VwGH 19.03.2002, 99/05/0176
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | BauO NÖ 1976 §21 Abs4; |
RS 1 | Es kommt in Zusammenhang mit § 21 Abs. 4 NÖ BauO 1976 allein auf die konkrete Höhe des Projekts an, wenn es um die Frage geht, ob die halbe oder die volle Gebäudehöhe das Maß für den Bauwich bildet (Hinweis Erkenntnis vom , Zl. 91/05/0041). |
Normen | BauO NÖ 1976 §22 Abs1; BauO NÖ 1976 §22 Abs2; BauO NÖ 1976 §22 Abs6; |
RS 2 | Einem vorgezogenen Dach kommt im Hinblick auf die Bemessung der Gebäudehöhe keine Relevanz zu, weil allein die Schnittlinie zwischen der Gebäudefront und der Dachkonstruktion heranzuziehen ist (Hinweis auf das Erkenntnis vom , Zl. 94/05/0373, und die zeichnerischen Darstellungen in Hauer-Zaussinger, Nö BauO, 4. Auflage, 155 f). |
Norm | BauO NÖ 1976 §21 Abs4; |
RS 3 | Die beiden Voraussetzungen dafür, dass die volle Gebäudehöhe als Seitenabstand eingehalten werden muss ("ab der Bauklasse III und einer Gebäudelänge von 15 m"), müssen kumulativ vorliegen, wie sich schon aus der Verbindung "und" in § 21 Abs. 4 NÖ BauO 1976 ergibt (Hauer-Zaussinger, NÖ BauO, 4. Auflage, 148). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Dipl.Ing. Dr. Denis Bezard in Baden, vertreten durch DDr. Rene Laurer, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Gusshausstraße 2/5, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-V-98180/00, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadtgemeinde Baden in 2500 Baden, Hauptplatz 1, 2. Dipl. Ing. Gernot Meszaros-Bartak in 2500 Baden, Flamminggasse 77), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Begehren der mitbeteiligten Gemeinde auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
Das hier gegenständliche Bauverfahren wurde durch das Ansuchen des Zweitmitbeteiligten vom eingeleitet. Es betrifft die Errichtung eines villenartigen Einfamilienhauses auf dem Grundstück Nr. 257, EZ 1240, KG Mitterberg (Baden, Flamminggasse 77); das Baugrundstück ist ein Fahnengrundstück, der Zufahrtsstreifen führt zur Flamminggasse. Der Beschwerdeführer ist Hälfteeigentümer des Grundstückes Nr. 256 (Flamminggasse 79) welches nordwestlich sowohl an den Bauplatz als auch an den Zufahrtsstreifen angrenzt.
Über dieses Ansuchen fanden am 9. April und am Verhandlungen statt, wobei in der späteren Verhandlung vom Bauwerber ein insbesondere bezüglich der Darstellung der Zufahrt ergänzter Plan vorgelegt wurde. Vom Sachverständigen wurde in der Bauverhandlung festgestellt, es liege für das Baugrundstück die Bauklasse III vor, wobei das Gebäude eine anrechenbare Gebäudehöhe von 8,6 m aufweise und damit dieser Bauklasse entspreche, auf der dem Beschwerdeführer zugewendeten Seite weise das Gebäude eine Höhe von 7,44 m und einen Seitenabstand von 4 m auf. Die Zufahrt erfolge über die insgesamt 4 m breite Fahne von der Flamminggasse her über eine ansteigende Rampe mit einem Gefälle von 11,95 %, in der Folge entsprechend dem Geländeverlauf mit einer anschließenden Zufahrt in die im Kellergeschoß vorgesehene Garage mit einer Neigung von 14 %. Zur Sicherung der nachbarlichen Baubestände an der Grundgrenze längs der Fahnenzufahrt sei eine trogförmige Ausbildung in Stahlbeton im statisch erforderlichen Ausmaß vorgesehen.
