VwGH vom 27.06.1995, 94/07/0124

VwGH vom 27.06.1995, 94/07/0124

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des K in B, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 810.084/01-I 6/93, betreffend Berichtigung des Wasserbuches, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Wasserbuch für den politischen Bezirk Bludenz war zu Postzahl 1370 mit dem als dem Datum der Einlage des Entwurfes ein Wasserbenutzungsrecht eingetragen, welches als Art der Wasserbenutzung "Wasserleitung" nennt, unter der Rubrik der Bezeichnung der Wasserbenutzungsanlage oder der Liegenschaft, mit welcher das Wasserbenutzungsrecht verbunden ist, "G. Quellen" Gp. 2017 anführt und als Berechtigten die "Brunnen-Interessentschaft MB und OB" ausweist. Unter der Rubrik der Beschreibung der Anlagen und des Ausmaßes der Wasserbenutzung wird das Quellengebiet beschrieben und der Verlauf der Leitungen dargestellt und die Wassermenge mit "7 Lit/Min." angegeben. Die Dauer der wasserrechtlichen Bewilligung wird als "unbeschränkt", der Zweck der Anlage mit "Trink- und Nutzwasser-Versorgung" angeführt; unter der Rubrik "Urkunden und behördliche Entscheidungen" wird auf einen Wasserbrief vom 9. Februar 1762 und auf ein Brunnenstatut vom verwiesen. Unter der Rubrik "An der Anlage Dritten zustehende Mitbenutzungsrechte" werden mit dem Vermerk "Angeschlossen sind:" 21 Personen namentlich angeführt, wobei unter Nr. 21 der Name einer mit dem Beschwerdeführer namensgleichen Person aufscheint, bei welcher es sich nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers um seinen Vater handelte.

Zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt wurde von dieser Wasserbucheintragung die Beschreibung der Anlagen und des Ausmaßes der Wasserbenutzung und die Bezeichnung des Berechtigten durchgestrichen, wobei die Beschreibung der Anlagen und des Ausmaßes der Wasserbenutzung in der Folge neu dargestellt und als Name des Berechtigten die Wasserwerksgenossenschaft B bei Bludenz eingetragen wurde.

Mit einer an die Bezirkshauptmannschaft Bludenz gerichteten Eingabe vom brachte der Beschwerdeführer vor, daß die Löschung der verbücherten Rechte der Brunnen-Interessentschaft MB und OB an den Quellen, die auf den im Wasserbuch genannten Grundstücken entspringen, ohne rechtlichen Grund erfolgt sei, weshalb er als Mitglied der Brunnen-Interessentschaft MB und OB den Antrag auf Wiederherstellung des Wasserbuchstandes vom stelle.

Der Landeshauptmann von Vorarlberg (LH), welchem die Bezirkshauptmannschaft Bludenz diesen Antrag zuständigkeitshalber übermittelt hatte, forderte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom dazu auf, seinen Antrag durch Nachweis seiner Eigenschaft als Wasserberechtigter und des Vorliegens eines eintragungsfähigen Wasserbenutzungsrechtes zu ergänzen. Auf dieses Schreiben erwiderte der Beschwerdeführer, daß zu den Berechtigten an der betroffenen Anlage bereits seine Vorfahren und auch sein Vater gehört hätten, nach dessen Tod die Miteigentumsrechte an der Wasserversorgungsanlage im Erbgang an ihn übergegangen seien; die Dauer der wasserrechtlichen Bewilligung für diese Anlage sei unbeschränkt.

