VwGH vom 15.09.1994, 94/06/0046

VwGH vom 15.09.1994, 94/06/0046

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der P-Gesellschaft m.b.H. & Co. in O, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 1/04-33.74/4-1994, betreffend Feststellung der Genossenschaftsmitglieder für eine Interessenweggenossenschaft, (mitbeteiligte Parteien:


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1.
Interessentenweggenossenschaft A-Weg, z.Hd. H in W,
2.
Gemeinde W, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,--, der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 1.000,-- und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 3.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Parteien wird abgewiesen.

Begründung

Am hat der Besitzer des A-Gutes in W den Ausbau des "A-Weges" (im wesentlichen Grundstück 985/1 KG W) beantragt. Die Gemeindevertretung W faßte in ihrer Sitzung am den Beschluß, gemäß § 37 Abs. 1 Salzburger Landesstraßengesetz die Zufahrt zum A-Gut in W, beginnend von der Abzweigung von der Z-Straße bis zum A-Gut zu einer öffentlichen Interessentenstraße zu erklären. Die betreffende Verordnung war vom bis zum an der Amtstafel der Gemeinde angeschlagen.

Der Bürgermeister der Gemeinde W stellte mit Bescheid vom vor Bildung einer Genossenschaft 6 Personen bzw. Gesellschaften, darunter auch die Beschwerdeführerin, als Genossenschaftsmitglieder fest. Die Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom gegen diesen Bescheid Berufung erhoben und begründete dies im wesentlichen damit, daß durch den A-Weg keine Siedlung erschlossen werde, da es sich vielmehr um einzelne Freiständeobjekte handle. Darüberhinaus sei der Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, da die Bezeichnung als Genossenschaftsmitglied durch Bescheid erst zu einem Zeitpunkt möglich sei, an dem die Genossenschaft rechtlich existent sei. Im übrigen sei die Erhaltung des A-Weges zivilrechtlich mit dem Eigentümer geregelt.

Mit einem ergänzenden Schreiben vom wurde von der Beschwerdeführerin angeregt, daß die gesamte straßenrechtliche Verwaltungsangelegenheit neu aufgerollt werde. Die Beschwerdeführerin würde nicht grundsätzlich einer ordnungsgemäßen Bildung einer Interessentenweggenossenschaft im Wege stehen, es müsse aber auf die privatrechtliche Dienstbarkeitsvereinbarung Bedacht genommen werden.

Auf Grund des Gemeindevertretungsbeschlusses vom wurde die Berufung der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom abgewiesen. Dies wurde damit begründet, daß nach der Auslegung des Gesetzes eine Siedlung im vorliegenden Fall, wenn durch die Straße ein landwirtschaftlicher Betrieb sowie 4 Wohnhäuser erschlossen würden, eindeutig gegeben sei. Zur Bildung einer Genossenschaft sei der Beschluß der Mitgliederversammlung erforderlich, ebenso der Beschluß über die Satzungen. Diese Beschlüsse seien aber erst möglich, wenn vorher die Mitglieder durch Bescheid festgestellt worden seien. Erst dann könne die Gründungsversammlung einberufen werden. Im übrigen wurde auch darauf hingewiesen, daß sich derjenige, der den Weg benütze, sich an den Bau- und Erhaltungskosten beteiligen müsse. Eventuell vorhandene privatrechtliche Verträge zwischen zwei Genossenschaftsmitgliedern blieben davon unberührt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung, in der sie im wesentlichen ausführte, daß vier Wohnobjekte, die in keinem einheitlichen Siedlungsverband situiert seien, nicht dem Kriterium der Siedlung im Sinne des § 37 Abs. 1 Salzburger Landesstraßengesetz 1972 entsprächen; das Grundstück der Beschwerdeführerin werde nicht vom A-Weg verkehrsmäßig erschlossen, sondern über einen im Eigentum der Gemeinde stehenden Weg, sodaß die Beschwerdeführerin an der Bildung der Genossenschaft auch kein Interesse im Sinne des § 37 Abs. 2 Salzburger Landesstraßengesetz 1972 habe. Im übrigen sei auch die Bildung der Weginteressentengenossenschaft noch nicht erfolgt, da darüber noch kein Bescheid vorliege.

Mit Schreiben vom erging vom Gemeindeamt der Gemeinde W eine Einladung zu der Gründungsversammlung der Weggenossenschaft A-Weg. Bei der Gründungsversammlung der Weggenossenschaft A-Weg am wurde der Gründungsbeschluß gefaßt, die Satzung festgelegt und die Wahl eines Obmannes vorgenommen.

