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VwGH vom 28.03.1995, 94/07/0143

VwGH vom 28.03.1995, 94/07/0143

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der L-Gesellschaft mbH, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 411.304/01-I4/94, betreffend Abweisung eines Devolutionsantrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom beantragte die beschwerdeführende Partei bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (BH) die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Umlegung und Verrohrung eines offenen Gerinnes auf den Parzellen 1279 und 1280/2, KG E.

Die BH führte am eine mit einem Ortsaugenschein verbundene mündliche Verhandlung durch. Dabei wurde von seiten des Amtssachverständigen für Naturschutz eine Verrohrung abgelehnt, jedoch erklärt, bei Einhaltung bestimmter Auflagen sei eine Verlegung des Gerinnes grundsätzlich möglich. Es wurde bekanntgegeben, wie das für eine Verlegung vorzulegende Projekt ausgestaltet sein müsse.

Der Vertreter der beschwerdeführenden Partei gab folgende Erklärung ab:

"Das Verhandlungsergebnis wird zur Kenntnis genommen, das ursprüngliche Ansuchen um Verrohrung zurückgezogen und anstatt dessen ein Antrag auf Umlegung des Gerinnes eingebracht. Das endgültige Projekt wird vorgelegt werden. Der Empfang der bisher eingereichten Projekte im vollen Umfang wird hiermit bestätigt."

Mit Schreiben vom übermittelte die BH der beschwerdeführenden Partei eine Ausfertigung der Verhandlungsschrift vom und ersuchte sie unter Bezugnahme auf diese Verhandlungsschrift, "ein diesbezügliches Projekt vorzulegen oder aber mitzuteilen, ob das Ansuchen weiter aufrechterhalten wird." Als Termin wurde der festgesetzt.

Mit Schriftsatz vom teilte die beschwerdeführende Partei der BH mit, daß sie einen Rechtsanwalt zu ihrer Vertretung bestellt habe. Sodann heißt es in diesem Schriftsatz weiter:

"Gleichzeitig wurde uns am die Protokollabschrift der Verhandlung vom mit dem Auftrag zugestellt, uns bis zum zu äußern, ob wir den Antrag auf Bewilligung der Verlegung und Verrohrung des gegenständlichen Gerinnes auf Grst. 1279 und 1280/2, Gp. E aufrechterhalten.

Innerhalb offener Frist stellen wir daher den ANTRAG

auf Fortsetzung des Bewilligungsverfahrens und halten unsere bisherigen Ausführungen und Anträge vollinhaltlich aufrecht.

Die uns nunmehr vorliegende ergänzende gutachterliche Stellungnahme des Dipl.-Ing. G.F. vom wird in Vorlage gebracht. Danach handelt es sich bei dem gegenständlichen Gerinne eindeutig um ein künstliches, das erst im Jahre 1957 zur Ableitung des Oberflächenwassers von der Autobahn und der Landesstraße gepflastert ausgeführt wurde.

Es liegt also ein natürliches Gerinne nicht vor, weshalb auch die behördliche Bewilligung meines am gestellten Antrages nicht versagt werden kann und darf."

Die BH reagierte darauf mit folgendem Schreiben vom an die beschwerdeführende Partei:

"Bezugnehmend auf Ihre Eingabe vom wird Folgendes mitgeteilt:

Es dürfte Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein, daß das seinerzeit am eingebrachte Projekt bei der Verhandlung am zurückgezogen worden ist. Statt dessen wurde der Antrag auf Umlegung des Gerinnes gestellt. Es erhebt sich nun die Frage, ob das Ansuchen auf Umlegung des Gerinnes nun wieder hinfällig ist und praktisch das alte Ansuchen vom wieder neu auflebt oder umgekehrt. Auf alle Fälle ist weder für das eine noch das andere Ansuchen ein Projekt vorhanden, da dieses Ihrem Mandanten anläßlich der Verhandlung zurückgegeben worden ist.

Um Klarstellung und Vorlage eines Projektes bis zum wird ersucht."

Am legte die beschwerdeführende Partei der BH Projektsunterlagen vor.

Am richtete die BH unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom ein Schreiben an die beschwerdeführende Partei, in welchem ausgeführt wird, der Wasserrechtsbehörde sei lediglich eine dreifache Ausfertigung des Projektes von Dipl.-Ing. G. F. vorgelegt worden; es sei jedoch nicht das Schreiben vom dahingehend beantwortet worden, was das Neuansuchen nun beinhalte, nämlich, ob das Gerinne - wie von Dipl.-Ing. F. geplant - umgelegt werden solle oder ob das bestehende Gerinne verrohrt werden solle. Die beschwerdeführende Partei wurde ersucht, dies bis zum klarzustellen, da ansonsten eine Zurückweisung mangels Konkretisierung des Antrages vom erfolgen müsse.

