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VwGH vom 25.11.1999, 99/06/0118

VwGH vom 25.11.1999, 99/06/0118

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des Mag. H in G, vertreten durch Dr. F und Dr. H, Rechtsanwälte in Sch, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , GZ. 03-12.10 G 137-98/2, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. T in G, 2. Marktgemeinde Gröbming, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Vorbringens in der Beschwerde, des vorgelegten, angefochtenen Bescheides und der vorliegenden, vom Verfassungsgerichtshof anlässlich der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakten ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit dem am bei der erstinstanzlichen Behörde eingegangenen Antrag vom kam die erstmitbeteiligte Partei (in der Folge kurz: Bauwerber) um baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses auf einer Grundfläche im Gemeindegebiet ein.

Der Beschwerdeführer erhob rechtzeitig Einwendungen gegen das Vorhaben, wobei er insbesondere vorbrachte, es liege keine rechtlich gesicherte Zufahrt vor und es mangle auch an einer entsprechenden Wasserversorgung; der bestehende "Servitutsweg" sei zu schmal, er sei nicht bereit, einer Verbreiterung zu seinen Lasten zuzustimmen. Er sei auch nicht damit einverstanden, dass allfällige Versorgungsleitungen über sein Grundstück geführt würden.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom wurde dem Bauwerber die angestrebte Bewilligung mit verschiedenen Vorschreibungen erteilt; die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden "als unzulässige Einwendungen aus einem baurechtsfremden Rechtsbereich" zurückgewiesen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die mit Berufungsbescheid vom als unbegründet abgewiesen wurde (wobei in einem der im erstinstanzlichen Bescheid fehlerhaft wiedergegebene Name des Beschwerdeführers berichtigt wurde).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.

Nach zusammengefasster Darstellung des Verfahrensganges und Rechtsausführungen heißt es in der Begründung des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdeführer rüge zunächst, dass die beantragte Abweisung der Berufung in der Gemeinderatssitzung vom abgelehnt worden sei. Die Berufungsbehörde hätte daher eine der Berufung stattgebende Bescheidausfertigung zustellen müssen. Es sei daher rechtswidrig gewesen, den Antrag neuerlich im Gemeinderat zur Abstimmung zu bringen. Dem sei zu entgegnen, dass gemäß § 57 Abs. 1 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967, LGBl. Nr. 115, zu einem gültigen Beschluss des Gemeinderates, soweit das Gesetz oder andere Gesetze nicht eine erhöhte Stimmenmehrheit vorsähen, die einfache Mehrheit der in beschlussfähiger Anzahl anwesenden Stimmberechtigten erforderlich sei. Die Abstimmung erfolge durch Erheben der Hand oder Erheben von den Sitzen. Gemäß § 57 Abs. 4 leg. cit. gelte der Antrag bei Stimmengleichheit als abgelehnt. Dieses Gesetz enthalte jedoch keine Anordnung derart, dass es unzulässig wäre, einen einmal im Gemeinderat zur Abstimmung gebrachten, nicht beschlossenen Antrag neuerlich zum Gegenstand einer Entscheidung des Gemeinderates zu machen. Aus dem Umstand, dass der Antrag vom nicht die erforderliche einfache Mehrheit erreicht, sondern sich eine Stimmengleichheit ergeben habe, könne gemäß § 57 Abs. 4 leg. cit. lediglich abgeleitet werden, dass dieser Antrag nicht angenommen, somit abgelehnt worden sei. Aus diesem Abstimmungsergebnis könne jedoch in keiner Weise geschlossen werden, dass ein Antrag mit einem gegenteiligen Spruch und einer gegenteiligen Begründung mit einfacher Mehrheit beschlossen worden sei. Die neuerliche Abstimmung in der Gemeinderatssitzung vom sei daher rechtmäßig gewesen.

Das zu bebauende Grundstück liege im Regelungsbereiches des Bebauungsplanes 2.06 der mitbeteiligten Gemeinde, welcher am Rechtswirksamkeit erlangt habe.

Die Frage der geeigneten Zufahrt zu einem Baugrundstück begründe kein Nachbarrecht. Der mit der Festlegung im Bebauungsplan bedingten Überschreitung der Servitutsberechtigung könnte allenfalls zivilrechtlich begegnet werden (Anmerkung: im Bebauungsplan ist zu Lasten des Grundstückes des Beschwerdeführers ein breiterer Weg, als der bestehende, vorgesehen). In diesem Zusammenhang sei zwar dem Beschwerdeführer dahingehend beizupflichten, dass gemäß § 26 Abs. 3 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 die Baubehörde zunächst eine Einigung hinsichtlich der privatrechtlichen Einwendungen versuchen müsste und im Falle, dass keine Einigung zustande komme, der Beteiligte mit seinen privatrechtlichen Einwendungen auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen wäre. Unterbleibe dies jedoch, sei darin nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kein Verfahrensmangel gelegen. Die Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplanes hingegen könne von der belangten Behörde im gegenständlichen Verfahren nicht geprüft werden.

