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VwGH vom 24.03.1992, 91/05/0096

VwGH vom 24.03.1992, 91/05/0096

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde des JB in X, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MD-VfR-B XXI-20 bis 23/90, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: G-GmbH in X, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in X), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.530,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.470,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom ersuchte die mitbeteiligte Partei um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage mit Tiefgarage in Wien nn. Über dieses Ansuchen beraumte der Magistrat der Stadt Wien für eine mündliche Verhandlung an, zu der auch der Beschwerdeführer als Anrainer unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG 1950 geladen wurde. Der Beschwerdeführer nahm an der Verhandlung teil und erhob Einwendungen gegen das Zustandekommen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes. Weiters brachte er vor, das Bauvorhaben passe nicht in die Schutzzone, überdies entstehe wegen der nur acht Meter breiten X-Gasse eine unzumutbare Belästigung durch das Ein- und Ausfahren der Kraftfahrzeuge aus der Tiefgarage, weiters werde durch die Errichtung von 43 Reihenhäusern ein unzumutbares Verkehrsaufkommen entstehen.

Das Ermittlungsverfahren wurde bei der mündlichen Bauverhandlung nicht abgeschlossen. Der Bauwerberin wurden in der Anlage zur Verhandlungsschrift einzeln angeführte Planergänzungen aufgetragen. Überdies wurden Gutachten von Fachdienststellen, darunter zur Behandlung der Einwendungen des Beschwerdeführers auch der MA 22 (Umweltschutz) und der MA 15 (Gesundheitsamt), eingeholt. Die Gutachten der zuletzt genannten Magistratsabteilungen wurden dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom zur Kenntnis gebracht, der sich dazu mit Stellungnahme vom äußerte.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom wurde der mitbeteiligten Partei die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Die Einwendungen des Beschwerdeführers und anderer Anrainer, wonach der geltende Flächenwidmungs- und Bebauungsplan nicht ordnungsgemäß zustandegekommen sei, wurden als unzulässig zurückgewiesen. Weitere Einwendungen von Anrainern, so auch jene des Beschwerdeführers, daß das geplante Bauvorhaben nicht in die Schutzzone passe, wurden als im Gesetz nicht begründet abgewiesen, die Einwendungen bezüglich des unzumutbaren Verkehrsaufkommens wurden als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer zugleich mit anderen Nachbarn berufen. Die Berufungsbehörde hat die Ermittlungen durch weitere umwelttechnische und medizinische Gutachten ergänzt und diese Gutachten dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht. Nachdem sich der Beschwerdeführer und andere Anrainer zu diesen Gutachten geäußert hatten, hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom über die Berufung des Beschwerdeführers und anderer Anrainer entschieden. Der erstinstanzliche Bescheid wurde mit der Änderung bestätigt, daß die Einwendung, der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan sei nicht ordnungsgemäß zustandegekommen, und die Einwendungen betreffend unzumutbare Belästigungen durch Ein- und Ausfahren der Kraftfahrzeuge, soweit sie beim Befahren der öffentlichen Verkehrsfläche entstehen, als unzulässig zurückgewiesen. Im übrigen wurden die Einwendungen als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer sowohl eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, als auch beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht.

In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde sowie die mitbeteiligte Partei haben jeweils eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde eingebracht.

Nachdem der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom , Zl. B 508/91-13 die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und den Verwaltungsakt der belangten Behörde zurückgestellt hat, hat diese den Verwaltungsakt dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erblickt einen Verstoß gegen § 37 AVG darin, daß ihm, obwohl er die Unvereinbarkeit des Projektes mit den Schutzzonenbestimmungen eingewendet hatte, eine nach der mündlichen Bauverhandlung eingeholte Stellungnahme der MA 19 (Stadtgestaltung) nicht zur Kenntnis gebracht worden sei. Als weiteren Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer, daß nach der mündlichen Bauverhandlung vom Änderungen der Pläne vorgenommen wurden und die belangte Behörde es unterlassen habe, eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen. Weiters habe die Behörde eine Überprüfung des Bauvorhabens in Bezug auf die Bestimmungen des § 67 der Bauordnung für Wien und der §§ 5 und 10 des Wiener Garagengesetzes - jeweils betreffend die verkehrssichere Benützung der Straße sowie die leichte und sichere Zu- und Abfahrt - nicht vorgenommen. Auch habe die Behörde entgegen der Bestimmung des § 76 Abs. 10 der Bauordnung für Wien in der Bauklasse I eine bebaute Fläche von Gebäuden von mehr als 470 m2 zugelassen.

Nach § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 28/1987 (BO) sind Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften im Baubewilligungsverfahren dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre in diesem Gesetz festgelegten subjektiv - öffentlichen Rechte berühren. Solche Rechte werden durch jene Bestimmungen begründet, die dem Schutz der Nachbarn dienen. Hiezu zählen jedenfalls alle Bestimmungen des Bebauungsplanes für die Bebauung der Liegenschaft sowie alle jene Bestimmungen, die Rechte zum Schutz vor Gefahren und Belästigungen, die sich auf die Nachbargrundstücke erstrecken können, zum Inhalt haben.

