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VwGH vom 21.01.1997, 94/05/0215

VwGH vom 21.01.1997, 94/05/0215

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der B-GesmbH in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR-010835/5-1993 Stö/Lan, betreffend Abweisung eines Bauansuchens (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Seewalchen am Attersee, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am suchte die Beschwerdeführerin um die Baubewilligung für Neu-, Um- und Ausbauarbeiten von Baulichkeiten auf den Grundstücken Nr. nn/5, nn/6, n1/1, n1/9 und n1/10, KG Seewalchen, an. Das dort bestehende Villengebäude soll nach der Baubeschreibung in den äußeren Umrissen im wesentlichen unverändert bleiben, nur der vorhandene Eingang wird durch die neue Situierung der Hauptstiege etwas verschoben. Durch die Umbauarbeiten sollen im Gartengeschoß drei, im Erdgeschoß und ersten Stock je zwei und im Dachgeschoß drei Wohnungen geschaffen werden. Das Gartenhaus soll anstelle des bisher vorhandenen Gartenhauses neu errichtet werden, wobei im Erdgeschoß und im Dachgeschoß je drei Wohnungen vorgesehen sind. Unter Verwendung der bestehenden baulichen Anlagen soll weiters ein sogenanntes Terrassengeschoß errichtet werden, in welchem drei Wohnungen untergebracht sein sollen. Das Flachdach dieses ebenerdigen Gebäudes ist als Freiterrasse mit Kiesbelag vorgesehen; an der nord-westlichen Ecke befindet sich laut Plan ein turmartiger Aufbau aus Holz.

Die Beschwerdeführerin konnte sich anläßlich der Antragstellung auf einen Bescheid der Naturschutzbehörde vom berufen, wonach durch das Projekt solche öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, bei Einhaltung bestimmter Auflagen nicht verletzt werden.

Der durch Devolution zuständig gewordene Gemeinderat wies das Bauansuchen mit Bescheid vom gemäß § 45 Abs. 6 lit. a in Verbindung mit § 58 Abs. 3 der Oö Bauordnung 1976 ab. Das Vorhaben widerspreche der Bausperre, welche am vom Gemeinderat beschlossen (Rechtswirksamkeit am ) und am (Rechtswirksamkeit am ) erstmals verlängert worden sei. Aufgrund der durch die Beschwerdeführerin erhobenen Vorstellung behob die belangte Behörde mit Bescheid vom den Bescheid des Gemeinderates und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeindebehörde zurück. Der Beschwerdeführerin sei kein Parteiengehör zu dem dem (vorgehaltenen) bautechnischen Sachverständigengutachten zugrunde gelegten Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 37 (gemeint: Nr. 35) einschließlich der "Gestaltungsrichtlinien und Erläuterungen mit bindenden Vorschreibungen für die Bebauung" gewährt worden.

Zu den daraufhin im zweiten Rechtsgang der Beschwerdeführerin übermittelten Unterlagen führte sie in einer Stellungnahme vom aus, es existierten offenbar Bebauungspläne, die die Bezeichnung "Bebauungsplan Nr. 37", Seewalchen-Seeufer, trügen und die als Grundlage für die Stellungnahme des bautechnischen Sachverständigen herangezogen worden seien. Derartige Pläne seien der Beschwerdeführerin aber nicht zur Kenntnis gebracht worden. Die der Beschwerdeführerin übermittelten Bestandspläne wiesen entweder kein Datum oder das unverbindliche Datum "November 1990" auf und es fehlten die Unterschrift und das Siegel des Planverfassers. Im Bestandsplan vom November 1990 fehlten im Bezug auf die gegenständliche Villa die Darstellung des Vorbaues des Windfanges im Erdgeschoß, die Staffelung beim Nebengebäude, die südliche Terrassenaufmauerung und die am Ufer gelegene Badehütte. Diese Mängel seien wesentlich, da das Bauansuchen eine Erweiterung des Stiegenhauses im Bereich des nicht dargestellten Vorbaues vorsehe und das Ausmaß der bestehenden Baukörper für die Feststellung der Bebauungsdichte die Grundlage bilde. Angaben über die Fluchtlinien und über die Bebauungsdichte sowie die Höhenbegrenzungspunkte fehlten; die vorgelegten Pläne seien nicht einmal als "Vorentwurf" geeignet. Der Bebauungsplanentwurf weise die Tendenz auf, auf ohnehin bereits dicht bebauten Grundstücken weitere Verdichtungen zuzulassen, wogegen größere Grundstücke in dieser Hinsicht vollkommen eingeschränkt werden sollten. Offenbar solle das gegenständliche Bauvorhaben verhindert werden.

Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat das Baubewilligungsansuchen neuerlich gemäß § 45 Abs. 6 lit. a in Verbindung mit § 58 Abs. 3 der Oö Bauordnung 1976 ab. Das Vorhaben entspreche nicht der Zielsetzung der Bebauungsplanung und sei mit der Bausperre vom (Verlängerung der Bausperre 1991; im folgenden: Bausperre 1992) nicht vereinbar.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung. Die Gemeinde habe beabsichtigt, durch die Erlassung der Bausperre 1992 den zeitlichen Geltungsbereich der Bausperre 1989 über den gesetzlichen Höchstrahmen von 4 Jahren hinaus auszudehnen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. Der Gemeinderat habe seine Entscheidung zu Recht auf die am beschlossene Verordnung stützen können. Die von der Vorstellungsbehörde im ersten Rechtsgang aufgegriffenen Verfahrensmängel seien insoferne geheilt, als der Vorstellungswerberin der aktuelle Stand der Bebauungsgrundlagen bzw. der Planung zur Kenntnis gebracht worden sei. Keine Bedenken bestünden dagegen, daß durch diese Bausperre zumindest in Teilbereichen des Planungsgebietes eine Baumöglichkeit praktisch nicht über die Grenzen des Altbestandes hinaus ermöglicht werden solle.

Der Verfassungsgerichtshof wies die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde mit Erkenntnis vom , B 1256/93, ab und sprach aus, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden sei, und trat die Beschwerde antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof ab. Bei der Bausperre 1992 handle es sich um die - zulässige - zweite Verlängerung der Bausperre 1989. Unter "Neuplanung" im Sinne des letzten Satzes des § 58 Abs. 1 der Oö Bauordnung 1976 sei sowohl eine beabsichtigte erstmalige planliche Festlegung (wie hier) als auch die Änderung eines vorhandenen Planes zu verstehen. Die Absicht, erstmals einen Bebauungsplan zu erlassen, mit welchem der gegebene Bestand festgeschrieben werden solle, könne daher durchaus eine zulässige Voraussetzung für eine Bausperre sein. Die Festlegung des Zieles, eine bestimmte Bebauung zu verhindern, erfordere weiters die Berücksichtigung von Interessen des Landschaftsschutzes. Die Aussage im Vorstellungsbescheid vom betreffend die Bezeichnung des Bebauungsplan-Entwurfes (Nr. 37 statt Nr. 35) beruhe lediglich auf einem Zitierfehler. Der Bebauungsplan-Entwurf entfalte keine normative Wirkung; der Umstand, ob die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Bebauungsplanes erschwere oder verhindere, sei gegebenenfalls von der Behörde im Wege des Ermittlungsverfahrens festzustellen. Auch insoweit sei aus dem Inhalt des angefochtenen Bescheides in Verbindung mit den zugrundeliegenden Verwaltungsakten und dem Ablauf des Verwaltungsgeschehens keine Willkür indizierende Verletzung von Verfahrensvorschriften erkennbar, sodaß dem Standpunkt der belangten Behörde unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes nicht entgegengetreten werden könne.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrer nach Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde in ihrem Recht verletzt, aufgrund eines ordnungsgemäßen Bauansuchens die beantragte Bewilligung zu erhalten.

Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstatte eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die gegenständlichen Grundstücke befinden sich in einem Gebiet, über welches durch Verordnung eine befristete Bausperre gemäß § 58 Abs. 1 der Oö Bauordnung 1976, LGBl. Nr. 35 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 82/1983 (im folgenden: BO), verhängt worden ist. Gemäß § 58 Abs. 3 BO kann in einem solchen Gebiet grundsätzlich nur eine Baubewilligung zum Abbruch von Gebäuden erteilt werden; jede andere Baubewilligung darf nur mit Zustimmung des Gemeinderates und nur dann erteilt werden, wenn die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Bebauungsplanes nicht erschwert oder verhindert.

