VwGH vom 18.03.2004, 2003/05/0230
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde des Viktor Manhart in Wien, vertreten durch Fruhstorfer & Knittl Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien; Naglergasse 25, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB - 307/03, betreffend Erteilung eines baupolizeilichen Auftrages, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Fruchtgenussberechtigter der Liegenschaft EZ 2007, Grundbuch 01002 Alsergrund, Borschkegasse 15/Zimmermanngasse 19.
Anlässlich eines am durchgeführten Ortsaugenscheines auf der genannten Liegenschaft wurde von einem "sachverständigen Organ der Baubehörde erster Instanz" festgestellt:
"Im Bereich des Stiegenlaufes zwischen dem Erdgeschoss und dem 1. Stock wurde auf der 7. Stufe eine mit einem dosischen Schloss versperrte, zweiflügelige, schmiedeeiserne Türe vorgefunden.
Dieser Abschluss im Hauptstiegenhaus stellt für die Bewohner bzw. Benützer des Hauses eine unmittelbare Gefährdung dar und widerspricht den Bestimmungen des § 106 der Bauordnung für Wien.
Dieser Sachverhalt stellt somit eine Vorschriftswidrigkeit im Sinne des § 129 Abs. 10 BO dar, welche nach derselben Gesetzesstelle zu beseitigen ist."
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom , wurde dem Beschwerdeführer folgender baupolizeilichen Auftrag:
"Der Magistrat erteilt gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) dem Eigentümer der Gittertüre Hrn. (Beschwerdeführer) auf der im Betreff genannten Liegenschaft den Auftrag, binnen 14 Tagen nach Zustellung dieses Bescheides die zweiflügelige schmiedeeiserne Türe, welche auf der 7. Stufe des Stiegenlaufes zwischen dem Erdgeschoss und dem 1. Stock errichtet wurde, entfernen zu lassen.
Die aufschiebende Wirkung einer Berufung wird gemäß § 64 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991-AVG ausgeschlossen."
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe in der mündlichen Verhandlung vom in Anwesenheit des Eigentümers der bezeichneten Liegenschaft ausgeführt, Eigentümer des vom Bauauftrag erfassten Tores zu sein. Unbestritten stehe fest, dass für den Einbau des Tores gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO eine Baubewilligung erwirkt werden müsse, weil dadurch die Feuersicherheit des Gebäudes berührt werde. Eine Baubewilligung liege jedoch nicht vor. Die zweiflügelige schmiedeeiserne Türe sei auf Grund ihrer Situierung im Verlauf einer Stiege, die einen notwendigen Verbindungsweg darstelle, eine Gefahr für die Mieter und sonstigen Benutzer des Hauses; einerseits bestehe Sturzgefahr, andererseits bewirke die Türe eine Gefährdung und Einschränkung der Funktionsfähigkeit des gesetzlich geforderten Fluchtweges durch dessen Einengung und Absperrung. Die hier zu beurteilende Tür widerspräche durch die Einengung und Absperrung des notwendigen Verbindungsweges, durch das Nichtaufschlagen in Fluchtrichtung und durch das Nichtvorhandensein einer entsprechenden waagrechten Fläche § 106 BO, weshalb der von der Bauordnung geforderte Brandschutz nicht gewährleistet sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien (in der Folge: BO) ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen.
Gemäß § 60 Abs. 1 lit. c leg. cit. sind - von den im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - Änderungen oder Instandsetzungen von Gebäuden und baulichen Anlagen u. a. dann baubewilligungspflichtig, wenn diese von Einfluss auf die Festigkeit und die Feuersicherheit sind.
§ 106 BO enthält nähere Vorschriften über die Ausgestaltung von Stiegen, Gängen und sonstigen Verbindungswegen.
Die Regelungen aller mit Verbindungswegen innerhalb eines Gebäudes zusammenhängenden Fragen dienen der Gewährleistung sicherer Wege von den einzelnen Räumen eines Gebäudes unmittelbar ins Freie (siehe die bei Geuder - Hauer, Wiener Bauvorschriften,
4. Auflage, Seite 646, zu § 106 BO wiedergegebenen Erläuternden Bemerkungen zur Bauordnungsnovelle 1976) und somit auch dem Brandschutz. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher in der Annahme der belangten Behörde, der Einbau einer zweiflügeligen, schmiedeeisernen Türe auf einer (notwendigen) Stiege in einem Wohnhaus bedürfe einer Baubewilligung im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. c BO, keine Rechtswidrigkeit zu erblicken. Im Baubewilligungsverfahren wird der Rechtsstandpunkt des Beschwerdeführers zur Frage der Zulässigkeit der gegenständlichen Türe zu prüfen sein.
Da die belangte Behörde zutreffend von der Bewilligungspflicht der hier zu beurteilenden Baumaßnahme ausgegangen ist (- nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der Verhandlung vom wurde die Türe im Jahre 1997 ohne baubehördliche Bewilligung eingebaut -), hatte sie von Amts wegen gemäß § 129 Abs. 10 BO die Beseitigung der konsenslosen Bauführung, unabhängig davon, ob tatsächlich eine konkrete Gefahr besteht, anzuordnen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/05/0969). Entgegen dem Beschwerdevorbringen kommt es im Beschwerdefall nicht darauf an, wann das Gebäude errichtet wurde. Entscheidend ist vielmehr, ob die Bauführung sowohl im Zeitpunkt der Durchführung als auch im Zeitpunkt der Erteilung des Bauauftrages konsensgemäß erfolgte bzw. war (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/05/0040, mit dem Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine Konsenswidrigkeit als Grundlage für einen Bauauftrag sowohl im Zeitpunkt der Ausführung wie im Zeitpunkt der Bauauftragserteilung vorliegen muss). Die Frage der Bewilligungsfähigkeit ist im Auftragsverfahren nach § 129 Abs. 10 BO nicht zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/05/0173, uva.).
Ein Beseitigungsauftrag für vorschriftswidrige Bauten ist stets an den Eigentümer derselben zu richten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/05/0168). Eingebaute Türen sind nicht notwendigerweise unselbständige Bestandteile, ihre Sonderrechtsfähigkeit ist durch die bauliche Verbindung mit der Hauswand nicht von vorneherein ausgeschlossen (vgl. MGA, ABGB, 33. Auflage, E 77. zu § 294 ABGB sowie das Urteil das Obersten Gerichtshofes vom , 4 Ob 523/90, JBl. 1991, 376). Da der Beschwerdeführer - in Übereinstimmung mit dem Grund- und Hauseigentümer - im Verfahren vor den Baubehörden ausdrücklich erklärt hat, die vom Bauauftrag erfasste Tür sei von ihm als Fruchtgenussberechtigten des Hauses eingebaut worden und stünde weiterhin in seinem Eigentum, durfte die belangte Behörde davon ausgehen, dass diese Türe im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes weiterhin sonderrechtsfähig ist und im Eigentum des Beschwerdeführers steht. Ergänzender Ermittlungen zu dieser - im Sinne des § 38 AVG zu klärenden - Rechtsfrage, wie vom Beschwerdeführer gefordert, bedurfte es im Beschwerdefall daher nicht.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am