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VwGH 11.12.2003, 2003/07/0079

VwGH 11.12.2003, 2003/07/0079

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §66 Abs2 idF 1998/I/158;
VwGG §62 Abs1;
RS 1
Die Berufungsbehörde darf eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als "unvermeidlich erscheint". Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa das E , Zl. 2000/08/0200; zum Begriff "mündliche Verhandlung" iSd § 66 Abs. 2 AVG siehe auch die Nachweise im E , Zl. 2000/20/0084).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2002/20/0315 E RS 6 (hier nur letzter Satz)
Normen
ABGB §1480;
FlVfLG Bgld 1970;
VwRallg;
RS 2
Eine analoge Anwendung der Verjährungsbestimmungen des ABGB auf das öffentliche Recht ist unzulässig, wenn die Gesetzesvorschrift des öffentlichen Rechts dem Grunde nach eine Verjährung überhaupt nicht vorsieht (hier: § 10 Abs 3 BArbSchlwEntschG; Hinweis E , 1729/66, VwSlg 7134 A/1967).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 95/08/0007 E VwSlg 14270 A/1995 RS 2 (Hier: Rechte und Pflichten aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zu einer Agrargemeinschaft sind öffentlich-rechtlicher Natur und können mangels ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung im Bgld FlVfLG 1970 nicht verjähren.)
Normen
FlVfLG Bgld 1970;
VwRallg;
RS 3
Rechte und Pflichten aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zu einer Agrargemeinschaft sind öffentlich-rechtlicher Natur (Hinweis E , 85/07/0289). Agrargemeinschaften handeln in diesem Zusammenhang nicht im Rahmen der Privatautonomie (Hinweis VfGH E , B2083/93, B1545/94, VfSlg 13975/1994). Für Ansprüche aus dem Mitgliedschaftsverhältnis kommt daher eine Heranziehung der Verjährungsbestimmungen des ABGB nicht in Betracht.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Säumnisbeschwerde des F in D, vertreten durch Ochsenhofer & Heindl, Rechtsanwälte OEG in Oberwart, Schulgasse 11, gegen den Landesagrarsenat beim Amt der Burgenländischen Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach dem Burgenländischen Flurverfassungs-Landesgesetz (Beteiligte im Sinne des § 8 AVG: Urbarialgemeinde D, vertreten durch den Obmann), zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG iVm mit § 42 Abs. 4 VwGG wird der Bescheid des Amtes der Burgenländischen Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz vom , Zl. 4a-A-32/191- 1999 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Amt der Burgenländischen Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz zurückverwiesen.

Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 634,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer beim Amt der Burgenländischen Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz (AB), die AB möge im Rahmen des ihr zustehenden Aufsichtsrechtes über die Urbarialgemeinde D feststellen, dass diese verpflichtet sei, dem Beschwerdeführer S 26.200,-- für geleistete Handdienste im Ausmaß von 131 Tagen zu bezahlen.

