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VwGH vom 04.05.1999, 99/08/0038

VwGH vom 04.05.1999, 99/08/0038

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der J GmbH in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 15-II-C 1/99, betreffend Zurückweisung eines Einspruches als unzulässig (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse, 1100 Wien, Wienerbergstraße 15-19), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde, dem mitvorgelegten angefochtenen Bescheid und dem Schreiben der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse führte aufgrund von Rückstandsausweisen beim Bezirksgericht Liesing Exekution gegen die Beschwerdeführerin. In diesem Zusammenhang richtete die Beschwerdeführerin ein Schreiben an die Mitbeteiligte. Ihr Antwortschreiben vom hat folgenden - hier wesentlichen - Wortlaut:

"Betrifft: Prot. Fa. J GesmbH

Antrag gemäß § 7 Abs. 4 EO

Sehr geehrter Herr Doktor!

Bezug nehmend auf Ihr o.a. Schreiben betreffend die Exekutionsverfahren 3 E 11821/98h, 3 E 11967/98d, 3 E 13725/98h, 3 E 10815/98t und 3 E 7872/98y wird mitgeteilt, dass wir Ihrem Antrag gemäß § 7 Abs. 4 EO nicht entsprechen können.

Eine Zustellung des Rückstandsausweises als Exekutionstitel ist nicht vorgesehen. Wir verweisen diesbezüglich auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , JBl. 1952, Seite 187, in welchem Folgendes festgehalten wird: ...

Da nach der zitierten Entscheidung die Zustellung des Rückstandsausweises nicht erforderlich ist, können wird daher Ihrem Antrag nicht entsprechen.

Wir ersuchen um Kenntnisnahme und verbleiben

mit vorzüglicher Hochachtung"

Der von der Beschwerdeführerin gegen dieses Schreiben erhobene Einspruch wurde mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, das Schreiben der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom könne entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht als Bescheid angesehen werden. Das Schreiben trage weder die Bezeichnung als Bescheid noch enthalte es eine Rechtsmittelbelehrung. Der für die Bescheidqualität notwendige normative Gehalt sei nicht ohne jeden Zweifel gegeben. Die Formulierung des Schreibens lasse keinesfalls eindeutig und mit einer jeden Zweifel ausschließenden Klarheit den Schluss auf einen beabsichtigten rechtsverbindlichen Abspruch zu. Im Schreiben werde nur unter Zitierung eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes die Rechtsauffassung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse, dass der Rückstandsausweis nicht der Zustellung bedürfe, mitgeteilt. Bei Zweifel am Bescheidcharakter einer Erledigung sei die Bezeichnung als Bescheid von wesentlicher Bedeutung. Da diese Bezeichnung fehle, sei das Schreiben der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom nicht als Bescheid zu qualifizieren. Der gegen dieses Schreiben erhobene Einspruch sei daher als unzulässig zurückzuweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den Beschluss vom , Zl. 95/08/0266, mit Hinweisen auf die Judikatur) ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung einer behördlichen Erledigung als Bescheid für deren Bescheidcharakter unerheblich, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell.

Unter Zugrundelegung dieser von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze kann das bekämpfte Schreiben - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - weder seiner Form noch seinem Inhalt nach zweifelsfrei als Bescheid gewertet werden. Denn der Form nach stellt es vor dem Hintergrund der diesbezüglichen Bestimmungen des AVG (§§ 58 ff) keinen Bescheid dar. Es kann aber auch der Auffassung der Beschwerdeführerin, aus den im Schreiben verwendeten Formulierungen, "wir Ihrem Antrag gemäß § 7 Abs. 4 EO nicht entsprechen können" und "können wir daher Ihrem Antrag nicht entsprechen", ergebe sich eine Erledigung mit normativer Wirkung, nicht gefolgt werden. Die Beschwerdeführerin übersieht nämlich, dass der erstgenannten Wortfolge vorangestellt ist: "wird mitgeteilt" und die zweitgenannte Formulierung sich an die Ausführungen der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse über ihre Rechtsanschauung, anschließt. Darüber hinaus schließt das Schreiben mit einem Ersuchen um Kenntnisnahme. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertritt, dass die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse mit dem Schreiben lediglich ihre Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin mitgeteilt hat.

Da somit schon der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am