VwGH vom 24.06.1997, 96/17/0487

VwGH vom 24.06.1997, 96/17/0487

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der H in P, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-PM-96-020, betreffend Übertretung nach dem Niederösterreichischen Kurzparkzonenabgabegesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt St. Pölten vom wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe das dem Kennzeichen nach bestimmte mehrspurige Kraftfahrzeug am um 14.58 Uhr in St. Pölten, P-Straße 2, also innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne die Kurzparkzonenabgabe entrichtet zu haben, wobei die beiden Parkscheine mit dem Kennzeichen C 1152321 und C 1152322 nicht haltbar (und zwar mit Bleistift) mit , 12.45 Uhr, entwertet gewesen seien. Sie habe dadurch § 3 Abs. 3 iVm § 6 Abs. 1 lit. b NÖ Kurzparkzonenabgabegesetz, LGBl. 3706-2 (im folgenden: KurzparkzonenabgabeG), iVm den Verordnungen des Gemeinderates der Landeshauptstadt St. Pölten vom und verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Beschwerdeführerin gemäß § 6 Abs. 1 KurzparkzonenabgabeG eine Geldstrafe von S 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt. Begründend führte die Behörde unter anderem und im Hinblick auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin in deren Einspruch gegen die vorangegangene Strafverfügung aus, unter haltbarem Ankreuzen sei eine feste und dauerhafte Entwertung zu verstehen. Dies sei bei einer Entwertung mittels Bleistift nicht der Fall, weil diese jederzeit mittels Radierer entfernt werden könne. Die Entwertung dürfe aber nicht wieder so entfernt werden können, daß der Parkschein unentwertet erscheine, mögen auch gewisse Rückstände wie Vertiefungen verbleiben. Dies solle verhindern, daß die Parkscheine mehrfach verwendet und die Abgabe dadurch hinterzogen werde. Seitens der Behörde seien am gegenständlichen Parkschein genau festgehaltene Radierungen vorgenommen und festgestellt worden, daß nach erfolgter Entfernung einiger Bleistiftstriche die vorangegangene Entwertung nicht mehr zu erkennen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Dies im wesentlichen mit der Begründung, daß auch eine Entwertung durch Ankreuzen mit Bleistift als haltbar angesehen werden müsse, weil der Verordnungsgeber nicht näher festgelegt habe, was unter haltbarem Ankreuzen zu verstehen sei. Eine Hinterziehung der Abgabe durch Entwerten mit Bleistift sei nur in jenen seltenen Fällen möglich, in denen das deutlich sichtbare Ankreuzen keinerlei Vertiefungen am Parkschein hinterlasse und auch durch eine Radierung keine Verfärbung des Parkscheines entstünde. Die Art der Entwertung sei nicht im KurzparkzonenabgabeG geregelt, sondern in der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt St. Pölten. Ein Verstoß gegen diese Verordnung stelle keine Verwaltungsübertretung gemäß § 6 Abs. 1 lit. b KurzparkzonenabgabeG dar, weil nach dieser Bestimmung nur Verstöße gegen Gebote und Verbote des Gesetzes zu ahnden seien. Für Verstöße gegen die Verordnung gebe es hingegen keine Strafbestimmung. Da die Beschwerdeführerin weder eine Abgabe hinterzogen noch fahrlässig verkürzt habe, könne sie auch nicht nach § 6 Abs. 1 lit. a leg. cit. bestraft werden.