Zur Begründung dieses Antrages führte der Beschwerdeführer aus, er sei Mitglied der Urbarialgemeinde D und halte derzeit daran 35,5 Anteile, wobei er sechs dieser Anteile erst in letzter Zeit dazugekauft habe. Er habe darüber hinaus seit 1959 dem Verwaltungsausschuss der Urbarialgemeinde angehört und habe im Laufe der Jahre das Amt des Kassiers, des Schriftführers sowie des Obmann-Stellvertreters ausgeübt. Die Mitglieder der Urbarialgemeinde seien verpflichtet gewesen, pro Agraranteil fünf Tage Robot (= Handdienst) zu leisten. Ein Tag Handdienst habe dabei vier Stunden oder S 200,-- pro Tag bzw. S 50,-- pro Stunde entsprochen. Bis zum habe der Beschwerdeführer Handdienste im Ausmaß von 111 Tagen geleistet. Zwischen und habe der Beschwerdeführer weitere 184,5 Tage Handdienste geleistet, wobei darin auch "Diäten" enthalten seien. Insgesamt habe der Beschwerdeführer daher 295,5 Tage Handdienste geleistet, wovon 73,75 Tage als "Lastschrift" abzuziehen seien und daher 221,75 Tage verblieben. Von diesen 221,75 Tagen seien die für Diäten berechneten Tage von 90, 75 in Abzug zu bringen, weshalb der Beschwerdeführer Anspruch auf Vergütung von 131 Tagen habe. Multipliziere man diese mit S 200,-- so stehe dem Beschwerdeführer ein Betrag von S 26.200,-- zu. Ende 1996 habe die Urbarialgemeinde dieses Arbeitssystem geändert und es seien allen anderen Mitgliedern die von ihnen geleisteten Handdienste bereits in Geldeswert ersetzt worden. In mehreren Gesprächen habe der Obmann der Urbarialgemeinde dem Beschwerdeführer versprochen, den ihm zustehenden Betrag auszuzahlen; bis heute sei aber keine Zahlung erfolgt. Dem Beschwerdeführer seien auch zahlreiche andere Aufwendungen nicht ersetzt worden. Die Vollversammlung der Urbarialgemeinde habe sich bis heute geweigert, einen entsprechenden Beschluss zu fassen. Auch in dieser Angelegenheit habe der Beschwerdeführer die AB beschäftigt. In deren Stellungnahme vom sei ausdrücklich festgehalten, dass die Auszahlung jener Teile des Guthabens, die aus Handdiensten entstanden seien, ohne Beschlussfassung zu erfolgen habe. Bereits zweimal habe der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers die Urbarialgemeinde aufgefordert, die vom Beschwerdeführer erworbenen Handdienste abzugelten. Da die Urbarialgemeinde trotz dieser Schreiben die Auszahlung bis zum heutigen Tag nicht vorgenommen habe, sei der Beschwerdeführer gezwungen, die AB zu befassen.

Mit Bescheid vom wies die AB den Antrag des Beschwerdeführers, die Urbarialgemeinde D habe ihm S 26.200,-- für geleistete Handdienste im Ausmaß von 131 Tagen zu bezahlen, gemäß § 53 Abs. 3 des Burgenländischen Flurverfassungs-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 40/1970 (FLG) und § 35 Abs. 3 der Satzungen für Agrargemeinschaften als unbegründet ab.

In der Begründung heißt es, die Mitglieder der Urbarialgemeinde D seien bis September 1996 verpflichtet gewesen, pro Agraranteil fünf Tage Robot (=Handdienst) zu leisten. Ein Tag Handdienst habe dabei vier Stunden zu S 50,-- oder S 200,-- pro Tag entsprochen. Aufgezeichnet worden seien die geleisteten Handdienste vom Obmann im Buch für Handdienste in der Form, dass für jeden Teilhaber pro Tag ein Strich, pro Halbtag ein Punkt und in manchen Fällen auch Tage in Ziffern eingetragen worden seien, jeweils ohne Datumsangabe. Nach Abrechnung einer Periode sei wieder eine neue Liste im Handbuch angelegt worden, in der die Guthabenstage (Mehrleistungen) aus der Vorperiode als Saldovortrag in ganzen Ziffern vorgetragen worden seien.

Aus dem Handbuch für Handdienste gehe hervor, dass der Beschwerdeführer in der Abrechnungsperiode bis zum Robotleistungen im Ausmaß von 129 Tagen geltend gemacht habe, die offensichtlich ausgeglichen worden seien, da keine Saldovorträge in der nachfolgenden Abrechnungsperiode vom bis im Handbuch aufschienen. Wohl aber seien die im Antrag des Beschwerdeführers an die AB geltend gemachten 111 Tage Handdienst, der laut Angaben des Beschwerdeführers bis zum geleistet worden sei, als ein einziger ganzer Eintrag der Periode vom bis hinzugefügt worden, die insgesamt Eintragungen im Ausmaß von 295,5 Tagen aufweise. Detaillierte Aufzeichnungen, wie diese 111 Tage Handdienst zustande gekommen seien, lägen nicht vor. Da sie erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt ins Handbuch eingetragen worden seien, könne davon ausgegangen werden, dass es sich nicht um Robotleistungen handelte, die ja vom Obmann im Handbuch vermerkt worden wären, sondern um " Diäten", die der Beschwerdeführer erst einige Jahre später geltend gemacht habe.

