VwGH vom 28.10.1998, 96/19/2766
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1962 geborenen BT in Wien, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 105.754/4-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer verfügte zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung mit Geltungsdauer vom bis . Mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom wurde der Verlust dieser Aufenthaltsbewilligung gemäß § 8 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) verfügt. Die Zustellung dieses Bescheides an den Beschwerdeführer erfolgte am .
Am beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung.
Dieser Antrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 5 Abs. 1 AufG dürfe eine Bewilligung nicht erteilt werden, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des § 10 Abs. 1 FrG vorliege. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG sei die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
Der Beschwerdeführer habe am eine österreichische Staatsbürgerin geehelicht. Mit einem Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom sei diese Ehe für nichtig erklärt worden. Das in Rede stehende Urteil sei am in Rechtskraft erwachsen. Der Oberste Gerichtshof habe ausgesprochen, daß auch die ausschließlich oder überwiegende Absicht, durch die Eheschließung die unbeschränkte Aufenthaltsmöglichkeit und/oder den ungehinderten Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu erlangen, für die Nichtigerklärung einer Ehe ausreiche. Eine solcherart rechtsmißbräuchliche Eingehung einer Ehe durch einen Fremden zwecks Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen stelle ein Verhalten dar, welches dazu führe, daß die öffentliche Ordnung durch den weiteren Aufenthalt des Fremden in Österreich gefährdet wäre. Aufgrund dieses Sachverhaltes liege auch in Ansehung des Beschwerdeführers der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vor. Die Erteilung einer Bewilligung sei aus dem Grunde des § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen. Die öffentlichen Interessen überwögen die privaten Interessen des Beschwerdeführers im Rahmen des Art. 8 MRK.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 5 Abs. 1 AufG lautete:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG lautete:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"
Der gegenständliche Antrag wurde gestellt, nachdem der Verlust der dem Beschwerdeführer bis dahin erteilten Aufenthaltsbewilligung gemäß § 8 Abs. 1 AufG verfügt worden war. Ein Fall des § 113 Abs. 6 oder 7 FrG 1997 liegt daher - entgegen der offenbaren Ansicht der Behörde erster Instanz in einer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Mitteilung vom gemäß § 115 Abs. 2 FrG 1997 - nicht vor.
In der Beschwerde bleibt die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde unbestritten, daß die vom Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin zwecks Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen geschlossene Ehe mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom für nichtig erklärt wurde.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Eingehen einer Ehe nur zum Schein, um sich eine fremdenrechtlich bedeutsame Bewilligung zu verschaffen, ein Verhalten, das eine gravierende Mißachtung der den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet regelnden Vorschriften bildet. Ein solches Verhalten rechtfertigt die in § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG umschriebene Prognose, der weitere Aufenthalt des Fremden werde die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/19/1450).
Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (Bescheidzustellung am ) lag der Eheabschluß etwas weniger als sieben Jahre zurück. Der Verwaltungsgerichtshof erachtete die auf § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gestützte Gefährdungsprognose in seiner Rechtsprechung auch in einem Fall für gerechtfertigt, in dem der Eheabschluß länger als sieben Jahre zurückreichte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/19/3068). Schon von dem seit Eingehung der Ehe verstrichenen Zeitraum her liegt vorliegendenfalls auch kein dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/18/0097, vergleichbarer Sachverhalt vor. Im übrigen ist mit der Feststellung (im Zusammenhang mit der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, wo es um die "ausdrückliche" Einräumung einer "Bewilligung" zum Aufenthalt geht), die Gefährdungsprognose im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG sei gerechtfertigt, keine Aussage über die Zulässigkeit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung getroffen.
Der Beschwerdeführer bringt vor, sein Fehlverhalten sei "den österreichischen Behörden" bereits seit 1990 bekannt gewesen. Trotzdem seien ihm Aufenthaltsbewilligungen erteilt und diese auch verlängert worden. Fremdenpolizeiliche Maßnahmen seien demgegenüber nicht ergriffen worden.
Diesen Ausführungen ist zunächst entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer seiner zuletzt erteilten Aufenthaltsbewilligung infolge Eingehung einer Ehe zur Erlangung fremdenrechtlich und ausländerbeschäftigungsrechtlich relevanter Bewilligungen gemäß § 8 Abs. 1 AufG verlustig erklärt wurde. Im übrigen ist die Aufenthaltsbehörde bei der von ihr zu treffenden Gefährdungsprognose gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG nicht an diesbezügliche - allenfalls unrichtige - Beurteilungen von Vorfragen anläßlich der Erteilung vorangegangener Aufenthaltsbewilligungen gebunden.
Schließlich bringt der Beschwerdeführer vor, er sei aufgrund seines fast sechsjährigen Aufenthaltes in Österreich und seiner rechtmäßigen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet voll integriert. Auch verfüge er über eine für Inländer ortsübliche Unterkunft.
Nach ständiger Rechtsprechung stellt aber das Eingehen einer Ehe zum Schein zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen einen Rechtsmißbrauch dar, welcher als Gefährdung der Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK zu qualifizieren ist, sodaß diesfalls ein durch Versagung der Aufenthaltsbewilligung allenfalls bewirkter Eingriff in das Privatleben (ein Vorbringen betreffend ein geschütztes Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich wurde im übrigen gar nicht erstattet) gerechtfertigt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/19/1381).
Aus diesen Erwägungen geht auch die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers ins Leere, weil er, mit Ausnahme des oben wiedergegebenen, zu keiner anderen materiellen Beurteilung des Sachverhaltes führenden Vorbringens, nicht darlegt, zu welchen anderen Sachverhaltsfeststellungen die belangte Behörde bei Vermeidung der behaupteten Verfahrensmängel gelangt wäre.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am
Fundstelle(n):
JAAAE-56907