Der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers wendete ein, die Gebäudehöhe würde das zulässige Maß übersteigen und die Seitenabstände zu seinem Grundstück entsprächen nicht der Bauordnung. Es fehlten statischen Berechnungen samt Konstruktionsplänen über die Tragfähigkeit der Konstruktionen, belasteten Mauerwerkskörpern sowie von anderen Bauteilen und ein Nachweis der ausreichenden Tragfähigkeit des Baugrundes. Eine ausreichende Fundamentierung auf Grund der Pläne sei nicht gesichert. Für das Nachbargrundstück ergäben sich veränderte Druck- und Feuchtigkeitsverhältnisse, deren Auswirkungen in Richtung statischer Sicherheit noch ungeklärt sei. Es wurde beantragt, ein geologisches und statisches Gutachten einzuholen, in welchem die zusätzliche Tragfähigkeit des Hanges unter Berücksichtigung des derzeitigen Baubestandes festzustellen wäre.
Mit Bescheid vom wurde die begehrte Baubewilligung erteilt; die Einwendungen des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers wurden zum Teil ab- zum Teil zurückgewiesen; Berücksichtigung fanden sie durch die Vorschreibung folgender Auflagen:
"24. Die Standsicherheitsnachweise, statischen Berechnungen, Bewehrungs- und Biegepläne sind erstellt oder zumindest überprüft von einem Zivilingenieur für Bauwesen noch vor Baubeginn der Stadtgemeinde Baden, Stadtbauamt, in einfacher Ausfertigung vorzulegen.
25. Im Zuge der Ausführung des Vorhabens ist zeitgerecht die Vornahme einer Rohbaubeschau (nach Eindeckung, das heißt vor Aufbringung des Verputzes oder der Verkleidung) bei der Stadtgemeinde Baden, Stadtbauamt, in kurzem Wege (fernmündlich) anzusuchen und eine Terminvereinbarung zu treffen. Die Beschau des Untergrundes der Fundamente sowie die Eisenbeschauten sind von einem Ziviltechniker durchzuführen oder ein Befund darüber dem Stadtbauamt unverzüglich zu übermitteln."
Zufolge Berufung des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers bestätigte der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom den erstinstanzlichen Bewilligungsbescheid vollinhaltlich, traf aber zusätzlich die Anordnung, dass die Seitenwände der Zufahrtsrampe mit geeigneten schallabsorbierenden Maßnahmen zu belegen seien.
Mit Schreiben vom zeigte der Bauführer den Beginn der Bauarbeiten an.
Einer gegen den Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers gab die belangte Behörde Folge, behob den Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde. Tragend für die Aufhebung durch die belangte Behörde war die Auffassung, dass § 30 der Nö BauO 1976 eine Regelung über die Abwehr von Gefahren, die sich auf Anrainergrundstücke ausdehnen können, zum Gegenstand habe und dass diese Vorschrift daher ein subjektiv öffentliches Anrainerrecht begründe. Im Hinblick auf den Seitenabstand von 4 m könne von vornherein eine Gefahr für das Grundstück des Beschwerdeführers nicht ausgeschlossen werden. Zur Frage der Fundierung und der Statik hätten die erforderlichen Gutachten vor Erlassung des Baubewilligungsbescheides eingeholt und dem Beschwerdeführer das Parteiengehör dazu gewährt werden müssen.
Auf Grund der aufhebenden Vorstellungsentscheidung wurde von Seiten der Baubehörde dem Bauwerber aufgetragen, die unter der Auflage 24 (und 25) vorgeschriebene Statik und Befunde, die bisher nicht vorgelegt worden seien, bis vorzulegen.
Mit Schreiben vom legte der seinerzeitige Planverfasser, Dipl. Ing. R.N., staatlich befugter und beeideter Zivilingenieur für Hochbau, eine statische Berechnung vom der Baubehörde vor. Dazu erklärte der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom , die statische Berechnung fehle bezüglich der Zufahrt zur Flamminggasse.
Dies hielt die Baubehörde mit Schreiben vom (dem vorliegenden Verwaltungsakt sind Verfahrensschritte im Baubewilligungsverfahren zwischen März 1988 und dem zuletzt genannten Schreiben nicht zu entnehmen) dem Zweitmitbeteiligten vor und trug ihm auf, bis längstens eine statische Berechnung über die Ausführung der Zufahrtsstützmauern vorzulegen.
