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VwGH vom 30.03.1993, 91/04/0020

VwGH vom 30.03.1993, 91/04/0020

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des Dr. T, Rechtsanwalt in W, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der X-GmbH, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom , Zl. 309.900/1-III/5/90, betreffend Abweisung eines Antrages auf Bescheidzustellung in einem Verfahren nach der GewO 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom wurde der "Antrag des Rechtsanwaltes Dr. T als Masseverwalter in dem vom Handelsgericht Wien 1989 über das Vermögen der X-GmbH eröffneten Konkurs auf Zustellung des Bescheides des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten vom , Zl. 309.900/3-III/5/87," gemäß § 8 AVG abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, "mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom " sei dem Ansuchen der X-GmbH um Bewilligung der (näher bezeichneten) Verlegung des Betriebes ihres Pfandleihergewerbes keine Folge gegeben worden. Gleichzeitig seien mit diesem Bescheid die Ansuchen der in Rede stehenden Gesellschaft um Genehmigung zur Ausübung des Pfandleihergewerbes mit anderen Gewerben, um Genehmigung der Änderung der Geschäftsordnung und um Genehmigung der Bestellung der B zum Geschäftsführer bei Ausübung des Pfandleihergewerbes infolge Unzuständigkeit zurückgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid habe die X-GmbH Berufung erhoben. Im Berufungsverfahren sei mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien 1989 über das Vermögen der Gesellschaft der Konkurs eröffnet worden. Zum Masseverwalter in diesem Konkurs sei der Beschwerdeführer bestellt worden. Mit Bescheid vom habe "das Bundesministerium" über die Berufung der in Rede stehenden Gesellschaft gegen den Bescheid "des Amtes der Wiener Landesregierung vom " dahin entschieden, daß der Abspruch über die Bewilligung der Verlegung des Betriebes des gegenständlichen Pfandleihergewerbes ersatzlos behoben worden sei und die Absprüche über die gleichzeitige Ausübung des Pfandleihergewerbes mit anderen Gewerben, über die Genehmigung der Änderung der Geschäftsordnung und über die Genehmigung der Bestellung der B zum Geschäftsführer für die Ausübung des gegenständlichen Gewerbes bestätigt worden seien. Dieser Bescheid sei am der X-GmbH durch die Post zugestellt worden. Auf dem Rückschein sei entsprechend dem § 78 Abs. 2 KO die Zulässigkeit der Zustellung an die Gesellschaft trotz der durch die Konkurseröffnung bewirkten Postsperre vermerkt worden. Mit Eingabe vom habe Rechtsanwalt Dr. T in seiner Eigenschaft als Masseverwalter in dem über das Vermögen der X-GmbH eröffneten Konkurs den Antrag auf Zustellung des Bescheides "des Bundesministeriums vom " gestellt. Dieser Antrag sei mit der Ermöglichung der Einbringung einer Verwaltungsgerichtshof- bzw. Verfassungsgerichtshofbeschwerde gegen diesen Bescheid begründet worden.