Mit Bescheid vom sprach der Bürgermeister der Gemeinde W aus, daß gemäß § 37 Abs. 3 Salzburger Landesstraßengesetz zum Neubau der Interessentenstraße A-Weg in W sowie zur Erhaltung dieser Straße die Interessentenweggenossenschaft A-Weg gebildet werde. Im übrigen führte der Bescheid die Namen der sechs Gründungsmitglieder, darunter auch jene der Beschwerdeführerin, an und genehmigte die in der Gründungsversammlung beschlossenen Satzungen samt Schlüssel zur Verteilung der Kosten des Baues und Erhaltung der Straße gemäß § 38 Abs. 2 Salzburger Landesstraßengesetz.

Gegen den Bescheid vom wurde kein Rechtsmittel ergriffen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom hat die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde W vom als unbegründet abgewiesen. Im wesentlichen wurde ausgeführt, aus dem Gesetzestext sei zu ersehen, daß für den Fall der Gründung einer Weggenossenschaft erst das Straßenstück, auf das sich die Weggenossenschaft beziehe, durch Verordnung der Straßenrechtsbehörde zur Interessentenstraße erklärt werden müsse. In einem weiteren Schritt habe der Bürgermeister die Mitglieder der Weggenossenschaft zu bezeichnen, in deren Interesse die Straße übernommen und ausgebaut werden solle. Im vorliegenden Fall handle es sich nämlich um die Übernahme eines bestehenden Straßenstückes, das ausgebaut werden solle. Durch diesen Bescheid über die Bezeichnung der Mitglieder werde die Weggenossenschaft gebildet. In einem dritten Schritt seien dann von der Genossenschaft Satzungen auszuarbeiten, die in der konstiuierenden Versammlung zu beschließen und schließlich durch die Straßenbehörde zu genehmigen seien. Im übrigen liege im vorliegenden Fall eine Siedlung vor, da man von einer Siedlung vor allem dann spreche, wenn mehrere oder viele Objekte vorhanden seien. Nicht entscheidend sei aber, ob die Objekte mehr oder weniger dicht beieinander lägen. Durch die Wimmstraße würden eine Landwirtschaft und vier weitere Objekte aufgeschlossen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, auch die erst- und zweitmitbeteiligte Partei haben Gegenschriften vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Beschwerdeführerin erstattete eine Replik zu den Gegenschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für die Beurteilung des vorliegenden Beschwerdefalls sind

folgende Bestimmungen des Salzburger Landesstraßengesetz 1972, LGBl. 1972/119, i.d.F. LGBl. 1973/70 maßgeblich:

"§ 4

(1) Straßenrechtsbehörde im Sinne dieses Gesetzes ist ...

c) die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich in den Angelegenheiten der sonstigen Straßen.

VII. Abschnitt

Von den öffentlichen Interessentenstraßen

§ 37

(1) Die Interessentenstraßen vermitteln den öffentlichen Verkehr von Siedlungen mit den öffentlichen Straßen und erlangen und verlieren ihre Eigenschaft als öffentliche Interessentenstraßen durch Verordnung der Straßenrechtsbehörde.

(2) Der Bau einer Interessentenstraße oder die Übernahme einer bestehenden Straße als Interessentenstraße und die Erhaltung der Straße kommt einer Weggenossenschaft derjenigen zu, in deren Interesse die Straße errichtet wird oder besteht.

(3) Die Bildung und Auflassung der Genossenschaft und die Bezeichnung ihrer Mitglieder ist mit Bescheid der Straßenrechtsbehörde zu bewirken.

§ 38

(1)Die Genossenschaft muß Satzungen haben. Sie haben

Vorschriften zu enthalten über


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a)
Name, Zweck und Sitz der Genossenschaft;
b)
Einberufung der Vollversammlung und des Ausschusses, Wirkungskreis dieser und des Obmannes (Geschäftsführer);
c)
die Mitgliedschaft zur Genossenschaft, darunter die Rechte und Pflichten der Mitglieder und den Schlüssel der Verteilung der Kosten des Baues und der Erhaltung der Straße;
d)
die Erfordernisse gültiger Beschlußfassungen, Ausfertigungen und Bekanntmachungen.

