VwGH vom 18.11.2003, 2003/05/0062

VwGH vom 18.11.2003, 2003/05/0062

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde des Ing. Alois Hofbauer in Gföhl, vertreten durch Dr. Helmut Malek, Rechtsanwalt in Krems, Dinstlstraße 6, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1- V-02016/01, betreffend Erlassung eines Beseitigungsauftrages (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadtgemeinde Gföhl, vertreten durch den Bürgermeister, 2. Josef Ettenauer und 3. Margit Ettenauer, beide in Gföhl, Brunnkandlallee 34), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom , eingelangt bei der mitbeteiligten Stadtgemeinde am , beantragte der Beschwerdeführer die Erlassung eines Abbruchauftrages für einen Schilfzaun, der direkt an seiner Grundgrenze durch das Ehepaar Ettenauer (zweit- und drittmitbeteiligte Parteien) errichtet worden sei. Die Genannten hätten neben dem hölzernen Zaun des Beschwerdeführers auf einer Länge von 13 m an der Grundgrenze einen ca. 2 m hohen Schilfzaun ohne Bauverfahren errichtet. Ein derartiges Bauwerk sei nach § 92 NÖ Bauordnung bewilligungspflichtig. Dieses illegale Bauwerk verstoße gegen subjektiv-öffentliche Rechte des Beschwerdeführers, nämlich den Brandschutz und die Bauweise. Durch die leicht brennbaren Schilfmatten neben dem Holzzaun des Beschwerdeführers sei der Beschwerdeführer einer ständigen Brandgefahr ausgesetzt, bei der Zaunerrichtung hätten die Mitbeteiligten den 3-metrigen Schutzstreifen nicht eingehalten, sodass der Beschwerdeführer seinen Zaun nicht ausbessern könne.

Mit Antrag vom , eingelangt bei der Behörde am , stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht an den Gemeinderat der Stadtgemeinde Gföhl, weil über den dem Devolutionsantrag in Kopie beigelegten Antrag vom nicht entschieden worden sei.

Nachdem dem Beschwerdeführer seitens der mitbeteiligten Gemeinde mitgeteilt worden war, dass die Schilfmatte entfernt würde, er gegen diese Mitteilung Vorstellung erhoben hatte und diese Vorstellung mit Bescheid der belangten Behörde vom mangels Vorliegens eines Bescheides als unzulässig zurückgewiesen worden war, hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom über den Devolutionsantrag dahingehend entschieden, dass die Forderung, die Entfernung der Schilfmatten vorzuschreiben, abgelehnt werde, weil die in Frage stehende Schilfmatte bereits zur Gänze am entfernt und seither nicht wieder errichtet worden sei.

In der dagegen eingebrachten Vorstellung führte der Beschwerdeführer u.a. aus, es sei ein 13 m langer Gartenzaun, bestehend aus vier Eisenstehern samt Seitenabstützungen und Eisenquerverbindungen, die im Asphaltboden fundamentiert seien, mit einer darauf angebrachten Schilfmatte abstandslos zu seinem hölzernen Gartenzaun errichtet worden.

Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Nach Zitierung der § 2 Z. 5 und § 92 Abs. 1 Z. 2 der NÖ Bauordnung 1976 sowie des § 4 Z. 3 und 4 der NÖ Bauordnung 1996 wurde im Wesentlichen ausgeführt, von den Zweit- und Drittmitbeteiligten seien fünf Eisenrohre in einem Abstand von einigen Zentimetern zur Außenbetonsockelkante, auf der ein Holzzaun des Beschwerdeführers montiert sei, entlang dessen seitlicher Grundstücksgrenze aufgestellt worden. Da sowohl dem Bauakt als auch dem Bescheid des Gemeinderates selbst zu entnehmen sei, dass die Schilfmatten zur Gänze am entfernt und seither nicht wieder angebracht worden seien, erweise sich das Vorstellungsvorbringen, wonach die Schilfmatten angebracht seien, als aktenwidrig. Gegenstand der Beurteilung seien ausschließlich die Eisensteher, da die Aufsichtsbehörde ihrer Beurteilung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Baubehörde zweiter Instanz heranzuziehen habe. Entgegen dem Vorstellungsvorbringen sei gemäß § 92 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1976 nicht jede Art von Einfriedung bewilligungspflichtig, sondern eine Einfriedung gegen eine öffentliche Verkehrsfläche. Im vorliegenden Fall sei nicht einmal eine Sockelmauer errichtet worden, sondern es seien die Eisensteher, die im Beurteilungszeitpunkt nicht einmal der Befestigung eines Zaunes dienten, direkt ins Erdreich versetzt worden. Von den bestehenden Eisenrohren sei eine Gefahr nicht zu befürchten und es sei auch nicht erfindlich, weshalb von nicht brennbaren Metallrohren eine Brandgefahr ausgehen könne, eine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 118 Abs. 9 Z. 1 (Brandschutz) und Z. 4 (Bebauungsweise) der NÖ Bauordnung 1976 könne nicht ernsthaft behauptet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Ihrer Gegenschrift hat sie Lichtbilder, aufgenommen vom , beigelegt, aus welchen hervorgeht, dass auch zu diesem Zeitpunkt keine Schilfmatte an den fünf Eisenrohren angebracht war und die Eisenrohre ohne Querverbindung und ohne sichtbares Fundament in den Boden gerammt waren. Dem Beschwerdeführer wurde ein Lichtbilderbogen zur Stellungnahme übermittelt. Er hat sich dazu in der eingeräumten Frist dahingehend geäußert, dass die Schilfmatte nur provisorisch entfernt worden sei, die Eisensteher im Asphaltboden fest verankert seien und der Holzzaun des Beschwerdeführers durch das zwischen Holzzaun und Schilfmatten entwickelte Mikroklima und Schneedruck beschädigt worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Verfahren ist seit Einlangen des Antrages des Beschwerdeführers am anhängig. Damals stand die NÖ Bauordnung 1976 in Geltung. Auf Grund der Übergangsbestimmung des § 77 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1996 sind die am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes (das war der ) anhängigen Verfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen.

