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VwGH vom 10.09.1991, 91/04/0098

VwGH vom 10.09.1991, 91/04/0098

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des Peter K in Innsbruck, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom , Zl. IIa-90.162/2-90, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:

"Sie haben in der Zeit vom bis im Hotel XY, Wien, den Gegenstand des Stuckateurgewerbes bildende Tätigkeiten ausgeführt, indem sie im genannten Zeitraum am genannten Ort Stuckprofile an Wänden und Decken versetzten, Hohlkehlen, Ornamentbänder, Rosetten und Stuckranken, Lisenen und Wandstuckrahmen mit ornamentartigen Eckausbildungen anbrachten, sowie Gipskartonarbeiten durchführten, und dadurch das Stuckateurgewerbe im Sinne des § 94 Zif. 76 GewO 1973 ausgeübt, ohne über eine hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung im Sinne des § 94 Zif. 76 zu verfügen und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Zif. 1 i.V. mit § 94 Zif. 76 begangen."

Hiefür wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 366 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage) verhängt.

Einer seitens des Beschwerdeführers dagegen erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom keine Folge. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, in der Berufung werde vorgebracht, daß der Beschwerdeführer die ihm angelasteten Tätigkeiten nicht gewerbsmäßig im Sinne der Gewerbeausübung ausgeübt habe. Die von ihm entfaltete Tätigkeit sei nämlich insofern nicht selbständig ausgeführt worden, als er Reinhard L lediglich seine persönliche Arbeitskraft gegen Entgelt zur Verfügung gestellt habe, jedoch keineswegs auf eigene Rechnung und Gefahr tätig geworden sei. Er habe auf die Gestaltung des von Reinhard

L auszuführenden Werkes keinerlei Einfluß genommen sondern lediglich unter dessen Anweisung persönliche Arbeitsleistungen erbracht. Hiezu habe er das vom Genannten bereitgestellte Material verwendet und habe sich bei der Ausübung seiner Tätigkeit nicht durch andere Personen vertreten lassen. Entlohnt worden sei er auf Grundlage des prognostizierten Zeitaufwandes. Aus all dem ergebe sich, daß er keinerlei Unternehmerrisiko zu tragen gehabt habe. Für die ordnungsgemäße Durchführung der Stuckateurarbeiten sei lediglich Reinhard L seinem Auftraggeber (XY-AG) verantwortlich gewesen, wie dies auch die - angeführten - von ihm namhaft gemachten Auskunftspersonen bestätigen könnten. Hiezu sei - unter Bezugnahme auf § 1 Abs. 2 und 3 GewO 1973 - auszuführen, daß die Frage, wer das mit Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit verbundene Unternehmerrisiko auf sich nehme, auf Grund der wirtschaftlichen Gegebenheiten und nicht allein nach den äußeren rechtlichen Formen zu beurteilen sei. Auf Grund der vom Beschwerdeführer beantragten und von der Berufungsbehörde durchgeführten ergänzenden Einvernahme des Reinhard L stehe fest, daß der Beschwerdeführer die ihm angelasteten Tätigkeiten selbständig im Sinne der Gewerbeordnung 1973 ausgeübt habe. Der Genannte habe angegeben, daß der Beschwerdeführer einen "vergütungslosen Arbeitseinsatz" insofern riskiert habe, als er ihn nicht bezahlt hätte, wenn er die Arbeit nicht ordnungsgemäß ausgeführt hätte. Weiters habe dieser Zeuge angegeben, der Beschwerdeführer sei nicht nach seiner Arbeitszeit sondern pauschal entlohnt worden und habe von ihm keinerlei Weisungen fachlicher Natur erhalten, da er für die Arbeit ohnedies besser qualifiziert gewesen sei, als er selbst. Dieses Beweisergebnis sei dem Beschwerdeführer vorgehalten worden, der jedoch darauf beharrt habe, daß es sich bei dem Vertrag mit Reinhard L um einen Dienst- und nicht um einen Werkvertrag gehandelt habe. Dem sei entgegenzuhalten, daß Reinhard L glaubwürdig dargestellt habe, daß der Beschwerdeführer zusammen mit Egon K und Robert S die Arbeiten in Wien eigentlich zusammen mit Josef

H habe durchführen wollen. H habe ursprünglich eine Gewerbeberechtigung gehabt, sei aber in Konkurs gegangen. Deshalb sei der Beschwerdeführer an ihn herangetreten und habe gefragt, ob er "mit seiner Gewerbeberechtigung für H einspringen könnte". Der Beschwerdeführer habe nach Auffassung der Berufungsbehörde also insofern (bedingt) vorsätzlich gehandelt, als er es für möglich gehalten habe, daß für die von ihm in Aussicht genommene Tätigkeit eine Gewerbeberechtigung erforderlich sei. Der Antrag, Mag. S als Zeugen zu vernehmen, sei abgelehnt worden, zumal das Beweisthema (Rechtsnatur des Vertrages zwischen dem Beschwerdeführer und dem Zeugen Reinhard