In ihrer Äußerung vom führte die beschwerdeführende Partei aus, sie habe am einen Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Umlegung und Verrohrung des offenen Gerinnes auf den Parzellen 1279 und 1280/2, KG. E., gestellt. Anläßlich der daraufhin anberaumten mündlichen Verhandlung am sei die Frage aufgetreten, ob es sich um ein natürliches oder künstliches Gerinne handle. Diese Frage habe schließlich durch den von der beschwerdeführenden Partei beigezogenen Dipl.-Ing. F. eindeutig dahingehend beantwortet werden können, daß das Gerinne ein künstliches sei. Über behördlichen Auftrag habe die beschwerdeführende Partei am eindeutig erklärt, daß sie ihr seinerzeitiges Ansuchen auf Verlegung und Verrohrung des Gerinnes aufrechterhalte. Termingerecht am habe sie dann die ursprünglichen Projektunterlagen, die ihr am von der Behörde zurückgegeben worden seien, wieder vorgelegt. Aus diesen Unterlagen und den eindeutigen schriftlichen Erklärungen gehe unmißverständlich hervor, daß um Genehmigung der Verrohrung und Umlegung des Gerinnes angesucht werde.

Mit einem am beim Landeshauptmann von Salzburg eingelangten Schriftsatz beantragte die beschwerdeführende Partei den Übergang der Entscheidungspflicht auf den Landeshauptmann.

Mit Bescheid vom wies der Landeshauptmann von Salzburg gemäß § 73 Abs. 2 AVG den Devolutionsantrag der beschwerdeführenden Partei als unbegründet ab.

Die beschwerdeführende Partei berief.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde

die Berufung ab.

In der Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, der Antrag der beschwerdeführenden Partei vom sei in der Verhandlung am zurückgezogen und es sei unter Inaussichtstellung endgültiger Projekte ein neuer Antrag auf Verlegung des Gerinnes gestellt worden. Auf das sich erkennbar auf dieses Verhandlungsergebnis beziehende Urgenzschreiben der BH vom habe die beschwerdeführende Partei widersprüchlich geantwortet. Die BH habe daher am nochmals um Klarstellung des Sachverhaltes ersucht. Am seien die ursprünglichen Projekte (Umlegung und Verrohrung) dann persönlich bei der BH vorgelegt worden. Nicht enthalten sei in diesem Projekt die einem Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung gemäß § 103 lit. b WRG 1959 anzuschließende Bekanntgabe des Wasserberechtigten an dem von der beschwerdeführenden Partei als künstlich bezeichneten Gerinne. Die in § 103 WRG 1959 vorgesehene Verpflichtung eines Bewilligungswerbers, sein Ansuchen in der dort näher beschriebenen Weise zu belegen, stelle einen gemäß § 13 Abs. 3 AVG verbesserungsfähigen Formmangel dar. Der Umstand, daß ein Formgebrechen eines von der Partei eingebrachten Ansuchens um Erteilung eines Bewilligung der fristgerechten Erlassung des Bescheides im Wege stehe, schließe das alleinige Verschulden der Behörde aus; hiebei sei nicht entscheidend, ob die Behörde einen Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG erteilt habe oder nicht.

Es sei für die belangte Behörde klar erkennbar, daß bis zum Zeitpunkt der Aktenvorlage kein Antrag, der geeignet gewesen sei, den Lauf der Sechsmonatsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG auszulösen, existiert habe. Unabhängig davon, daß ohnehin keine Projektsunterlagen vorgelegen seien, die es der BH ermöglicht hätten, ein Bewilligungsverfahren durchzuführen, sei auch nach wie vor der Inhalt des Antrages unklar gewesen. Die BH habe die erforderlichen Schritte zur Klärung des Inhalts des Antrages ohne unnötigen Aufschub gesetzt. Eine entsprechende Erklärung der beschwerdeführenden Partei sei erst am bei der BH eingelangt. Unabhängig davon sei das Ermittlungsverfahren weitergeführt worden, indem der Landeshauptmann um Übersendung des Aktes, der die Autobahn-Entwässerung B zum Gegenstand habe, ersucht worden sei. Dieser Akt sei am bei der BH eingelangt, sei nach Durchsicht und sachverständiger Begutachtung am zuständigkeitshalber dem Landeshauptmann zur weiteren Bearbeitung übermittelt worden und am wieder bei der BH mit der Bemerkung eingelangt, daß aus dem Akt kein Ansuchen hinsichtlich einer vorzunehmenden bzw. bereits vorgenommenen Grabenumlegung zu entnehmen sei. Auf Grund der Aktenlage sei daher für die belangte Behörde klar erkennbar, daß die BH das Verfahren stets zügig vorangetrieben habe. Die lange Dauer ergebe sich zum Teil aus dem Mitverschulden der beschwerdeführenden Partei, die durch unklare Anträge das Verfahren verzögert und darüberhinaus unvollständige Unterlagen vorgelegt habe und zum Teil aus dem unüberwindlichen Hindernis eines länger dauernden Ermittlungsverfahrens, das sich durch das Erfordernis der Klärung der Rechtsnatur des Gerinnes erkläre. Auch wenn die belangte Behörde davon ausgehe, daß mit der Vorlage der Projektsunterlagen am (gemeint: 1993) der Antrag der beschwerdeführenden Partei hinreichend konkret gewesen sei, um eine Entscheidungspflicht auszulösen, müsse aus den vorangegangenen Ausführungen der Schluß gezogen werden, daß der Devolutionsantrag unbegründet sei, da ein alleiniges Verschulden der BH an der Verzögerung des Verfahrens auszuschließen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der "unrichtige Tatsachenfeststellungen, unrichtige rechtliche Beurteilung und unrichtige Gesetzesauslegung" geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei spricht in ihrem Schreiben vom davon, daß ihr die behördliche Bewilligung ihres am gestellten Antrages nicht versagt werden dürfe. Dieser Antrag bezog sich auf ein klar umrissenes Vorhaben, nämlich die Umlegung und Verrohrung eines offenen Gerinnes auf den Parzellen 1279 und 1280/2. Allfällige Unklarheiten, die sich daraus ergeben könnten, daß die beschwerdeführende Partei im selben Schreiben auf ihre bisherigen Ausführungen und Anträge hinweist, zu denen auch ein Antrag auf eine bloße Verlegung des Gerinnes gehört, wurden jedenfalls dadurch beseitigt, daß die beschwerdeführende Partei in Reaktion auf das Schreiben der BH vom am die ursprünglichen, sich auf den Antrag vom beziehenden Projektsunterlagen wieder vorgelegt hat. Ab diesem Zeitpunkt begann für die BH die sechsmonatige Entscheidungsfrist des § 73 AVG. Davon geht auch die belangte Behörde aus. Aber selbst dann, wenn, wie die BH in ihrem Schreiben vom meint, ihr Schreiben vom durch die Projektsvorlage nicht ausreichend beantwortet worden wäre, berechtigte dies die BH nicht, bis zum zuzuwarten, um eine ihrer Meinung nach noch verbliebene Unklarheit aus dem Weg zu räumen.

