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VwGH vom 07.11.2005, 2003/04/0109

VwGH vom 07.11.2005, 2003/04/0109

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der O GmbH in M, vertreten durch Dr. Hans Kröppel, Rechtsanwalt in 8650 Kindberg, Hauptstraße 7, gegen den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom , GZ: 15 N-03/03-17, betreffend Feststellungsverfahren nach dem Bundesvergabegesetz 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf "Feststellung, dass gemäß § 162 Abs. 3 BVergG 2002 wegen unzulässiger Ausscheidung unseres Anbotes der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis bzw. dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde" gemäß den §§ 162 Abs. 3 iVm 164 Abs. 1 Z 2 und 168 Abs. 3 BVergG 2002 als unzulässig zurückgewiesen.

Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf "Feststellung, dass uns andernfalls der Zuschlag als Bestbieter zu erteilen gewesen wäre" gemäß § 162 Abs. 3 BVergG 2002 mangels Zuständigkeit zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe folgenden Antrag gestellt:

"Das Bundesvergabeamt wolle feststellen, dass gemäß § 162 Abs. 3 BVergG 2002 wegen unzulässiger Ausscheidung unseres Anbotes der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis bzw. dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde und uns andernfalls der Zuschlag als Bestbieter zu erteilen gewesen wäre."

Dieser Antrag sei in zwei (Teil-)Anträge getrennt und in den Spruchpunkten I. und II. entschieden worden, um zu verhindern, dass der gesamte Antrag mangels Zuständigkeit der belangten Behörde hätte zurückgewiesen werden müssen.

Zu Spruchpunkt I. führte die belangte Behörde aus, die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) habe als öffentliche Auftraggeberin im Sinn des § 7 Abs. 1 Z 2 BVergG 2002 die "PACS-Verkabelung des UKH Kalwang" im Rahmen eines offenen Verfahrens ausgeschrieben; Gegenstand sei die Erbringung einer Bauleistung (EDV-Verkabelungsarbeiten) gewesen. Der Auftrag sei als Bauauftrag im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 1 BVergG 2002 zu qualifizieren und liege nach dem geschätzten Auftragswert von EUR 158.667,84 im Unterschwellenbereich. Vergebende Stelle sei die F & K GmbH gewesen. Die Beschwerdeführerin sei nach Öffnung der Angebote Billigstbieterin gewesen. Sie habe aber im Begleitschreiben zu ihrem Angebot erklärt, einzelne Punkte der Vertragsbestimmungen seien noch zu besprechen, die "Zahlungsbedingungen" seien noch zu vereinbaren und die Bindungswirkung des Angebotes sei mit befristet. Mit Telefax vom habe die vergebende Stelle sämtlichen Bietern die von der Auftraggeberin getroffene Zuschlagsentscheidung mitgeteilt. Diese Zuschlagsentscheidung sei von der Auftraggeberin in der Sitzung des Verwaltungsausschusses des Vorstandes am getroffen worden. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass diese Mitteilung der Beschwerdeführerin auch tatsächlich zugegangen sei. Die Beschwerdeführerin selbst sei auf Grund der im Begleitschreiben zum Angebot festgehaltenen "Vorbehalte" ausgeschieden worden.

Am habe die Beschwerdeführerin Anträge auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens, auf Nichtigerklärung einer rechtswidrigen Entscheidung der Auftraggeberin sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung eingebracht. Nachdem am selben Tag der Zuschlag rechtswirksam erfolgt sei, seien sämtliche Anträge der Beschwerdeführerin mit Bescheid der belangten Behörde vom zurückgewiesen worden. Mit Schriftsatz vom habe die Beschwerdeführerin weiters einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung gestellt, welcher mit Bescheid der belangten Behörde vom zurückgewiesen worden sei. Ein Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin vom sei einer gesonderten Entscheidung vorbehalten worden. Mit den Anträgen auf Nichtigerklärung habe die Beschwerdeführerin den behaupteten Verstoß im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens gemäß § 163 BVergG 2002 bereits geltend gemacht und sei der nunmehr gestellte Feststellungsantrag gemäß § 168 Abs. 3 BVergG 2002 zurückzuweisen gewesen, da ein solcher Antrag gemäß § 162 Abs. 3 leg. cit. unzulässig sei, sofern der behauptete Verstoß im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens gemäß § 163 leg. cit. geltend gemacht hätte werden können.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, die von der Beschwerdeführerin begehrte Feststellung, "dass uns andernfalls der Zuschlag als Bestbieter zu erteilen gewesen wäre" könne von der belangten Behörde nicht getroffen werden, da diese nicht zuständig sei, festzustellen, wer Bestbieter sei. Daher komme die Erlassung des beantragten Feststellungsbescheides nicht in Betracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin erachtet sich ihrem gesamten Vorbringen nach im Recht auf meritorische Erledigung der beantragten Feststellung verletzt.

Sie bringt hiezu als Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die Zuschlagsentscheidung sei von der Auftraggeberin in der Sitzung des Verwaltungsausschusses des Vorstandes getroffen worden und anschließend sei die F & K GmbH beauftragt worden, die Zuschlagsentscheidung den Bietern mitzuteilen. In diesem Zusammenhang sei der Beschwerdeführerin weder ein diesbezügliches Sitzungsprotokoll noch das Auftragsschreiben zugekommen. Diese Beweismittel hätte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin zur Äußerung übermitteln müssen.