Die im Akt erliegende statische Berechnung des Dipl. Ing. R.N. zur Zufahrt, datiert mit November 1985, dürfte in der Folge der Baubehörde vorgelegt worden sein, weil die Baubehörde mit Schreiben vom den Beschwerdeführer diesbezüglich zur Akteneinsicht aufforderte.
In seiner Stellungnahme vom machte der Beschwerdeführer verschiedene Mängel dieser Berechnungen geltend, weil insbesondere nicht die tatsächlich auftretenden Belastungen berücksichtigt worden seien und die maßgeblichen Nachweise fehlten. Es sei auch nicht bekannt, ob dem Auflagenpunkt 25 entsprochen worden wäre. Schließlich wird in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass die Gebäudehöhe mindestens 8 m betrage.
Darauf wurde von der Baubehörde Dipl. Ing. G.P. gemäß § 52 Abs. 2 AVG zum nichtamtlichen Sachverständigen zwecks Überprüfung der statischen Berechnung der Rampeneinfahrt, wie sie von Dipl. Ing. R.N. vorgenommen worden sei, bestellt.
Dieser Sachverständige setzte sich in seinem Gutachten vom mit den statischen Berechnungen des Dipl. Ing. R.N. auseinander. Zu den Bodenkennwerten, Lastansätzen und der Erdruckverteilung führte er aus, dass der Beiwert des aktiven horizontalen Erddruckes richtig angesetzt worden sei. Die seitliche Auflast auf dem höheren Niveau hätte nach der im Erstellungszeitpunkt gültigen ÖNORM zwar anders angesetzt werden müssen, eine Neuausgabe der ÖNORM per November 1988 habe den anzusetzenden Wert aber reduziert; auf Grund der neuen Berechnung ergebe sich, dass sich der Gesamterddruck auf der höheren der beiden Seitenwände um 4 %, somit um ein, wie der Sachverständige ausführt, vergleichsweise unbedeutendes Ausmaß erhöht habe. Es sei aber als Berechnungsquerschnitt der ungünstige Punkt der gesamten Stützmauer ausgewählt worden und in allen anderen Querschnitten die Standsicherheit höher. Die Ermittlung der Kippsicherheit sei unter Außerachtlassung der begünstigenden Wirkung des Erddruckes auf der gegenüberliegenden Wand erfolgt und liege auch unter Berücksichtigung der vom Sachverständigen vorgenommenen Korrekturen für Erddruck und Sohlplattengewicht über dem geforderten Wert. Die Gleitsicherheit sei bei weitem gegeben. Eine Ermittlung der Sicherheit gegen Grundbruch erübrige sich wegen offensichtlicher Bedeutungslosigkeit. Die Neubemessung der Seitenwand unter Beachtung des vom Sachverständigen ermittelten Erddruckes habe keine signifikante Mehrbewehrung ergeben. Ergänzt wurde vom Sachverständigen die bisher nicht durchgeführte Bemessung der Sohlplattenstreifen, wobei der Sachverständige ausführt, dass sich hier ein außerordentlich hoher, vom Sachverständigen bezifferter, Bewehrungsbedarf errechne. Da es dem Sachverständigen nicht möglich war, sich über die tatsächlich eingebaute Bewehrungsmenge verlässlich Kenntnis zu verschaffen, konnte er keine fundierte Aussage über die gegenwärtige Standsicherheit dieses Bauteiles treffen.
In seiner Stellungnahme dazu verwies der Beschwerdeführer auf den außerordentlich hohen Bewehrungsanteil und beantragte, die fehlenden Unterlagen diesbezüglich nachzufordern.
Mit Bescheid vom gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Berufung des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom keine Folge. Der Gemeinderat verwies auf das Gutachten vom , wonach es keine Probleme hinsichtlich der Bodenkennwerte bzw. Erddruckverteilung oder hinsichtlich der Bewehrung der Seitenwand gebe, wonach allerdings der Sachverständige einen hohen Bewehrungsbedarf für die Sohlplatte festgelegt habe. Die Berufungsbehörde führte dazu an, dass es sich um ein Projektgenehmigungsverfahren handle, sodass den vorgelegten statischen Berechnungen die grundsätzliche Realisierbarkeit des Projektes zu entnehmen sei.
