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VwGH vom 22.11.1996, 96/17/0439

VwGH vom 22.11.1996, 96/17/0439

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des K in S, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. Gem - 7457/4 - 1994 - Wa, betreffend Lustbarkeitsabgabe (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb der Magistrat der Landeshauptstadt Linz dem Beschwerdeführer für den Zeitraum bis (10 Tage) für den Betrieb eines "Autoscooters", einer Schießhalle und eines mechanisch betriebenen Karussels insgesamt S 12.860,-- Lustbarkeitsabgabe vor. Davon entfielen S 6.000,-- auf den Betrieb des "Autoscooters", welche sich entsprechend der Spalte "Autodrom" des Bescheidformulares wie folgt berechneten:

20 Wagen x S 15 (Preis pro Wagen) x 2 x 10 Tage = S 6.000,--.

Eine dagegen erhobene Berufung wurde vom zuständigen Mitglied des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom abgewiesen, wobei die Berufungsbehörde im Einklang mit den Behauptungen des Beschwerdeführers davon ausging, daß dieser ein Autodrom betrieben habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Gemäß § 16 Abs. 2 Z. 2 Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz betrage das Höchstmaß der Pauschalabgabe für Autodrome das Zweifache des Einzelpreises für jeden vorhandenen Sitz pro Tag. Die für das Autodrom vorgeschriebene Abgabe übersteige dieses Höchstmaß nicht. Die Gesetzmäßigkeit der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz sei von der Vorstellungsbehörde nicht zu prüfen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, daß ein Bescheid, mit dem ihm eine Lustbarkeitsabgabe vorgeschrieben wurde, die das Fünfundzwanzigfache des Einzelpreises pro Tag überschritt, durch die Vorstellungsbehörde aufgehoben werde. Nach der Beschwerdebegründung betrage gemäß § 16 Abs. 1

O.ö. Lustbarkeitsabgabegesetz, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung der Oberösterreichischen Landesregierung, LGBl. Nr. 74/1979 idF LGBl. Nr. 70/1983 (in der Folge: oö LustbarkeitsabgabeG 1979), das Höchstausmaß der Pauschalabgabe für Volksbelustigungen im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 2 leg. cit., wozu jedenfalls auch Autodrome gehörten, soweit nichts anderes bestimmt sei, maximal das Fünfundzwanzigfache des Einzelpreises täglich. Eine höhere Abgabe dürfe nur für Rodel- und Rutschbahnen sowie für Achterbahnen, Berg- und Talbahnen und Riesenräder eingehoben werden. Für alle anderen Belustigungen bleibe es beim Höchstmaß des Fünfundzwanzigfachen des Einzelpreises. Insoweit die Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz in ihrem § 16 Abs. 2 Z. 2 neben Achterbahnen, Berg- und Talbahnen sowie Riesenrädern auch Autodrome erwähne und dort das Zweifache des Einzelpreises für jeden vorhandenen Sitz "als Bemessungsgrundlage" nenne, gehe sie über die gesetzliche Ermächtigung des § 16 Abs. 1 oö LustbarkeitsabgabeG 1979 hinaus. Verordnungen seien jedoch gesetzeskonform auszulegen. Wenngleich die "Bemessungsgrundlage" das Zweifache des Einzelpreises betrage, dürfe die Gesamtabgabe dessen Fünfundzwanzigfaches nicht überschreiten. Für den Fall, daß der Verwaltungsgerichtshof eine gesetzeskonforme Auslegung nicht für denkbar halte, werde eventualiter eine Antragstellung auf Aufhebung der in Rede stehenden Bestimmung der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz beim Verfassungsgerichtshof angeregt.

