VwGH vom 16.09.1999, 99/07/0070
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde des K O in B, vertreten durch Dr. Herbert Kirchmayer, Rechtsanwalt in Hainburg/Donau, Wiener Straße 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-Bl-97-040, betreffend Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der O-GesmbH eine Übertretung nach § 32 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 (AWG) zu verantworten, weil einem der O.-GesmbH erteilten Auftrag der Bezirkshauptmannschaft vom zur Entfernung von auf einem näher bezeichneten Grundstück abgelagerten Problemstoffen und gefährlichen Abfällen bis längstens nicht nachgekommen worden sei.
Der Beschwerdeführer berief.
Die belangte Behörde führte am eine mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter teilnahmen.
Bei dieser Verhandlung gab der Beschwerdeführer u.a. an, Mag. M. von der Bezirkshauptmannschaft habe ihm bei einem Anruf mitgeteilt, dass alle Fahrzeuge so schnell wie möglich zu entfernen seien. Er habe zur Kenntnis genommen, dass die Entfernung noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde.
Zur Einvernahme des Zeugen Mag. M. wurde die Verhandlung auf unbestimmte Zeit vertagt.
In der Folge wurde die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung für anberaumt.
An dieser Verhandlung nahm nur der Vertreter des Beschwerdeführers teil.
Der bei dieser Verhandlung vernommene Zeuge Mag. M. gab an, er könne sich nicht erinnern, dass der Beschwerdeführer ihm telefonisch mitgeteilt habe, dass eine fristgerechte Entfernung der Problemstoffe und gefährlichen Abfälle nicht möglich sei und die Frist daher überschritten würde. Für Belange des Abfallrechtes sei Mag. B. zuständig.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom fasste die belangte Behörde den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses neu und setzte die verhängte Strafe auf S 10.000,-- herab.
In der Begründung heißt es u.a., eine Verlängerung der bescheidmäßig festgelegten Erfüllungsfrist (für den Auftrag nach § 32 AWG) durch einen Bediensteten der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha (Mag. M.) sei nicht erteilt worden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom , B 275/99-3, ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In seinem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten ergänzenden Schriftsatz macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides geltend. Er bringt vor, die belangte Behörde habe § 51e Abs. 6 VStG verletzt, wonach die Parteien so rechtzeitig zu einer Verhandlung zu laden seien, dass ihnen von der Zustellung der Ladung an mindestens zwei Wochen zur Vorbereitung zur Verfügung stehen. Die Ladung zur Verhandlung vor der belangten Behörde am sei dem Vertreter des Beschwerdeführers so zugestellt worden, dass lediglich eine Vorbereitungszeit von sechs Tagen verblieben sei. In der Verhandlung vor der belangten Behörde am sei der Zeuge Mag. M. einvernommen worden. Dessen Einvernahme sei nötig gewesen, weil der Beschwerdeführer in seiner Parteienvernehmung vorgebracht habe, dass von der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha eine Verlängerung der Räumungsfrist zugesagt worden sei. Auf Grund der äußerst kurzfristigen Ladung habe der Beschwerdeführer seinen Rechtsvertreter nicht mehr davon in Kenntnis setzen können, dass diese Verlängerung der Räumungsfrist nicht mit Mag. M., sondern mit Mag. B., vereinbart worden sei. Zwischen der Zustellung der Ladung am und dem Termin der mündlichen Verhandlung am sei zudem ein Wochenende gelegen. Auf Grund dieses Umstandes sei es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen, seinen Rechtsvertreter darauf hinzuweisen, dass Mag. B. als Zeuge zu beantragen sei und es sei dem Beschwerdeführer auch nicht möglich gewesen, selbst zur Verhandlung zu erscheinen und den Irrtum aufzuklären. Es liege daher auf der Hand, dass durch die verspätete Ladung zur Verhandlung § 51e Abs. 6 VStG verletzt worden sei und der Beschwerdeführer durch diese verspätete Ladung einen Rechtsnachteil erlitten habe.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 51e Abs. 4 VStG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der VStG-Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 sind die Parteien so rechtzeitig zur Verhandlung zu laden, dass ihnen von der Zustellung der Ladung an mindestens zwei Wochen zur Vorbereitung zur Verfügung stehen.
Nach § 51h VStG ist das Verfahren möglichst in einer Verhandlung abzuschließen. Wenn sich die Einvernahme des von der Verhandlung ausgebliebenen Beschuldigten oder die Aufnahme weiterer Beweise als notwendig erweist, dann ist die Verhandlung zu vertagen.
Das VStG enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, ob die Anordnung des § 51e Abs. 4 leg. cit., dass die Parteien so rechtzeitig zur Verhandlung zu laden sind, dass ihnen von der Zustellung der Ladung an mindestens zwei Wochen zur Vorbereitung zur Verfügung stehen, sich lediglich auf die erstmalige Ladung zur Verhandlung bezieht oder ob diese Frist auch bei jeder Vertagung eingehalten werden muss.
Der OGH hat in ständiger Rechtsprechung zu § 221 StPO, welcher in einer dem § 51e Abs. 4 VStG vergleichbaren Weise eine Vorbereitungsfrist vorsieht, ausgesprochen, dass diese Vorbereitungsfrist nur für die erste Hauptverhandlung zwingend vorgeschrieben ist (vgl. die bei Foregger-Kodek, StPO7, 327, angeführte Rechtsprechung). Begründet wird dies damit, dass bei der Ladung eines Angeklagten zu einer späteren Hauptverhandlung die Vorbereitungsfrist des § 221 StPO mangels eines Bedürfnisses nach einer neuerlichen Vorbereitung nicht abermals eingehalten werden muss. Diese Überlegungen treffen auch auf die Vorbereitungsfrist des § 51e Abs. 4 VStG zu.
Es mag Fälle geben, in denen der Beschuldigte eines Verwaltungsstrafverfahrens auch für die fortgesetzte Verhandlung einer entsprechenden Vorbereitung bedarf, sodass zwischen der Ladung zu dieser fortgesetzten Verhandlung und deren Durchführung ein entsprechender Zeitraum zu liegen hat. Der Beschwerdefall zählt nicht dazu.
Die erste Verhandlung vor der belangten Behörde am wurde ausdrücklich zu dem Zweck vertagt, den Zeugen Mag. M., auf den sich der bei dieser Verhandlung anwesende Beschwerdeführer berufen hatte, einzuvernehmen. Dem Beschwerdeführer und seinem Rechtsvertreter war also bekannt, dass bei der fortgesetzten Verhandlung Mag. M. als Zeuge einvernommen werden würde. Es wäre dem Beschwerdeführer und seinem Vertreter daher schon bei dieser Verhandlung, aber auch noch in dem zwischen der Vertagung der Verhandlung und der Anberaumung der fortgesetzten Verhandlung liegenden Zeitraum ohne weiteres möglich gewesen, darauf hinzuweisen, dass nicht Mag. M., sondern Mag. B. als Zeuge geladen werden solle. Warum angesichts dieses Sachverhaltes der Beschwerdeführer in seinen Verteidigungsrechten verletzt sein soll, ist völlig unerfindlich.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am