Gemäß § 118 Abs. 8 NÖ BO 1976 hatten Nachbarn Parteistellung im Bauauftragsverfahren, wenn sie durch den vorschriftswidrigen Bau in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt werden.

Gemäß § 118 Abs. 9 leg. cit. werden subjektiv-öffentliche Rechte der Anrainer durch jene Vorschriften begründet, die nicht nur den öffentlichen Interessen dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über 1. den Brandschutz; 2. den Schutz vor anderen Gefahren, die sich auf die Anrainergrundstücke ausdehnen können; 3. die sanitären Rücksichten wegen ihres Einflusses auf die Umgebung; 4. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe und die Abstände der Fluchtlinien zur Erzielung einer ausreichenden Belichtung.

Es müssen, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, zwei Voraussetzungen vorliegen, damit es zu einem Beseitigungsauftrag gemäß § 113 Abs. 2 Z. 2 NÖ BO 1976 auf Grund eines Nachbarantrages kommen kann: Die Anlage muss baubewilligungspflichtig und der Anrainer muss in einem subjektiven öffentlichen Recht beeinträchtigt sein (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/05/0097). Eine weitere Voraussetzung für die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages ist, dass die den Gegenstand des Verfahrens bildendende bauliche Anlage sowohl im Zeitpunkt ihrer Errichtung als auch im Zeitpunkt der Erlassung des behördlichen Auftrages bewilligungspflichtig war bzw. ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/05/0101, BauSlg. Nr. 1207).

Der Beschwerdeführer hat einen Antrag auf Erlassung eines Beseitigungsauftrages für einen Schilfmattenzaun gestellt. Auf Grund der im Gegenstand durchgeführten Ermittlungen vor Erlassung des Bescheides des Gemeinderates ist davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des genannten Bescheides keine Schilfmatte mehr angebracht war, sondern nur mehr fünf Eisenrohre vorhanden waren, an denen vorher die Schilfmatten befestigt waren. Die Erlassung eines Beseitigungsauftrages hinsichtlich der Schilfmatten war schon wegen deren Nichtvorhandenseins zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Gemeinderates nicht mehr zulässig. Schon deshalb konnte der Antrag des Beschwerdeführers nicht positiv erledigt werden. Überdies sind sowohl der Gemeinderat als auch die Vorstellungsbehörde zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass die Errichtung von fünf Eisenstehern, die keiner Einfriedung gegen öffentliche Verkehrsflächen dienen, nicht der Bewilligungspflicht nach § 92 Abs. 1 Z. 2, oder anderer dieser Ziffern der NÖ Bauordnung 1976 unterliegen, weil von diesen Stangen keine Brandgefahr ausgehen und auch sachverhaltsbezogen keine Gefahr für Personen oder Sachen entstehen kann.

Die fünf Stangen unterliegen auch nicht der Bewilligungspflicht nach § 14 oder der Anzeigepflicht nach § 15 der NÖ BO 1996, weil keines der im § 6 Abs. 2 leg. cit. angeführten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt wird. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist für fünf einzelne Eisenrohre keine Einhaltung eines "drei Meter breiten Schutzstreifens" erforderlich, weil sich der Bauwich nur auf den Abstand eines Gebäudes von der Grundstücksgrenze bezieht (vgl. auch dazu das o. a. Erkenntnis vom ).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen sind die fünf Metallsteher auch nicht unmittelbar am Zaun des Beschwerdeführers angebracht, sondern, wie der Gegenschrift und den dieser beigelegten Fotos zu entnehmen ist, in einer Entfernung von 10 cm von dem Zaun, sodass nicht erkennbar ist, inwiefern von diesen Stangen (ohne Schilfmatten) eine Gefahr für Gegenstände, etwa den Zaun des Beschwerdeführers, ausgehen könnte.

Ausgehend von dieser Sach- und Rechtslage ist schon der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde ohne Rechtsirrtum zum Ergebnis gelangt, dass dem Antrag des Beschwerdeführers, einen Beseitigungsauftrag hinsichtlich des Schilfmattenzaunes zu erlassen, nicht stattgegeben werden könne.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, da der Sachverhalt hinreichend geklärt und die Rechtslage eindeutig ist und civil rights im Sinne des Art. 6 EMRK des Beschwerdeführers nicht berührt werden (vgl. das Erkenntnis VfSlg. 14.786).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am