In jenem Gebiet, in dem die für die Bauführungen in Aussicht genommenen Grundstücke liegen, herrschte zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Gemeinderates vom die Bausperre 1992 (die zweite Verlängerung der Bausperre 1989). Diese Verordnung lautet auszugsweise:

"§ 1

Gemäß § 58 Abs. 1 Oö. Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976 in der geltenden Fassung, wird für einen Bereich von Seewalchen a. A.-West, KG. Seewalchen a.A., eine Bausperre verhängt.

§ 2

Die Grenzen der Bausperre sind aus dem einen wesentlichen Bestandteil dieser Verordnung bildenden Lageplan vom zu entnehmen.

Die Bausperre ist deshalb erforderlich, weil in diesem Bereich der Uferbereich des Attersees belassen werden soll wie er jetzt ist bzw. eine dichtere Bebauung unterbunden werden soll.

....

§ 5

Die Bausperrverordnung wird mit dem auf den Ablauf der zweiwöchigen Kundmachungsfrist folgenden Tag rechtswirksam.

§ 6

Die Bausperre tritt entsprechend dem Anlaß, aus dem sie verhängt wurde, mit dem Rechtswirksamwerden des neuen Bebauungsplanes, spätestens jedoch nach einem Jahr außer Kraft, wenn sie nicht verlängert wird. ..."

Diese Verordnung wurde durch Anschlag an der Amtstafel der mitbeteiligten Gemeinde vom 9. bis kundgemacht und ist gemäß ihrem § 5 am in Kraft getreten.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in dem in der Sache ergangenen Erkenntnis gerade mit § 2 der Bausperre 1992 und der dort zum Ausdruck gebrachten Absicht des Verordnungsgebers, die Bausperre sei erforderlich, weil in diesem Bereich der Uferbereich des Attersees belassen werden soll, wie er jetzt ist bzw. weil eine dichtere Bebauung unterbunden werden soll, auseinandergesetzt und ausgeführt, daß die Absicht, erstmals einen Bebauungsplan zu erlassen, mit welchem der gegebene Bestand festgeschrieben werden soll, durchaus eine zulässige Voraussetzung für eine Bausperre sei. Die (ergänzten) Beschwerdeausführungen setzen sich zwar kritisch mit der Begründung des Verfassungsgerichtshoferkenntnisses auseinander, unterlassen aber Ausführungen dazu, inwieweit das Vorhaben mit der verhängten Bausperre in Einklang gebracht werden könne und inwieweit somit eine Verletzung einfachgesetzlicher Bestimmungen durch die Abweisung des Bauansuchens vorliege.

Gleichfalls abgelehnt hat der Verfassungsgerichtshof die Auffassung der Beschwerdeführerin, raumordnungsrechtliche Maßnahmen der Gemeinde seien in einem Gebiet unzulässig, in dem gemäß § 5 Abs. 1 des Oö Naturschutzgesetzes ohnehin jeder Eingriff in das Landschaftsbild verboten sei. Auch diesbezüglich beschränkt sich die Beschwerdeführerin auf eine Kritik am Verfassungsgerichtshoferkenntnis, ohne eine Verletzung ihrer einfach-gesetzlich gewährleisteten Rechte konkret darzutun.

Wie sich schon aus den rotgefärbelten Eintragungen im Lageplan ergibt, plant die Beschwerdeführerin nicht nur Umsondern auch Neubauten erheblichen Ausmaßes. Der Widerspruch zu § 2 zweiter Satz der Bausperre 1992 ist so offenkundig, daß es auf Details des Bebauungsplanentwurfes, etwa dahingehend, ob im Bestandsplan bei der Villa auch ein Windfang eingetragen ist oder nicht, keinesfalls ankommen kann. In diesem Zusammenhang hat schon der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, daß dem Bebauungsplanentwurf keine normative Wirkung zukommt und der Umstand, ob die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Bebauungsplanes erschwert oder verhindert, gegebenenfalls von der Behörde im Wege des Ermittlungsverfahrens festzustellen ist. Die Beschwerde zeigt nicht auf, wieso nach ihrer Auffassung die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Bebauungsplanes nicht erschwere oder verhindere bzw. inwiefern diesbezüglich den Verwaltungsbehörden Verfahrensverstöße anzulasten wären. Auf den Zitierfehler in dem im ersten Rechtsgang aufsichtsbehördlichen Bescheid hat schon der Verfassungsgerichtshof hingewiesen, sodaß sich eine diesbezügliche Erörterung erübrigt.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.