zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 22.03.1994, 94/08/0017

VwGH vom 22.03.1994, 94/08/0017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des LH von Wien vom , betreffend Berücksichtigung eines Veräußerungsgewinnes bei der Ermittlung von Beitragsgrundlagen gemäß § 25 GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in ), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom stellte die mitbeteiligte für das Kalenderjahr 1993 in der Kranken- und Pensionsversicherung der Beschwerdeführerin gemäß § 25 Abs. 1 und 2 GSVG in Verbindung mit § 25 Abs. 6 GSVG S 39.200,-- (d.i. die Höchstbeitragsgrundlage) betrage. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, daß der Einkommensteuerbescheid der Beschwerdeführerin für 1990 Einkünfte aus Gewerbebetrieb von S 8,273.652,-- ausweise, in welchem ein Veräußerungsgewinn von S 8,672.900,-- enthalten sei. Ein Nachweis darüber, daß der Veräußerungsgewinn dem "Sachanlagevermögen des Betriebes" zugeführt worden sei, sei nicht erbracht worden.

Die Beschwerdeführerin erhob Einspruch, worin sie darauf hingewiesen hat, daß sie aufgrund des U-Bahnbaues in der Mariahilferstraße (wovon zwei ihrer insgesamt vier Damenmodengeschäfte betroffen seien) 1989, 1990 und 1991 Verluste von insgesamt über S 1 Mio erlitten habe. Sie habe "das Geld" (gemeint offenbar: den Veräußerungsgewinn) "nicht in Sachwerte, sondern vorübergehend in CA-BV-Anlagewerte" investiert, wobei ihr Plan, 1990 bis 1991 alle vier Geschäfte zu liquidieren, nicht aufgegangen sei, da die Geschäfte in der Mariahilferstraße aufgrund des U-Bahnbaues keine Interessenten gefunden hätten. Sie müsse daher "auf bessere Zeiten" warten, weshalb ihr Fall atypisch sei. Wäre sie im Alter von 60 Jahren in Pension gegangen, so hätte sie rund S 1 Mio an Pension bezogen und S 300.000,-- weniger Sozialversicherungsbeiträge entrichtet. Sie beantrage daher, für das Jahr 1993 die Mindestbeitragsgrundlage festzustellen.

Nach Einholung einer Stellungnahme der Beschwerdeführerin zum Vorlagebericht der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt, worin sie im wesentlichen ihr Einspruchsvorbringen wiederholte, wies die belangte Behörde mit Bescheid vom den Einspruch der Beschwerdeführerin ab.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst gemäß Art. 144 B-VG Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser hat - nach Einholung einer Gegenschrift der belangten Behörde - die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluß vom , B 1233/93, abgelehnt und sie

- antragsgemäß - dem Verwaltungsgerichtshof (unter Beischluß der vom Verfassungsgerichtshof eingeholten Verwaltungsakten) abgetreten.

In ihrer Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem subjektiven Recht als verletzt, für das Jahr 1993 Sozialversicherungsbeiträge berechnet nach der Mindestbeitragsgrundlage zu bezahlen, und beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 25 Abs. 1 GSVG sind für die Ermittlung der Beitragsgrundlage (grundsätzlich) die durchschnittlichen Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit in dem Kalenderjahr, in das der Beitragsmonat fällt, drittvorangegangenen Kalenderjahr heranzuziehen, die auf die Zeiten der Pflichtversicherung in diesem Kalenderjahr entfallen. Hiebei sind die für die Bemessung der Einkommensteuer herangezogenen Einkünfte des Pflichtversicherten zugrunde zu legen.

Gemäß § 25 Abs. 2 GSVG ist Beitragsgrundlage der gemäß Abs. 1 ermittelte Betrag, (u.a.) vermindert um die auf einen Sanierungsgewinn und auf Veräußerungsgewinne nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes entfallenden Beträge (vervielfacht um näher bezeichnete Aufwertungszahlen). Eine solche Minderung der Beitragsgrundlage um Veräußerungsgewinne tritt aber gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 GSVG nur dann ein, wenn dies der Versicherte bis zum Ablauf der in dieser Bestimmung (idF des Art. I Z. 5 der 19. GSVG-Novelle, BGBl. Nr. 336/1993, die gemäß § 259 Abs. 1 Z. 3 dieser Novelle rückwirkend mit in Kraft getreten ist) genannten Frist beantragt und überdies nur insoweit, als der auf derartige Gewinne entfallende Betrag dem Sachanlagevermögen eines Betriebes des Versicherten zugeführt worden ist.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die aufgrund der genannten Bestimmungen ermittelte Beitragsgrundlage der Beschwerdeführerin für 1993 die Höchstbeitragsgrundlage ist, diese Beitragsgrundlage jedoch unter Außerachtlassung des im Jahre 1990 erzielten Veräußerungsgewinnes zumindest niedriger als die Höchstbeitragsgrundlage wäre.

Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, daß der im Mai 1993 erlassene angefochtene Bescheid ihr die Möglichkeit nehme, den im Gesetz vorgenommenen Antrag auf Herabsetzung der Beitragsgrundlagen um den Veräußerungsgewinn zu stellen.