Sowohl die belangte Behörde als auch die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften und beantragten, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Entsprechend der Anregung des Beschwerdeführers stellte der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Verfahren mit Beschluß vom an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, in § 16 Abs. 2 Z. 2 der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz, Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz vom , in der Fassung der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom , kundgemacht an der Amtstafel des Magistrates der Stadt Linz am , die Wortfolge "und ähnliche Darbietungen von Gleit- und Drehfahrten, wie Scooter, Autodrome, Hippodrome, Elektrodrome und dgl." als gesetzwidrig aufzuheben. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. V 216/95-7, wurde die vorzitierte Wortfolge in der in Rede stehenden Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Art. 139 Abs. 6 erster und zweiter Satz B-VG lauten:

"(6) Ist eine Verordnung wegen Gesetzwidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, daß eine Verordnung gesetzwidrig war, so sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlaßfalles ist jedoch die Verordnung weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. ..."

§§ 1 und 2 oö LustbarkeitsabgabeG 1979 lauten auszugsweise:

"§ 1

(1) Durch dieses Gesetz werden die Gemeinden gemäß § 8 Abs. 6 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 vom , BGBl. Nr. 45, verpflichtet, eine Abgabe für die Veranstaltung von Lustbarkeiten (§ 15 Abs. 3 Z. 1 des Finanzausgleichsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 673/1978) einzuheben.

(2) ...

§ 2

Lustbarkeiten, die der Abgabe unterliegen

(1) Alle im Gemeindegebiet veranstalteten Lustbarkeiten unterliegen einer Abgabe nach den Bestimmungen dieses Gesetzes.

(2) Lustbarkeiten sind Veranstaltungen, welche geeignet sind, die Besucher bzw. Benützer zu unterhalten und zu ergötzen. ...

(3) ...

(4) Lustbarkeiten im Sinne des Abs. 1 sind insbesondere folgende Veranstaltungen:


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1.
...
2.
Volksbelustigungen, wie der Betrieb von Karussellen, Velodromen und dergleichen, Schaukeln, Rutsch- und ähnlichen Bahnen, Hippodromen, ..."


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§ 16 oö LustbarkeitsabgabeG 1979 idF BGBl. Nr. 70/1983, lautet:

"(1) Für Volksbelustigungen der im § 2 Abs. 4 Z. 2 bezeichneten Art wird die Pauschalabgabe nach einem Vielfachen des Einzelpreises oder Einsatzes berechnet. Als Einzelpreis gilt der Höchsteinzelpreis für erwachsene Personen. Das Höchstausmaß der Pauschalabgabe beträgt täglich:

soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist, das Fünfundzwanzigfache des Einzelpreises oder Einsatzes, für Schießbuden das Zwanzigfache des Einzelpreises für drei Schuß, für Rodel- und Rutschbahnen das Vierzigfache des Einzelpreises, für Achterbahnen, Berg- und Talbahnen, Riesenräder das Zweifache des Einzelpreises für jeden vorhandenen Sitz.

(2) Auf die Größe des einzelnen Lustbarkeitsveranstaltungsbetriebes ist Rücksicht zu nehmen; ... Das Mindestausmaß dieser Pauschalabgabe beträgt, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist, das Zehnfache des Einzelpreises oder Einsatzes, für Achterbahnen, Berg- und Talbahnen, Riesenräder das Einfache des Einzelpreises für jeden vorhandenen Sitz."

§ 2 und § 16 der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz, letzterer in der Fassung der angefochtenen Verordnung vom (einschließlich der vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom aufgehobenen Wortfolge, die in der nachstehenden Wiedergabe unterstrichen ist) lauten auszugsweise:

"§ 2

Lustbarkeiten, die der Abgabe unterliegen

Lustbarkeiten im Sinne des § 1 sind insbesonders folgende Veranstaltungen:


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1.
...
2.
Volksbelustigungen, wie der Betrieb von Karussellen, Velodromen u. dgl., Schaukeln, Rutsch- und ähnlichen Bahnen, Hippodromen, ...

