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VwGH vom 24.09.2003, 2003/04/0093

VwGH vom 24.09.2003, 2003/04/0093

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der S Baugesellschaft mbH in V, vertreten durch MMag. Dr. Bernt Elsner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom , Zl. KUVS-727/8/2003, betreffend Nichtigerklärung einer Zuschlagsentscheidung (mitbeteiligte Parteien: 1. Land Kärnten, Landesstraßenverwaltung, Abteilung 17 - Straßen- und Brückenbau, 9020 Klagenfurt, Mießtalerstraße 3; 2. M & R Baugesellschaft mbH, vertreten durch Dr. Christian Kleinszig, Dr. Christian Puswald, Mag. Paul Wolf und Dr. Gottfried Kassin, Rechtsanwälte in 9300 St. Veit an der Glan, Unterer Platz 11), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom hat der unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten den Antrag der Beschwerdeführerin, die am ergangene Zuschlagsentscheidung der erstmitbeteiligten Partei im Vergabeverfahren betreffend das Bauvorhaben Straßenzug L 49, Ossiacher See Süduferstraße, Kilometer 3,40 bis Kilometer 5,20, Baulos "Lido-Gemeindebad" für nichtig zu erklären, gemäß § 80 Abs. 1 des Kärntner Auftragsvergabegesetzes 1997, LGBl. Nr. 65/1997 idF LGBl. 48/2002 (im Folgenden: KVergG) abgewiesen.

In der Begründung führte die belangte Behörde dazu im Wesentlichen Folgendes aus:

Das Ende der Angebotsfrist der gegenständlichen Ausschreibung sei der gewesen. Bei der Angebotseröffnung sei die Beschwerdeführerin mit einer Angebotsumme von EUR 537.620,84 netto Zweitgereihte hinter der zweitmitbeteiligten Partei (im Folgenden als Mitbeteiligte bezeichnet) mit einer Angebotssumme von EUR 515.677,22 netto gewesen. Die auf die Mitbeteiligte lautende Zuschlagsentscheidung sei der Beschwerdeführerin am zugegangen. Am habe die Beschwerdeführerin die Ombudsstelle für Vergabewesen beim Amt der Kärntner Landesregierung um Vorprüfung ersucht. Die Stellungnahme der Ombudsstelle sei am bei der Beschwerdeführerin eingelangt. Der Nachprüfungsantrag vom sei somit gemäß § 81 Abs. 2 KVergG zulässig.

Die Beschwerdeführerin habe ihren Antrag damit begründet, dass die technische Leistungsfähigkeit der Mitbeteiligten bzw. das Fehlen geeigneter Subunternehmer vom Auftraggeber nicht gesetzeskonform geprüft worden wäre. Da die Mitbeteiligte nicht über die für Asphaltarbeiten notwendige technische Leistungsfähigkeit verfügte, hätte sie in ihrem Angebot diesbezüglich "Spezialfirmen" genannt. Vom Auftraggeber wäre auch die Eignung der Subunternehmer zu prüfen. Dazu müssten Subunternehmer bereits im Angebot genannt werden. Somit müsste zur Angebotsprüfung ein verbindliches Angebot des Subunternehmers vorliegen.

Die Mitbeteiligte habe ein formgültiges Angebot gelegt und darin vier Subunternehmer, darunter die Beschwerdeführerin, genannt. Diese Unternehmen hätten jeweils auch selbst Angebote gelegt, keines dieser Angebote sei ausgeschieden worden. Daher sei davon auszugehen, dass jedes dieser Unternehmen über die erforderliche Eignung verfüge. Gemäß Punkt 10.3 der allgemeinen Vorbemerkungen sei der überwiegende Teil der Leistung im eigenen Betrieb zu erbringen. Vorgesehene Subunternehmer seien bereits im Angebot zu nennen. Eine allfällige Änderung der Subunternehmer nach Auftragsvergabe bedürfe der schriftlichen Genehmigung des Auftraggebers.