(2) Die Satzungen und ihre Änderungen sind von den Mitgliedern der Genossenschaft in einer Versammlung nach den Grundsätzen der für die Gemeindevertretung geltenden Beschlußerfordernisse zu beschließen und unterliegen der Genehmigung durch die Straßenrechtsbehörde.

...

(4) Die Genossenschaft erlangt für den öffentlichen und privaten Verkehr rechtlichen Bestand, sobald ihre Satzungen von der Straßenrechtsbehörde genehmigt worden sind.

..."

Erst wenn die Verordnung über die Erklärung zum öffentlichen Interessentenweg in Wirksamkeit getreten ist, kann die Gemeinde mit Bescheid die Weggemeinschaft derart bilden, daß die Interessenten festgestellt und entsprechend ihren Beitragsanteilen zu einer öffentlich-rechtlichen Weggemeinschaft zusammengefaßt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/06/0061).

Die in § 37 Abs. 1 bis 3 Salzburger Landesstraßengesetz 1972 determinierte Vorgangsweise läßt eine, der vorliegenden Beschwerde zugrundeliegende, der Gründung vorausgehende bescheidmäßige Feststellung der Mitglieder einer Genossenschaft nicht erforderlich erscheinen, vielmehr könnte mit einem Bescheid der Gemeinde die Genossenschaft gegründet und die Mitglieder festgelegt werden. Durch die erfolgte Zweiteilung des Verfahrens, nämlich der bescheidmäßigen Feststellung der Mitglieder und anschließenden bescheidmäßigen Gründung der Weggenossenschaft, ist die Beschwerdeführerin aber in keinem Recht verletzt; das Gesetz schließt diese Vorgangsweise nämlich nicht aus.

Zu einer Anfechtung der Verordnung der Gemeinde vom , mit dem der "A-Weg", d.h. die Zufahrt zum A-Gut beginnend ab Z-Straße bis zum A-Gut, gemäß § 37 Salzburger Landesstraßengesetz 1972 zu einer öffentlichen Interessentenstraße erklärt wurde, sah sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlaßt, da die Voraussetzungen zur Erlassung einer solchen Verordnung im Beschwerdefall vorliegen. Aus dem in den Verwaltungsakten erliegenden Plan ist zu erkennen, daß der landwirtschaftliche Betrieb (mit zwei Wohnhäusern) und die zwei weiteren Objekte, die in einer gewissen Entfernung liegen, insgesamt eine Siedlung bilden, die durch den Interessentenweg aufgeschlossen wird.

Die Auffassung der Beschwerdeführerin, sie sei kein Weginteressent, da ihr Grundstück nicht an den A-Weg grenze und ohnedies die verkehrsmäßige Aufschließung ihrer Liegenschaft durch privatrechtliche Vereinbarung rechtlich gesichert sei, ist verfehlt. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon zum Tiroler Landesstraßengesetz 1989, das dem Salzburger Landesstraßengesetz 1972 hinsichtlich der Weginteressentenschaft vergleichbare Regelungen enthält, ausgeführt hat, sind nicht nur jene Grundstückseigentümer als Interessenten anzusehen, deren Grundstücke bisher (straßenmäßig) überhaupt nicht oder nur unzureichend erschlossen sind. Es genügt vielmehr die Tatsache der "Erschließung" des Grundstückes, d.h., daß das betreffende Grundstück über den Interessentenweg erreicht wird und dadurch zumindest über die bisherige Aufschließung hinaus eine zusätzliche Erschließung eintritt. Das (unterschiedliche) Maß des Erschließungsinteresses im Verhältnis zu anderen Interessenten drückt sich lediglich im Beitragsanteil aus, berührt aber nicht die Interessentenstellung dem Grunde nach (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/06/0017). Ein Interesse im Sinne des § 37 Abs. 2 leg. cit. ist der Beschwerdeführerin schon deshalb zuzusprechen, weil eine Zufahrt zu ihrem Grundstück ohne Benützung des Interessentenweges tatsächlich nicht möglich ist. Das Interesse der Beschwerdeführerin ist aber auch nicht deshalb zu verneinen, weil es ihr schon auf Grund von privatrechtlichen Vereinbarungen gestattet ist, den Weg zu benützen.

Da die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in keinem Recht verletzt ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. 1994/416. Ein Vorlageaufwand der mitbeteiligten Parteien konnte nicht zugesprochen werden, da dieser (nur) für die belangte Behörde vorgesehen ist.