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VwGH vom 28.08.1998, 96/19/3207

VwGH vom 28.08.1998, 96/19/3207

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der 1970 geborenen MS in Wien, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 119.940/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine ägyptische Staatsangehörige, beantragte am die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag langte am beim Amt der Burgenländischen Landesregierung ein und wurde mit Schreiben vom der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See zuständigkeitshalber zugeleitet und langte dort am ein (vgl. Aktenseite 17). Die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See forderte daraufhin die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom zur Nachreichung verschiedener Unterlagen auf (vgl. Aktenseite 13). Schließlich forderte die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See mit Schreiben vom die Beschwerdeführerin gemäß § 6 Abs. 2 zweiter Satz des Aufenthaltsgesetzes (AufG) auf, "den beiliegenden Antrag bis spätestens bei einer österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland einzubringen und weitere Nachweise vorzulegen, widrigenfalls gemäß § 13 Abs. 3 AVG negativ entschieden" würde. Die Beschwerdeführerin ersuchte, rechtsfreundlich vertreten, diesbezüglich um Fristverlängerung bis zum und reichte am einen (weiteren) Antrag auf Aufenthaltsbewilligung bei der österreichischen Botschaft in Budapest ein. Dieser Antrag findet sich unter Aktenseite 1 des Verwaltungsaktes.

Beide Anträge wurden (nach Verlegung des Wohnsitzes der Beschwerdeführerin) an den Landeshauptmann von Wien als nunmehr zuständige Aufenthaltsbehörde erster Instanz weitergeleitet. Der Antrag der Beschwerdeführerin vom langte am beim Landeshauptmann von Wien ein. Der Antrag der Beschwerdeführerin vom wurde am an den Landeshauptmann von Wien übermittelt und langte dort am ein.

Der Landeshauptmann von Wien wies mit Bescheid vom den Antrag der Beschwerdeführerin vom (gemeint wohl: vom ) auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) ab und begründete dies damit, daß die Beschwerdeführerin über einen vom bis zum gültigen Touristensichtvermerk verfüge und die Bewilligung im Anschluß an einen Touristensichtvermerk begehrt werde.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und brachte vor, nicht am , sondern bereits am 15. Februar dieses Jahres einen Antrag auf Erteilung der Bewilligung nach dem AufG gestellt zu haben. Einem Verbesserungsauftrag vom habe sie entsprochen. Es sei daher nicht eine neue Antragstellung erfolgt, sondern habe sich die Verbesserung durch Vorlage bei der ausländischen Vertretungsbehörde auf den ursprünglichen Antrag vom bezogen. Sie sei Ehegattin eines bereits seit mehr als fünf Jahren in Österreich aufhältigen ägyptischen Staatsbürgers, sodaß ihr Aufenthalt wirtschaftlich und versicherungsmäßig abgesichert sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies der Bundesminister für Inneres die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z. 4 und Z. 6 FrG ab. Die belangte Behörde stellte fest, die Beschwerdeführerin sei erstmals am mit einem am von der österreichischen Botschaft in Kairo ausgestellten und bis gültigen Touristensichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist und habe in weiterer Folge am bei der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt, wobei sie am einen Verbesserungsauftrag erhalten habe, wonach die Beschwerdeführerin den Antrag vom Ausland aus zu stellen hätte. Diese "Auflage" hätte die Beschwerdeführerin mit Antrag vom erfüllt und einen weiteren Touristensichtvermerk von der österreichischen Botschaft in Budapest ausgestellt erhalten, mit Gültigkeit vom 25. September bis , um danach wieder in das Bundesgebiet einzureisen. Nach Verlegung des Wohnsitzes der Beschwerdeführerin nach Wien sei der Antrag an die nach dem Wohnsitz örtlich zuständige Behörde weitergeleitet worden, wo dieser am eingelangt sei. Unbeschadet des Vorbringens der Beschwerdeführerin in der Berufung sei diese nach der auf ihren eigenen Angaben beruhenden Aktenlage mit einem Touristensichtvermerk eingereist und habe ihren damit begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Aufenthaltsbewilligung verlängern wollen. Seit Ablauf des letzten Touristensichtvermerkes am halte sich die Beschwerdeführerin unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, weil sie als ägyptische Staatsangehörige sichtvermerkspflichtig sei (§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG). Der Aufenthalt im Bundesgebiet werde auf Grund des in der Berufung angeführten österreichischen Wohnsitzes nachgewiesen.

Im Hinblick auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes erübrige sich das Eingehen auf eventuelle familiäre und private Interessen, weil das Vorliegen des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG einen zulässigen Eingriff in das durch Art. 8 MRK geschützte Grundrecht darstelle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

§ 5 Abs. 1 AufG lautete:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn ihr Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 10 Abs. 1 Z. 6 FrG lautete:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

....

6. der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll;"

Die Beschwerdeführerin verfügte noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung, weshalb es sich beim gegenständlichen Antrag um einen Erstantrag auf Aufenthaltsbewilligung handelt. § 113 Abs. 6 oder 7 des Fremdengesetzes 1997 findet daher auf den Beschwerdefall keine Anwendung.

