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VwGH vom 23.02.2001, 99/06/0131

VwGH vom 23.02.2001, 99/06/0131

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde der MK in L, vertreten durch Dr. S, Dr. D, Rechtsanwälte in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Wo-020002/544-1999/Sü/Müh, betreffend Feststellung gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG (mitbeteiligte Partei: HA in V), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom wurde dem Mitbeteiligten die Baubewilligung für die Errichtung eines unterkellerten viergeschossigen Wohn- und Geschäftshauses samt Tiefgarage mit 9 Kfz-Stellplätzen und ausgebautem Dachgeschoss erteilt.

Mit Schreiben vom (beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz eingelangt am ) stellte der Mitbeteiligte den Antrag auf Feststellung gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 Mietrechtsgesetz, dass das beabsichtigte Projekt im öffentlichen Interesse im Sinne dieser Bestimmung liege. Statt der bisherigen Wohnungen (zu 84 m2 und 65 m2) sollen im ersten bis vierten Obergeschoss acht Wohnungen zu 81 m2 bzw. im Dachgeschoss zwei Wohnungen zu 72,85 m2 (also insgesamt 793,70 m2 Wohnfläche im Vergleich zu den bisherigen 149 m2) geschaffen werden. Die Beschwerdeführerin als Mieterin des abzubrechenden Gebäudes erhob im Verfahren Einwendungen dahingehend, dass im schriftlichen Mietvertrag vom ein Kündigungsverzicht vereinbart worden sei, der sich auch auf den derzeitigen Eigentümer und Vermieter erstrecke. Dies sei bereits rechtskräftig durch Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom festgestellt worden. Weiters sei vom erkennenden Gericht im Rahmen der Sachverhaltsfeststellungen festgehalten worden, dass die Beschwerdeführerin nicht in die Wohnung eingezogen wäre, wenn der Kündigungsverzicht nicht ausgesprochen worden wäre.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom wurde im Spruchpunkt I. festgestellt, dass gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 Mietrechtsgesetz die geplante Errichtung eines Neubaues auf den näher angeführten Grundstücken im öffentlichen Interesse liege. In Spruchpunkt II. wurde den von den Mieterinnen (u.a. die Beschwerdeführerin) vorgebrachten Einwendungen nicht stattgegeben.

Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom als unbegründet abgewiesen. Dieser Bescheid war bereits Gegenstand einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, auf Grund der der Verwaltungsgerichtshof diesen Berufungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben hat (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/06/0131). Der Verwaltungsgerichtshof vertrat die Auffassung, es stelle sich als sekundärer Verfahrensmangel dar, wenn sich die belangte Behörde ausgehend von einer unrichtigen Rechtsauffassung mit den schutzwürdigen Interessen der Beschwerdeführerin im Verfahren nicht auseinander gesetzt habe. Es werde daher im fortgesetzten Verfahren abzuwägen sein, ob die in Frage stehende Vermehrung von Wohnungen im Lichte der schutzwürdigen Interessen der Beschwerdeführerin ausreichend sei, sodass das öffentliche Interesse an diesen zusätzlichen Wohnungen die schutzwürdigen Interessen der Beschwerdeführerin überwiege. Weiters seien bei der Klärung der Frage, ob ein quantitativer Wohnungsbedarf oder ein qualitativer Wohnfehlbestand im Ortsgebiet vorliege, entsprechende Ermittlungen darüber anzustellen. Sofern in einem Ortsgebiet leer stehende Wohnungen bestünden, müsste sich die Behörde ebenfalls mit diesem Umstand auseinander setzen. Im Lichte des § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG müsste auch geklärt werden, ob die neu zu schaffenden Wohnungen überhaupt solche seien, die zur Deckung des allenfalls im Ortsgebiet festgestellten quantitativen Wohnungsbedarfes oder qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet seien. Es werde insbesondere auch zu berücksichtigen sein, ob die zu schaffenden Wohnungen für die Wohnungssuchenden (vgl. das hg. Erkenntnis Slg. Nr. 12.080/A) zu erschwinglichen Preisen erworben werden könnten. Es stelle sich somit als wesentlicher Verfahrensfehler dar, dass die belangte Behörde der vormaligen und auch nunmehrigen Beschwerdeführerin - wie von ihr gerügt - zu der Unterlage des Statistischen Dienstes kein Parteiengehör eingeräumt habe. Darüber hinaus seien die vorgenommenen Ermittlungen und Feststellungen der belangten Behörde zum quantitativen Wohnungsbedarf bzw. qualitativen Wohnfehlbestand nicht als ausreichend anzusehen, um das Vorliegen dieser Kriterien beantworten zu können.