Schließlich erwüchsen dem Nachbarn auch keine Rechte aus Vorschriften über die Sicherstellung der Wasserversorgung. Hiebei handle es sich nämlich um keine gesetzlichen Bestimmung, die in spezifischer Weise dem Schutz der Nachbarn dienten.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher er insbesondere geltend machte, dass der dem Baubewilligungsverfahren zugrundeliegende Bebauungsplan 2.06 der mitbeteiligten Gemeinde die Verbreiterung des Servitutsweges zum Zwecke der Zufahrt zu dem zu bebauenden Grundstück von 4 auf 5 m vorsehe. Ein Bebauungsplan dürfe "aber keine Enteignung, wie die gegenständliche, zum Inhalt haben, da es keine Norm gibt, die dies rechtfertigen würde. Die durch den Bebauungsplan vorgenommene Enteignung bzw. Eigentumsbeschränkung ist sohin rechts- bzw. gesetzeswidrig". Auch seien rechtswidrig Versorgungsleitungen in seinem Grundstück verlegt worden.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom , B 1871/98-7, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Begründung heisst es unter anderem, soweit die Beschwerde verfassungsrechtliche Fragen berühre, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zur Präjudizialität genereller Rechtsvorschriften vgl. VfSlg. 14078/1995 und die dort zitierte Vorjudikatur) die behaupteten Rechtsverletzungen oder die Verletzung eines nicht geltend gemachten, verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt auch für den Nachbarn, der i.S. des § 27 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59 (kurz: Stmk. BauG), die Parteistellung behalten hat.

Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"1.
die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
2.
die Abstände (§ 13);
3.
den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
4.
die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
5.
die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
6.
die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."

Entgegen der vom Beschwerdeführer weiterhin vertretenen Auffassung war die neuerliche Beschlussfassung im Gemeinderat nicht rechtswidrig; hiezu kann, um Wiederholungen zu vermeiden, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/06/0146, verwiesen werden.

Die Vorschriften des § 5 Abs. 1, Z. 2 und 6 Stmk. BauG betreffend die Sicherstellung einer entsprechenden Wasserversorgung bzw. einer rechtlich gesicherten Zufahrt (als Kriterien der Bauplatzeignung) vermitteln dem Nachbarn, wie sich aus § 26 Abs. 1 Stmk. BauG (e contrario) ergibt und wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte. Ein solches subjektiv-öffentliches Nachbarrecht wird dem Beschwerdeführer auch nicht durch § 64 Stmk. BauG (betreffend die Wasserversorgung) oder auch durch das Steiermärkische Gemeindewasserleitungsgesetz, auf welches er sich ganz allgemein bezieht, vermittelt.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Bebauungsplan sei rechtswidrig, weil ein Bebauungsplan nicht enteignen dürfe. Dem ist entgegenzuhalten, dass die im Bebauungsplan vorgesehene Verbreiterung dieses Weges für sich allein keine Enteignung bewirkt, sodass diese Auffassung des Beschwerdeführers schon im Ansatz verfehlt ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/05/0134, BauSlg 534, zum nö. ROG). Soweit der Beschwerdeführer damit aber eine verfassungswidrige Eigentumsbeschkränkung zum Ausdruck bringen will, mangelt es hier, wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluss zum Ausdruck gebracht hat, an der Präjudizialität.

Zur Klarstellung sei noch angefügt, dass eine allenfalls unzutreffend erfolgte Bejahung der Frage der Zufahrtmöglichkeit die Klärung dieser Frage im ordentlichen Rechtsweg nicht zu präjudizieren, insbesondere nicht eine allenfalls erforderliche Servitut zu schaffen oder eine allenfalls privatrechtlich erforderliche, aber nicht erteilte Zustimmung des Beschwerdeführers zu ersetzen vermag. Das gilt sinngemäß auch für die hier strittigen Versorgungsleitungen.

Richtig ist, dass nach § 26 Abs. 3 Stmk. BauG dann, wenn von einem Nachbarn die Verletzung eines Rechtes behauptet wird, das im Privatrecht begründet ist, die Behörde zunächst eine Einigung zu versuchen hat und dann, wenn keine Einigung zustande kommt, den Beteiligten mit seinen privatrechtlichen Einwendungen auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen hat, wobei diese Verweisung unter Anführung der Einwendung im Spruch des Bewilligungsbescheides auszusprechen ist. Wie die belangte Behörde aber zutreffend erkannt hat, begründet ein Verstoß gegen diese Anordnung keinen wesentlichen Verfahrensmangel (siehe dazu die in Hauer/Trippl, Steiermärkisches Baurecht3, in E 96 zu § 26 Stmk. BauG wiedergegebene hg. Judikatur).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen (bzw. relevanten Verfahrensmängel) nicht vorliegen, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren - und ohne weitere Kostenbelastung für den Beschwerdeführer - gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am