Der Anspruch auf Zuerkennung von 111 Tagen Handdienst sei einerseits als verjährt anzusehen und deshalb abzuweisen; außerdem sei von der Vollversammlung der Urbarialgemeinde nie ein Beschluss gefasst worden, der die Auszahlung von Vergütungen für Leistungen durch Mitglieder des Verwaltungsausschusses begründen würde. Auch aus diesem Grund sei der Anspruch abzuweisen.

Unter den am einer Vertreterin der AB vom Beschwerdeführer überlassenen Aufzeichnungen seiner für die Urbarialgemeinde erbrachten Leistungen, mit denen er das Ausmaß von 295,5 Tagen Handdienst begründe, befänden sich Titel (Telefon, Steuerberater etc), aus denen hervorgehe, dass es sich nicht um "Robot" handle, sondern Diäten beansprucht würden.

Gemäß § 7 Abs. 3 der Satzungen für Agrargemeinschaften sei die Mitgliedschaft zum Verwaltungsausschuss ein Ehrenamt. In der Zeit, als der Beschwerdeführer verschiedene Funktionen in der Urbarialgemeinde ausgeübt habe, seien keinerlei Beschlüsse gefasst worden, dass etwaige Vergütungen für Leistungen der Ausschussmitglieder durch die Agrargemeinschaft zu entgelten wären. Der Anspruch des Beschwerdeführers auf Vergütung von Handdiensten gegenüber der Urbarialgemeinde bestehe daher nicht.

Der Beschwerdeführer berief.

Er machte geltend, Abrechnungszeitpunkt in der Urbarialgemeinde sei der für den Zeitraum davor und der gewesen.

Da zwischen 1994 und 1996 wenige bis keine Arbeiten verrichtet worden seien, seien die von den Mitgliedern zu erbringenden Tage Handdienst pro Anteil für den Zeitraum zwischen und abweichend mit lediglich 2,5 Tage pro Anteil berechnet worden. Deswegen heiße es auch im Antrag des Beschwerdeführers vom im zweiten Absatz des Punktes 3 "... wovon 73,75 als Lastschrift abzuziehen sind". Unter normalen Umständen wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, für 29,5 Anteile 147,5 Tage (29,5 x 5) Robotdienst zu erbringen. Nachdem für den genannten Zeitraum 2,5 Tage pro Anteil verpflichtend gewesen seien, müsse sich der Beschwerdeführer nur 73,75 Tage abziehen lassen. Erst wenn die vom Beschwerdeführer tatsächlich zu erbringenden Handdienste feststünden, könne der ihm zustehende Anspruch abschließend beurteilt werden. Die AB habe sich damit nicht auseinandergesetzt; sie habe keine Feststellungen zu den verpflichtenden Handdiensten des Beschwerdeführers getroffen. Sie habe es auch unterlassen, die für die Feststellung des Anspruches des Beschwerdeführers maßgeblichen Ermittlungen durchzuführen. Dazu sei die Einvernahme der damaligen Mitglieder des Verwaltungsausschusses der Urbarialgemeinde notwendig gewesen. Die Einvernahme dieser - namentlich genannten - Personen werde daher beantragt.

Die AB habe dem Beschwerdeführer zwar die Möglichkeit gegeben, seine Handdienste nachzuweisen, jedoch ohne in die Aufzeichnungen der Urbarialgemeinde Einsicht zu nehmen. Sie habe weder dem Beschwerdeführer noch dem damaligen Obmann die Möglichkeit gegeben, deren handschriftliche Aufzeichnungen im Handbuch der Urbarialgemeinde aufzuklären.