Hinsichtlich der Höhe der der Liegenschaft des Beschwerdeführers zugewandten Gebäudefront wurde ausgeführt, dass auf Grund des gemittelten Niveaus des Eingangsbereiches von 277,45 m eine Gebäudehöhe von 7,39 m gegeben sei, welche somit unter 8 m liege, sodass auch der Bauwich von 4 m ausreichend sei.
In seiner dagegen erhobenen Vorstellung brachte der Beschwerdeführer zur Gebäudehöhe vor, dass von der Gemeindebehörde die Gebäudehöhe zu Unrecht aus der Differenz zwischen Schnittpunkt vom Geländeniveau bis zur unteren Dachkante (Traufenhöhe) festgestellt worden sei. Maßgeblich sei aber gemäß § 22 Nö BauO 1976 die Differenz bis zum horizontal über dem Schnittpunkt liegenden höchsten Punkt der Dachtraufe. Die Gebäudefront umfasse nämlich nicht nur die vertikal führenden Mauern, sondern auch das darüber etwas schräg aufgeführte Dach, sodass sich eine Gebäudehöhe von 8 m ergebe. Da die Gebäudelänge mehr als 15 m betrage, müsste der Bauwich in der Höhe der Gebäudehöhe eingehalten werden. Bezüglich der statischen Berechnungen wurde ausgeführt, dass durch die eingereichten Pläne gerade die für die Standsicherheit und die Rutschfestigkeit des Geländes maßgebliche Frage ungeklärt geblieben sei. Zwar habe in der Auflage 24 und 25 ein Standsicherheitsnachweis Eingang in die Baubewilligung gefunden und sei auch vorgeschrieben worden, dass die Vornahme entsprechender Rohbeschauaufnahmen durch das Stadtbauamt bzw. durch einen Ziviltechniker vorzulegen wären, dies sei jedoch nicht erfolgt. Die Berechnungen des Dipl. Ing. R.N. hätten dieser Auflage nicht entsprochen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Die gemäß § 22 Abs. 6 zweiter Satz NÖ BauO 1976 festgelegte Gebäudehöhe sei nicht überschritten worden; die vom Beschwerdeführer gewählte Berechnungsmethode wäre im Geltungsbereich der Nö BauO 1996 anzuwenden, nicht aber wie hier im Geltungsbereich der Nö BauO 1976. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 21 Abs. 4 Nö BauO 1976 müsse der Bauwich nur die halbe Gebäudehöhe betragen. Schließlich könne der Berufungsbehörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie ausführe, dass den statischen Berechnungen die grundsätzliche Realisierbarkeit des eingereichten Bauprojektes zu entnehmen sei. Auf die tatsächliche Ausführung komme es nicht an.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, wobei sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Wahrung des Seitenabstandes in voller Gebäudehöhe, in seinem Recht auf Nichtüberschreitung der zulässigen Gebäudehöhe sowie in seinem Recht auf Sicherung vor Grundrutschungen durch entsprechende Fundierung sowie in einzelnen Verfahrensrechten verletzt erachtet. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Stadtgemeinde - eine Gegenschrift. Der Beschwerdeführer replizierte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Zeitpunkt des vorliegenden Bauansuchens galt zwar die Nö BauO 1976 in der Fassung der Novelle 8200-1, die Novelle 8200-6 enthielt aber die Übergangsbestimmung, dass anhängige Verfahren nach den neuen Vorschriften zu Ende zu führen seien. Die Novelle 8200-9 brachte nur insoferne eine Änderung, als die Begriffe "Baulichkeit" bzw. "Bauten" durch den Begriff "Bauwerk" ersetzt wurden. Im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides galt bereits die Nö BauO 1996, nach deren § 77 Abs. 1 aber anhängige Verfahren nach den bisherigen Bestimmungen fortzuführen waren, sodass die Nö BauO 1976 in der Fassung LGBl. 8200-9 (BO), zur Anwendung gelangt.
