VwGH vom 27.06.1996, 96/18/0250
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. M. Fellner, über die Beschwerde des A, in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. SD 1/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom wurde der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz- FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer, dessen Asylantrag im Jahr 1991 abgewiesen worden sei, habe zweimal einen Sichtvermerk, zuletzt einen bis gültigen, erhalten. Ein weiterer Sichtvermerksantrag des Beschwerdeführers sei aufgrund einer gerichtlichen Verurteilung wegen Suchtgifthandels abgewiesen worden. Mit Bescheid vom sei überdies ein Aufenthaltsverbot gegen ihn erlassen worden. Nach Aufhebung desselben (rechtswirksam mit ) habe er einen Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz gestellt, der (rechtskräftig) abgewiesen worden sei. Das Verfahren bezüglich eines weiteren Aufenthaltsbewilligungsantrages sei derzeit noch nicht abgeschlossen.
Demnach halte sich der Beschwerdeführer seit unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Lediglich bis zu diesem Zeitpunkt habe er über einen gültigen Sichtvermerk verfügt. Mit der Aufhebung des Aufenthaltsverbotes sei eine Aufenthaltsberechtigung i.S. des Aufenthaltsgesetzes nicht verbunden gewesen. Dies bedeute, daß er zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes () nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen sei, sodaß er einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nur vom Ausland aus habe stellen dürfen.
Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, so liege aufgrund des relativ langen, wenn auch überwiegend illegalen, Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich und im Hinblick auf seine familiären Bindungen (Ehegattin und Kind) ein mit dieser Maßnahme verbundener Eingriff in sein Privat- und Familienleben vor. Dessen ungeachtet sei aber die Ausweisung des Beschwerdeführers zum Schutz der öffentlichen Ordnung, im besonderen auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten. Der seit beinahe "drei" Jahren unrechtmäßige Aufenthalt, vor allem aber auch das weitere Verbleiben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach und trotz der Abweisung seines Antrages nach dem Aufenthaltsgesetz, gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maß. Auch die Eheschließung des Beschwerdeführers vermöge nicht zu seinen Gunsten auszuschlagen, weil sie zu einem Zeitpunkt () erfolgt sei, als er rechtens nicht mit einem längeren Aufenthalt in Österreich habe rechnen dürfen.
Sohin erweise sich die Ausweisung des Beschwerdeführers auch im Grunde des § 19 FrG als zulässig.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleiben die maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde, daß der dem Beschwerdeführer zuletzt erteilte Sichtvermerk (lediglich) bis gültig gewesen sei, daß er in der Folge keine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erlangt habe und auch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides über keine solche Bewilligung verfügt habe, unbestritten. Der von der belangten Behörde aus diesem Sachverhalt gezogene Schluß, daß sich der Beschwerdeführer (seit ) unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und daher - vorbehaltlich der Beurteilung der Zulässigkeit gemäß § 19 FrG - die Voraussetzungen für die Erlassung einer Ausweisung nach § 17 Abs. 1 leg. cit. gegeben seien, stößt auf keine Bedenken.
2. Die von der Beschwerde gegen diese rechtliche Beurteilung ins Treffen geführten Argumente sind nicht zielführend: Zunächst ist dem gesamten Vorbringen betreffend die angeblich unrichtige Entscheidung über den Aufenthaltsbewilligungsantrag die Rechtskraft derselben entgegenzuhalten. Schon deshalb ist mit den Behauptungen, der Beschwerdeführer sei zur Antragstellung vom Inland aus berechtigt, weshalb ihm bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens eine Aufenthaltsberechtigung zukomme, und es stehe ihm gemäß § 3 AufG ein Rechtsanspruch auf Aufenthaltsbewilligung zu, für die Beschwerde nichts zu gewinnen. Wenn sie dazu meint, daß die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers "insoferne nocht nicht rechtswirksam (ist), als das Verwaltungsgerichtshofverfahren noch ausständig ist", so ist ihr zu erwidern, daß die Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nichts an der Rechtskraft der solcherart bekämpften Entscheidung ändert. Daß der Beschwerde (allenfalls) aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, wird nicht behauptet.
Sollte der Beschwerdeführer indes mit seiner Ansicht, aufgrund des zulässigerweise im Inland gestellten Antrages komme ihm "bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens " eine Aufenthaltsberechtigung zu, auf den im angefochtenen Bescheid erwähnten Umstand Bezug nehmen, daß hinsichtlich eines weiteren Antrages des Beschwerdeführers das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei, so ginge auch dieser Einwand fehl. Denn die von der Beschwerde offenbar ausgesprochene Bestimmung des § 6 Abs. 3 AufG idF der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 wäre vorliegend - abgesehen davon, daß danach die Aufenthaltsberechtigung nicht über den Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides hinausreichen würde - nicht anwendbar, weil es an der dafür wesentlichen Voraussetzung, nämlich einer dem Beschwerdeführer erteilten Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, die einer (rechtzeitigen) Verlängerung zugänglich gewesen wäre, fehlte (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/18/0178).
3. Was die von der belangten Behörde vorgenommene Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG anlangt, so nahm sie - zutreffend - einen mit dieser Maßnahme verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers an. Wenn sie ungeachtet dessen die Ausweisung im öffentlichen Interesse für dringend geboten hielt, so begegnet diese Beurteilung - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht - keinem Einwand.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 96/18/0116, mwN). Dem somit gewichtigen und durch das Verhalten des Beschwerdeführers, inbesondere auch die Fortsetzung seines unrechtmäßigen Aufenthaltes trotz rechtskräftiger Abweisung seines Aufenthaltsbewilligungsantrages, in beträchtlichem Ausmaß gefährdeten öffentlichen Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens stehen die nicht sehr stark ausgeprägten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers gegenüber: Ein zwar etwa fünfjähriger Aufenthalt in Österreich, davon aber nahezu vier Jahre unerlaubt; das Bestehen einer Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin seit ca. drei Jahren, die allerdings zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, als sich der Beschwerdeführer schon mehrere Monate unrechtmäßig in Österreich aufhielt und aufgrund seiner (kurz danach zu einem Aufenthaltsverbot führenden) Verurteilung wegen Suchtgifthandels auch nicht mit einem künftigen rechtmäßigen Aufenthalt rechnen durfte; die Geburt eines gemeinsamen Kindes im Oktober 1993, somit zu einer Zeit, zu der gegen den Beschwerdeführer ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot bestand.
Auf dem Boden dieser Gegenüberstellung ist mit der belangten Behörde infolge Überwiegens des im Schutz der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gründenden öffentlichen Interesses die Notwendigkeit der Ausweisung des Beschwerdeführers zu bejahen.
4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Fundstelle(n):
VAAAE-55931