr 2000 Einkünfte aus Gewerbebetrieb von S minus 76.849,-- (Verlust), steuerpflichtige Bezüge von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in der Höhe von S 141.308,--, sowie schließlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der Höhe von S 5.838,--.

In einer im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahme des Steuerberaters des Beschwerdeführers führte dieser aus, dass der Beschwerdeführer seinen Betrieb aus gesundheitlichen Gründen mit habe aufgeben müssen und seit in Frühpension sei. Die bei Betriebsaufgabe noch offenen Bankverbindlichkeiten, die während seiner aktiven Zeit nicht mehr zur Gänze hätten abgedeckt werden können, hätten bei Betriebseinstellung ins Privatvermögen übernommen werden müssen. Die Zinsen für diese bei Betriebsaufgabe noch bestehenden Bankverbindlichkeiten aus der ehemaligen betrieblichen Tätigkeit seien als "nachträgliche Betriebsausgaben" im Steuerbescheid 2000 unter Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit S minus 76.849,-- ausgewiesen. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in der Höhe von S 5.838,-- handle es sich um den Überschuss der Einnahmen aus der Vermietung eines unverkäuflichen alten Baggers aus dem ehemaligem Betriebsvermögen abzüglich der damit verbundenen Aufwendungen. Das Einkommen des Beschwerdeführers setze sich zusammen aus seinem Pensionsbezug (als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit), aus dem Gewinn durch die Baggervermietung (Einkünfte aus sonstiger Vermietung) und aus dem Verlust durch die nachträglichen Betriebsausgaben als (negative) Einkünfte aus Gewerbebetrieb zusammen. Der Saldo, also der Gesamtbetrag der Einkünfte sei damit die für die Beurteilung der besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit maßgebliche Größe. In § 149 Abs. 1 GSVG sei dieser Gesamtbetrag der Einkünfte als "Gesamteinkommen" definiert, und zwar als Summe des Pensionsbezuges und eines aus übrigen Einkünften des Pensionsbeziehers erwachsenden Nettoeinkommens. Laut § 149 Abs. 3 GSVG sei dieses Nettoeinkommen die Summe sämtlicher Einkünfte nach Ausgleich mit Verlusten. Somit bestehe kein Unterschied zwischen dem steuerlichen Begriff der "Gesamteinkünfte" und dem Begriff des "Gesamteinkommens" gemäß GSVG.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass einzige Voraussetzung für die Befreiung von der Einhebung der Rezeptgebühr gemäß § 92 Abs. 5 GSVG eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit nach Maßgabe der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hiezu erlassenen Richtlinie sei. § 31 Abs. 5 Z. 16 ASVG präzisiere die Verordnungsermächtigung dahingehend, dass unter dem Gesichtspunkt der besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit der in Betracht kommende Personenkreis nach allgemeinen Gruppenmerkmalen zu beschreiben sei und darüber hinaus eine Befreiungsmöglichkeit im Einzelfall unter Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Versicherten und der Art und Dauer der Erkrankung vorzusehen sei. Schon durch diese nähere Determinierung der Erfordernisse werde deutlich, dass sich eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit neben typisierten Fällen auch (im Einzelfall) aus den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Versicherten ergeben könne. Eine Einschränkung dahingehend, dass die Befreiung nur dem Pensionisten gewährt werden könne, der zugleich eine Ausgleichszulage beziehe, könne den gesetzlichen Regelungen und Verordnungen nicht entnommen werden. Die zur Entscheidung befugte Behörde habe daher all jene Umstände zu ergründen und festzustellen, die zur Beurteilung der besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit heranzuziehen seien. Es seien also insbesondere die relevanten Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu ergründen. Dabei könne nicht generell angenommen werden, dass unter dem Begriff der Einkommensverhältnisse ein anderer Inhalt zu verstehen sei als im Einkommensteuergesetz. Feststellungen dazu seien weder dem erstinstanzlichen noch dem zweitinstanzlichen Bescheid zu entnehmen. Das bloße Festhalten, dass der Beschwerdeführer keine Ausgleichszulage erhalte, sei nicht ausreichend, da es darauf allein nicht ankomme. Bei Beziehern einer Ausgleichszulage werde wohl eine soziale Schutzbedürftigkeit indiziert sein; diese schließe aber keinesfalls Personen aus, die keine Ausgleichszulage beziehen, aber wegen ihrer finanziellen Lage genauso bedürftig sind. Der Beschwerdeführer habe die Befreiung von der Rezeptgebühr und der Kostenbeteiligung mit der Begründung begehrt, dass sein monatliches Nettoeinkommen bei ca. ATS 5.900,-- liege. Damit habe der Beschwerdeführer klar zum Ausdruck gebracht, dass soziale Schutzbedürftigkeit insbesondere auf Grund seiner angespannten Einkommenssituation vorliege; die persönliche Situation des Beschwerdeführers sei auch noch mit dem Schreiben seines Steuerberaters vom näher dargelegt worden.

