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VwGH vom 12.09.1997, 96/19/0101

VwGH vom 12.09.1997, 96/19/0101

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der M N in Wien, geboren 1994, vertreten durch Dr. Harald Bisanz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 14, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 304.152/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Antrag der in Österreich geborenen Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom , gerichtet auf Familienzusammenführung mit ihrer Mutter, wurde mit rechtskräftigem Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom abgewiesen.

Am beantragte die Beschwerdeführerin neuerlich die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz und gab als Aufenthaltszweck Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft mit ihrem Vater an. Der Landeshauptmann von Wien wies mit Bescheid vom den Antrag der Beschwerdeführerin ab und begründete dies damit, daß der Vater der Beschwerdeführerin über keine der im § 3 Abs. 1 Z. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) genannten Aufenthaltsberechtigungen verfüge.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, ihr Vater befinde sich seit mit einer unbefristeten Aufenthaltsbewilligung und einer gültigen Arbeitsbewilligung in Österreich. Ohne "Visum" müsse die Beschwerdeführerin zurück nach Mazedonien, wo sie ohne Unterkunft wäre. Aus humanitären Gründen werde ersucht, den Bescheid zu widerrufen und ein Visum auszustellen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 AufG abgewiesen. Nach Wiedergabe des Gesetzestextes begründete die belangte Behörde ihren Bescheid damit, daß die Beschwerdeführerin Familiengemeinschaft mit ihren Eltern angegeben habe. Ungeachtet dessen, daß der Vater der Beschwerdeführerin im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung sei, richte sich ihr Ansuchen nach dem ihrer Mutter, da gerade diese es sein werde, die den Haushalt führe und der vorwiegend die Obsorge und Obhut über die Beschwerdeführerin zustehe, da dies dem Vater der Beschwerdeführerin, der einer Erwerbstätigkeit nachgehe, schon im Hinblick auf das Alter und die Tatsache, daß die Beschwerdeführerin als Baby der ausdrücklichen Mutternähe bedürfe, nicht möglich sein werde. Gerade im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen habe die Berufungsbehörde festgestellt, daß unter Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK die öffentlichen Interessen überwögen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 854/1995 ist ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern von Fremden, die aufgrund einer Bewilligung, eines vor dem ausgestellten Sichtvermerkes oder sonst gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 bis 5 rechtmäßig seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z. 3 und 4 eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1 AufG) vorliegt.

Die belangte Behörde geht darüber hinweg, daß im Antrag der Beschwerdeführerin unter Punkt 4 "Aufenthaltszweck" in lit. c zwar "Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft", und zwar mit "Sohn/Tochter" (gemeint wohl: als Tochter) angekreuzt ist, allerdings bei den folgenden Angaben zur Person dieses Familienangehörigen der Name des Vaters der Beschwerdeführerin, nämlich Isni N, sowie dessen Geburtsdatum angegeben wurde. Damit hat die Beschwerdeführerin als Aufenthaltszweck die Familiengemeinschaft mit dem Vater angestrebt.

Die belangte Behörde hat den rechtlichen Inhalt des § 3 AufG verkannt. Denn aus dem diesbezüglich unzweifelhaften Wortlaut der Norm ist im Falle, daß sich die angestrebte Bewilligung auf die Familienzusammenführung mit dem Vater bezieht, keine Befugnis der Behörden zu einer dem Wunsch der Antragstellerin entgegenstehenden Bevorzugung der Mutter ableitbar (vgl. dazu hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/19/1777).

Ausgehend von der unrichtigen Rechtsansicht, daß die Mutter im konkreten Falle diejenige Person sei, auf welche die angestrebte Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft abzustellen sei, hat sich die belangte Behörde trotz des von ihr genannten Umstandes, daß dem Vater der Beschwerdeführerin eine Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde, nicht damit befaßt, ob der Vater der Beschwerdeführerin rechtmäßig seit mehr als zwei Jahren seinen Hauptwohnsitz in Österreich hatte.

Aus dem Verwaltungsakt ist zu ersehen, daß dem Vater der Beschwerdeführerin ein unbefristeter Wiedereinreisesichtvermerk vom sowie ein weiterer unbefristeter Wiedereinreisesichtvermerk vom erteilt wurde.

Hätte die belangte Behörde diese Feststellungen getroffen, so hätte sie zu dem Ergebnis gelangen können, daß der Vater der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde die im § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG genannten Erfordernisse erfüllt hätte, weshalb der Beschwerdeführerin ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach Maßgabe des § 2 Z. 3 und 4 AufG zugekommen wäre. Eine Ermessensentscheidung der belangten Behörde gemäß § 4 Abs. 1 AufG wäre somit ausgeschlossen gewesen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit einem sogenannten sekundären Verfahrensmangel behaftet und war wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebührenersatz war nur in Höhe von S 270,-- (Beschwerde zweifach, angefochtener Bescheid einfach) zuzusprechen.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert werden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Fundstelle(n):
EAAAE-56174