VwGH vom 29.08.1995, 94/05/0336
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1) des T und 2) der N, beide in K und vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der NÖ LReg vom , Zl. R/1-V-94034/00, betreffend Anrainereinwendungen gegen ein Bauvorhaben (mP:1) Dipl.-Ing. HS in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W,
2) Stadtgemeinde K, vertreten durch den BM), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.080,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Anbringen vom beantragte die Architektin ES für den Erstmitbeteiligten als Bauwerber gemäß § 99a der Bauordnung für Niederösterreich die Bewilligung für den Neubau eines Zweifamilienhauses auf dem Grundstück Nr. 1865/106 Garten, inneliegend der Liegenschaft EZ. 5559 des Grundbuches K. Das zu bebauende Grundstück fällt von der südlich gelegenen R-Gasse Richtung Norden ab und grenzt dort an das den Beschwerdeführern gehörige Grundstück Nr. 1865/4, inneliegend der Liegenschaft EZ. 501 desselben Grundbuches.
In der mündlichen Bauverhandlung wendeten die Beschwerdeführer ein, die dem Bauansuchen beigelegte statische Berechnung nehme auf die Tragfähigkeit des Kellergewölbes keine Rücksicht. Es bestehe die Gefahr, daß durch die geplante Einziehung einer Säule eine Beschädigung des Kellergewölbes verursacht werde, die in weiterer Folge, insbesondere wegen des lehmigen Erdreichs in diesem Bereich, zu einem Abrutschen des gesamten geplanten Bauwerkes sowie zum Einsturz des Kellergewölbes führen könnte; dadurch wäre ihre Liegenschaft betroffen. An der Nordseite werde die vorgeschriebene Bauhöhe nicht eingehalten. Der Lichteinfall auf das Grundstück der Beschwerdeführer werde durch das geplante Bauwerk stark beeinträchtigt. Tatsächlich weise das projektierte Bauwerk zwei Obergeschoße auf. Die einzurichtende Senkgrube weise ein Ausmaß von 10 m3 auf, sodaß bei durchschnittlicher Benützung ein Auspumpen ca. zweimal im Monat erforderlich sein werde. Diesbezüglich sei die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht gegeben. Die Erker ragten aus der Dachschräge in unzulässiger Weise heraus. Weiters wurden Einwendungen bezüglich des Ortsbildes und der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs in der R-Gasse erhoben.
Mit Bescheid vom bewilligte der Bürgermeister der zweitmitbeteiligten Partei die Ausführung des beantragten Vorhabens unter Vorschreibung von Auflagen. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden als unbegründet abgewiesen, "weil diese Bedenken zufolge der Beurteilung der Baubehörde auf Grund des Sachverständigengutachtens sowie auf Grund des Ortsbildgutachtens nicht bestehen". In der Begründung wurde bezüglich des Einwandes der mangelnden statischen Berechnung ausgeführt, daß der Planung die statische Berechnung des Dipl.-Ing. HS, Zivilingenieur für Bauwesen,(also des Erstmitbeteiligten) zugrundeliege, welche sehr wohl die extreme Hanglage wie auch den bestehenden Keller berücksichtige. Auf Grund des im Bauplan vorgesehenen Abstandes von über 10 m zur Grundstücksgrenze der Beschwerdeführer sei eine Beeinträchtigung durch die Bauführung, auch wenn diese das Kellergewölbe betreffe, "nicht wahrscheinlich".
In der dagegen erhobenen Berufung machten die Beschwerdeführer u.a. geltend, die Entleerung der Senkgrube führe auch zu einer erheblichen Geruchsbelästigung der Beschwerdeführer, die statische Berechnung sei auch deshalb nicht richtig, da von einem "zerklüfteten Fels" als Unterboden ausgegangen werde, obwohl als Untergrund des zu errichtenden Gebäudes ein Kellergewölbe vorhanden sei. Ein allfälliges Absinken des geplanten Objektes hätte ein Abrutschen zur Folge, sodaß auch der festgestellte Abstand von etwa 10 m zur Grundstücksgrenze der Beschwerdeführer keine Sicherheitszone darstelle. Im übrigen werde auf die Einwendungen in der Bauverhandlung hingewiesen.