Zur rechtlichen Beurteilung wurde in der Begründung dieses Bescheides ausgeführt, der Anspruch auf Mitteilung eines Bescheides nach den Bestimmungen des § 62 AVG stehe denjenigen zu, die in der den Gegenstand dieses Abspruchs bildenden Angelegenheit als Parteien im Sinne des § 8 AVG anzusehen seien. Zufolge § 8 AVG sei Partei, wer "an der Sache" vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestimme sich das Tatbestandsmerkmal der Parteistellung in einer Verwaltungsangelegenheit nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften. Hiefür kämen in der Hauptsache Normen des materiellen Verwaltungsrechtes, aber auch Vorschriften des speziellen Verwaltungsrechtes in Betracht. Unter "Sache" im Sinne des § 8 AVG sei der Prozeßgegenstand des Verwaltungsverfahrens zu verstehen. Dieser sei im vorliegenden Fall die von der X-GmbH beantragte Bewilligung der Verlegung des Betriebes ihres Pfandleihergewerbes sowie die Ansuchen der Gesellschaft um Genehmigung der Änderung der Geschäftsordnung, um Genehmigung der gleichzeitigen Ausübung ihres Pfandleihergewerbes mit anderen Gewerben und um Genehmigung der Bestellung der B zum Geschäftsführer gewesen. Nach dem normativen Gehalt der diese Angelegenheit betreffenden §§ 49 Abs. 2, 46 Abs. 2 und 4, 280, 285 und 39 GewO 1973 und der die bezughabenden Verfahren regelnden §§ 341 ff GewO 1973 sei dem in dem während der Anhängigkeit der Verfahren über das Vermögen der in Rede stehenden Gesellschaft eröffneten Konkurs zum Masseverwalter bestellten Beschwerdeführer die Parteistellung in den vorangeführten Angelegenheiten nicht eingeräumt gewesen, zumal die Gewerbeberechtigung des Gemeinschuldners und das aus ihr abgeleitete Fortbetriebsrecht des Masseverwalters unabhängig voneinander bestünden und daher in solchen Angelegenheiten eine Nachfolge des Masseverwalters in die Parteistellung des Gewerbeinhabers nicht in Betracht kommen könne. Da demnach der Beschwerdeführer als Masseverwalter in dem über das Vermögen der X-GmbH eröffneten Konkurs ein Anspruch auf Zustellung des "Bescheides des Bundesministeriums" für wirtschaftliche Angelegenheiten vom , Zl. 309.900/3-III/5/87, mangels Parteistellung nicht zukomme, sei der vorliegende Antrag unter Anwendung der im Spruch zitierten Gesetzesbestimmung abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Zustellung des Bescheides des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom , Zl. 309.900/3-III/5/87, verletzt. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt er im wesentlichen vor, die Ablehnung seines Antrages auf Zustellung sei zu Unrecht erfolgt. Der Masseverwalter sei für die Zeit seiner Bestellung betreffend die Konkursmasse gesetzlicher Vertreter der Gemeinschuldnerin. Auch in einem Verwaltungsverfahren trete nach der Konkurseröffnung der Masseverwalter an die Stelle des Gemeinschuldners. Der Masseverwalter sei gesetzlicher Vertreter für die Bestandteile der Konkursmasse. Zugegebenermaßen nicht Bestandteile der Konkursmasse seien höchstpersönliche Rechte, wie z.B. Gewerberechte. Der höchstpersönliche Charakter eines Gewerberechtes liege in der Verleihung und Entziehung dieses Rechtes. Der Antrag des Masseverwalters habe sich auf Zustellung eines Bescheides gerichtet, in welchem dem Ansuchen um Verlegung eines Betriebes von Salzburg nach Wien, einem Ansuchen um Genehmigung eines Gewerbes zusammen mit anderen Handelsgewerben sowie dem Ansuchen um Genehmigung der Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers nicht Folge gegeben worden sei. Die zuletzt erwähnten Ansuchen stellten jedoch nicht die Verleihung oder Entziehung eines Gewerberechtes dar, seien sohin nicht in Ausübung eines höchstpersönlichen Rechtes geschehen. Im Gegenteil seien die Tätigkeiten, um welche ursprünglich angesucht worden sei, sehr wohl der üblichen Führung eines Betriebes, auch einer Konkursmasse im Zuge der Fortführung, zuzurechnen. Daraus folge, daß der Masseverwalter für diese Tätigkeiten gesetzlicher Vertreter der Gemeinschuldnerin und sohin alleiniger "Zustelladressat" sei. Durch den bekämpften Bescheid sei er in seinem Recht verletzt, daß Zustellungen betreffend die Konkursmasse an ihn als Masseverwalter zu erfolgen hätten.

Nach § 38 Abs. 2 GewO 1973 ist als Gewerbetreibender im Sinne dieses Bundesgesetzes, sofern nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, der Gewerbeinhaber einschließlich des Fortbetriebsberechtigten sowie der gemäß § 40 bestellte Pächter zu verstehen.

