VwGH vom 20.04.2004, 2003/06/0120

VwGH vom 20.04.2004, 2003/06/0120

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde 1. der O L und 2. des D K, beide in G, beide vertreten durch Dr. Hanspeter Pausch, Rechtsanwalt in Graz, Kaiserfeldgasse 13/III, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zlen. A 17-4.928/2002-4, A 17-4.929/2002-3 und A 17-4.930/2002-4, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft S, reg. Gen.m.b.H. in R), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit insgesamt drei undatierten, am bei der Behörde eingelangten Baugesuchen kam die mitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerberin) um baubehördliche Bewilligung für die Errichtung von insgesamt acht Gebäuden in drei zusammenhängenden Komplexen mit 39, 25 und 12 Wohneinheiten, einer Tiefgarage mit 76 Kfz-Stellplätzen und drei Flugdächern für Müll auf einem Areal in Graz ein (die drei Anträge wurden von den Behörden gemeinsam behandelt). Die Beschwerdeführer sind Eigentümer benachbarter Grundstücke.

Die Beschwerdeführer erhoben in der Bauverhandlung vom verschiedene Einwendungen gegen das Vorhaben.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom wurde der Bauwerberin die angestrebte Bewilligung mit einer Reihe von Vorschreibungen erteilt; die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden als unzulässig zurückgewiesen.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, welcher mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben wurde. Dies wurde nach zusammengefasster Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe der Berufung damit begründet, dass den Beschwerdeführern hinsichtlich der thematisierten Fragen kein Mitspracherecht zukomme.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt auch für den Nachbarn, der i.S. des § 42 AVG idF BGBl. I Nr. 158/1998, die Parteistellung behalten hat.

Gemäß § 26 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;


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2.
die Abstände (§ 13);
3.
den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
4.
die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
5.
die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1,§ 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."
Entgegen dem Beschwerdevorbringen räumt § 26 Abs. 1 Z 5 Stmk. BauG dem Nachbarn nicht das von den Beschwerdeführern sichtlich angenommene umfassende Mitspracherecht ein, vielmehr ist dieses Mitspracherecht auf die dort durch den Hinweis auf die entsprechenden Gesetzesstellen umschriebenen Fälle bzw. Voraussetzungen beschränkt (siehe das in einer Sache der Erstbeschwerdeführerin hinsichtlich eines anderen Bauvorhabens ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/06/0051). Demnach kommt den Beschwerdeführern weder ein Mitspracherecht hinsichtlich der "Verminung des Bauplatzes" durch nicht detonierte Fliegerbomben (Blindgänger) aus dem 2. Weltkrieg zu, noch dahingehend, dass die Verbauung dieses Areales im Falle eines Hochwassers negative Auswirkungen auf ihre Liegenschaften haben könnte (weil diesfalls die vorgesehenen Sickerschächte zur Ableitung der Niederschlagswässer unzureichend seien). Ebenfalls kein Mitspracherecht (im Sinne des angesprochenen § 26 Abs. 1 Z 5 iVm § 61 Abs. 1 Stmk. BauG ) kommt den Beschwerdeführern als Nachbarn hinsichtlich der Frage einer geeigneten Zufahrtsmöglichkeit von Feuerwehrfahrzeugen zu, auch nicht dahin, ob die Zu- und Abfahrten der geplanten Tiefgarage so gestaltet sind, dass sie das Entstehen eines Großfeuers begünstigen oder nicht (weil durch § 26 Abs. 1 Z 5 iVm § 61 Abs. 1 Stmk. BauG nicht erfasst; zum mangelnden Mitspracherecht des Nachbarn zur Frage der geeigneten Zufahrt siehe auch das ebenfalls über eine Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin betreffend ein anderes Bauvorhaben ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/06/0052), daher auch ebenso wenig hinsichtlich der Frage, ob die Auslegung der Tiefgarage in mehrere Brandabschnitte unterblieben sei (nicht unerwähnt soll allerdings bleiben, dass die Baubehörde diese Fragen von Amts wegen zu prüfen hatte und über Vorschlag der Feuerwehr der Stadt Graz zahlreiche brandschutztechnische Auflagen erteilt hat).
Wie ebenfalls im bereits zuvor genannten hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/06/0051, unter Hinweis auf Vorjudikatur dargelegt wurde, räumt § 26 Abs. 1 Stmk. BauG dem Nachbarn kein Recht auf Einhaltung der im Flächenwidmungsplan festgesetzten höchstzulässigen Bebauungsdichte ein. In diesem Erkenntnis wurde auch darauf verwiesen, dass die prozessualen Rechte des Nachbarn (nur) soweit reichen, als ihm subjektiv-öffentliche Rechte eingeräumt sind. Da den Beschwerdeführern hinsichtlich der in der Beschwerde thematisierten Fragen, wie dargelegt, kein Mitspracherecht zukommt, konnten sie auch diesbezüglich nicht dadurch in Nachbarrechten verletzt werden, dass ihnen das Gutachten über die geologische Baugrunduntersuchung des Architekturbüros T. von der Behörde nicht zur Kenntnis gebracht wurde.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Dies konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG ohne Durchführung der von den Beschwerdeführern beantragten mündlichen Verhandlung erfolgen, weil in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen wurden, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Zu den im Beschwerdefall thematisierten Fragen des Mitspracherechtes des Nachbarn gemäß § 26 Stmk. BauG ist der entscheidungswesentliche Sachverhalt geklärt und es sind diese Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung beantwortet.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am