Mit dem an die erstmitbeteiligte Partei gerichteten Schreiben vom stellte die Rechtsabteilung der zweitmitbeteiligten Partei die Einholung eines statischen Gutachtens in Aussicht und forderte unter Hinweis darauf, daß die Gebäudekanten an der Giebelfront im gegenständlichen Fall maximal 8 m hoch sein dürften, zur Projektsänderung auf. Mit Schreiben vom teilte der Erstmitbeteiligte der zweitmitbeteiligten Partei mit, daß er sich auf Grund der von der Baubehörde vertretenen Rechtsansicht verpflichte, "unsere Planung ohne Gebäudeänderung, das heißt durch Tiefersetzen des Objektes zu adaptieren, sodaß diese Bestimmung eingehalten und die 8 m Traufenkante nicht überschritten wird. Weiters werden wir Ihnen ein statisches Gutachten über die abgeänderte Fundierung übermitteln, wobei die Konstruktion das vorhandene Gewölbe überspannt und auf eine Durchstoßung der Gewölbedecke verzichtet. Die Objektgründung wird dahingehend abgeändert, daß keine Objektlasten über und im Gewölbebereich auftreten, sie werden durch Einbau einer Wandscheibe in neben dem Objekt liegende Fundamente auf gewachsenem Boden eingeleitet. Dadurch wird jede, auch nur theoretische, Lastbeeinflussung auf das bestehende Gewölbe ausgeschlossen."
In der Folge übermittelte die erstmitbeteiligte Partei Auswechslungspläne, auf Grund deren die Gebäudehöhe insgesamt um 1,75 m abgesenkt und eine neue, gleichfalls vom Erstmitbeteiligten stammende statische Berechnung bezüglich der Fundierung des projektierten Hauses vorgelegt wurde.
Mit Schreiben vom teilte die zweitmitbeteiligte Partei den Beschwerdeführern mit, daß die Auswechslungspläne vorgelegt worden seien, wonach das gesamte Gebäude um 1,75 m in das Gelände hineingerückt werden soll, sodaß die Gebäudehöhe nirgends mehr als 8 m betrage und damit auch die ihnen zugewandte Gebäudefront entsprechend niedriger werde (auf eine beigelegte Fotokopie wurde verwiesen). Weiters soll das Gebäude nicht mehr durch das Gewölbe hindurch fundiert werden; eine entsprechende statische Berechnung sei ebenfalls vorgelegt worden. Die Beschwerdeführer wurden aufgefordert, in diese Unterlagen Einsicht und dazu Stellung zu nehmen.
Mit Schreiben vom teilte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer der zweitmitbeteiligten Partei mit, daß in die neuen Pläne Einsicht genommen worden sei, das gegenständliche Bauvorhaben auch in der nunmehr vorliegenden Form jedoch nicht genehmigt werden könne, "da es immer noch gegen zwingende Bestimmungen der NÖ-Bauordnung verstößt". Eine weitere Stellungnahme könne erst nach umfassenderer Information sowie Erläuterung des "neuen" Bauvorhabens im Rahmen einer weiteren Bauverhandlung erfolgen.
Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der zweitmitbeteiligten Partei die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid "insoweit (...), als das Bauvorhaben in der in den Auswechslungsplänen vom Oktober 1993, ha. eingelangt am , dargestellten Form baubehördlich bewilligt wird". In der Begründung führte die Baubehörde zweiter Instanz im wesentlichen aus, auf Grund der vorgelegten Auswechslungspläne sei das Gebäude "um 1,75 m tiefer in das gewachsene Gelände gedrückt und auch die Fundierung (...) den Einwendungen entsprechend unter Ausklammerung des bestehenden Gewölbes neu konzipiert" worden. "Ein ebenfalls vorgelegtes statisches Gutachten weist sie als dem Stand der Technik entsprechend aus. Auf Grund dieser Änderungen werden nunmehr keine Anrainerrechte mehr verletzt."