Dies trifft nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu: Gemäß § 194 GSVG gelten für das Verfahren zur Durchführung dieses Bundesgesetzes die Bestimmungen des siebenten Teiles des ASVG, daher auch dessen § 410. Gemäß § 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG hat der Versicherungsträger in Verwaltungssachen, zu deren Behandlung er nach § 409 leg. cit. berufen ist, einen Bescheid zu erlassen, wenn er (u.a.) die sich aus diesem Bundesgesetz in solchen Angelegenheiten ergebenden Rechte und Pflichten von Versicherten und von deren Dienstgebern feststellt, insbesondere wenn der Versicherte die Bescheiderteilung zur Feststellung der sich für ihn aus diesem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten verlangt. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten stellte die Beschwerdeführerin (durch ihren Steuerberater) mit Schreiben an die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt vom ausdrücklich den Antrag auf "Festsetzung der Beiträge für 1993 vom Mindestbetrag" unter Hinweis darauf, daß das "reguläre Geschäftsergebnis 1990" einen Verlust von S 421.761,-- ausweise. Aus einem Schreiben der Hauptstelle der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt an die Landesstelle vom ergibt sich, daß der Ehegatte der Beschwerdeführerin in deren Namen "um Erstellung eines Bescheides über die Beitragsgrundlage 1993 ersucht habe". Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt war daher (unter Absehen von einer ausdrücklichen Vollmacht gemäß § 357 ASVG in Verbindung mit § 10 Abs. 4 AVG) zur bescheidmäßigen Feststellung der Beitragsgrundlage des Jahres 1993 verpflichtet (zur Zulässigkeit eines solchen Bescheides vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/08/0138) und hatte dabei den Veräußerungsgewinn als Einkommen des Jahres 1990 solange zu berücksichtigen, als die Beschwerdeführerin nicht den Nachweis der Zuführung dieses Betrages in das Sachanlagevermögen ihres Betriebes (bzw. eines ihrer Betriebe) erbracht hat. Dieser Bescheid stünde aber einem späteren - neuerlichen - Antrag nach erfolgter Zuführung des Veräußerungsgewinnes zum Sachanlagevermögen des Betriebes der Beschwerdeführerin aufgrund der dann geänderten Sach- und Rechtslage nicht entgegen, räumt doch das Gesetz der Beschwerdeführerin eine solche Möglichkeit ausdrücklich bis zum Ablauf der oben erwähnten Frist ein.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt aber auch nicht die in der Beschwerde weiters dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin: Ihr Argument, sie hätte schon vor Jahren die Alterspension in Anspruch nehmen können und ihren nunmehr erhöhten Beitragsleistungen stehe keine erhöhte Leistung der Sozialversicherung gegenüber, trifft zunächst insoweit nicht zu, als gerade deshalb, weil die Beschwerdeführerin - nach ihrem Vorbringen - bisher keine Pensionsleistung in Anspruch genommen hat, denkbar ist, daß die (gegenüber den vorausgegangenen Jahren erhöhte) Beitragsgrundlage des Jahres 1993 ihre Pensionshöhe im Wege der Bemessungsgrundlage (§ 122 GSVG) günstig beeinflußt (dazu, daß der Fortbestand der Versicherungspflicht aber auch bei fehlender Möglichkeit, leistungserhöhend wirksam zu sein, verfassungsrechtlich unbedenklich ist vgl. u.a. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 12739, sowie zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des Systems des § 25 Abs. 1 GSVG die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 10030, und vom , VfSlg. 12295, sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/08/0004).

Das Argument, das Geschäft der Beschwerdeführerin in der Mariahilferstraße sei seit Beginn des U-Bahnbaues nachteilig betroffen, sodaß die "Vernachlässigung eines einmaligen Veräußerungsgewinnes" möglich sein müsse, der im übrigen "durch die weiterlaufenden hohen Verluste der übrigen Betriebe aufgebraucht" sei, ist entgegenzuhalten, daß ein solches für die Beitragsbemessung relevantes "Aufbrauchen" des Veräußerungsgewinnes dessen vorherige Zuführung in das Sachanlagevermögen ihres Betriebes zur Voraussetzung gehabt hätte, welche der Beschwerdeführerin freigestanden wäre, zu der sie sich aber (aus welchen Gründen immer) nicht entschließen konnte.

Eine unsachliche Verschiedenbehandlung der Beschwerdeführerin liegt schließlich auch nicht im Verhältnis zu einer Gewerbetreibenden vor, die (gemeint: schon vor 1993) alle Betriebe (beim im übrigen gleicher Sachlage) veräußert hat. Die Veräußerung aller Betriebe der Beschwerdeführerin vor 1993 (und die damit verbundene Einstellung jeder nach dem GSVG versicherungspflichtigen Tätigkeit) hätte nicht zu einer anderen (deshalb allenfalls unsachlichen) beitragsrechtlichen Bewertung des Veräußerungsgewinnes, wohl aber zum gänzlichen Wegfall der Beitragspflicht wegen Fehlens einer Versicherungspflicht im Jahr 1993 geführt. Auch insoweit vermag die Beschwerde daher verfassungsrechtliche Bedenken beim Verwaltungsgerichtshof nicht zu erwecken.

Da der Verwaltungsgerichtshof (im Rahmen des Beschwerdepunktes - § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) auch eine gegebenenfalls aus eigenem aufzugreifende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen vermag, die ergänzte Beschwerde vielmehr erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.