VwGH vom 25.09.1991, 91/02/0054
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des Mag. Gerhard H in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom , Zl. MA 70-9/660/90/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am um 13.16 Uhr in Wien I, Fleischmarkt 22, ein Kraftfahrzeug abgestellt, obwohl an dieser Stelle ein durch das Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten" kundgemachtes Halte- und Parkverbot bestehe. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs. 1 lit. a StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, seinen Pkw zur Tatzeit am Tatort abgestellt zu haben. Er macht aber geltend, für einen aus Richtung Postgasse kommenden Lenker entspreche die das verordnete Halteverbot betreffende Beschilderung im Bereich der T-Kreuzung Fleischmarkt/Laurenzerberg nicht den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung, nämlich deren § 48 Abs. 1 und § 51 Abs. 1 und 5.
Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzugeben, daß die Argumentation der belangten Behörde, er sei vorschriftswidrig unter Mißachtung eines Verkehrszeichens gemäß § 52 Z. 15 StVO ("Rechtsabbiegegebot") zum - in seiner Fahrtrichtung gesehen - linken Fahrbahnrand zugefahren, weshalb ein Kundmachungsmangel hinsichtlich des Halteverbotes auszuschließen sei, nicht zutrifft. Der Beschwerdeführer hat die Kreuzung nicht entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung verlassen; wegen einer entsprechenden Verwaltungsübertretung ist er auch nicht bestraft worden.
Verfehlt ist aber seine Auffassung, er habe sein Fahrzeug nicht etwa am linken Fahrbahnrand einer Straße mit Gegenverkehr abgestellt, zumal er selbst erkennt, daß es sich um den Bereich einer T-Kreuzung handelte, vor deren Kreuzungsbereich zwei (gegenläufige) Einbahnen enden. Im Bereich der in Rede stehenden Kreuzung besteht somit insoweit Gegenverkehr, als die aus Richtung Postgasse kommenden Rechtsabbieger mit den aus Richtung Rotenturmstraße kommenden Linksabbiegern zusammentreffen.
Da der Beschwerdeführer an den linken Fahrbahnrand des Fleischmarktes zufuhr, war er verpflichtet, sich durch Zurückblicken davon zu überzeugen, ob nicht etwa für den Abstellort nur für in entgegengesetzter Richtung fahrende (d.h. aus Richtung Rotenturmstraße kommende) Verkehrsteilnehmer erkennbare Verkehrszeichen Verkehrsbeschränkungen kundmachten. Hätte er dies getan, so hätte er ein Halteverbotszeichen mit der Zusatztafel "Ende" wahrnehmen können. Aus diesem Verkehrszeichen hätte er die Geltung eines Halteverbotes für den von ihm gewählten Abstellort ableiten können und müssen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 85/02/0018, vom , Zl. 85/18/0161, vom , Zlen. 88/02/0073, 0081, 0082, und Zl. 88/02/0112). Ein Kundmachungsmangel bestand somit nicht.
Der Beschwerdeführer beruft sich aber auch auf Rechtsirrtum infolge unrichtiger Behördenauskunft. Eine unzulässige Neuerung ist freilich die Behauptung, ein gleichartiges Verwaltungsverfahren sei mit dem Hinweis "unklare Beschilderung" eingestellt worden. Bereits im Verwaltungsverfahren hat er aber vorgebracht, er habe bereits am sein Kraftfahrzeug am selben Ort abgestellt und eine Organstrafverfügung erhalten (welche er in Kopie beilegte). Er habe daraufhin mit dem ausstellenden Beamten telefoniert und ihm seine Rechtsauffassung dargelegt. Nach Rückfrage habe ihm dieser Beamte (dessen Dienstnummer der Beschwerdeführer anführte) mitgeteilt, "daß die Angelegenheit erledigt sei und er die Organstrafverfügung als gegenstandslos betrachten könne". Tatsächlich sei es auch nie zu einer Strafverfügung gekommen. Mindestens vier wegen Parkens an der selben Stelle eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren seien gemäß § 45 Abs. 1 lit. a VStG eingestellt worden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/02/0206) kann die von einem Organ der (zuständigen) Behörde erteilte Auskunft für das Vorliegen eines entschuldbaren Rechtsirrtums von Bedeutung sein, wenn auch die Unkenntnis oder irrige Auslegung von Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung für Lenker von Kraftfahrzeugen grundsätzlich nicht als unverschuldet angesehen werden kann.
Im Beschwerdefall wäre die im Zusammenhang mit der Organstrafverfügung vom behauptete Mitteilung eines Behördenorganges geeignet, beim Beschwerdeführer den Eindruck zu erwecken, seine Rechtsauffassung werde von der Behörde geteilt, er mache sich durch das Parken an der betreffenden Stelle nicht strafbar. Die belangte Behörde hätte sich daher mit diesem Vorbringen auseinandersetzen müssen. Insbesondere wäre das am eingeschrittene (seiner Dienstnummer nach bekannte) Organ über seine allfälligen Äußerungen gegenüber dem Beschwerdeführer zu vernehmen und das weitere Schicksal der damaligen Organstrafverfügung zu ergründen gewesen. Nur am Rande sei bemerkt, daß nach dem Inhalt der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Akten fünf den Beschwerdeführer betreffende Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 lit. a VStG eingestellt wurden, ohne daß allerdings der Gegenstand dieser Verfahren aktenkundig wäre.
Durch die erwähnten Unterlassungen hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Stempelgebühren wurden überhöht verzeichnet, weshalb das diesbezügliche Kostenmehrbegehren abzuweisen war.