Soweit der Beschwerdeführer die Nichteinhaltung der zulässigen Gebäudehöhe und die Nichteinhaltung des zulässigen Seitenabstandes rügt, ist zunächst festzustellen, dass im Zeitpunkt des Bauansuchens - wie auch die mitbeteiligte Stadtgemeinde in ihrer Gegenschrift einräumt - für den gegenständlichen Bauplatz die Bauklasse III festgelegt war (und nicht, wie von der belangten Behörde festgestellt, die Bauklasse II). Die spätere Änderung (Festlegung der Bauklasse II) hatte auf das anhängige Bauverfahren gemäß § 8 Abs. 3 BO keinen Einfluss. Dass die Bauklasse III nicht eingehalten würde, behauptet auch der Beschwerdeführer nicht; er knüpft aber an die Festlegung der Bauklasse III bzw. auch an die im Projekt ausgewiesene Gebäudehöhe die Verletzung des gemäß § 21 Abs. 4 BO gebotenen Seitenabstandes. § 21 Abs. 4 BO lautet:
"Wenn im Bebauungsplan nicht durch eine Baufluchtlinie ein größerer seitlicher oder hinterer Bauwich festgelegt ist (§ 4 Abs. 2 Z. 3) und der hintere Bauwich auch nicht gemäß § 5 Abs. 7 aufgehoben ist, beträgt der Bauwich jeweils die Hälfte der Gebäudehöhe, mindestens aber 3 m. Ab der Bauklasse III und einer Gebäudelänge von 15 m beträgt der Bauwich die volle Gebäudehöhe. Sind zwei Bauklassen wahlweise festgelegt ..."
Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich mit dieser Bestimmung im Erkenntnis vom , Zl. 91/05/0041, auseinander gesetzt und ausgeführt:
"Die Formulierung 'beträgt die Hälfte der Gebäudehöhe .... ab
der Bauklasse III ... die volle Gebäudehöhe' macht deutlich, dass
der Abstand umso größer sein soll, je höher das Gebäude ist, und zwar bei Bauklasse I und II linear, ab der Bauklasse III progressiv ansteigend. Diese Absicht des Gesetzgebers wird aber nur verwirklicht, wenn der Verweis auf die Bauklasse III als ein Verweis auf die mit dieser Bauklasse festgelegte Gebäudehöhe (§ 5 Abs. 3 BO) und nicht etwa auf Festlegungen im Bebauungsplan verstanden wird. Die von den Verwaltungsbehörden vorgenommene Auslegung würde nämlich dazu führen, dass bei Bebauungsplanänderungen durch Reduzierung der Bauklasse auch bei Vorhandensein eines höheren Gebäudes weitere Bautätigkeiten auf den nun nicht mehr im Bauwich enthaltenen Flächen entfaltet werden könnten; damit würde die jedenfalls vom Gesetzgeber gewünschte Relation zwischen Höhe und Abstand unterlaufen werden."
Damit wurde aber in eindeutiger Weise zum Ausdruck gebracht, dass es allein auf die konkrete Höhe des Projekts ankommt, wenn es um die Frage geht, ob die halbe oder die volle Gebäudehöhe das Maß für den Bauwich bildet; lässt sich das Projekt der Bauklasse II unterordnen, muss nur die halbe Gebäudehöhe als Seitenabstand einhalten werden. Die Befürchtung des Beschwerdeführers, dass durch eine spätere Aufstockung die Abstandsbestimmung umgangen werden könnte, ist unbegründet, weil auch bei zurückgesetzten Geschoßen (wenn also der volle Bauwich nur bei der Aufstockung eingehalten wird) gemäß § 22 Abs. 1 BO die Deckenoberkante des zurück gesetzten Geschoßes für die Gebäudehöhe maßgeblich war; eine solche Aufstockung war also nicht bewilligungsfähig, weil der dadurch erforderliche Seitenabstand nicht eingehalten werden konnte.
Ob somit der hier gegebene Seitenabstand von 4 m ausreicht, hängt allein von der Frage ab, ob die höchstzulässige Gebäudehöhe der Bauklasse II (7 m gemäß § 5 Abs. 3 BO plus 1 m gemäß § 22 Abs. 1 BO, also 8 m) überschritten wird.