Die AB habe die Abrechnungs- bzw. Verrechnungsmodalitäten der Urbarialgemeinde nicht verstanden.

§ 1480 ABGB sei auf die Geltendmachung von Handdiensten im Verwaltungsverfahren nicht anwendbar.

Eine Beschlussfassung sei lediglich für die Vergütung von Leistungen durch Mitglieder des Verwaltungsausschusses notwendig, nicht jedoch für Handdienste. Unabhängig davon seien Leistungen der Ausschussmitglieder in der Urbarialgemeinde immer wieder ohne Beschlussfassung abgegolten worden. Durch ihren Obmann habe die Urbarialgemeinde die Ansprüche des Beschwerdeführers auch ausdrücklich anerkannt. Mehrmals sei Zahlung versprochen worden.

Völlig unberücksichtigt lasse die AB, dass sich der Beschwerdeführer in seinem Antrag vom an Diäten 90,75 Tage abziehe und diese daher nicht Gegenstand seines Antrages seien. Die im Bescheid der AB auszugsweise angeführten Leistungen wie Telefon, Steuerberater, Rechtsanwalt seien Diäten, die in den 90,75 Tagen enthalten seien. Zum Beweis werde die Einvernahme der ehemaligen Ausschussmitglieder beantragt.

Unter den Mitgliedern der Urbarialgemeinde sei es üblich gewesen, dass Mitglieder, die keine Handdienste verrichtet hätten, von jenen, die über ihre Anteile hinaus Handdienste verrichtet hätten, Arbeitstage zugekauft hätten. Umgekehrt hätten jene, die ihren Anteilen entsprechend keine Arbeitstage verrichtet hätten, Zahlungen an die Urbarialgemeinde leisten müssen. Der Beschwerdeführer habe für die Zeit seines Alters und der damit verbundenen eingeschränkten Arbeitsfähigkeit Handdienste sammeln wollen und habe daher die von ihm erbrachten Handdienste nie verkauft. Er habe im Gegenteil immer wieder von Personen, die mehr Handdienste erbracht hätten, als ihrem Anteil entspreche, Handdienste zugekauft. Zum Beweis werde die Einvernahme einer näher bezeichneten Person beantragt.

Der Beilage A ließen sich die einzelnen Mitglieder im Abrechnungszeitraum entnehmen. Unter der Rubrik "Rechnungstage" seien die den jeweiligen Anteilen entsprechenden und auch erforderlichen Arbeitstage zu entnehmen, der Rubrik "Arbeitstage" die tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen. Die in den Rubriken "Gutschrifttage" und "Lastschrifttage" genannten Beträge seien tatsächlich ein- bzw. ausbezahlt worden. Lediglich dem unter der Hausnummer "HN" 155 angeführten Beschwerdeführer sei der darin genannte Betrag nicht ausbezahlt worden.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab.

Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, der als Grundlage für die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Forderung auf Bezahlung der von ihm geleisteten Handdienste in Betracht kommende Beschluss der Vollversammlung der Urbarialgemeinde D vom sei mit einem Formfehler behaftet, sodass er nicht satzungsgemäß zustande gekommen sei.

Dieser Bescheid wurde auf Grund einer Beschwerde des Beschwerdeführers vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2002/07/0145, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der von der belangten Behörde konstatierte Formmangel des Vollversammlungsbeschlusses vom nicht vorlag und der Beschluss daher gültig zustande gekommen war.

Da die belangte Behörde nach der Aufhebung ihres Bescheides nicht innerhalb der im § 27 VwGG genannten Frist neuerlich über die Berufung des Beschwerdeführers entschied, erhob der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde.

Mit Verfügung vom leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein und trug der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen.