In der Folge wurde von der belangten Behörde ähnlich wie für das vorangegangene Jahr 1997 vom Statistischen Dienst des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung eine Stellungnahme zu der Anzahl der für das Jahr 1998 anzunehmenden Wohnungswerber u.a. in Bezug auf Linz und der von diesen jeweils gewünschten Lage der Wohnung eingeholt, die auf Befragungen aller gemeinnützigen und privaten Bauträger und aller oberösterreichischen Gemeinden beruhte. Die Beschwerdeführerin nahm dazu in der Weise Stellung, dass damit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht entsprochen worden sei. So seien die leer stehenden Wohnungen, insbesondere im N.viertel und im Stadtbereich, nicht ermittelt worden, es sei auch nicht geklärt worden, ob die hinzukommenden Wohnungen solche seien, die zu erschwinglichen Preisen erworben werden könnten. Die vorliegende Vermehrung von Wohnungen sei unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Beschwerdeführerin nicht ausreichend.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin neuerlich als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Behörde erster Instanz bei ihrer Feststellung, dass insgesamt zehn Wohnungen mit einer Gesamtnutzfläche von 890,40 m2 neu geschaffen würden, übersehen habe, dass bei dieser Fläche auch das im Erdgeschoss befindliche Geschäftslokal mit einer Größe von 96,70 m2 enthalten sei. Es müssten daher die zehn Wohnungen mit einer Gesamtnutzfläche von 793,70 m2 den zwei Wohnungen mit einer Gesamtnutzfläche von 149 m2 gegenübergestellt werden. Es würden somit acht Wohnungen zusätzlich geschaffen, wobei 644,70 m2 an Wohnnutzfläche neu hinzukämen. Wie aus den eingeholten Unterlagen der Abteilung Statistischer Dienst hervorgehe, habe die Auswertung der Wohnungswerberdaten 1998 nach der gewünschten Lage der Wohnung ergeben, dass mehr als die Hälfte aller Wohnungswerber eine Wohnung in Linz haben wolle. Demnach gebe es in Linz einen Nettobedarf von 11.597 Wohnungen und einen Primärbedarf (Dringlichkeitsbedarf bei z.B. Kinderzuwachs) von 6.826 Wohnungen. Es liege erstmals für Linz eine umfassende Wohnungsbedarfserhebung vor. Dieser Bedarf sei bei allen gemeinnützigen und privaten Bauträgern sowie bei den Gemeinden mittels Fragebogen ermittelt worden. Beim Wunschwohnbezirk hätten 66,1 % der Befragten die Stadt Linz als bevorzugten Wohnort angegeben. Auch wenn sechs (gemeint wohl acht) zusätzliche Wohnungen keine große Anzahl darstellten, so könne dies durchaus auch auf Grund der Ausstattung der Wohnungen ein Beitrag sein, den auf Grund der Erhebung festgestellten quantitativen Wohnungsfehlbedarf zu lindern. Die Wohnungsbedarfserhebung sei der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht worden. Zu deren Stellungnahme führte die belangte Behörde aus, dass bei einer Stadt in der Größe von Linz eine Wohnungsbedarfserhebung für das ganze Ortsgebiet ausreiche, da Wohnungssuchende nicht auf einen sehr kleinen Teilbereich von Linz fixiert seien, sondern bei einem entsprechenden Wohnungsangebot innerhalb eines Stadtgebiets durchaus flexibel reagierten. Bei dem vorliegenden Bedarf sei eine Aufgliederung in N.viertel, innerer Stadtbereich und die anderen Stadtgebiete sowie eine Aufgliederung in Alt- und Neubauwohnungen entbehrlich. Es würde an dem festgestellten quantitativen Wohnfehlbedarf im Ortsgebiet von Linz nichts ändern.

