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VwGH vom 22.04.1999, 99/07/0010

VwGH vom 22.04.1999, 99/07/0010

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde des FB in S, vertreten durch Dr. Peter Hauser, Rechtsanwalt in Salzburg, Haunspergstraße 33, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-5/10.022/2-1998, betreffend Übertretung des Chemikaliengesetzes (weitere Partei: Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Strafverfügung des Magistrates Salzburg vom wurde dem Beschwerdeführer als Vorstandsmitglied und somit als einem gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenen Organ der H. AG mit Sitz in Salzburg zur Last gelegt, am in einer weiteren Betriebsstätte bestimmte in der Strafverfügung näher bezeichnete Produkte zur Abgabe vorrätig gehalten und somit in Verkehr gebracht zu haben, obwohl es sich dabei um gefährliche Stoffe gehandelt habe; es hätten - in der Strafverfügung näher bezeichnete - Kennzeichnungselemente gemäß § 18 Abs. 1 Chemikaliengesetz gefehlt. Über den Beschwerdeführer wurden wegen dieser Verwaltungsübertretungen nach § 55 Z. 15 iVm § 18 Abs. 1 Z. 1 bis 7 Chemikaliengesetz Verwaltungsstrafen von je S 1.000,--, insgesamt S 7.000,-- (bei Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt 42 Stunden), verhängt.

Gegen diese am zugestellte Strafverfügung erhob der Beschwerdeführer fristgerecht folgendes Rechtsmittel:

"Mit obiger Strafverfügung wurde für den angeführten Sachverhalt eine Strafe in der Höhe von ATS 7.000,-- verhängt. Ich erhebe dagegen Einspruch und begründe dies wie folgt:

Es ist richtig, dass bei der Kontrolle am für die in der Strafverfügung angeführten Produkte Mängel in der Auszeichnungspflicht bestanden.

Nachdem es sich dabei ausschließlich um Hobby- und Künstlerbedarfs-Produkte handelt, welche jeweils geringe Verpackungsmengen aufweisen und zusätzlich von uns auch nur verhältnismäßig geringe Menge auf Lager geführt wurden, erscheint die vorgeworfene Beschuldigung gegenüber der ausgesprochenen Strafhöhe nicht gerechtfertigt. Es ist auch das erste Mal, dass wir uns einer derartigen Handlung schuldig machen.

Ich ersuche Sie daher, die Höhe des Strafbetrages zu überdenken und zu reduzieren."

Mit Straferkenntnis vom wiederholte die Strafbehörde erster Instanz den schon in der vorzitierten Strafverfügung enthaltenen Vorwurf unter Zitierung derselben Übertretungsnorm. Die Strafhöhe wurde ebenfalls mit S 7.000,-- festgesetzt. Die Strafbehörde erster Instanz betrachtete - wie der Begründung des Straferkenntnisses zu entnehmen ist - den Einspruch des Beschwerdeführers auch als Bekämpfung der Schuldfrage.

Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers richtete sich sowohl gegen Schuld und Strafe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom wurde "die Berufung hinsichtlich des Schuldspruches als unzulässig zurückgewiesen; hinsichtlich des Strafausspruches wird der Berufung Folge gegeben und dieser Teil des Spruches aufgehoben". In der Begründung wurde hiezu ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung lediglich ersucht, aufgrund der geringen Mengen und der bisherigen Unbescholtenheit die Strafhöhe zu reduzieren. Der Schuldspruch der Strafverfügung sei in Rechtskraft erwachsen. Das von der Behörde erster Instanz erlassene Straferkenntnis sei daher als (abweisender) Abspruch über das Einspruchsbegehren hinsichtlich der Strafhöhe zu werten. Es habe daher auch nur in diesem Umfang eine Berufung erhoben werden können, weshalb die Anfechtung des Schuldspruches unzulässig sei. Allerdings sei der Schuldspruch Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit der Strafhöhe. Es mangle an einer vollständigen Tatumschreibung, weshalb der belangten Behörde nicht möglich sei, das Unwerturteil der vorgeworfenen Übertretung zu gewichten und die verhängten Strafen auf die diesbezügliche Angemessenheit zu überprüfen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Nichtbestrafung verletzt. Die Beschwerde richtet sich insoweit gegen den angefochtenen Bescheid als die Berufung gegen den Schuldausspruch als unzulässig zurückgewiesen wurde. Der Einspruch gegen die Strafverfügung habe sich nicht nur gegen die Strafhöhe gerichtet.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie erstattete eine Äusserung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter den im § 47 VStG genannten Voraussetzungen kann die Behörde ohne weiteres Verfahren durch Strafverfügung eine Geldstrafe bis zu der im Gesetz genannten Höhe festsetzen.

Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach der Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist, wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem aufgrund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

Für die Beurteilung der Frage, ob im gegen eine Strafverfügung gerichteten Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird (§ 49 Abs. 2 zweiter Satz VStG) kommt es auf den Inhalt dieses Rechtsmittels in seiner Gesamtheit an. Maßgebend ist, ob bei objektiver Betrachtungsweise davon ausgegangen werden kann, dass der Beschuldigte auch den Schuldspruch bekämpft hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/02/0002, mit weiteren Nachweisen). Der Beschwerdeführer hat in seinem gegen die Strafverfügung der Strafbehörde erster Instanz vom fristgerecht erhobenen "Einspruch" in der abschließenden Antragsformulierung ausdrücklich nur die Herabsetzung der Höhe des Strafbetrages begehrt, in der Begründung dieses Einspruches die in der Strafverfügung festgestellte, bei der Kontrolle am beanstandete Auszeichnungspflicht nach dem Chemikaliengesetz als richtig zugestanden und aufgrund der ihm zur Last gelegten Tathandlungen die festgesetzte Strafhöhe für "nicht gerechtfertigt" bezeichnet. Er hat in seinem Einspruch weder das strafrechtlich relevante Verschulden in Abrede gestellt, noch die mangelnde Erfüllung der subjektiven Tatseite geltend gemacht. Ausgehend von dieser Sachlage vermag daher der Verwaltungsgerichtshof in der Annahme der belangten Behörde, der Einspruch des Beschwerdeführers gegen die Strafverfügung der Strafbehörde erster Instanz vom habe sich ausschließlich und ausdrücklich nur gegen das Ausmaß der verhängten Strafe gerichtet, keine Rechtswidrigkeit erblicken.

Ist aber eine Strafverfügung mangels Einspruchs in Rechtskraft erwachsen, so steht der Durchführung eines Ermittlungsverfahren in derselben Verwaltungsstrafsache und der Erlassung eines Straferkenntnisses in dieser als Folge der Rechtskraft das Wiederholungsverbot entgegen, welches bis zur Rechtskraft des Straferkenntnisses in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen ist. Erlässt die Behörde dessen ungeachtet in derselben Verwaltungsstrafsache erneut einen Bescheid, so ist dieser mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/19/0322). Das Wort "darüber" im vorletzten Satz des § 49 Abs. 2 VStG ist dahin zu verstehen, dass damit der Entscheidungsrahmen der Behörde erster Instanz insoweit abgesteckt ist, als nicht über das Begehren des Einspruchswerbers hinaus eine Entscheidungsbefugnis besteht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 14.060/A).

Da der Beschwerdeführer gegen die Strafverfügung der Strafbehörde erster Instanz vom nur das Ausmaß der verhängten Strafe angefochten hat, hat demnach die Behörde erster Instanz mit ihrem neuerlichen Ausspruch über den Tatvorwurf im Straferkenntnis vom ihre Entscheidungsbefugnis überschritten. Dieser Bescheid ist daher mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, welche von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid aufzugreifen gewesen wäre. Da die belangte Behörde dies aber unterlassen, vielmehr bezüglich des Schuldspruches die Berufung des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen hat, belastete sie ihrerseits den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Aus diesem Grunde war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am