VwGH vom 20.11.1991, 91/02/0097
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des Dr. NN in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom , Zl. MA 70-9/518/90/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am um 16.03 Uhr an einem näher bezeichneten Ort in Wien ein Kraftfahrzeug gelenkt und die durch Verbotszeichen gemäß § 52 Z. 10a StVO kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h überschritten, weil die mit einem Meßgerät festgestellte Fahrgeschwindigkeit 116 km/h betragen habe. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Z. 10a StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer bezeichnet sich in der Beschwerde als Kaufmann (nach der Aktenlage Hoteldirektor) und setzt seine Tätigkeit als "praktischer Arzt" selbst unter Anführungszeichen. Er behauptet Notstand, da es sich um eine dringende Intervention bei einem Patienten gehandelt habe.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann unter Notstand nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/18/0004).
Der Beschwerdeführer gesteht selbst zu, daß keine Anzeichen für eine unmittelbare Lebensgefahr bestanden. Er räumt auch ein, daß es möglich gewesen wäre, für den Patienten (der sich in K, somit außerhalb Wiens befand) die Rettung oder den Notarzt zu bestellen oder zu versuchen, einen in K ansässigen Kollegen zu erreichen.
Damit ist das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden:
Der Beschwerdeführer hätte der behaupteten Lage nämlich auf andere Art als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlung auf der Fahrt von Wien I nach K begegnen können. Soweit er vorbringt, der Zeitgewinn aus dem Einsatz von Notarzt und Rettung werde durch den Nachteil, daß der Patient dann nicht den seinen körperlichen Zustand kennenden "Arzt seines Vertrauens" beiziehen könne, ausgeglichen, ist ihm entgegenzuhalten, daß von jedem ausgebildeten Arzt (also auch von einem Rettungsarzt) die zweckentsprechende Behandlung eines Schwächeanfalles erwartet werden kann und daher die allenfalls dringende ärztliche Hilfeleistung nicht nur durch den Beschwerdeführer erbracht werden konnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/02/0176, in welchem sich der Gerichtshof eingehend mit der Frage von Interessenskollisionen im Zusammenhang mit ärztlichen Hilfeleistungen befaßt hat).
Schon im Hinblick auf das eigene Vorbringen des Beschwerdeführers bedurfte es auch keiner ergänzenden Befragung des vernommenen Zeugen.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.