Mit Bescheid vom wies der LH den Antrag des Beschwerdeführers "betreffend die Durchführung einer fehlenden bzw. die Berichtigung einer unrichtigen Ersichtlichmachung in der Evidenz des Wasserbuches für den Verwaltungsbezirk Bludenz gemäß § 126 Abs. 5 WRG 1959 mangels Antragslegitimation" zurück. Begründend führte der LH aus, daß die Bestimmung des § 126 Abs. 5 WRG 1959 die für die Beurteilung des Antrages des Beschwerdeführers maßgebliche Rechtsgrundlage sei. Vor der materiellen Behandlung des Antrages seien die formellen Voraussetzungen für eine Antragstellung zu prüfen gewesen, zu denen auch die Frage der Berechtigung zur Antragstellung zähle. Antragsberechtigt nach § 126 Abs. 5 WRG 1959 sei nur der Wasserberechtigte, worunter der Inhaber des den Gegenstand der Ersichtlichmachung im Wasserbuch bildenden Wasserrechtes verstanden werden müsse. Das Vorbringen des Beschwerdeführers lasse klar erkennen, daß er selbst davon ausgehe, daß das von seinem Antrag betroffene Wasserrecht nicht ihm persönlich, sondern der Brunnen-Interessentschaft MB und OB zustehe, zu deren Mitgliedern sich der Beschwerdeführer zähle. Daraus folge, daß der Beschwerdeführer selbst nicht Wasserberechtigter im Sinne des § 126 Abs. 5 WRG 1959 sei und ihm die Legitimation zur Einbringung dieses Antrages abgehe, weshalb der von ihm gestellte Antrag zurückzuweisen gewesen sei; ein materielles Eingehen auf den Gegenstand des Antrages habe sich damit erübrigt.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer erneut das Fehlen einer Rechtsgrundlage für die von seinem Antrag betroffene Löschung der Wasserbucheintragung geltend und verwies darauf, daß die Brunnen-Interessentschaft MB und OB keine Körperschaft öffentlichen Rechts darstelle, daß die Verwaltung des brunneninteressentschaftlichen Vermögens "am Wassereigentum und an der Wasserleitungsanlage" seit Jahrhunderten nach Herkommen und Übereinkunft der Mitglieder erfolgt sei und eine Beschränkung durch behördlich erlassene Statuten nicht vorliege, weshalb der Beschwerdeführer als Mitglied der Interessentschaft selbst die Legitimation zur Antragstellung besitze.

Einer von der belangten Behörde an den Beschwerdeführer gerichteten Aufforderung, eine Vollmacht der Brunnen-Interessentschaft MB und OB vorzulegen, kam der Beschwerdeführer mit der in seinem Schreiben vom an die belangte Behörde dargelegten Begründung nicht nach, daß sein Antrag von einer Unterstützung der übrigen Interessentschaftsmitglieder nicht abhängig sei. Der Besitz der Brunnen-Interessentschaft an den von der rechtswidrigen Löschung betroffenen Rechten sei nach privatrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen. Jedes Mitglied der Brunnen-Interessentschaft vertrete zufolge des Fehlens eines gesetzlich berufenen Vertreters der Interessentschaft seine aus der Rechtsstellung in der Interessentschaft fließenden Rechte gegenüber der Wasserbuchbehörde selbständig, wodurch auch ein Schutz der Rechte der Interessentschaft selbst verbunden sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Der Beschwerdeführer gehe selbst davon aus, legte die belangte Behörde begründend dar, daß die Brunnen-Interessentschaft MB und OB trotz der Streichung im Wasserbuch Wasserberechtigte sei. Bei einer Interessentschaft dieser Art handle es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes nach den §§ 1175 ff ABGB. Eine solche Gesellschaft bedürfe zu ihrer Vertretung nach außen gemäß § 1201 ABGB eines Vertreters, welcher wiederum einer Einwilligung der Mitglieder oder ihrer Bevollmächtigten bedürfe. Eine solche Vertretungsmacht habe der Beschwerdeführer trotz Aufforderung nicht vorweisen können, weshalb es ihm an der Antragslegitimation gefehlt habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung jedoch mit seinem Beschluß vom , B 808/93, abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat. Vor diesem Gerichtshof begehrt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit der Erklärung, sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Anerkennung seiner Parteistellung und meritorische Erledigung des gestellten Antrages als verletzt zu erachten.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 126 Abs. 5 WRG 1959 kann der Wasserberechtigte beim Landeshauptmann die Durchführung einer fehlenden oder die Berichtigung einer unrichtigen Ersichtlichmachung in der Evidenz unter Beibringung der erforderlichen Nachweise beantragen. Über diesen Antrag ist bescheidförmig abzusprechen, wenn ihm nicht entsprochen wird.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen verfahrensrechtlichen Zurückweisungsbescheid hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer den im § 126 Abs. 5 WRG 1959 für den Fall, daß einem Berichtigungsantrag nach dieser Gesetzesstelle nicht entsprochen wird, vorgesehenen meritorischen Abspruch über das von ihm gestellte Begehren mit der Begründung verweigert, daß der Beschwerdeführer das Vorliegen einer Vertretungsbefugnis für die wasserberechtigte Interessentschaft nicht nachweisen habe können. Es ist im Beschwerdefall damit nicht die Frage zu entscheiden, ob dem vom Beschwerdeführer gestellten Antrag nach § 126 Abs. 5 WRG 1959 entsprochen hätte werden müssen. Ob der von der belangten Behörde im Instanzenzug erlassene verfahrensrechtliche Zurückweisungsbescheid den Beschwerdeführer im geltend gemachten Recht verletzt hat, hängt vielmehr nur davon ab, ob die von der belangten Behörde getroffene rechtliche Beurteilung richtig war, daß der vom Beschwerdeführer gestellte Antrag der Brunnen-Interessentschaft MB und OB zuzurechnen gewesen sei, für welche es dem Beschwerdeführer zur Antragstellung an der erforderlichen Vertretungsmacht gefehlt habe. Diese Beurteilung aber war verfehlt.