L) wohl am besten durch den Zeugen Reinhard L selbst habe

geklärt werden können, der einen sehr glaubwürdigen Eindruck hinterlassen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u.a. vor, der Werkvertrag über die gegenständlichen Stuckarbeiten im Hotel XY in Wien seien zwischen der XY-AG als Auftraggeber und Reinhard L als Auftragnehmer abgeschlossen worden. Er habe lediglich letzterem zur Durchführung des von diesem übernommenen Auftrages seine persönliche Arbeitskraft gegen Entgelt zur Verfügung gestellt. Er habe auf die Gestaltung des von Reinhard L auszuführenden Werkes keinerlei Einfluß genommen, habe zur Arbeitsausführung das von diesem beigestellte Material verwendet und sei dem Genannten gegenüber zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet gewesen. Den Begründungsdarlegungen des angefochtenen Bescheides sei entgegenzuhalten, daß er für die Ausübung von Stuckaturarbeiten fachlich bestens qualifiziert sei, weshalb von vornherein keine Gefahr einer untauglichen Arbeitsleistung gegeben gewesen sei. Selbst wenn ihm jedoch bei der Arbeitsausführung Fehler unterlaufen wären, hätte er gegenüber Reinhard L Anspruch auf volle Entlohnung des Einsatzes seiner Arbeitskraft gehabt. Wenn Reinhard L im Zuge seiner zeugenschaftlichen Einvernahme im Berufungsverfahren ausgeführt habe, daß er im Falle der nicht ordnungsgemäßen Ausführung mit der ihm übertragenen Arbeit einen vergütungslosen Arbeitseinsatz riskiert hätte, so sei er hiebei einem Rechtsirrtum unterlegen. Im Sinne der von ihm im zweitinstanzlichen Verfahren abgegebenen Stellungnahme habe sein Entlohnungsanspruch unabhängig von einer allfälligen Mangelhaftigkeit des von Reinhard L und dessen Auftraggeber übergebenen Werkes bestanden, da er ihm eben nur den Einsatz seiner Arbeitskraft geschuldet habe. In diesem Sinne habe auch Reinhard L im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Einvernahme durch die Erstbehörde angegeben, daß das Unternehmerrisiko bei ihm gelegen sei. So sei beispielsweise die Firma XY-AG nach dem Inhalt des mit Reinhard L abgeschlossenen Werkvertrages zum Einbehalt eines Haftrücklasses zur Abdeckung allfälliger Mängel des von Reinhard L ausgeführten Werkes berechtigt. Sein Entlohnungsanspruch sei jedoch hievon unberührt geblieben. Insbesondere sei auch die rechtliche Qualifikation eines Sachverhaltes nicht Aufgabe eines Zeugen sondern eine solche der Behörde. Zusammenfassend ergebe sich, daß die belangte Behörde den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nur unvollständig ermittelt und die ihrer Entscheidung zugrunde gelegten zeugenschaftlichen Angaben des Reinhard L rechtlich unrichtigt beurteilt habe. In diesem Zusammenhang sei der belangten Behörde insbesondere deshalb ein Verfahrensmangel unterlaufen, weil es zu einer umfassenden Sachverhaltsermittlung erforderlich gewesen wäre, die Einvernahme des von ihm namhaft gemachten Zeugen Mag. S durchzuführen. Die weiteren Beschwerdedarlegungen befassen sich in Form eines Eventualvorbringens mit der Frage der Anwendbarkeit des § 21 Abs. 1 VStG 1950 bzw. wenden sich gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe.

Der Beschwerde kommt im Ergebnis im Hinblick auf folgende Überlegungen Berechtigung zu:

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein Anmeldungsgewerbe (§ 5 Z. 1) ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Nach § 94 Z. 76 GewO 1973 ist u.a. das Stuckateurgewerbe ein Handwerk gemäß § 6 Z. 1 GewO 1973.

Gemäß § 44a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatvorhaltes zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2. die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1. anlangt, sind entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2. anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. N.F. Nr. 11.466/A).

Gemäß § 1 Abs. 2 GewO 1973 wird eine Tätigkeit dann gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist. Nach Abs. 3 liegt Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

Ausgehend davon unterließ es die belangte Behörde, die von ihr als einem Anmeldungsgewerbe unterliegend gewertete Tätigkeit des Beschwerdeführers im Spruch unter Beachtung der hiefür maßgeblichen Tatbestandsmerkmale näher zu beschreiben, da der spruchgemäße Vorwurf der bezeichneten, dem Stuckateurgewerbe zugerechneten Arbeiten allein noch nicht die Erfüllung der angeführten Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 indiziert (vgl. hiezu sinngemäß die entsprechenden Darlegungen im hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/04/0126). Dieses essentielle Sprucherfordernis kann durch eine entsprechende Bescheidbegründung nicht ersetzt werden (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2780 und 2781/55, Slg. N.F. Nr. 4549/A - nur Rechtssatz, u.a.).

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie schon in Hinsicht darauf den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung zu führen hatte. Es war daher ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen entbehrlich.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.