Der versäumte Bescheid wurde innerhalb dieser Frist nicht erlassen und es wurde auch keine Fristverlängerung beantragt. Die belangte Behörde legte vielmehr die Akten des Verwaltungsverfahrens mit der Erklärung vor, die Erlassung des Bescheides sei aus organisatorischen Gründen nicht möglich gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat der Urbarialgemeinde D die Berufung des Beschwerdeführers zur Kenntnis gebracht und ihr Gelegenheit gegeben, hiezu Stellung zu nehmen.

Mit Schreiben vom verwies die Urbarialgemeinde auf ihr bisheriges Vorbringen im Verfahren.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Da die belangte Behörde innerhalb der ihr gesetzten Frist den versäumten Bescheid nicht nachgeholt hat, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.

Nach § 62 Abs. 1 VwGG gilt in Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof das AVG, soweit das VwGG nichts anderes bestimmt.

Hat der Verwaltungsgerichtshof bei Säumnisbeschwerden in der Sache selbst zu entscheiden, so hat er nach § 62 Abs. 2 VwGG, soweit dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt, jene Verwaltungsvorschriften anzuwenden, die die säumig gewordene Behörde anzuwenden gehabt hätte.

Nach § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG ist es unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2002/20/0315).

§ 66 AVG findet nach § 62 VwGG auch im verwaltungsgerichtlichen Säumnisbeschwerdeverfahren Anwendung.

Die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 AVG für eine Behebung des angefochtenen Bescheides und die Zurückverweisung der Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die AB sind im Beschwerdefall gegeben.

Um zu klären, ob der Anspruch des Beschwerdeführers gegenüber der Urbarialgemeinde auf Bezahlung von S 26.000,-- für geleistete Handdienste im Ausmaß von 131 Tagen zu Recht besteht, sind zwei Schritte erforderlich.

Zum einen ist festzustellen, ob und welche Leistungen der Beschwerdeführer erbracht hat, zum anderen ist die Rechtsgrundlage für die Abgeltung von "Handdiensten" zu klären.

Eine mögliche Grundlage für eine solche Abgeltung könnte in dem Beschluss der ordentlichen Vollversammlung der Urbarialgemeinde vom auf "Erhöhung der Handdienste auf S 50,--" zu sehen sein. Es bedarf aber näherer Feststellungen, welche Leistungen im Sinne dieses Beschlusses als "Handdienste" anzusehen sind und wer unter welchen Voraussetzungen Anspruch auf Abgeltung von Handdiensten hat.

Zur Ermittlung des genauen Inhalts des Beschlusses kommt insbesondere die Feststellung in Betracht, welches System der Handdienste diesem Beschluss zugrunde liegt. Dieses System ist vor allem aus der tatsächlichen Handhabung der Handdienste und ihrer Abgeltung durch die Urbarialgemeinde erschließbar. Zu diesen Feststellungen aber bedarf es der Befragung von (ehemaligen und derzeitigen) Funktionären, erforderlichenfalls auch anderer Mitglieder der Urbarialgemeinde.

Was die Frage der vom Beschwerdeführer erbrachten Leistungen betrifft, so stellt die AB in ihrem Bescheid übereinstimmend mit den Angaben des Beschwerdeführers in seinem Antrag vom fest, dass im "Handbuch für Handdienste" für die Periode vom bis Handdienste im Ausmaß von 295,5 Tagen aufscheinen, von denen 111 Tage nach den Angaben des Beschwerdeführers vor dem geleistet und als ein einziger ganzer Eintrag der Periode vom bis hinzugefügt wurden.

Die AB verneint den Anspruch des Beschwerdeführers auf Auszahlung eines Geldbetrages für einen Teil der Handdienste im Ausmaß von 111 Tagen zunächst mit dem Hinweis, diese Ansprüche seien verjährt und stützt sich dabei auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts (§ 1480 ABGB).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann - von einer ausdrücklich anders lautenden gesetzlichen Bestimmung abgesehen - eine analoge Anwendung der einschlägigen Bestimmungen des ABGB über die Verjährung im Bereich des öffentlichen Rechts nicht stattfinden (vgl. das Erkenntnis vom , 1729/66 = VwSlgNF 7134/A und die dort angeführte Vorjudikatur).

