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VwGH 04.12.1996, 96/21/0041

VwGH 04.12.1996, 96/21/0041

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
AVG §6 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwRallg;
RS 1
Ein Spruch, der dahin lautet, daß die Berufung zurückgewiesen wird, kann nicht in eine bloße Feststellung der Unzuständigkeit der Berufungsbehörde umgedeutet werden (Hinweis E , 82/04/0059). Da mit einer Zurückweisung der Berufung wegen Unzuständigkeit über die Berufung endgültig entschieden wurde und somit der erstinstanzliche Bescheid in formeller Rechtskraft erwächst, besteht auch für den Berufungswerber gegenüber der Berufungsbehörde, die die Berufung weitergeleitet hat, keine Möglichkeit mehr, auf einer (dann: neuerlichen) Entscheidung über die Berufung zu beharren, weil im Hinblick auf die Berufung bereits entschiedene Sache vorliegt (Abgehen von E , 93/18/0092, E , 93/02/0226, E , 94/02/0026, E , 94/11/0095).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1996/05/30 94/05/0370 1 Verstärkter Senat

Entscheidungstext

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

94/18/1002 E

96/21/0048 E

96/21/0542 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde des J in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom , Zl. Fr 2486/95, betreffend eine Angelegenheit nach dem Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem den Antrag gemäß § 54 FrG zurückweisenden Spruchteil wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Sierra Leone, gemäß § 17 Abs. 2 FrG ausgewiesen. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Unzulässigkeit seiner Abschiebung in seinen Heimatstaat gemäß § 54 FrG wurde zurückgewiesen.

Hinsichtlich dieses in der Berufungsschrift enthalten gewesenen, bei der Behörde erster Instanz eingebrachten Antrages auf Feststellung gemäß § 54 FrG sprach die belangte Behörde aus, daß ihr "dafür vorerst keine Entscheidungskompetenz zukomme". Es handle sich hier um ein "von der örtlich zuständigen Sicherheitsbehörde zu führendes selbständiges Verfahren". Ein diesbezüglicher Antrag sei dort einzubringen.

Die vorliegende, zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde wendet sich ausdrücklich nur gegen die Zurückweisung des vom Beschwerdeführer gestellten Antrages auf Feststellung gemäß § 54 FrG. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der insoweit gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom , B 2723/95, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeergänzung beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Beschwerdeführer sieht sich dadurch in seinen Rechten verletzt, daß die belangte Behörde seinen an die Behörde erster Rechtsstufe gerichteten Antrag gemäß § 54 FrG zurückgewiesen habe. Die belangte Behörde hätte darüber jedoch nicht absprechen dürfen. Die belangte Behörde hätte den in der Berufung enthalten gewesenen Antrag gemäß § 6 AVG an die Behörde erster Instanz, die darüber zu entscheiden gehabt hätte, zurückleiten müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Zunächst ist festzustellen, daß ein Spruch, der - wie im vorliegenden Fall - dahin lautet, daß ein Antrag zurückgewiesen wird, grundsätzlich nicht in der Weise umgedeutet werden kann, daß er eine bloße Feststellung der Unzuständigkeit der Berufungsbehörde darstellt, die nicht als abschließende Entscheidung über diesen Antrag qualifiziert werden könnte (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 94/05/0370). Im Beschwerdefall bedeutet das, daß die belangte Behörde nicht nur ihre Unzuständigkeit zu einer meritorischen Entscheidung über den im Berufungsschriftsatz gestellten Antrag des Beschwerdeführers ausgesprochen hat. Sie hat vielmehr zu Unrecht diesen Antrag zurückgewiesen, weil dieser erkennbar an die Behörde erster Instanz gerichtet war und von dieser zu behandeln gewesen wäre. Daran ändert auch nichts, daß die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf hinweist, daß sie davon ausgehe, daß die Behörde erster Instanz über diesen Antrag gemäß § 54 FrG noch zu entscheiden haben werde.

Der Bescheid war daher im angefochtenen Umfang wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §6 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwRallg;
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden
und von Parteierklärungen VwRallg9/1
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen
Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der
Behörde
Verhältnis zu anderen Materien und Normen AVG
Wahrnehmung der Zuständigkeit von Amts wegen Zurückweisung wegen
Unzuständigkeit
Zurückweisung wegen entschiedener Sache
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1996:1996210041.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
WAAAE-57302