Zu der Frage, ob die zu schaffenden Wohnungen von den Wohnungssuchenden zu erschwinglichen Preisen erworben werden könnten, sei auszuführen, dass der Mitbeteiligte bei der Vermietung den jeweils geltenden Richtwert unter Berücksichtigung von Zu- und Abschlägen dem Mietangebot zu Grunde legen werde. Bei einem Verkauf der Wohnungen habe dieser die Absicht, einen m2- Preis zwischen S 25.000,-- und S 26.000,-- inkl. Mehrwertsteuer und Grundanteil zu verlangen. Dass der Mitbeteiligte noch nicht entschieden habe, ob er Miet- oder Eigentumswohnungen schaffe, habe auf die Entscheidung keinen Einfluss, da er die Preisbestimmung sowohl für die Miet- als auch für die Eigentumswohnung bereits festgelegt habe und diese im ortsüblichen Rahmen lägen. Bei Mietwohnungen sei der Preis durch den Richtwert ohnedies vorgegeben.

§ 30 Abs. 2 Z. 15 MRG sei seit dem 2. Wohnrechtsänderungsgesetz unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter zu beurteilen. Mit Schreiben vom sei der Beschwerdeführerin für den Zeitraum des Abbruches bzw. Neubaues eine Ersatzwohnung in etwa der gleichen Größe (mindestens eine 2-Zimmer-Wohnung) im Umkreis von 1000 m zu den derzeitigen Mietbedingungen angeboten worden. Der Mitbeteiligte übernehme überdies die Kosten der Hin- und Rückübersiedlung (d.h. die Kosten des Ab- und Aufbaus sowie des Transports der Möbel). Nach Fertigstellung des Neubaues könne die Beschwerdeführerin eine Wohnung zu der derzeitigen Miete (Nettomiete), dem derzeit vorgeschriebenen Erhaltungsbeitrag zuzüglich Mehrwertsteuer und den jeweiligen Betriebskosten nach MRG beziehen. Die Heizkosten würden separat in Rechnung gestellt werden. Es stehe somit fest, dass der Beschwerdeführerin durch die Übersiedlung keine zusätzlichen Kosten entstünden, da die Mietzinsdifferenz durch den Mitbeteiligten abgedeckt würde. Da auch die Kosten für den Transport und sowie die Kosten des Ab- und Aufbaus übernommen würden, seien auch diesbezüglich keine Belastungen zu erwarten. Die Beschwerdeführerin bleibe auch im örtlichen Umkreis ihrer Wohnung.

Auch wenn eine Übersiedlung für eine 86-jährige Frau nicht angenehm sei, so überwiege doch das öffentliche Interesse an den zusätzlichen Wohnungen die schutzwürdigen Interessen der Beschwerdeführerin, zumal keine finanziellen Nachteile zu erwarten seien, die neue Wohnung innerhalb von 1000 m zur bisherigen Wohnung liege, die Übersiedlung durch bezahltes Fremdpersonal durchgeführt werde und eine Rückübersiedlung in eine Wohnung mit höherem Standard (Fernwärme, Lift) möglich sei. Darüber hinaus wäre die Beschwerdeführerin durchaus bereit abzusiedeln, wenn dies mit einem Betrag von S 500.000,-- abgegolten würde. Für diese scheine es somit auch eine Frage des Geldes zu sein, ob ein Auszug aus der Wohnung zumutbar sei oder nicht.

