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VwGH vom 22.04.1992, 91/03/0040

VwGH vom 22.04.1992, 91/03/0040

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. I/7-St-W-9053, betreffend Übertretung des Luftfahrgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er sei am zwischen 14,35 Uhr und 15,12 Uhr im Gebiet Langenlebarn als verantwortlicher Pilot eines der Type und dem Kennzeichen nach bestimmten Luftfahrzeuges zur Durchführung eines Instrumentenübungsfluges in die militärische Grenzkontrollzone Tulln (MCTR Tulln) eingeflogen, ohne hiefür die Zustimmung der Militärflugleitung eingeholt zu haben. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 146 Abs. 1 LFG, BGBl. Nr. 253/1957, in Verbindung mit den §§ 75 und 5 LVR und § 4 Abs. 1 lit. b LFG sowie Anhang E Abschnitt C Abs. 6 zu den LVR begangen, weshalb über ihn gemäß § 146 LFG eine Geldstrafe von S 3.000,-- verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Anhang E Abschnitt C Abs. 6 der Luftverkehrsregeln 1967, BGBl. Nr. 56 (LVR), darf in die militärischen Kontrollzonen Zeltweg (MCTR Zeltweg) und Tulln (MCTR Tulln) mit Zivilluftfahrzeugen nur mit Zustimmung der in Betracht kommenden Militärflugleitung eingeflogen werden. (Die Fälle, in denen sich die Militärflugleitung nicht im Dienst befindet, scheiden im Beschwerdefall aus.)

Gemäß § 5 LVR hat der Pilot sich vor Beginn eines Fluges auf sorgfältige Weise mit allen zur Verfügung stehenden Unterlagen vertraut zu machen, die für den beabsichtigten Flug von Bedeutung sein können. Die Flugvorbereitung hat bei Flügen, die über Flugplatznähe hinausführen, sowie bei Instrumentenflügen ein sorgfältiges Studium der zur Verfügung stehenden neuesten Wettermeldungen und Wettervorhersagen zu umfassen, die für die beabsichtigten Flüge von Bedeutung sein können. Für den Fall, daß ein Flug nicht in der vorgesehenen Weise durchgeführt werden kann, sind Ausweichmaßnahmen zu planen und die hiefür notwendigen Betriebsstoffmengen vorzusehen.

Gemäß § 75 LVR sind Übertretungen dieser Verordnung gemäß § 146 des Luftfahrtgesetzes (LFG) strafbar.

Gemäß § 146 Abs. 1 LFG begeht, wer den Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen zuwiderhandelt oder zuwiderhandeln versucht, wenn nicht ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 300.000 S oder mit einer Arreststrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Liegen erschwerende Umstände vor, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden.

Die belangte Behörde gründete die wesentlichen Feststellungen auf die Anzeige des Bundesamtes für Zivilluftfahrt, auf die Angaben mehrerer Zeugen, die zum Sachverhalt eingehend befragt wurden, sowie vor allem auf das von ihr eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen für Luftfahrtangelegenheiten und legte hinreichend dar, warum sie darauf gestützt die Übertretung als erwiesen annahm.

Der Beschwerdeführer wendet sich in der vorliegenden Beschwerde auch nicht ausdrücklich gegen die Annahme der belangten Behörde, daß der objektive Tatbestand des ihm zur Last gelegten Deliktes erfüllt ist. Er stellt jedoch in Abrede, daß ihn ein Verschulden treffe. Das Beweisverfahren habe nicht ergeben, in welchem Ausmaß und aus welchen Gründen der Einflug in die militärische Kontrollzone stattgefunden habe. Er habe in diesem Zusammenhang auf unberechenbare Windverhältnisse zur Vorfallszeit hingewiesen, sodaß das Einfliegen in die MTCR Tulln nicht ausgeschlossen habe werden können. Er habe zum Beweise dafür die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet Flugmeteorologie und eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet Luftfahrtelektronik beantragt, da das Ausmaß für eine allfällige Verletzung des Beschränkungsgebietes für die Beurteilung der Verschuldensfrage von großer Bedeutung sei. Die belangte Behörde habe diese Beweise nicht aufgenommen, auch nicht dargelegt, warum sie dies nicht für erforderlich erachtet habe und zum Verschulden keine Feststellungen getroffen, weshalb diesbezüglich der Sachverhalt ergänzungsbedürftig geblieben sei.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG - vom Beschwerdeführer wird in den Beschwerdeausführungen zu Recht im gegebenen Zusammenhang auf diese Bestimmung Bezug genommen - genügt zur Strafbarkeit, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Wenn es der Beschwerdeführer unterlassen haben sollte, den Flug entgegen der ihm nach § 5 LVR obliegenden Verpflichtungen vorzubereiten, oder selbst bei einer solchen Vorbereitung den Flug trotz Kenntnis der Wetterverhältnisse auf diese nicht einstellte, sodaß es zu einem Einflug in die militärische Kontrollzone kam, für den der Beschwerdeführer unbestritten keine Zustimmung der Militärflugleitung hatte, handelte er fahrlässig und kann sich nicht auf mangelndes Verschulden berufen. Insbesondere konnte der Beschwerdeführer in Hinsicht auf die Bestimmung des § 5 LVR, wonach die Flugvorbereitung bei Instrumentenflügen auch ein sorgfältiges Studium der zur Verfügung stehenden neuesten Wettermeldungen und Wettervorhersagen zu umfassen hat, die für die beabsichtigten Flüge von Bedeutung sein können, mit dem bloßen Hinweis, es hätten zur Vorfallszeit unberechenbare Windverhältnisse geherrscht, nicht glaubhaft machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Solcherart bedurfte es auch nicht der Einholung der vom Beschwerdeführer beantragten Sachverständigengutachten, weil selbst dann, wenn diese die vom Beschwerdeführer behaupteten Umstände (Windverhältnisse, geringes Ausmaß der Verletzung) bestätigt hätten, in der Frage des Verschuldens für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen gewesen wäre und die belangte Behörde - wie sie in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführte - selbst bei Durchführung der beantragten Beweise zu keinem anderen Bescheid hätte gelangen können. Die Behauptung der Beschwerde, die belangte Behörde habe in keiner Weise dargelegt, warum sie die beantragten Beweise nicht für erforderlich erachtete, trifft sohin nicht zu. Der Beschwerdeführer hätte eben sein Flugverhalten so einrichten müssen, daß er trotz der herrschenden Verhältnisse nicht in die Kontrollzone einflog. Das Ausmaß der Verletzung des "Beschränkungsgebietes" ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers für die Frage, ob ihn an der Verletzung überhaupt ein Verschulden trifft, nicht von Bedeutung und stellt allenfalls ein Kriterium für das Ausmaß des Verschuldens dar.