2.3. Dieses Vorbringen führt im Ergebnis zum Erfolg. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren umfassend auf seine wirtschaftliche Situation hingewiesen, aus der sich seiner Ansicht nach eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit im Sinne der §§ 86 Abs. 6 lit. d und 92 Abs. 5 GSVG ergibt. Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid mit diesem Vorbringen nicht näher auseinander gesetzt, sondern sich auf den Hinweis beschränkt, dass die in den Richtlinien enthaltenen Befreiungstatbestände nicht vorliegen würden bzw. das Vorliegen eines derartigen Befreiungsgrundes vom Einspruchswerber auch nicht releviert worden sei.

Der Beschwerdeführer hat zwar das Vorliegen eines Befreiungsgrundes, wie er in §§ 3 und 4 der Richtlinien des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger über die Befreiung von der Rezeptgebühr vorgesehen ist, nicht konkret behauptet, wohl aber hat er darauf hingewiesen, dass auf Grund seiner wirtschaftlichen Situation eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit gegeben sei, die - ungeachtet des Umstandes, dass er keinen konkreten Befreiungstatbestand erfüllt - dennoch zu beachten sei. Auf derartige Fälle nimmt § 5 der Richtlinien auch ausdrücklich Bezug, in dem für andere als die in den §§ 3 und 4 der Richtlinien genannten Fälle eine Befreiung zu bewilligen ist, wenn sich "nach Prüfung der Umstände im Einzelfall" herausstellt, dass eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit gegeben ist. Eine derartige Prüfung im Einzelfall hat die belangte Behörde jedoch unterlassen, indem sie ohne näheres Eingehen auf die konkrete Situation des Beschwerdeführers allein auf Grund seines Pensionsbezuges, der den Ausgleichszulagenrichtsatz übersteigt, davon ausgegangen ist, dass eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit nicht vorliege.

2.4. Soweit in der Gegenschrift der belangten Behörde darauf hingewiesen wird, dass eine Befreiung im Einzelfall nicht allein auf die Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse eines Antragstellers gestützt werden dürfe, sondern dass diese Verhältnisse erst im Zusammenhalt mit einer konkret vorliegenden Erkrankung relevant wären, entspricht dies nicht den gesetzlichen Grundlagen. Die Verordnungsermächtigung in § 31 Abs. 5 Z. 16 ASVG trägt dem Verordnungsgeber auf, eine Befreiungsmöglichkeit im Einzelfall vorzusehen, bei der die Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Versicherten sowie Art und Dauer der Erkrankung zu berücksichtigen sind. Dies erfordert nicht, dass in jedem Einzelfall eine konkrete umfangreiche medikamentöse Behandlung erfordernde Krankheit aktuell vorliegen muss, wohl aber wird gegebenenfalls zu berücksichtigen sein, dass eine länger dauernde Behandlung zu einer nicht zumutbaren Belastung mit Rezeptgebühren führen könnte, selbst wenn der Antragsteller ein Einkommen bezieht, das über die nach den §§ 3 und 4 der Richtlinien materiell bestehenden Einkommensgrenzen hinausgeht. Besondere soziale Schutzbedürftigkeit kann jedoch auch - selbst ohne Vorliegen einer eine umfangreiche medikamentöse Behandlung erfordernden Krankheit - dann gegeben sein, wenn die betreffende Person zwar nicht dem in den §§ 3 und 4 der Richtlinien ausdrücklich genannten Personenkreis angehört, ihre wirtschaftliche und soziale Situation jedoch vergleichbar ist. Die belangte Behörde hätte sich daher mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend seine Einkommenssituation und die von ihm daraus abgeleitete besondere soziale Schutzbedürftigkeit auseinandersetzen und nach § 5 der Richtlinien eine Einzelfallabwägung betreffend die Befreiung von der Rezeptgebühr vornehmen müssen.

2.5. Soweit sich die belangte Behörde im Hinblick auf die Befreiung von der Kostenbeteiligung auf die vom Vorstand der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft beschlossenen Richtlinien über die Befreiung von der Kostenbeteiligung bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass diese zwar eine die Ausübung des Ermessens im Sinne des § 86 Abs. 6 GSVG leitende interne Verfügung der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt darstellen mögen, jedoch nicht kundgemacht wurden, sodass es sich bei diesen Richtlinien für die Befreiung von der Kostenbeteiligung - soweit diese intendieren, eine auch für Versicherte verbindliche generelle Norm zu sein - um eine vom Verwaltungsgerichtshof mangels Kundmachung nicht zu beachtende Verordnung handelt (Art. 89 Abs. 1 B-VG e contrario). Die für die Befreiung von der Kostenbeteiligung maßgebende Rechtsvorschrift des § 86 Abs. 6 lit. d GSVG stellt lediglich auf die besondere soziale Schutzbedürftigkeit des Versicherten ab, ohne diese näher auszuführen. Auch für die Beurteilung der besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit im Sinne des § 86 Abs. 6 lit. d GSVG kann es demnach bei pflichtgemäßer Ermessensübung nicht ausreichen, schematisch allein auf den Pensionsbezug ohne Berücksichtigung der sonstigen Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Einzelfall abzustellen.

3. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am