VwGH vom 22.01.2001, 96/17/0407

VwGH vom 22.01.2001, 96/17/0407

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des K K in S, vertreten durch Dr. Paul Friedl, Rechtsanwalt in 8552 Eibiswald 20, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 7-481-67/96-3, betreffend Vorschreibung eines Kanalisationsbeitrages (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Georgsberg, 8510 Stainz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte (erstmals) am bei der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg unter Anschluss von Projektsunterlagen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für eine biologische Kleinkläranlage mit Einleitung der biologisch gereinigten häuslichen Abwässer in die L. (zum Gang dieses Verfahrens vgl. näher das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/07/0228).

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, die Schmutzwässer seines Bauwerkes auf einem näher bezeichneten Grundstück in eine zu errichtende Hauskanalanlage abzuleiten.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom (zugestellt am ) wurde dem Beschwerdeführer Kanalabgabe vorgeschrieben.

Am stellte der Beschwerdeführer ein Ansuchen um Erteilung einer Ausnahmegenehmigung von der Anschlussverpflichtung im Sinne des § 4 Abs. 5 Steiermärkisches Kanalgesetz (KanalG).

Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen, die Kanalanschlussverpflichtung aussprechenden Bescheid des Bürgermeisters ab.

Gleichfalls mit Bescheid vom wurde dem Beschwerdeführer durch den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde als Berufungsbehörde ein Kanalisationsbeitrag in der Höhe von insgesamt S 64.333,50 einschließlich der gesetzlichen Umsatzsteuer (Bemessungsgrundlage war die verbaute Grundfläche mal Anzahl der Geschoße, wobei für das Kellergeschoß das tatsächliche Flächenausmaß in Anrechnung gebracht wurde, multipliziert mit dem Einheitssatz von S 175,--) zur Zahlung vorgeschrieben.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom erhielt der Beschwerdeführer (über einen neuerlichen Antrag) die wasserrechtliche Bewilligung der eingangs erwähnten Kläranlage.

Sein Ansuchen um Erteilung einer Ausnahmebewilligung im Sinne des § 4 Abs. 5 KanalG wurde mit Bescheid vom des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei abgewiesen.

Die Steiermärkische Landesregierung gab der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen die Berufungsentscheidung im Verfahren betreffend seine Kanalanschlussverpflichtung mit Bescheid vom keine Folge (vgl. dazu das die Beschwerde des Beschwerdeführers als unbegründet abweisende hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/06/0159).

Mit Bescheid vom gab die Steiermärkische Landesregierung der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen die Abweisung seines Ansuchens auf Ausnahmegenehmigung gemäß § 4 Abs. 5 Kanalgesetz Folge.

Mit ihrem Bescheid vom sprach die belangte Behörde aus, dass der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom betreffend die Vorschreibung eines Kanalisationsbeitrages keine Folge gegeben werde.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er erachtet sich durch die "Handhabung der zeitlichen Verfahrensgestaltung durch Wasserrechts-, Gemeinde- und Aufsichtsbehörde" in seinem Recht darin verletzt, "dass die Behörden nicht gemäß § 38 AVG die Frage der Befreiung von der Anschlussverpflichtung als eine Vorfrage für die Entscheidung über die Anschluss- und auch die Gebührenpflicht behandelt haben". Weiters erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid auch in seinem Recht auf "gesetzmäßige Bestimmung des Kanalisationsbeitrages verletzt, da der vorgeschriebene Kanalisationsbeitrag nicht richtig berechnet wurde".

Die belangte Behörde hat Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Die mitbeteiligte Gemeinde hat sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht geäußert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 Steiermärkisches Kanalabgabengesetz, LGBl. Nr. 71/1955 (KanalabgabenG), ist der Kanalisationsbeitrag einmalig für alle Liegenschaften im Gemeindegebiet zu leisten, für welche eine gesetzliche Anschlusspflicht an das bereits bestehende öffentliche Kanalnetz besteht, ohne Rücksicht darauf, ob sie an das Kanalnetz tatsächlich angeschlossen sind oder nicht.