Vom Auftraggeber sei der Wert der Subunternehmerleistungen mit EUR 195.696,-- netto ermittelt worden. Dies entspreche einem Anteil von 37,95 % der Nettoangebotssumme. Damit sei erwiesen, dass der überwiegende Teil der Leistung durch die Mitbeteiligte erbracht werde. Im Bietergespräch vom habe die Mitbeteiligte die Teilleistungen, die sie an Subunternehmer weiterzugeben beabsichtige, mit "reinen Asphaltierungsarbeiten, welche mit Fertiger durchgeführt werden", angegeben.

Die Mitbeteiligte verfüge über entsprechende Gewerbeberechtigungen zur Ausübung sämtlicher ausgeschriebener Leistungen. Sie habe bereits mehrere Baulose für den Auftraggeber zu dessen Zufriedenheit durchgeführt. Die von der Mitbeteiligten genannten Subunternehmer seien geprüft und für geeignet befunden worden. Der Auftraggeber sei daher zu Recht von der fachlichen und technischen Leistungsfähigkeit der Mitbeteiligten ausgegangen.

Der von der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Mitbeteiligten geltend gemachte Ausscheidungsgrund gemäß § 37 Abs. 1 lit. d KVergG liege nicht vor, weil das Angebot der Mitbeteiligten nicht unklar gewesen sei. Auch eine Abänderung des Angebots liege nicht vor. Die im Bietergespräch vom gebotenen Aufklärungen seitens der Mitbeteiligten überschritten nicht den zulässigen Rahmen gemäß § 41 Abs. 2 KVergG.

Der Beschwerdeführerin könne auch darin nicht gefolgt werden, dass die erst nach Angebotseröffnung erfolgte Namhaftmachung des konkreten Subunternehmers unzulässig sei. Eine derart enge Auslegung lasse § 24 Abs. 7 KVergG nicht zu. Nach dieser Bestimmung genüge es, die an Subunternehmer weiterzugebenden Teilleistungen und die als Subunternehmer in Frage kommenden Unternehmer zu nennen. Die Mitbeteiligte habe vier fachlich und technisch leistungsfähige Unternehmen als Subunternehmer namhaft gemacht. Der Auftraggeber habe allen Subunternehmern zugestimmt. Darin könne weder ein "Nachschieben" eines Subunternehmers nach Angebotseröffnung noch ein Austausch eines im Angebot namhaft gemachten Subunternehmers erblickt werden. Die angefochtene Zuschlagsentscheidung erweise sich sohin als fehlerfrei.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, dass die Mitbeteiligte nicht über die für den von der Ausschreibung geforderten nahtlosen Einbau einer bituminösen Tragschicht erforderlichen Maschinen ("Fertiger") verfüge. Sie habe beim Bietergespräch vom daher mitgeteilt, dass sie beabsichtige, die mit Fertiger durchzuführenden Asphaltierungsarbeiten an Subunternehmer weiterzugeben. Vom Vorliegen der technischen und fachlichen Leistungsfähigkeit der Mitbeteiligten könne keine Rede sein. Es treffe zwar zu, dass sich ein Bieter für den Nachweis der wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Voraussetzungen auf die Leistungsfähigkeit Dritter berufen könne, er müsse jedoch über die Mittel der Subunternehmer auch tatsächlich verfügen können. Die Mitbeteiligte wäre daher nur dann technisch und fachlich leistungsfähig, wenn sie über die Mittel der von ihr namhaft gemachten Subunternehmer verfügen könnte. Diesen Nachweis habe sie jedoch nicht erbracht. Selbst wenn man diesbezüglich von einem behebbaren Mangel ausginge, wäre das Angebot der Mitbeteiligten auszuscheiden gewesen, weil sie den Mangel nicht behoben habe. Beim Bietergespräch vom sei nämlich festgehalten worden, dass bis zum von der Mitbeteiligten ein Subangebot vorgelegt werde. Die Mitbeteiligte habe jedoch nur eine Preisliste der Beschwerdeführerin vom Juni 2002 vorgelegt. Dabei handle es sich jedoch eindeutig nicht um ein Angebot.

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des KVergG haben folgenden Wortlaut:

"§ 12. (1) Aufträge über Leistungen sind nach einem in diesem Gesetz vorgesehenen Verfahren entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter an - spätestens zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung - befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu vergeben.