§ 22 BO lautet auszugsweise:
"§ 22
Höhe der Baulichkeiten
(1) Die Gebäudehöhe ist nach der mittleren Höhe der Gebäudefront über dem verglichenen Gelände zu bemessen; bei zurückgesetzten Geschossen ist deren Deckenoberkante für die Gebäudehöhe maßgebend. Die Höhe anderer Baulichkeiten wird nach der Lage ihres obersten Punktes über dem verglichenen Gelände bemessen, wobei untergeordnete Bauteile außer Betracht bleiben.
(2) Als Geländehöhe gilt grundsätzlich das Niveau der angrenzenden Verkehrsfläche. Weicht das Niveau der Verkehrsfläche von dem des zur Bebauung vorgesehenen Teiles des Bauplatzes ab, so ist die verglichene Geländehöhe maßgebend.
...
(6) Bei den Bauklassen I bis VIII darf die Anzahl der Vollgeschosse nicht größer sein als die Nummer der jeweiligen Bauklasse. Die Gebäudehöhe darf die im Bebauungsplan festgelegte Bebauungshöhe bis zur Bauklasse VII jeweils um höchstens 1 m, bei Giebelfronten um höchstens 4 m, überschreiten. Nebengebäude oder untergeordnete Gebäudeteile dürfen abweichend von der Bebauungshöhe errichtet werden, wenn sie das Ortsbild nicht stören.
..."
Unstrittig ist im vorliegenden Fall der untere Ausgangspunkt der Höhenberechnung bei der dem Beschwerdeführer zugewendeten Nordwestfront (277,45 m ü.A. bzw. 0,63 m unter der Fußbodenoberkante Erdgeschoß). Die Verwaltungsbehörden haben die Gebäudehöhe mit den 7,39 m angenommen, wie sie in der dem Beschwerdeführer zugewendeten Nordwestansicht bis zur (vorgezogenen) Dachunterkante kotiert ist. Der Beschwerdeführer zeigt aber richtig auf, dass einem vorgezogenen Dach keine Relevanz zukommt, weil allein die Schnittlinie zwischen der Gebäudefront und der Dachkonstruktion heranzuziehen ist (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/05/0373, und die zeichnerischen Darstellungen in Hauer-Zaussinger, Nö BauO4, 155 f).
Im vorliegenden Fall entspricht diese Schnittlinie, was sich aus dem Schnitt A-B eindeutig ergibt, der Fußbodenoberkante des Dachgeschoßes, die mit 7,06 m über der Erdgeschoßfußbodenoberkante kotiert ist, und sich damit 7,79 m über dem Ausgangsniveau befindet.
Dies räumt auch die mitbeteiligte Stadtgemeinde in der Gegenschrift ein und kommt so zur richtigen Gebäudehöhe von 7,79 m. Nicht nachvollziehbar ist die Behauptung des Beschwerdeführers, die nicht kotierte Verschneidung zwischen Dach und Frontmauer befinde sich etwa 50 cm darüber; offenbar versucht er damit die Berücksichtigung einer zurückgesetzten Fußpfette zu erreichen, obwohl die Dachkonstruktion eindeutig auf der Kante Front/Dachgeschoßfußboden aufsitzt.
Die somit ohne Weiteres aus dem Plan ermittelbare Gebäudehöhe beträgt 7,79 m und hält damit eine Festlegung der Bauklasse II ein, sodass der Bauwich jedenfalls nicht mehr als 4 m beträgt.
Damit spielt aber auch die Frage keine Rolle, ob eine Gebäudelänge von 15 m überschritten wird (was nach dem Plan eindeutig zu bejahen ist). Die beiden Voraussetzungen dafür, dass die volle Gebäudehöhe als Seitenabstand eingehalten werden muss ("ab der Bauklasse III und einer Gebäudelänge von 15 m"), müssen kumulativ vorliegen, wie sich schon aus der Verbindung "und" ergibt (Hauer-Zaussinger a.a.O, 148). Dem hat auch der Verwaltungsgerichtshof nicht, wie der Beschwerdeführer meint, im oben zitierten Erkenntnis vom widersprochen, weil dort nicht davon ausgegangen wurde, dass das Gebäude die Bauklasse II einhielt.
Der Beschwerdeführer wiederholt in der Beschwerde seine Einwendung, dass das Projekt bezüglich des an seiner Grenze geplanten Einfahrtstroges (und auch die tatsächliche Ausführung, worauf es allerdings im hier vorliegenden Baubewilligungsverfahren nicht ankommt) die Gefahr von Hangrutschungen beinhalte.
