VwGH vom 14.10.2003, 2003/05/0107
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Immo Valor GesmbH in Wien, vertreten durch Dr. Christian Widl, Rechtsanwalt in Wien 1, Bräunerstraße 10, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB-339/02, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Gebäudes in Wien 15, Diefenbachgasse 35-39, und betreibt dort ein Büro.
Auf Grund einer Anrainerbeschwerde wegen einer Lärmbelästigung ausgehend vom Dach des Gebäudes der Beschwerdeführerin fand am eine Erhebung an Ort und Stelle statt, bei der ein brummendes Dauergeräusch gemessen wurde. Am wurde eine weitere Messung vorgenommen, aus der hervorgeht, dass bei ausgeschalteten Kondensatoren jener Rückkühleinrichtung, die im Haus der Beschwerdeführerin installiert ist, ein Grundgeräuschpegel gemessen als L95 ..... 41 dB, A-bewertet, und ein Umgebungsgeräusch gemessen als Leq ..... 43 dB, A-bewertet, gemessen wurden. Bei eingeschalteten Kondensatoren wurde der A-bewertete energieäquivalente Dauergeräuschpegel LA, eq mit 45 dB gemessen. Zufolge den Ausführungen des Sachverständigen sei, da beim Terzband mit der Mittenfrequenz 315 Hz Tonhaltigkeit gegeben war, dem Messwert ein Zuschlag von 6 dB hinzuzurechnen, was einen Beurteilungspegel von L20 .... 51 dB ergibt. Die Vertreterin der Magistratsabteilung 15, Bezirksgesundheitsamt für den 15. Bezirk, führte in ihrer Stellungnahme vom zusammengefasst aus, dass die Überschreitung des Grundgeräuschpegels bis zu 10 dBA am Tag und um bis zu 5 dBA während der Nachtstunden eine unzumutbare Lärmbelästigung für die Anrainer darstelle.
In der Folge wurde am eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle durchgeführt, in der der Vertreter der Beschwerdeführerin erklärte, die Beschwerdeführerin habe eine Kondensatorenanlage (Rückkühleinrichtung) in Auftrag gegeben, diese Anlage sei durch die M. GesmbH errichtet worden. Eine Abnahme der Anlage durch die Beschwerdeführerin sei noch nicht erfolgt.
Mit Bescheid vom erteilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37/15, der Beschwerdeführerin den auf § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien gestützten Auftrag, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft des Bescheides die ohne vorherige Erwirkung einer baubehördlichen Bewilligung hofseitig am Dach des Bürotraktes an der Linken Wienzeile (Stiege 2) errichtete Kondensatorenanlage (Rückkühleinrichtung) für die Klimaanlage des Gebäudes beseitigen zu lassen.
Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. Zusammengefasst wurde ausgeführt, die gegenständliche Anlage sei nach keinen anderen bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften bewilligungspflichtig. Die Beschwerdeführerin habe selbst angegeben, die gegenständliche Anlage in Auftrag gegeben zu haben, sie sei seit 1986 Grundeigentümerin. Eine Erhebung des genauen Zeitpunktes der Errichtung der Anlage sei rechtlich nicht von Relevanz, da die Bestimmung des § 61 BO seit 1976 gelte. Die abstrakte Eignung, die Nachbarschaft in einer das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigenden Weise durch Lärm zu belästigen, sei im vorliegenden Fall bereits durch das bisher durchgeführte Ermittlungsverfahren ausreichend klargestellt. Ob die Nachbarschaft durch Immissionen tatsächlich gefährdet oder unzumutbar belästigt werde, wäre in einem allfälligen Bewilligungsverfahren gemäß § 61 BO zu klären. Die Liegenschaft liege nach dem derzeit geltenden Flächenwidmungsplan im gemischten Baugebiet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 61 der Bauordnung für Wien (BO) lautet wie folgt:
"Anlagen, die geeignet sind, eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen oder die Nachbarschaft in einer das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigenden Weise unter Berücksichtigung der Bestimmungen über die Flächenwidmung und der für das entsprechende Widmungsgebiet zulässigen Nutzungen (§ 6) zu belästigen, bedürfen einer Bewilligung, sofern sie nicht nach bundesgesetzlichen oder nach anderen landesgesetzlichen Vorschriften zu bewilligen sind. In der Bewilligung sind jene Auflagen vorzuschreiben, die notwendig sind, um eine unzulässige Beeinträchtigung hintanzuhalten; ist dies durch Auflagen nicht möglich, ist die Bewilligung zu versagen."
Gemäß § 129 Abs. 10 BO ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, ist zu beseitigen.
Unbestritten ist, dass die gegenständliche Rückkühlanlage am Gebäude der Beschwerdeführerin angebracht ist.