Es stehe somit fest, dass die zusätzlichen Wohnungen in Verbindung mit einer Arbeitsplatzbeschaffung bzw. -sicherung geeignet seien, ein öffentliches Interesse im Sinne der angeführten Gesetzesstelle zu begründen. Weitere Gründe, die gegen die Annahme eines öffentlichen Interesses sprechen würden und bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen wären, lägen nicht vor.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet. Der Mitbeteiligte hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 30 Abs. 1 Mietrechtsgesetz, BGBl. Nr. 520/1981 (MRG), kann der Vermieter nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen. Gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG in der Fassung des zweiten MietrechtsänderungsG BGBl. Nr. 68/1991 ist als ein wichtiger Grund u. a. anzusehen, wenn

"15. ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, dass selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfs oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird;".

Die Beschwerdeführerin macht - wie schon in ihrer Stellungnahme - geltend, dass zur Frage des Vorliegens eines Wohnungsbedarfes keine Ermittlungen stattgefunden hätten. Im erstinstanzlichen Bescheid (Seite 5) werde davon ausgegangen, dass in Linz "zweifelsfrei" ein Wohnungsbedarf gegeben sei. Im angefochtenen Bescheid sei ebenso wie in dem vorangegangenen, durch den Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen Bescheid auf eine Unterlage der Abteilung Statistischer Dienst verwiesen worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen hinsichtlich der Prüfung eines Wohnfehlbestandes in jenem Ortsgebiet, in dem sich das vorliegende Haus befinde, nämlich im sogenannten N.viertel, im Recht sei und entsprechende Ermittlungen darüber anzustellen seien, ob ein quantitativer Wohnungsbedarf oder ein qualitativer Wohnungsfehlbestand in diesem Ortsgebiet vorliege. Die Beschwerdeführerin habe darauf verwiesen, dass die Wohnungsbedarfserhebung neuerlich die Stadt Linz als Ganzes betreffe und beantragt, eine entsprechende und taugliche Beweisaufnahme darüber durchzuführen, dass im sogenannten N.viertel und im inneren Stadtbereich von Linz ein quantitativer Wohnungsbedarf und qualitativer Wohnfehlbestand nicht vorliege, wobei insbesondere geeignete Erhebungen darüber durchgeführt werden müssten, ob im sogenannten N.viertel und im inneren Stadtbereich von Linz Wohnungen leer stünden, wie viele Wohnungen leer stünden, ob Wohnungen angeboten und nicht vermietet werden könnten und zwar getrennt nach Alt- und Neubauwohnungen. Solche Erhebungen seien nicht durchgeführt worden und die belangte Behörde habe sich entgegen dem Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes nicht damit auseinander gesetzt, ob und dass leer stehende Wohnungen bestünden und ob ein qualitativer Wohnfehlbestand vorliege.

Dem Vorbringen kommt weitgehend Berechtigung zu. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass die Kriterien des im Ortsgebiet gegebenen quantitativen Wohnungsbedarfes bzw. qualitativen Wohnfehlbestandes im Sinne des § 4 Bodenbeschaffungsgesetz, BGBl. Nr. 288/1974, auszulegen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/06/0021) und hätten zur Frage ihres allfälligen Vorliegens dieser Auslegung entsprechende Ermittlungen vorgenommen werden müssen.