Eine weitere Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt der Beschwerdeführer darin, daß drei Zeugen zum Zeitpunkte ihrer Befragung nicht von der Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit entbunden gewesen seien. Keiner dieser Zeugen sei, wie sich aus den Niederschriften über ihre Einvernahme ergebe, zur Amtsverschwiegenheit befragt worden. Dies erhelle auch aus einem Schreiben des Kommandos der Fliegerdivision, wonach sich der Sachbearbeiter nachträglich davon habe überzeugen müssen, ob eine solche Entbindung vorgelegen sei. Diese Zeugen hätten daher nicht einvernommen werden dürfen.

Gemäß § 48 Z. 3 AVG, welche Bestimmung gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, dürfen Organe des Bundes, der Länder, Bezirke und Gemeinden, als Zeugen nicht vernommen werden, wenn sie durch ihre Aussage das ihnen obliegende Amtsgeheimnis verletzen würden, insofern sie der Pflicht zur Geheimhaltung nicht entbunden sind.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, die drei Zeugen, um deren Aussagen es hier geht, seien im Zeitpunkte ihrer Befragung von der Pflicht zur Geheimhaltung nicht entbunden gewesen, ist aktenwidrig. Wie sich gerade aus dem vom Beschwerdeführer zitierten Schreiben des Kommandanten der Fliegerdivision ergibt, waren die drei Zeugen zum Zeitpunkte ihrer Einvernahme von der Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit entbunden.

Der Beschwerdeführer hält auch die Strafbemessung für rechtswidrig, weil von der belangten Behörde der Einflug in ein Beschränkungsgebiet als Übertretung eines Gebotes einer tatsächlichen "erheblichen Gefährdung des Flugverkehrs" gleichgesetzt werde. Der Beschwerdeführer nimmt damit auf das Straferkenntnis der Vorinstanz Bezug, mit dem ihm gleichzeitig vorgeworfen wurde, daß es durch sein Verhalten auch zu einer erheblichen Gefährdung des Flugverkehrs gekommen sei (Übertretung des § 146 Abs. 1 LFG in Verbindung mit den §§ 75 und 3 Abs. 3 LVR). Hinsichtlich dieser Übertretung wurde von der Erstinstanz über den Beschwerdeführer ebenfalls eine Geldstrafe von S 3.000,-- verhängt, von der belangten Behörde der Berufung aber Folge gegeben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Die belangte Behörde lasse, so meinte der Beschwerdeführer, das Augenmaß vermissen, wenn sie - ohne das Verschulden auszuloten - beide Übertretungen für gleichwertig erachte.

Auch dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Aus dem Umstand, daß die belangte Behörde den Tatvorwurf hinsichtlich einer Übertretung, wegen der über den Beschwerdeführer von der Erstinstanz eine gleich hohe Strafe verhängt wurde, fallen ließ, kann nicht abgeleitet werden, daß die belangte Behörde deswegen, weil sie sich hinsichtlich der von ihr bestätigten Übertretung zu keiner Herabsetzung der Strafe veranlaßt sah, von einer "Gleichwertigkeit beider Übertretungen" ausgegangen sei. Die belangte Behörde hatte das Strafausmaß für die von ihr bestätigte Übertretung allein nach den Kriterien des § 19 VStG zu bemessen und hiebei keinen Vergleich der Wertigkeit mit anderen, von ihr dem Beschwerdeführer nicht angelasteten Übertretungen anzustellen. In Ansehung der Kriterien des § 19 VStG vermag der Verwaltungsgerichtshof aber nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde bei der Strafbemessung nicht von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte.

Auf die Frage, ob die Anmerkung der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift, daß die über den Beschwerdeführer verhängte Geldstrafe im Hinblick auf die Tatzeit nicht mehr vollstreckbar sei, weshalb keine "Beschwerde" mehr gegeben sein könne, in Hinsicht auf Art. II Abs. 2 der am in Kraft getretenen Verwaltungsstrafgesetz-Novelle 1987, BGBl. Nr. 516, richtig ist, war im vorliegenden Verfahren nicht einzugehen, weil ein Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers jedenfalls hinsichtlich der auch nach Eintritt der Vollstreckungsverjährung noch zulässigen Vollstreckung der Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens besteht (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 9822/A).

Die Beschwerde erweist sich jedoch als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.