Der Beschwerdeführer behauptet das Bestehen einer Forderung aus seinem Mitgliedschaftsverhältnis zur Urbarialgemeinde.

Rechte und Pflichten aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zu einer Agrargemeinschaft sind öffentlich-rechtlicher Natur (vgl. das zu den mit den Agrargemeinschaften vergleichbaren Wassergenossenschaften ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 85/07/0289 u.a.). Agrargemeinschaften handeln in diesem Zusammenhang nicht im Rahmen der Privatautonomie (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg 13975). Wenn es sich also bei dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruch tatsächlich um einen solchen aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zur Urbarialgemeinde handelt, kommt eine Heranziehung der Verjährungsbestimmungen des ABGB nicht in Betracht.

Die AB verneinte den Anspruch des Beschwerdeführers auf Auszahlung eines Geldbetrages für einen Teil der Handdienste im Ausmaß von 111 Tagen auch mit der Behauptung, es handle sich um "Diäten", womit offenbar nicht "echte" Handdienste, sondern Leistungen des Beschwerdeführers in seiner Eigenschaft als Ausschussmitglied der Urbarialgemeinde gemeint sind.

Auch für die übrigen Handdienste verneint die AB einen Anspruch des Beschwerdeführers auf Auszahlung einer Geldleistung damit, es handle sich um "Diäten".

Begründet wird diese Auffassung hinsichtlich der 111 Tage damit, dass diese im Handbuch erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt eingetragen worden seien, woraus abzuleiten sei, dass es sich um "Diäten" handle.

Diese Argumentation ist ohne nähere Begründung nicht nachvollziehbar.

Hinsichtlich der übrigen Handdienste verweist die AB auf Unterlagen, die der Beschwerdeführer im Jahr 1997 - also vor seinem Antrag vom  - der AB vorgelegt habe und die darauf schließen ließen, dass die von ihm angesprochenen Leistungen nicht Handdienste, sondern "Diäten" seien.

Demgegenüber verweist der Beschwerdeführer zu Recht darauf, dass er in seinem Antrag vom bereits von seinem Gesamtanspruch 90,75 Tage für "Diäten" abgezogen und diese nicht verrechnet habe. Er behauptet, die von der AB angeführten Leistungen (Telefon, Rechtsanwalt etc.) seien in diesen abgezogenen Diäten enthalten.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist daher ungeklärt. Es sind Feststellungen darüber erforderlich, ob und in welchem Umfang der Beschwerdeführer Leistungen erbracht oder auch - wie er in den Berufungsausführungen behauptet - zugekauft hat, die als "echte", d.h. abgeltungsfähige Handdienste einzustufen sind.

Wenn, wie die AB festgestellt hat, im "Handbuch für Handdienste" Handdienste des Beschwerdeführers aufscheinen, so kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass es sich dabei nicht um "echte" Handdienste, sondern um Diäten handelt. Zur Klärung dieser Frage wird insbesondere auch die Befragung der vom Beschwerdeführer angebotenen Zeugen und des Beschwerdeführers selbst notwendig sein.

Insgesamt ist der Sachverhalt so mangelhaft, dass sich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unvermeidlich erweist.

Es war daher der Bescheid der AB zu beheben und die Angelegenheit zur Durchführung einer neuen mündlichen Verhandlung und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die AB zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 2003.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ABGB §1480;
AVG §66 Abs2 idF 1998/I/158;
FlVfLG Bgld 1970;
VwGG §62 Abs1;
VwRallg;
Sammlungsnummer
VwSlg 16239 A/2003
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6
Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher
Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht
VwRallg6/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2003:2003070079.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAE-57265