Gemäß § 4 Abs. 1 Bodenbeschaffungsgesetz ist ein quantitativer Wohnungsbedarf im Sinne dieses Bundesgesetzes gegeben, wenn in einer Gemeinde die Zahl der vorhandenen und der im Bau befindlichen Wohnungen die Zahl der Haushalte um nicht mehr als 3 v.H. übersteigt oder in einer Gemeinde 2 v.H. der Wohnungsbevölkerung als Wohnungssuchende gemeldet und von der Gemeinde als solche anerkannt sind. Barackenwohnungen, Behelfsheime, Einzelräume und sonstige Notunterkünfte sind nicht als Wohnungen zu zählen

Unter "Ortsgebiet" in § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG ist daher in Verbindung mit § 4 BodenbeschaffungsG - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - die Gemeinde, also das gesamte Gemeindegebiet, zu verstehen. Sofern jedoch in einem Ortsgebiet leer stehende Wohnungen bestehen, muss sich die Behörde ebenfalls mit diesem Umstand auseinander setzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/06/0131). Auf Grund der vorliegenden Wohnungsbedarfserhebung kann im Sinne des § 4 Abs. 1 BodenbeschaffungsG kein Schluss darauf gezogen werden, ob ein quantitativer Wohnungsbedarf, wie ihn die belangte Behörde angenommen hat, vorliegt. Die belangte Behörde hat sich auch nicht mit dem Faktum der behaupteten leer stehenden Wohnungen im Ortsgebiet auseinander gesetzt, das von der Beschwerdeführerin, wenn auch nur für bestimmte Teile von Linz, eingewendet wurde. Auch in Bezug auf die leer stehenden Wohnungen wäre zu klären, ob sie zu erschwinglichen Preisen erworben werden können. Unter den Wohnungswerbern wären nur jene zu berücksichtigen, für die ausschließlich eine Wohnung zu einem im Hinblick auf ein durchschnittliches Einkommen erschwinglichen Preis in Frage kommt, die sich also keine Wohnungen zu höheren Preisen leisten können.

Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, es hätte auch geklärt werden müssen, ob die verfahrensgegenständlichen, zu schaffenden Wohnungen zu erschwinglichen Preisen erworben werden könnten. Der Mitbeteiligte habe noch nicht entschieden, ob er Mietwohnungen oder Eigentumswohnungen errichten wolle und welchen Mietzins er im Fall einer Vermietung verlange. Der Erklärung, im Falle der Vermietung werde ein Mietzins entsprechend dem geltenden Richtwert unter Berücksichtigung von Zu- und Abschlägen verlangt, könne nicht entnommen werden, dass die zu schaffenden Wohnungen zu erschwinglichen Preisen erworben werden könnten. Damit fehle auch eine wesentliche Voraussetzung für die Erlassung eines Interessenbescheides. Wenn im angefochtenen Bescheid hiezu ausgeführt werde, dass der Mietzins durch den Richtwert ohnedies vorgegeben sei, werde übersehen, dass die Bestimmungen über die Mietpreisgestaltung nach dem Richtwert auf Mietgegenstände in neu errichteten Gebäuden - und somit auch im vorliegenden Fall - gemäß § 1 Abs. 4 MRG keine Anwendung fänden. Weiters habe der Mitbeteiligte erklärt, im Fall des Verkaufs der Wohnungen einen Quadratmeterpreis von S 25.000,-- bis S 26.000,-- anzusetzen. Dies würde bei einem Preis von S 26.000,--/m2 für die 81 m2 großen Wohnungen einen Verkaufspreis von S 2,106.000,-- ergeben. Es lägen damit keine Wohnungen vor, die zu erschwinglichen Preisen erworben werden könnten.

Auch mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht. Es erfolgten keine Feststellungen (allenfalls unter Heranziehung eines Sachverständigen) darüber, ob der beabsichtigte Mietzins bzw. der beabsichtigte Verkaufspreis überhaupt (aus der Sicht eines Beziehers eines durchschnittlichen Einkommens betrachtet) erschwinglich sind. Es wurde lediglich ins Treffen geführt, dass sich beide ins Treffen geführten Preise im ortsüblichen Rahmen hielten. Ob es sich bei diesen sich im Rahmen des Ortsüblichen haltenden Preisen um Preise für eine Wohnung handelt, die im Lichte eines Beziehers eines durchschnittlichen Einkommens in Österreich als erschwinglich qualifiziert werden können, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich.