Die gegenständliche Kondensatorenanlage (Rückkühleinrichtung) wurde, wie in der Verhandlung vom festgestellt wurde, für die Klimaanlage des Gebäudes der Beschwerdeführerin errichtet. Diese Rückkühleinrichtung ist am Dach des Bürotraktes installiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 92/05/0259, hinsichtlich eines Kaufressors die Bewilligungspflicht gemäß § 61 BO als gegeben erachtet, wobei er ausführte, dass diese Anlage an einem bestimmten Ort der regelmäßigen Durchführung bestimmter Arbeiten dient. Auch die gegenständliche Rückkühleinrichtung dient der regelmäßigen Durchführung bestimmter Arbeiten, nämlich dem Kühlen des Gebäudes. Die regelmäßige Durchführung bestimmter Arbeiten liegt entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin auch dann vor, wenn die Anlage zeitweise abgestellt wird bzw. nur während der warmen Jahreszeit in Betrieb genommen wird.
Die gesetzliche Regelung des § 61 BO dient, wie dem Wortlaut zu entnehmen ist, dem Zweck, auch dort einen Schutz von Menschen durch Gefahr und Belästigungen zu gewährleisten, wo eine Bewilligungspflicht nach bundesgesetzlichen oder anderen landesgesetzlichen Vorschriften nicht gegeben ist. Bei der Prüfung der Bewilligungspflicht kommt es aber nicht darauf an, ob tatsächlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeigeführt oder die Nachbarschaft in einer das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigenden Weise belästigt wird, sondern darauf, dass diese Anlage geeignet ist, solche Gefahren oder Belästigungen zu ermöglichen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/05/0259). Der Tatbestand, nämlich die Ermöglichung der Gefahren oder Belästigungen ist durch das bisher durchgeführte Ermittlungsverfahren ausreichend klargestellt, die Zuordenbarkeit des Geräusches war dadurch gegeben, dass Lärmmessungen sowohl bei abgeschalteter als auch bei in Betrieb befindlicher Rückkühleinrichtung durchgeführt wurden.
Auf Grund der Eignung der genannten Anlage, unzumutbare Gefahren oder Belästigungen zu ermöglichen, war die Bewilligungspflicht gemäß § 61 Abs. 1 BO gegeben.
Gemäß § 129 Abs. 10 BO sind Bauaufträge an den Eigentümer der baulichen Anlage zu richten.
Die gegenständlichen Kondensatoren wurden über Auftrag der Beschwerdeführerin auf ihrem Gebäude angebracht. Während der Beschwerdevertreter in der Verhandlung vom noch angab, die gegenständliche Anlage sei über Auftrag der Beschwerdeführerin errichtet worden, sie sei aber der installierenden Gesellschaft noch nicht "abgenommen" worden, wird in der Berufung und auch in der Beschwerde bestritten, dass eine Übergabe der Kondensatorenanlage und somit ein Eigentumserwerb erfolgt sei.
Durch die Errichtung (Montage) der Rückkühlanlage auf dem Dach des Gebäudes der Beschwerdeführerin erfolgte eine körperliche Übergabe dieser Anlage, weil sie mit dieser Errichtung mit Zustimmung des Übergebers in eine Lage gebracht wurde, in der sie nach der Verkehrsauffassung in der Macht des Übernehmers ist (vgl. dazu Spielbüchler in Rummel I2 Rz 1 zu § 426 ABGB). In welcher Form die Montage erfolgte, hat keinen Einfluss auf den Eigentumserwerb. Für eine Annahme, die hier zu beurteilende Anlage hätte trotz Einbau im Gebäude der Beschwerdeführerin nicht in deren Eigentum übertragen werden sollen, fehlt jedweder Anhaltspunkt. Näherer Feststellungen zum Eigentumserwerb der Anlage bedurfte es daher - entgegen den Beschwerdeausführungen - nicht. Da die Beschwerdeführerin in der Verhandlung vom angegeben hat, die Errichtung der Anlage sei von ihr in Auftrag gegeben worden, aber noch nicht "abgenommen", konnte die Behörde jedenfalls davon ausgehen, dass die Errichtung der Anlage nach 1976, dem Inkrafttreten des § 61 BO erfolgte, weil die Beschwerdeführerin erst seit 1986 Eigentümerin des Gebäudes ist. Dass sie die Anlage vor 1976 errichten ließ, hat im Übrigen auch die Beschwerdeführerin nicht behauptet, der Umstand, dass die Anlage noch nicht "abgenommen", d.h. die Bestätigung der ordnungsgemäßen Installation und Funktion der Anlage durch die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht erfolgt war, lässt überdies darauf schließen, dass die Installation erst vor kurzer Zeit erfolgte.
Da für die sowohl im Zeitpunkt der Errichtung als auch der Bescheiderlassung der Bewilligungspflicht nach § 61 BO unterliegende Anlage der Beschwerdeführerin keine Bewilligung erteilt wurde, erging der auf § 129 Abs. 10 BO gestützte Auftrag an die Beschwerdeführerin zu Recht.
Ob tatsächlich eine im Sinne des § 6 Abs. 8 BO für gemischte Gebiete unzumutbare Belästigung der Nachbarschaft herbeigeführt würde, ist erst im allfälligen Bewilligungsverfahren nach § 61 BO zu klären, erst in einem derartigen Bewilligungsverfahren können auch die in der zitierten Bestimmung angeführten Auflagen vorgeschrieben werden.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am