Als Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt die Beschwerdeführerin zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides vor, die belangte Behörde habe fälschlich angenommen, die F & K GmbH sei vergebende Stelle gewesen. Dagegen ergebe sich aus der Vergabebekanntmachung, die F & K GmbH sei nichts anderes als ein "Auskunftsorgan" gewesen, bei dem nähere Auskünfte eingeholt werden könnten. Auch habe die AUVA selbst die Zuschlagsentscheidung getroffen und dies nicht der F & K GmbH übertragen, was zeige, dass die F & K GmbH nicht vergebende Stelle gewesen sei. Die Fristen für die Anfechtung einer Zuschlagsentscheidung könnten nur auf Grund einer schriftlichen Mitteilung des Auftraggebers ausgelöst werden. Da die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung durch die F & K GmbH aus diesem Grund nicht "rechtsgültig" wäre, sei es der Beschwerdeführerin nicht möglich gewesen, ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten. Dies sei zwar versucht worden, jedoch durch "den Zwischenbescheid" zurückgewiesen worden. Im Übrigen scheine § 168 Abs. 3 BVergG wegen des Widerspruches zur Richtlinie 89/665/EWG "verfassungsrechtlich" bedenklich, da die Mitgliedstaaten durch diese Richtlinie nicht ermächtigt seien, Schadenersatz generell abzuerkennen, wenn ein Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens nicht gehörig oder untauglich sei.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides bringt die Beschwerdeführerin vor, ihr Antrag sei als einziger Antrag anzusehen, gerichtet auf Feststellung gemäß § 162 Abs. 3 BVergG 2002. Der letztangeführte Nachsatz ("und uns andernfalls der Zuschlag als Bestbieter zu erteilen gewesen wäre") sei möglicherweise überflüssig, keinesfalls aber als zusätzlicher Antrag zu deuten, aus dem die belangte Behörde eine "weitere Kostenpflicht" von EUR 2.500,00 abgeleitet habe.

2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

2.1. Gemäß § 162 Abs. 3 BVergG 2002 ist das Bundesvergabeamt nach Zuschlagserteilung zuständig, festzustellen, ob wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz oder die hierzu ergangenen Verordnungen der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch oder wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde.

Gemäß § 168 Abs. 3 BVergG 2002 ist ein Antrag auf Feststellung gemäß § 162 Abs. 3 leg. cit. unzulässig, sofern der behauptete Verstoß im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens gemäß § 163 leg. cit. geltend gemacht hätte werden können.

2.2. § 168 Abs. 3 BVergG 2002 ist dahingehend zu verstehen, dass behauptete Rechtsverstöße innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Präklusionsfristen möglichst frühzeitig geltend gemacht werden sollen, was ein Zuwarten mit der Geltendmachung eines behaupteten Verstoßes unzulässig macht. Aus diesem Grund ist ein Antrag auf Feststellung unzulässig, wenn der Antragsteller den Verstoß bereits in einem Nachprüfungsverfahren nach § 163 BVergG 2002 "hätte geltend machen können" und dies nicht getan hat. Ein Antrag auf Feststellung ist aber auch unzulässig, wenn der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren nach § 163 BVergG 2002 den behaupteten Verstoß bereits geltend gemacht hat, dieses aber noch bei der Vergabekontrollbehörde anhängig ist oder eine Beschwerde gegen den Bescheid der Vergabekontrollbehörde beim Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof anhängig ist. In einem solchen Fall hat der Antragsteller den Bescheid der Vergabekontrollbehörde bzw. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes oder Verwaltungsgerichtshofes abzuwarten. Demgegenüber ist das Feststellungsverfahren ohne vorangegangenes Nachprüfungsverfahren nach § 163 BVergG 2002 nur mehr subsidiär und wird für jene Fälle zu führen sein, in denen etwa eine Zuschlagsentscheidung nicht bekannt zu geben ist (vgl. zu allem ausführlich das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/04/0012).

2.3. Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin nach ihrem eigenen Vorbringen die behaupteten Verstöße bereits in einem Nachprüfungsverfahren nach § 163 BVergG 2002 geltend gemacht und diesbezüglich gegen die zurückweisenden Bescheide der belangten Behörde Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof mit einem Abtretungsantrag gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG erhoben.

Schon aus diesem Grund erweist sich aber der Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin nach der oben angeführten Rechtslage als unzulässig und war auf das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Funktion der F & K GmbH als vergebende Stelle nicht weiter einzugehen.

2.4. Das im Hinblick auf die (Rechtsmittel-)Richtlinie 89/665/EWG erstattete Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg, da Aufträge - wie der vorliegende - im Unterschwellenbereich (§ 10 Abs. 2 BVergG 2002) nicht Gegenstand dieser Richtlinie sind und die Beschwerde zur Frage, inwieweit allenfalls verfassungsrechtliche Erwägungen eine Beachtung dieser Richtlinie auch im Unterschwellenbereich erforderlich machen würden, kein konkretes Vorbringen enthält.

2.5. Somit erweist sich die Beschwerde, soweit sie sich gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides richtet, als unbegründet und war insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

3. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Die Beschwerde wendet sich weiters gegen die Trennung ihres gemäß § 164 Abs. 1 Z 2 BVergG 2002 eingebrachten Feststellungsantrages in zwei (Teil-)Anträge und den daraufhin in Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides erfolgten, gesonderten Abspruch. Die belangte Behörde habe aus diesem Spruchpunkt zu Unrecht eine weitere Verpflichtung zur Entrichtung von Pauschalgebühren abgeleitet.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtsverletzung auf, da Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gar nicht über eine Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Entrichtung von Pauschalgebühren gemäß § 177 BVergG 2002 abgesprochen hat.

4. Da sich die Beschwerde aus diesen Gründen insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Wien, am