Das Recht, einen Gewerbebetrieb auf Grund der von einer anderen Person erstatteten Gewerbeanmeldung oder der dieser erteilten Konzession fortzuführen (Fortbetriebsrecht) steht nach § 41 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 dem Masseverwalter für Rechnung der Konkursmasse zu.

§ 44 GewO 1973 bestimmt, daß das Fortbetriebsrecht des Masseverwalters mit der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Gewerbeinhabers entsteht. Der Masseverwalter hat jedoch den Fortbetrieb ohne unnötigen Aufschub der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen (§ 345 Abs. 2). Das Fortbetriebsrecht des Masseverwalters endet mit der Aufhebung des Konkurses.

Gemäß § 86 Abs. 3 GewO 1973 berührt die Anzeige über die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung durch den Gewerbeinhaber nicht das etwaige Fortbetriebsrecht der Konkursmasse (sowie des Zwangsverwalters oder des Zwangspächters).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 4457/A, dargetan hat, ist der Konkursmasseverwalter nicht berechtigt, die Gewerbeberechtigung des Gemeinschuldners zurückzulegen. Dies ist (insbesondere auch) damit begründet worden, daß die Rechtsbeziehung zwischen dem Staat und dem Berechtigten, die Gewerbeberechtigung, nicht übertragbar sei, weil ihr subjektiv-öffentlich rechtlicher Charakter zukomme (vgl. auch den hg. Beschluß vom , Zlen. 735, 736/57, nur Rechtssatz in Slg. N.F. Nr. 4682/A). Vor diesem Hintergrund ist auch die Regelung über das Fortbetriebsrecht des Masseverwalters in der GewO 1973 zu sehen (vgl. dazu auch 395 BlgNr. 13. GP., 144).

Soll es aber dem Masseverwalter nicht zustehen, in die durch die Gewerbeberechtigung gegebene subjektiv-öffentliche Rechtsbeziehung (des Gewerbeinhabers zum Staat) einzugreifen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 10.825/A), so vermag der Verwaltungsgerichtshof auch keinerlei Anhaltspunkte dafür zu finden, daß dem Masseverwalter eine Rechtsstellung als gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners - bezogen auf dessen Gewerbeberechtigung - zustünde.

Da der Fortbetriebsberechtigte selbst im Sinne des § 38 Abs. 2 GewO 1973 Gewerbetreibender ist, kann aber weiters nicht davon gesprochen werden, daß dem Masseverwalter in Hinsicht auf die Ausübung des Gewerbes (für die Dauer des Konkurses) Befugnisse IM VERTRETUNGSVERHÄLTNIS zum Gemeinschuldner zukämen, zumal insbesondere im § 86 Abs. 3 GewO 1973 ausdrücklich normiert wird, daß die Anzeige über die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung durch den Gewerbeinhaber nicht das etwaige Fortbetriebsrecht "der Konkursmasse", des Zwangsverwalters oder des Zwangspächters berührt. Im Grunde des § 41 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 ist der Masseverwalter (lediglich) berechtigt, das Gewerbe NACH DEM STANDE, in welchem es sich im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkurses befand (vgl. § 44 GewO 1973), fortzuführen und insoweit im eigenen Namen für Rechnung der Konkursmasse auszuüben.

Daß aber durch den in Frage stehenden Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom rechtliche Interessen des Masseverwalters in Ansehung seines derart in der GewO 1973 gegründeten Fortbetriebsrechtes berührt würden, wird selbst in der Beschwerde nicht behauptet.

Schon auf Grund dieser Überlegungen kann daher der belangten Behörde kein Rechtsirrtum angelastet werden, wenn sie dem Antrag des Masseverwalters auf Zustellung des Bescheides vom mangels Parteistellung des Masseverwalters keine Folge gab.

Die Beschwerde erweist sich sohin im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes als unbegründet, was gemäß § 42 Abs. 1 VwGG ihre Abweisung zur Folge hatte.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.