Gemäß § 30 Abs. 1 BO sind alle Bauwerke auf tragfähigem Boden und auf frostfreier Tiefe zu gründen, der Boden unter allen Teilen des Grundmauerwerkes darf nur in zulässigem Maß beansprucht werden. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass § 30 Abs. 1 vor den Gefahren einer übermäßigen Belastung des Baugrundes schützen soll und dass der Anrainer ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung dieser Vorschrift hat (siehe die Nachweise bei Hauer-Zaussinger, a.a.O., 466 f). Für die Beurteilung, ob ein Projekt der Bestimmung des § 30 Abs. 1 BO entspricht, ist auch § 97 Abs. 3 BO zu beachten, wonach die Baubehörde die Vorlage statischer Berechnungen samt Konstruktionsplänen über die Tragfähigkeit von Konstruktionen, belasteten Mauerwerkskörpern sowie von anderen Bauteilen und den Nachweis der ausreichenden Tragfähigkeit des Baugrundes verlangen kann, wenn dies zur baupolizeilichen Beurteilung des Vorhabens notwendig ist.
Das der Bauverhandlung zu Grunde gelegte Projekt enthielt bezüglich des Einfahrtstroges eine planliche Darstellung, wobei im Schnitt C-D die Beschreibung enthalten ist, dass die Ausführung in Stahltbeton nach statischen Erfordernissen erfolgt. Die Baubehörde hielt die Vorlage statischer Berechnungen für erforderlich, weshalb es zur Auflage Punkt 24 in der Baubewilligung kam. Der Bauwerber ist dieser Auflage zwar nicht fristgerecht (nicht vor Baubeginn), aber vor Erlassung des (bestätigenden) Berufungsbescheides im zweiten Rechtsgang nachgekommen. Eine Unvollständigkeit der vorgelegten Berechnungen hat der von der Behörde zur Prüfung herangezogene Sachverständige Dipl. Ing. G.P. beseitigt, indem er eine Bemessung der Sohlplattenstreifen vornahm.
Da hier alleine das Projekt zu beurteilen ist, kommt es weder darauf an, wie die von diesem Sachverständigen als erforderlich angesehene Bewehrung ausgeführt wurde, noch, ob das tatsächlich ausgeführte Bauwerk als standsicher zu beurteilen ist. Durch die Vorlage der statischen Berechnungen, die einer Überprüfung (wenn auch mit einer Ergänzung) standhielten, hat der Bauwerber seiner aus § 97 Abs. 3 BO bzw. dem Auflagenpunkt 24 resultierenden Verpflichtung entsprochen und damit auch die Anforderungen des aufhebenden Vorstellungsbescheides vom erfüllt. Durch die Erklärung des Projektwerbers im Plan, den Stahlbeton nach statischen Erfordernissen einzusetzen, liegt es allein in seinem Verantwortungsbereich, dass diese statischen Erfordernisse auch hinsichtlich des Bewehrungsbedarfes eingehalten werden. Ein Grund zur Versagung der Baubewilligung liegt somit nicht vor, weil das auch vom Sachverständigen als geeignet angesehene Projekt den statischen Erfordernissen entspechend geplant ist, sodass eine Beeinträchtigung des aus § 30 Abs. 1 BO resultierenden Nachbarrechtes nicht zu gewärtigen ist.
Damit erweist sich die Beschwerde aber insgesamt als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Kostenmehrbegehren der erstmitbeteiligten Gemeinde war abzuweisen (angesprochen wird Schriftsatzaufwand), weil sie nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war (§ 49 Abs. 1 VwGG idF der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997) und weil sich diese Bestimmung auch auf § 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG bezieht (hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/08/0269).
Da die Schriftsätze der Parteien erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, zumal keine Tatfragen offen blieben, konnte von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Wien, am
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Normen | BauO NÖ 1976 §21 Abs4; BauO NÖ 1976 §22 Abs1; BauO NÖ 1976 §22 Abs2; BauO NÖ 1976 §22 Abs6; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2002:1999050176.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAE-55819