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung mit der Maßgabe ab, daß im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses der Tatbeschreibung der Satz angefügt werde: "Bei einer probeweise durchgeführten Radierung der Stunden- und Minutenmarkierung (12.45 Uhr) auf dem Parkschein Nr. C 1152322 konnten beide Kreuze so entfernt werden, daß mit freiem Auge eine Entwertung mit 12.45 Uhr nicht erkennbar ist." und das Zitat der Verordnung wie folgt laute:

"der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt St. Pölten über die Erhebung der Kurzparkzonenabgabe in der Stadt St. Pölten vom i.d.F. vom ". In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei mit dem Straferkenntis vom wegen Übertretung des § 3 Abs. 2 KurzparkzonenabgabeG bestraft worden. Wer die Abgabe hinterziehe oder fahrlässig verkürze, begehe gemäß § 6 Abs. 1 lit. a leg. cit. eine Verwaltungsübertretung und sei mit einer Geldstrafe bis zu S 3.000,- zu bestrafen. Dem Berufungsvorbringen sei insofern beizupflichten, als das Ausfüllen eines Parkscheines mit Bleistift - isoliert betrachtet - nicht strafbar sei; unter Strafsanktion stehe die Nichtentrichtung der Kurzparkzonenabgabe. Dieser Mangel sei daher durch eine Spruchkorrektur zu beseitigen gewesen. Der Gemeinderat der Landeshauptstadt St. Pölten habe für die Gebührenentrichtung die Entwertung eines Parkscheines durch haltbares Markieren vorgesehen. Es widerspreche jeglicher Logik, bei einer entfernbaren Kennzeichnung von einer Entwertung zu sprechen, weil ein nicht haltbar angekreuzter Parkschein wiederverwendet werden könne. Die von der Beschwerdeführerin selbst beigebrachten Parkscheine seien derart zaghaft ausgefüllt, daß zumindest einige Markierungen ohne sichtbare Spuren ausradiert werden konnten. Die Parkscheine seien somit nicht entwertet und folglich die Kurzparkzonenabgabe nicht entrichtet worden. Im übrigen legte die belangte Behörde ihre Erwägungen zur subjektiven Tatseite und zur Strafbemessung dar.

1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

1.4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 3 NÖ Kurzparkzonenabgabegesetz in der Fassung LGBl. 3706-2 lautet auszugsweise:

"Abgabenschuldner, Art der Entrichtung

(1) Zur Entrichtung der Abgabe ist der Lenker des Fahrzeuges verpflichtet.

(2) Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches Fahrzeug in einer abgabepflichtigen Kurzparkzone zum Halten oder Parken abstellt, muß die Abgabe bei Beginn des Haltens oder Parkens entrichten.

(3) Die Art der Entrichtung der Abgabe und die zu verwendenden Kotrolleinrichtungen sind durch Verordnung des Gemeinderates so zu bestimmen, daß


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die Handhabung möglichst einfach ist,
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der mit der Einhebung verbundene Verwaltungsaufwand möglichst gering ist,
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das Ortsbild nicht beeinträchtigt wird und
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die ordnungsgemäße Überwachung möglich ist.

(4) ..."

§ 6 dieses Gesetzes bestimmt im seinem Abs. 1:

"Strafen

(1) Wer

a) durch Handlungen oder Unterlassungen die Abgabe hinterzieht oder fahrlässig verkürzt oder

b) sonstigen Geboten und Verboten dieses Gesetzes zuwiderhandelt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu S 3.000,-

zu bestrafen."

Punkt 3 a) der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt St. Pölten über die Erhebung der Kurzparkzonenabgabe vom in der Fassung der Verordnung vom (im folgenden: KurzparkzonenabgabeV) lautet auszugsweise:

"Die Entrichtung der Abgabe erfolgt durch Lösen eines computerausgedruckten Parkscheines bei den Parkscheinautomaten, welche in den unter Punkt 1. angeführten Kurzparkzonen aufgestellt sind, oder mittels Entwertung von Parkscheinen, die von der Landeshauptstadt St. Pölten aufgelegt werden und dem Muster der Anlage A) entsprechen. ..."

Der 2. Abs. im Punkt 3 b) der genannten Verordnung bestimmt unter anderem:

"Zu entwerten ist der Parkschein laut Anlage A) durch deutlich sichtbares, haltbares Ankreuzen der Ankunftszeit (Monat, Tag, Stunde, Minute) und durch Eintragen des Jahres; angefangene Viertelstunden können unberücksichtigt bleiben.