Des Weiteren erachtet sich die Beschwerdeführerin dadurch beschwert, dass es sich bei § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG um eine auf die Einschränkung bestehender Privatrechte gerichtete und daher im Zweifel restriktiv auszulegende Norm handle. Ein projektierter Neubau müsse daher so beschaffen sein, dass er nach Art und Umfang geeignet sei, Wohnraum zu schaffen, der der Milderung bestehender Wohnungsnot diene, und es rechtfertige, im Interesse der Allgemeinheit auch bestehende Mietrechte Einzelner aufzuheben. Ein solcher Fall liege nicht vor, zumal durch das Vorhaben die Anzahl der Wohnungen oder die gesamte Wohnfläche nur geringfügig vermehrt werde. Die beabsichtigte geringfügige Vermehrung von Wohnungen sei unter Berücksichtung der schutzwürdigen Interessen der Beschwerdeführerin nicht ausreichend. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Hinblick auf den vereinbarten Kündigungsverzicht ein schutzwürdiges Interesse der Beschwerdeführerin anerkannt. Ein solches liege auch im Hinblick darauf vor, dass die Beschwerdeführerin seit 1949 in der in Frage stehenden Wohnung wohne und nunmehr im 86. Lebensjahr stehe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - worauf die Beschwerdeführerin zutreffend verweist - bereits in dem angeführten Vorerkenntnis ausgesprochen, dass aus dem vereinbarten Kündigungsverzicht ein schutzwürdiges Interesse am Verbleib in der Wohnung im Sinne des § 30 Abs. 2 Z. 15 leg. cit. abzuleiten ist. Auch aus dem Umstand, dass die 1913 geborene Beschwerdeführerin seit 1949 in der in Frage stehenden Wohnung wohnt, ergibt sich ein schutzwürdiges Interesse. Die belangte Behörde hat es unterlassen, die von ihr ins Treffen geführten angebotenen "Kompensationsmaßnahmen" (Beschaffung einer Ersatzwohnung zum selben Mietzins im Umkreis von 1000 m und Übernahme der Übersiedlungskosten) in Relation zu den sonstigen Interessen der Mitbeteiligten zu stellen und damit ihre schutzwürdigen Interessen festzustellen. Auch dies stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar.

Darüber hinaus wendet die Beschwerdeführerin ein, aus einem im vorangegangenen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Schreiben gehe hervor, dass sich der Hauseigentümer statt eines Neubaues auch eine Sanierung vorbehalte. Daher könne von einer Arbeitsplatzbeschaffung im nennenswerten Ausmaß nicht gesprochen werden.

Abgesehen davon, dass die Frage, ob der Eigentümer des in Frage stehenden Hauses tatsächlich vor hat, den bewilligten Neubau aufzuführen, nicht Gegenstand des Verfahrens gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG, sondern im Rahmen des gerichtlichen Kündigungsverfahrens zu prüfen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/06/0131), ist dazu festzustellen, dass die vorübergehende Arbeitsplatzbeschaffung, die sich aus Anlass eines Neubaues oder Umbaues eines Gebäudes ergibt, kein öffentliches Interesse im Sinne des § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG darstellt, weil als andere Gründe im Sinne dieser Gesetzesstelle nur Umstände zu verstehen sind, die den unmittelbaren Zweck des beabsichtigten Neu- oder Umbaues betreffen. Insoweit die belangte Behörde die Schaffung von Arbeitsplätzen als öffentliches Interesse für den verfahrensgegenständliche Neubau herangezogen hat, hat sie somit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, während die übrigen aufgezeigten Mängel Rechtswidrigkeiten infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften darstellen, weil bisher nicht der für den vorliegenden Fall gemäß § 37 AVG maßgebende Sachverhalt ermittelt wurde.

Der angefochtene Bescheid wird daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes (die einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht) aufgehoben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am