Aus dieser Regelung über die Rechtsstellung des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ergibt sich, daß dem Nachbarn in diesem Verfahren nur eine beschränkte Parteistellung zukommt. Darüber hinaus ergibt sich aus § 42 Abs. 1 und 2 AVG, daß ein ordnungsgemäß zur Bauverhandlung geladener Nachbar nur dann mit seinen Einwendungen durchdringen kann, wenn er sie rechtzeitig vor oder während der Verhandlung vorgebracht hat; hinsichtlich später erhobener Einwendungen ist ein Nachbar als präkludiert anzusehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. NF Nr. 10.317/A, zum Ausdruck gebracht, daß ein Nachbar nur hinsichtlich rechtzeitig erhobener Einwendungen dort ein Mitspracherecht besitzt, wo der Gesetzgeber ihm ausdrücklich ein solches eingeräumt hat. In diesem Erkenntnis wurde weiters ausgeführt, daß die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde im Falle einer beschränkten Parteistellung des Berufungswerbers, wie es für den Nachbarn im Baubewilligungsverfahren typisch ist, auf jenen Themenkreis eingeschränkt ist, in dem diese Partei mitzuwirken berechtigt ist.

Auf den gegenständlichen Fall bezogen bedeutet dies insbesondere, daß dem Nachbarn nach § 134 Abs. 3 BO in der Frage einer Störung des Ortsbildes ein subjektiv - öffentliches Recht nicht zusteht. Ein Widerspruch des Projektes zu Schutzzonenbestimmungen hätte den Beschwerdeführer, da die Bestimmungen über Schutzzonen ausschließlich dem Stadtbild und damit dem öffentlichen Interesse dienen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/05/0226), in keinem subjektiv - öffentlichen Recht verletzt. Es bestand daher auch keine Verpflichtung der Behörde, dem Beschwerdeführer ein auf das Stadtbild und die Schutzzone bezogenes Gutachten zur Kenntnis zu bringen. Im Hinblick auf die Unzulässigkeit der Einwendung des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der Schutzzone ist er auch durch das Fehlen seines Namens in dem Bescheidteil der belangten Behörde, in dem ein diesbezügliches Berufungsvorbringen anderer Anrainer zurückgewiesen wurde, nicht in seinen Rechten verletzt worden. Die Bestimmungen der Bauordnung für Wien, die eine verkehrssichere Benützung der Straßen gewährleisten und daher Ausfahrten näher regeln, begründen ebensowenig subjektiv - öffentliche Nachbarrechte, wie die §§ 5 und 10 des Wiener Garagengesetzes. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung dargetan, daß - anders als nach dem burgenländischen Raumplanungsgesetz - dem Nachbarn im Geltungsbereich der Wiener Bauordnung hinsichtlich der Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen kein subjektiv - öffentliches Recht zusteht (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 05/1390/79, Bau Slg. Nr. 77). Da die Verfahrensrechte einer Partei nicht weiter gehen als die ihr zustehenden materiellen Rechte, erübrigt sich ein Eingehen auf die Beschwerderüge zu behaupteten Verfahrensmängeln im Zusammenhang mit den Verkehrsverhältnissen auf öffentlichen Verkehrsflächen.

Änderungen der Pläne wurden zwar nach der mündlichen Bauverhandlung vom vorgenommen, doch war den Verhandlungsteilnehmern bekannt, um welche Änderungen es sich handeln sollte, da sie in der Beilage zur Verhandlungsschrift angeführt sind. Präklusion hat aber die Berufungsbehörde ohnehin nicht als gegeben angenommen und daher kein Vorbringen des Beschwerdeführers aus diesem Grund von einer Sachentscheidung ausgeschlossen.

Abgesehen davon, daß die geänderten Pläne bereits vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides beim Magistrat der Stadt Wien eingelangt sind und der Beschwerdeführer daher durch Akteneinsicht vor Einbringen seiner Berufung auch in die geänderten Pläne hätte Einsicht nehmen können, enthält die Beschwerde keinen Hinweis auf Tatsachen, die der Behörde wegen des behaupteten Verfahrensmangels unbekannt geblieben sind. Die Aufhebung eines Bescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften setzt die Wesentlichkeit des vorliegenden Verfahrensmangels voraus (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 610 wiedergegebene Judikatur). Mangels eines konkreten Vorbringens des Beschwerdeführers, zu welchem anderen Ergebnis die Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften hätte kommen können, konnte die Verfahrensrüge nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen.

Das erstmals in der Beschwerde erhobene Vorbringen betreffend die Überschreitung der maximalen Ausnützbarkeit der Bauplatzfläche widerspricht dem aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbaren Neuerungsverbot, sodaß darauf nicht einzugehen ist.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 im Rahmen der Kostenbegehren.