Der Beschwerdeführer ist vom Beginn seines Einschreitens an nicht für die Brunnen-Interessentschaft MB und OB aufgetreten, sondern hat stets eigene Rechte geltend gemacht; er hat lediglich den Bestand seiner Rechte aus der behaupteten Zugehörigkeit seiner Person zu dieser Interessentschaft abgeleitet. Schon daraus ergibt sich die Unrichtigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Zurechnung des gestellten Antrages an die Brunnen-Interessentschaft MB und OB und der Annahme der Erforderlichkeit einer Vertretungsmacht des Beschwerdeführers für die Mitglieder dieser Interessentschaft; auf der Basis der von der belangten Behörde vorgenommenen Zurechnung des gestellten Antrages an die Interessentschaft (richtig: deren Mitglieder) wäre im übrigen nicht der Antrag des Beschwerdeführers, sondern diesfalls konsequenterweise ein vom Beschwerdeführer namens dieser Interessentschaft (richtig: deren Mitglieder) ohne Vorliegen einer Vertretungsmacht gestellter Antrag zurückzuweisen gewesen.

Die belangte Behörde irrt auch in der Beurteilung, daß eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zu ihrer Vertretung nach außen eines Vertreters bedürfe. Diese in der Begründung des angefochtenen Bescheides getroffene Aussage übersieht, daß eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes als reine Innengesellschaft einer Vertretung nach außen gar nicht zugänglich ist. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes ist mangels Rechtssubjektivität weder rechts- noch parteifähig (vgl. Strasser in Rummel, Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch2, RZ 13 zu § 1175 ABGB). Träger der einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes eingeräumten Rechte sind nur ihre Mitglieder, denen es im Außenverhältnis damit auch freisteht, das ihnen als Mitgliedern eingeräumte Recht selbständig geltend zu machen. Bezogen auf den Beschwerdefall folgt daraus, daß ein aus der gegebenenfalls festzustellenden Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur Brunnen-Interessentschaft MB und OB gegebenenfalls erfließendes materielles Recht in seiner Verfolgung durch die vom Beschwerdeführer unternommene Antragstellung vom Nachweis einer Vertretungsmacht für die (oder einer Zustimmung der) anderen Mitglieder der Interessentschaft auch aus diesen Erwägungen nicht abhängig gemacht werden durfte. Die Zurückweisung des vom Beschwerdeführer gestellten Antrages aus dem von der belangten Behörde genannten Grund erwies sich damit als rechtswidrig.

Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994; gemäß § 59 Abs. 1 VwGG gebunden an den gestellten Antrag konnte der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer Schriftsatzaufwand nur auf der Basis des begehrten Betrages und Stempelgebührenersatz mangels ausdrücklicher Beschränkung des Aufwandersatzbegehrens auf den Schriftsatzaufwand nicht zusprechen.