..."

2.2. Unstrittig ist, daß die Beschwerdeführerin ihr mehrspuriges Kraftfahrzeug zur Tatzeit am bezeichneten Ort in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt und die Parkscheine mit Bleistift ausgefüllt hat.

Wie schon die Erstbehörde vollkommen richtig erkannt hat, kann entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin das Ausfüllen des Parkscheines mittels Bleistift nicht als haltbares Ankreuzen im Sinne der KurzparkzonenabgabeV angesehen werden. Haltbar ist im gegebenen Zusammenhang eine Markierung nur dann, wenn sie dauerhaft und nicht ohne deutlich sichtbare Rückstände entfernbar ist. Ein Bleistift ist schon seiner Art nach nicht zum haltbaren Ankreuzen bzw. Entwerten eines Parkscheines geeignet. Überdies wurde im vorliegenden Fall von den Behörden aufgrund eigener Wahrnehmung festgestellt, daß auf den, im Verwaltungsakt enthaltenen, gegenständlichen Parkscheinen die Bleistiftstriche durch Radierung zumindest teilweise ohne sichtbare Spuren entfernt werden können. Durch die Vorschrift der KurzparkzonenabgabeV über das sichtbare und haltbare Ankreuzen und Eintragen soll aber gerade die problemlose Kontrolle der Abgabenentrichtung mittels eines entwerteten, hinter der Windschutzscheibe angebrachten Parkscheines gewährleistet und die mehrfache Verwendung eines Parkscheines verhindert werden. Gemäß Punkt 3 a) der Verordnung ist die Abgabe mit der Entwertung des Parkscheines entrichtet. Eine Entwertung liegt nur dann vor, wenn die Daten auf dem Parkschein deutlich sichtbar und haltbar angekreuzt bzw. eingetragen werden. Da die Parkscheine im vorliegenden Fall nicht haltbar, sondern mit Bleistift ausgefüllt wurden, waren die Parkscheine nicht entwertet und die Abgabe somit nicht entrichtet.

2.3. Zutreffend wird im angefochtenen Bescheid die Tat unter den Straftatbestand der Abgabenverkürzung subsumiert und die Tatbeschreibung nach den maßgebenden Rechtsvorschriften (§ 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 lit. a KurzparkzonenabgabeG, Punkt 3 b Abs. 2 KurzparkzonenabgabeV) wiedergegeben. Im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses sind allerdings als verletzte Rechtsvorschriften § 3 Abs. 3 iVm § 6 Abs. 1 lit. b KurzparkzonenabgabeG iVm der KurzparkzonenabgabeV bezeichnet, wobei vor allem die litera des § 6 Abs. 1 KurzparkzonenabgabeG infolge Überschreibung des Vordruckes nur sehr schwer lesbar ist. Daß die Zitierung der verletzten Rechtsvorschrift (richtig: § 6 Abs. 1 lit. a, allenfalls iVm § 3 Abs. 2 KurzparkzonenabgabeG) im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht ausdrücklich richtiggestellt wurde, vermag aber schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf § 44a Z. 2 VStG zu begründen, da bereits aus der verbalen Umschreibung der Tat im erstinstanzlichen Bescheid ("ohne die Kurzparkzonenabgabe zu entrichten ...") zweifelsfrei hervorgeht, daß der Beschwerdeführerin die Verkürzung der Abgabe angelastet wurde. Selbst wenn aber Zweifel an der Entscheidungsabsicht nach dem Spruchinhalt bestünden, wäre diesfalls die Begründung des angefochtenen Bescheides zur Auslegung des Spruches heranzuziehen (s. E unter 8., 9a. und 9b. zu § 58 Abs. 1 AVG in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5), die keinen Zweifel an der Subsumtion durch die belangte Behörde unter § 6 Abs. 1 lit. a KurzparkzonenabgabeG offen läßt.

2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.