Die belangte Behörde meint, dem vorgelegten Projekt hafte ein Formmangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG an, weil es die im § 103 lit. b WRG 1959 geforderten Angaben über die Wasserberechtigten an den von der beschwerdeführenden Partei als künstlich bezeichneten Gerinne nicht enthalte. Dieses Formgebrechen schließe ein Verschulden der BH an der Verzögerung aus, auch wenn kein Verbesserungsauftrag erteilt wurde.

Nach § 103 lit. b WRG 1959 hat ein Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung Unterlagen über die grundbuchsmäßige Bezeichnung der durch Anlagen beanspruchten Liegenschaften unter Anführung des Eigentümers sowie die Bekanntgabe der Wasser-, Fischerei- und Einforstungsberechtigten zu enthalten.

In dem einen Teil des Projektes bildenden technischen Bericht findet sich auch ein Punkt "fremde Rechte", in welchem angeführt wird, welche fremde Rechte durch die geplante Anlage berührt sind. Daß im Projekt nicht angeführte Wasserberechtigte vorhanden seien, die vom Projekte berührt werden, wurde im unterinstanzlichen Verfahren, in welchem eine Projektsprüfung erfolgte, nie moniert. Diese Behauptung findet sich erstmals in der Begründung des angefochtenen Bescheides; die belangte Behörde erläutert aber nicht, woraus sich ergibt, daß solche Wasserberechtigten, die der Behörde nicht bekannt sind, vorhanden sind und daß deshalb das Wasserrechtsverfahren nicht weitergeführt werden konnte.

Die belangte Behörde behauptet, ein unüberwindliches Hindernis für die rechtzeitige Erlassung eines Bescheides sei auch in einem länger dauernden Ermittlungsverfahren gelegen, das sich durch das Erfordernis der Klärung der Rechtsnatur des Gerinnes erkläre. Auch für diese Behauptung fehlt eine nachvollziehbare nähere Begründung.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß mit der Wiedervorlage des ursprünglichen Projektes am im Hinblick auf das auf den ursprünglichen Antrag vom Bezug nehmende Schreiben der beschwerdeführenden Partei vom erkennbar war, worauf der Wille der bechwerdeführenden Partei hinauslief, nämlich auf eine Wiedereinbringung des ursprünglichen Antrages vom und damit auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Verrohrung und Umlegung des Gerinnes. Gründe, die eine nicht rechtzeitige Entscheidung über diesen Antrag rechtfertigen würden, sind nicht hervorgekommen. Zum Zeitpunkt der Erhebung des Devolutionsantrages war die sechsmonatige Frist des § 73 AVG bereits abgelaufen. Der Devolutionsantrag war daher zulässig und begründet.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. Eine gesonderte Vergütung der Umsatzsteuer neben dem Schriftsatzaufwand gibt es im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht. Stempelgebühren fielen nur für zwei Ausfertigungen der Beschwerde und eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides an. Das über den Schriftsatzaufwand (S 12.500,--) und den Stempelgebührenaufwand in der Höhe von S 360,-- hinausgehende Mehrbegehren war daher abzuweisen.

Fundstelle(n):
YAAAE-57109