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Gestützt auf § 22 Abs. 4 letzter Satz und § 21 Abs. 4 der NÖ Bauordnung 1976 führte die belangte Behörde in der Begründung aus, im gültigen Bebauungsplan der zweitmitbeteiligten Partei sei für das gegenständliche Grundstück weder ein größerer hinterer Bauwich durch eine Baufluchtlinie festgelegt worden noch der hintere Bauwich aufgehoben worden. In den Einreichplänen sei der hintere Bauwich nicht kotiert und vom Stadtamt der zweitmitbeteiligten Partei auf S. 5 des Bescheides vom widersprüchlich bezeichnet worden (einmal mit "über 10 m" und einmal mit "über 8,5 m"). Den Lageplänen sei jedoch ein hinterer Bauwich von mindestens 8,5 m zu entnehmen. Da im gegenständlichen Fall eine Verletzung eines Anrainerrechtes durch das bewilligte Gebäude infolge des großen Bauwichs ausgeschlossen erscheine, könne eine Erörterung über die tatsächliche Gebäudehöhe des Bauvorhabens unterbleiben. Im übrigen hätten die Beschwerdeführer in ihrem Berufungsvorbringen auf die Zulässigkeit einer Gebäudehöhe von 9 m hingewiesen. § 47 Abs. 4 der NÖ Bauordnung 1976, welcher Bestimmungen über den Lichteinfall enthalte, begründe keine subjektiv-öffentlichen Anrainerrechte. Geringfügige Abänderungen eines Bauvorhabens dürften im Zuge des Berufungsverfahrens vorgenommen werden. Bei einer zulässigen Abänderung eines Projektes müsse von der Berufungsbehörde keine Bauverhandlung abgehalten werden. Der Nachbar habe keinen Rechtsanspruch auf eine von der Gebäudehöhe unabhängige Beschränkung der Geschoße. Der Nachbar besitze lediglich bezüglich der ihm zugewandten Gebäudefront einen Anspruch auf Einhaltung der Gebäudehöhe und könne durch Erker, die sich in einer ungefähren Entfernung von 14 m zu seiner Grundstücksgrenze befänden, nicht in seinen Rechten verletzt werden. § 23 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 1976 gestatte im übrigen im seitlichen Bauwich bis zu dessen halber Tiefe einen Erker. Mit dem Einwand der Geruchsbelästigung seien die Beschwerdeführer präkludiert. Weder bezüglich der Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen noch bezüglich der Vorschriften über den Schutz des Orts- und Landschaftsbildes käme den Nachbarn Parteistellung zu. Zur Einwendung betreffend die statische Sicherheit des Bauvorhabens werde festgehalten, daß gegenüber der Berechnung vom August 1992 die Fundamentierung in der Berechnung vom Oktober 1993 geändert worden sei. Diese Änderung bestehe nunmehr darin, daß das Kellergewölbe von der Konstruktion überspannt und die Gewölbedecke nicht durchstoßen werde. Somit träten durch die Objektsgründung im Gewölbebereich keine Objektlasten auf. Im übrigen hätten die Beschwerdeführer dem Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegentreten müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf ein gesetzmäßiges Bauverfahren verletzt, insbesondere werde das subjektive Recht der Beschwerdeführer auf Einhaltung der maximal zulässigen Gebäudehöhe sowie Errichtung des Gebäudes in Übereinstimmung mit der NÖ Bauordnung (was die Ansicht vom Grundstück der Beschwerdeführer aus betrifft) verletzt. Überdies würden die Beschwerdeführer in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt, daß ihr Eigentum (auf Grund der nicht nachgewiesenen Standsicherheit des geplanten Objektes) nicht durch das Bauprojekt auf dem Nachbargrund gefährdet werde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die erstmitbeteiligte Partei eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtig Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 118 Abs. 8 der NÖ Bauordnung 1976 (BO) genießen als Anrainer alle Grundstückseigentümer Parteistellung gemäß § 8 AVG, wenn sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden.