§ 16

(1) Für Volksbelustigungen der im § 2 Z. 2 bezeichneten Art wird, wenn der Unternehmer an der Veranstaltungsstätte keinen festen Standort hat, die Pauschalabgabe nach dem Vielfachen des Einzelpreises oder Einsatzes berechnet. Als Einzelpreis gilt der Höchsteinzelpreis für erwachsene Personen.

(2) Das Höchstmaß der Pauschalabgabe beträgt täglich für:


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1.
...
2.
Achterbahnen, Berg- und Talbahnen, Drahtseilbahnen, Geisterbahnen, Grottenbahnen und ähnliche Darbietungen von Gleit- und Drehfahrten, wie Scooter, Autodrome, Hippodrome, Elektrodrome und dgl.:
das Zweifache des Einzelpreises für jeden vorhandenen Sitz; ....
12. andere Belustigungen:
das Zehnfache des Einzelpreises."

Der Beschwerdefall bildet unbestritten den Anlaßfall der verfassungsgerichtlichen Aufhebung der von der belangten Behörde angewendeten Verordnungsstelle.

Zutreffend gehen sämtliche Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davon aus, daß der Betrieb eines Autodroms zu den Volksbelustigungen der in § 2 Abs. 4 Z. 2 oö LustbarkeitsabgabeG 1979 bzw. § 2 Z. 2 der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz bezeichneten Art gehört. Zwar wird in diesen Bestimmungen der Betrieb eines Autodroms nicht ausdrücklich erwähnt, der Normgeber ließ allerdings durch die Verwendung der Worte "und dergleichen" erkennen, daß er nicht nur die dort ausdrücklich angeführten Lustbarkeiten unter den Begriff der Volksbelustigung subsumieren wollte, die Anführung einzelner Belustigungen in diesen Vorschriften also nur beispielsweise erfolgte.

Im Hinblick auf die Aufhebung der Wortfolge "und ähnliche Darbietungen von Gleit- und Drehfahrten, wie Scooter, Autodrome, Hippodrome, Elektrodrome und dgl." in § 16 Abs. 2 Z. 2 der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Linz scheidet eine Deckung der Vorschreibung der Abgabenbehörde durch die in Rede stehende Verordnungsbestimmung nunmehr aus. Gemäß § 16 oö LustbarkeitsabgabeG 1979 beträgt das Höchstausmaß der Pauschalabgabe täglich das Fünfundzwanzigfache, das Mindestausmaß täglich das Zehnfache des Höchsteinzelpreises für erwachsene Personen. Durch die Aufhebung der Sonderbestimmung für Autodrome in § 16 Abs. 2 Z. 2 der Lustbarkeitsordnung der Stadt Linz fallen diese nach der bereinigten Rechtslage unter Z. 12 "andere Belustigungen"; dadurch erfuhr das Höchstausmaß der Pauschalabgabe durch § 16 Abs. 2 Z. 12 der in Rede stehenden Verordnung eine Beschränkung auf das Zehnfache dieses Einzelpreises. Ob darunter der für den zweisitzigen Wagen eingehobene Preis oder lediglich die Hälfte desselben zu verstehen ist, hängt davon ab, ob einer Einzelperson ohne Begleitung die Fahrt in einem solchen Wagen um den halben Preis gestattet war oder nicht. Bei Zugrundelegung des Gesamtpreises pro Wagen von S 15,-- ergebe sich nach dem Vorgesagten ein Höchstmaß der Abgabe pro Tag von S 150,--, bei Zugrundelegung des halben Wagenpreises ein solches von S 75,--.

Da die Abgabenvorschreibung der Berufungsbehörde das zulässige Höchstausmaß überschritt, war der Berufungsbescheid inhaltlich rechtswidrig. Da die belangte Behörde die gegen diesen Bescheid gerichtete Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abwies, belastete auch sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodaß dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Die Vorlage des angefochtenen Bescheides in einfacher Ausfertigung wäre zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ausreichend gewesen.