Die Beschwerdeführerin bringt unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, daß es sich beim Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See vom nicht um einen Verbesserungsauftrag, sondern um eine Zurückweisung gehandelt habe, wobei diese Behörde aus Gründen der Verwaltungseffizienz noch den Auftrag erteilt habe, dem neu im Ausland einzubringenden Antrag einen Meldezettel beizulegen. Sie sei daher dieser Aufforderung nachgekommen und habe den gesetzlichen Vorschriften entsprechend am den Antrag neu eingebracht. Die Rechtsauffassung der belangten Behörde, es handle sich um einen Verbesserungsauftrag, sei rechtlich unhaltbar, weil im Gesetz keine derartige Verbesserungsmöglichkeit vorgesehen sei. Die Einbringung ihres Antrages vom stelle gleichzeitig eine Rückziehung des Antrages vom dar.

Der Beschwerdeführerin ist insofern Recht zu geben, als die mangelnde Antragstellung vom Ausland aus nicht durch einen Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG saniert werden kann, weil es sich bei diesem Mangel nicht um ein bloßes Formgebrechen handelt. Offenbar versuchte die Behörde erster Instanz gemäß § 6 Abs. 2 zweiter Satz AufG auf Grund der von ihr als vorliegend erachteten Vermutung, daß die Regelung des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG umgangen werden solle, die Beschwerdeführerin zur persönlichen Einbringung des Antrages vom Ausland aus zu veranlassen. In ihrer Berufung erklärte die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf den Antrag vom ausdrücklich, bei diesem habe es sich nicht um eine neue Antragstellung gehandelt, sondern um eine Befolgung des Verbesserungsauftrages der Behörde. Die im Ausland am eingebrachte Eingabe stellt daher lediglich die Ergänzung des Antrages vom und nicht etwa dessen Zurückziehung dar. Dieser - ergänzte - Antrag der Beschwerdeführerin vom , beim Landeshauptmann von Wien am eingelangt, lag dem Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom zugrunde; mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen gerichtete Berufung wegen Verwirklichung des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG abgewiesen.

Wenn die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit den beiden Anträgen rügt, die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See hätte sie darauf hinzuweisen gehabt, daß der Antrag im Ausland einzubringen und gleichzeitig der im Inland eingebrachte Antrag zurückzuziehen sei, ist sie darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde sich ohnedies nicht auf den Versagungsgrund des § 6 Abs. 2 AufG gestützt hat.

Die Beschwerdeführerin bringt schließlich vor, sie habe die Ausstellung eines Touristensichtvermerkes bei der österreichischen Botschaft in Budapest nicht beantragt und der Konsulatsbeamte hätte sie darauf hinzuweisen gehabt, daß der Antrag auf Erteilung eines Touristensichtvermerkes die Abweisung des gleichzeitig eingebrachten Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach sich ziehe. Die österreichische Botschaft hätte ihr einen gewöhnlichen Sichtvermerk zu erteilen gehabt und könne ihr dieses Fehlverhalten nicht zur Last gelegt werden. Dazu ist zu bemerken, daß es der (rechtsfreundlich vertretenen) Beschwerdeführerin freigestanden wäre, gegen die Erteilung eines Touristensichtvermerkes, den sie (angeblich) gar nicht beantragt hat, zu berufen und darauf zu bestehen, daß ihr der (angeblich) beantragte Sichtvermerk gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 FrG erteilt werde. Ein derartiger auf Erteilung eines Sichtvermerkes nach dem FrG gerichteter Antrag ist den vorliegenden Verwaltungsakten allerdings nicht zu entnehmen.

Unbestritten ist, daß sich die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Bundesgebiet aufgehalten hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG dann verwirklicht, wenn sich der Beschwerdeführer im für die Entscheidung der Behörde maßgeblichen Zeitpunkt im Anschluß an eine mit einem Touristensichtvermerk erfolgte Einreise oder nach sichtvermerksfreier Einreise (weiterhin) im Bundesgebiet aufgehalten hat (vgl. zur Maßgeblichkeit des Entscheidungszeitpunktes das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/19/0500). Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG ist auch gegeben, wenn die Bewilligung nicht nahtlos an den Touristensichtvermerk anschließen soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/18/0293). Dieser Sichtvermerksversagungsgrund steht dem Erfolg eines innerhalb des Zeitraumes, für den der Touristensichtvermerk erteilt wurde, vom Ausland aus gestellten Antrages nur dann nicht entgegen, wenn der Fremde nicht wieder im Anschluß an die Antragstellung vom Ausland aus in das Bundesgebiet einreist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/19/1343). Überdies ist eine Bedachtnahme auf private und familiäre Interessen des Fremden bei einer auf § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gestützten Entscheidung aus den vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Slg. 13497, dargelegten Gründen ausgeschlossen.

Auch die Verfahrensrüge erweist sich als verfehlt, weil angesichts der obigen Ausführungen nicht davon auszugehen ist, daß die belangte Behörde zu einem anderen Verfahrensergebnis gelangt wäre, wenn sie der Beschwerdeführerin Parteiengehör gewährt hätte.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am

Fundstelle(n):
VAAAE-56968