Gemäß Abs. 9 dieser Gesetzesstelle werden subjektiv-öffentliche Rechte der Anrainer durch jene Vorschriften begründet, welche nicht nur den öffentlichen Interessen dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über
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2. | den Schutz vor anderen Gefahren, die sich auf die Anrainergrundstücke ausdehnen können; | |||||||||
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4. | die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe und die Abstände der Fluchtlinien zur Erzielung einer ausreichenden Belichtung. |
Gemäß § 30 Abs. 1 leg. cit. sind alle Bauwerke auf tragfähigem Boden und in frostfreier Tiefe zu gründen. Der Boden unter allen Teilen des Grundmauerwerkes darf nur in zulässigem Maß beansprucht werden.
Bezüglich der letztgenannten Vorschrift, die vor Gefahren einer übermäßigen Belastung des Baugrundes schützen soll, kommt den Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 8930/A). In Fragen der Statik und der Tragfähigkeit des Untergrundes steht den Nachbarn somit ein Rechtsanspruch insoweit zu, als sich eine Gefahr von der zu verbauenden Liegenschaft auf ihre Grundfläche zu erstrecken vermag (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 90/05/0039, und vom , Zl. 92/05/0070).
Fragen der Fundierung und Tragfähigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 BO sind Fachfragen, welche verläßlich nur durch einen Sachverständigen beantwortet werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/05/0015).
In diesem Zusammenhang ist von folgendem maßgeblichen Verfahrensgeschehen auszugehen:
In der mündlichen Verhandlung haben die Beschwerdeführer gegen die statische Berechnung des Erstmitbeteiligten im Hinblick auf die Tragfähigkeit des Kellergewölbes mit dem Hinweis Einwendungen erhoben, es bestehe wegen des lehmigen Erdreiches die Gefahr des Abrutschens des geplanten Bauwerkes sowie des Einsturzes des Kellergewölbes, wodurch die Liegenschaft der Beschwerdeführer in Mitleidenschaft gezogen werden könnte.
Das Gutachten des von der Baubehörde erster Instanz beigezogenen Bausachverständigen erstreckte sich auf die allgemeine Aussage, daß die Bestimmungen der NÖ Bauordnung eingehalten werden und gegen die Erteilung der Baubewilligung bei plan-, beschreibungs- und bedingungsgemäßer Ausführung seitens des Bausachverständigen keine Bedenken bestünden. Auf Grund der Berufung der Beschwerdeführer teilte die Berufungsbehörde dem Erstmitbeteiligten mit, daß "das vorgelegte statische Gutachten" unzureichend sei und zum Schutz der Anrainerrechte auch nicht hinreichend wäre. Amtlicherseits würde ein Gutachten eingeholt werden, von dessen Ergebnis es abhänge, ob das Projekt in der vorliegenden Form ausgeführt werden könne. In der Folge legte die erstmitbeteiligte Partei eine neuerliche statische Berechnung unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren erfolgten Projektsänderung vor. Ein statisches Gutachten eines verfahrensfremden Gutachters wurde jedoch auch im Berufungsverfahren nicht eingeholt.
In der Vorstellung rügten die Beschwerdeführer als Verfahrensmangel, daß trotz der erfolgten Projektsänderung keine neue Bauverhandlung von der Baubehörde zweiter Instanz durchgeführt und den Beschwerdeführern damit die Möglichkeit genommen worden sei, zu den Auswechslungsplänen und den vorgelegten statischen Berechnungen entsprechende Erläuterungen zu bekommen.