...

§ 24. ...

(7) In der Ausschreibung sind Bestimmungen über die Zulässigkeit von Subunternehmerleistungen zu treffen. Die Weitergabe von Teilen der Leistung ist nur insoweit zulässig, als der Subunternehmer die für die Ausführung seines Teiles erforderliche Eignung besitzt. Die Weitergabe des gesamten Auftrages ist, ausgenommen bei Kaufverträgen, unzulässig. Bei Bauaufträgen ist die Weitergabe des überwiegenden Teiles der Leistungen, die den Unternehmensgegenstand des Auftragnehmers bilden, unzulässig. Der Auftraggeber hat den Bieter in den Ausschreibungsunterlagen aufzufordern, in seinem Angebot die Teilleistungen anzugeben, die er an Subunternehmer weiterzugeben beabsichtigt. Dabei sind die jeweils in Frage kommenden Unternehmer zu nennen, an die er Teile der Leistung weiterzugeben beabsichtigt. Die Haftung des Auftragnehmers wird durch diese Angaben nicht berührt.

...

§ 34. (1) Während der Zuschlagsfrist sind die rechtzeitig eingelangten Angebote in rechnerischer, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien zu prüfen. Bei der Prüfung ist auch zu berücksichtigen, ob eine einwandfreie Ausführung und die Gewährleistung zu erwarten sind. Zur Prüfung und Beurteilung der Angebote sind nur solche Personen heranzuziehen, welche die fachlichen Vorraussetzungen hiefür erfüllen. Erforderlichenfalls sind Sachverständige beizuziehen.

...

(3) Zu prüfen ist:

...

b) Die Eignung des Bieters und der im Angebot angegebenen Subunternehmer;

...

§ 37. (1) Aufgrund der Prüfung sind folgende Angebote vom weiteren Vergabeverfahren auszuscheiden:

...

b) Angebote von Bietern, die nicht über die erforderliche Eignung verfügen;

...

§ 38. (1) Ein Bieter gilt dann als zur Ausführung eines Auftrages geeignet, wenn folgende Vorraussetzungen vorliegen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
die Befugnis zur Erbringung der Leistung,
b)
die Zuverlässigkeit,
c)
die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und
d)
die technische und fachliche Leistungsfähigkeit.
...

§ 42. ...

(2) Der Zuschlag ist jenem gemäß § 38 als geeignet beurteilten Bieter zu erteilen, dessen Angebot bei Wertung aller wirtschaftlichen und technischen Gesichtspunkte am Besten entspricht. ..."

Die Mitbeteiligte hat in ihrem Angebot - dieses befindet sich nicht bei den Verwaltungsakten - unstrittig vier Subunternehmer genannt. Beim Bietergespräch vom hat sie erläutert, dass "die reinen Asphaltierungsarbeiten, welche mit Fertiger durchgeführt werden" - an eines der genannten Unternehmen - im "Sub" vergeben werden. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift handelt es sich bei einem für eine solche Tätigkeiten in Aussicht genommenen Unternehmen nicht nur um einen "Zulieferer".

Da Aufträge gemäß § 12 Abs. 1 KVergG nur an - spätestens zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung - befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu vergeben sind, hat der Auftraggeber gemäß § 34 Abs. 3 lit. b leg. cit. u.a. die Eignung des Bieters, wozu gemäß § 38 Abs. 1 lit. d leg. cit. auch die technische und fachliche Leistungsfähigkeit gehört, zu prüfen. Nach dem von der belangten Behörde ausdrücklich nicht bestrittenen Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde verfügt die Mitbeteiligte selbst nicht über die für den in der Ausschreibung geforderten natlosen Einbau der bituminösen Tragschicht erforderlichen Maschinen. Der Mitbeteiligten fehlt daher insoweit die technische Leistungsfähigkeit.