Im angefochtenen Bescheid führte die belangte Behörde diesbezüglich nur aus, daß auf Grund der Änderung der statischen Konstruktion keine Objektlasten mehr auftreten und die Beschwerdeführer im übrigen dem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten seien.
Aus diesem Verfahrensablauf ergeben sich folgende rechtlichen Schlußfolgerungen:
Eine Projektsänderung ist dem Bauwerber bei Widerspruch zu baurechtlichen Bestimmungen von der Behörde nahezulegen (vgl. Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 4. Auflage, S. 104). Im Berufungsverfahren ist eine Änderung eines Bauvorhabens jedoch nur insoweit zulässig, als es sich noch um dieselbe Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG handelt. Bei Änderungen des Projektes im Zuge des Berufungsverfahrens ist - auch wenn sie im Interesse des Nachbarn erfolgen - die Änderung des Projektes im Berufungsbescheid zum Ausdruck zu bringen (vgl. Hauer, a.a.O., S. 127 f). Durch die Projektsänderung darf dem Nachbarn nicht das Recht genommen werden, seine Rechte im Verfahren zu wahren.
Aus § 66 Abs. 4 AVG ergibt sich, daß die Berufungsbehörde grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden hat. Sie hat gemäß § 66 Abs. 1 AVG notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durch die Behörde erster Instanz durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen. Nur wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, kann die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 2 AVG den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen; auch in einem solchen Fall kann jedoch die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 3 AVG die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme selbst durchführen, wenn hiemit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.
Ob die Berufungsbehörde eine Verhandlung durchzuführen hat, ist daher nach § 66 AVG und nicht - wie die Beschwerdeführer ausführen - nach § 99 BO zu beurteilen.
Die Berufungsbehörde hat zum Nachweis der hinreichenden Fundierung und Tragfähigkeit des bewilligten Projektes ihrem Bescheid nur die von der erstmitbeteiligten Partei angestellten statischen Berechnungen zugrundegelegt. Ein Sachverständiger im Sinne des § 52 AVG zur Überprüfung der projektierten Fundierung und Tragfähigkeit (§ 30 Abs. 1 BO) wurde von der Berufungsbehörde jedoch nicht beigezogen. Hiezu wäre jedoch die Berufungsbehörde zwecks Erforschung der materiellen Wahrheit im Sinne der dargestellten Rechtslage verpflichtet gewesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 83/04/0263). Auf welches Gutachten sich die Vorstellungsbehörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides bezieht, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar.
Mangels Beiziehung des erforderlichen Sachverständigen belastete die Berufungsbehörde ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Dieser von den Beschwerdeführern auch in der Vorstellung geltend gemachte Verfahrensmangel ist schon deshalb relevant, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß auf Grund des Gutachtens des beizuziehenden Sachverständigen im Sinne des § 52 AVG das gegenständliche Projekt infolge Verstoßes gegen § 30 Abs. 1 BO als nicht bewilligungsfähig erkannt wird.
Die belangte Behörde verkannte daher die Rechtslage, wenn sie davon ausging, daß der vom Verwaltungsgerichtshof aufgezeigte, von den Beschwerdeführern bereits in der Vorstelltung geltend gemachte Verfahrensmangel der Berufungsbehörde nicht vorliegt. Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grunde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, weshalb sich auch ein Eingehen auf das übrige Beschwerdevorbringen erübrigt.
Für das fortgesetzte Verfahren weist der Verwaltungsgerichtshof noch darauf hin, daß der Nachbar ein Recht auf Einhaltung einer bestimmten Gebäudehöhe bezüglich der ihm zugewandten Gebäudefront durchsetzen kann (vgl. das zuletzt ergangene hg. Erkenntnis vom ,
Zlen. 94/05/0172, 0180) und ihm ein Rechtsanspruch darauf zusteht, daß eine Ausnahme von der Gebäudehöhe nach § 22 Abs. 5 NÖ Bauordnung nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen erteilt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 12.179/A).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Zuspruch des Schriftsatzaufwandes erfolgte im begehrten Umfang.