Einem Bieter, der nicht selbst die für die Teilnahme an dem Vergabeverfahren erforderlichen Mindestvoraussetzungen erfüllt, steht es jedoch - gerade auch durch die Subunternehmerregelung - frei, sich gegenüber dem Aufraggeber auf die Leistungsfähigkeit Dritter zu berufen, die er in Anspruch nehmen will, wenn ihm der Auftrag erteilt wird. Beruft sich ein Bieter in diesem Sinn auf die Leistungsfähigkeit eines Subunternehmers, so ist vom Auftraggeber im Rahmen der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Bieters - neben der Eignung des Subunternehmers (§ 34 Abs. 3 lit. b KVergG) - auch zu prüfen, ob der Bieter tatsächlich über die dem Subunternehmer zustehenden Mittel, die er nicht selbst besitzt und die zur Ausführung des Auftrags erforderlich sind, verfügt (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/04/0023, und die dort zitierte Judikatur des EuGH).

Der von der belangten Behörde in der Gegenschrift ins Treffen geführte Umstand, dass vorliegend nach Punkt 10.3 der "allgemeinen Vorbemerkungen" der Ausschreibung Subunternehmer mit schriftlicher Zustimmung des Auftraggebers auch noch nach Auftragsvergabe ausgetauscht werden dürfen, ändert jedenfalls nichts daran, dass die fehlende Leistungsfähigkeit eines Bieters nur durch Mittel eines Subunternehmers, über die der Bieter auch tatsächlich verfügen kann, substituiert werden können.

Die Verfügungsmöglichkeit eines Bieters über die Mittel eines Subunternehmers ist insbesondere dann gegeben, wenn ein an den Bieter gerichtetes verbindliches Angebot des Subunternehmers besteht, die konkreten Leistungen laut Ausschreibung, die der Bieter an den Subunternehmer weiterzugeben beabsichtigt, zu erbringen.

Die Mitbeteiligte hat in ihrem Angebot vier Unternehmen genannt, die als Subunternehmer für die Asphaltierungsarbeiten, die die Mitbeteiligte mangels technischer Ausstattung nicht selbst durchführen kann, in Frage kommen. Sie hat sich somit insoweit auf die technische Leistungsfähigkeit von Subunternehmern berufen. Aus der bloßen Nennung von vier Unternehmen im Angebot der Mitbeteiligten war für den Auftraggeber jedoch nicht ersichtlich, ob die Mitbeteiligte auch tatsächlich über die Mittel eines dieser Unternehmen verfügen kann. Beim Bietergespräch vom hat sich die Mitbeteiligte nach dem darüber angefertigten, bei den Verwaltungsakten erliegenden Protokoll gegenüber dem Auftraggeber verpflichtet, bis ein "Subangebot Asphalt" vorzulegen. Damit wurde der Mitbeteiligten die Möglichkeit eingeräumt, den Subunternehmer zu konkretisieren und die Verfügungsberechtigung über die Mittel dieses Subunternehmers nachzuweisen. Es kann dahinstehen, ob eine Verbesserung eines Angebots in diesem Sinn - durch Vorlage eines bereits vor Angebotseröffnung abgegebenen verbindlichen Angebots des Subunternehmers - zulässig ist, weil die Mitbeteiligte dem Verbesserungsauftrag ohnehin nicht nachgekommen ist. Nach dem von der belangten Behörde in der Gegenschrift "außer Streit" gestellten Vorbringen in der Beschwerde hat sie nämlich nur eine vom Juni 2002 stammende Preisliste der Beschwerdeführerin - die sich nicht bei den Verwaltungsakten befindet - vorgelegt. Bei einer Preisliste handelt es sich jedoch nicht um ein verbindliches Angebot (Koziol, Grundriss des bürgerlichen Rechts I12 (2002) S. 111 f). Die Mitbeteiligte, die selbst in Teilbereichen nicht über die technische Leistungsfähigkeit für den gegenständlichen Auftrag verfügt und sich insoweit auf die Leistung durch einen Subunternehmer berufen hat, hat somit - trotz Einräumung von Gelegenheit hiezu - nicht nachgewiesen, tatsächlich über die Mittel des Subunternehmers verfügen zu können.

Da es der Mitbeteiligten somit an der technischen Leistungsfähigkeit und daher an der Eignung fehlt, kommt sie gemäß § 42 Abs. 2 für die Zuschlagserteilung nicht in Betracht.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am

Fundstelle(n):
EAAAE-55727