Die Höhe des Kanalisationsbeitrages bestimmt sich gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. aus dem mit der verbauten Grundfläche (in Quadratmetern) mal Geschoßanzahl vervielfachten Einheitssatz (Abs. 2), wobei Dachgeschoße und Kellergeschoße je zur Hälfte eingerechnet werden; Wirtschaftsgebäude, die keine Wohnung oder Betriebsstätte enthalten, werden nach der verbauten Fläche ohne Rücksicht auf die Geschoßzahl, Hofflächen, das sind ganz oder teilweise von Baulichkeiten umschlossene Grundflächen, deren Entwässerung durch die Kanalanlage erfolgt, nach dem Flächenausmaß eingerechnet.

Zur Entrichtung des einmaligen Kanalisationsbeitrages ist gemäß § 5 Abs. 1 leg. cit. der Eigentümer der anschlusspflichtigen Liegenschaft, sofern dieser aber mit dem Bauwerkseigentümer nicht identisch ist, der Eigentümer der anschlusspflichtigen Baulichkeit verpflichtet.

§ 4 Abs. 1 und 5 Steiermärkisches Kanalgesetz, LGBl. Nr. 79/1988 (KanalG), lautet (auszugsweise):

"§ 4.

(1) In Gemeinden, in denen öffentliche Kanalanlagen betrieben oder errichtet werden, sind die Eigentümer von bebauten Grundstücken verpflichtet, die Schmutz- und Regenwässer ihrer bestehenden oder künftig zu errichtenden Bauwerke auf eigene Kosten über die öffentliche Kanalanlage abzuleiten, sofern die kürzeste Entfernung eines Bauwerkes von dem für den Anschluss in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 100 m beträgt. ...

...

(5) Ausnahmen von der Verpflichtung nach Abs. 1 sind von der Baubehörde für Bauten vorübergehenden Bestandes, für untergeordnete Nebengebäude und Bauteile sowie für Bauten mit einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Schmutzwasserentsorgung zu erteilen, wenn dadurch eine schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs. 1 gewährleistet ist und eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht entsteht. ... Der Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Verpflichtung nach Abs. 1 obliegt dem Ausnahmewerber. Die Ausnahmen sind mit Beschränkung auf eine bestimmte Zeitdauer oder gegen Widerruf zu erteilen."

Gemäß § 3 Abs. 1 Steiermärkische Landesabgabenordnung entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft.

Während nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Bestehen einer gesetzlichen Anschlussverpflichtung gemäß § 4 Abs. 1 KanalG von der Abgabenbehörde als Vorfrage zu prüfen ist, kann der Abgabepflichtige das Vorliegen von Gründen für eine Ausnahme von dieser Verpflichtung im Sinne des § 4 Abs. 5 KanalG im Abgabenbemessungsverfahren nicht relevieren. Eine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung nach der letztgenannten Gesetzesbestimmung setzt die Erlassung eines entsprechenden Bescheides der Baubehörde voraus. Solange ein solcher nicht existiert, ist das Vorliegen der in § 4 Abs. 5 KanalG angeführten Umstände für die Beurteilung der Anschlusspflicht durch die Abgabenbehörde ohne Bedeutung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 99/17/0401, und vom , Zlen. 99/17/0420, 0421, mit weiteren Nachweisen).

Im Beschwerdefall ist die Rechtskraft des bescheidmäßigen Ausspruches der Kanalanschlussverpflichtung unbestritten. Der Beschwerdeführer bringt überdies vor dem Verwaltungsgerichtshof vor, dass selbst zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung ein Bescheid über die Ausnahme von der Anschlussverpflichtung nach § 4 Abs. 5 KanalG (noch) nicht erlassen war. Selbst dann aber, wenn man zu Gunsten des Beschwerdeführers davon ausgehen wollte, dass der Bescheid im Sinne des § 4 Abs. 5 KanalG auf den Zeitpunkt der Herstellung einer hauseigenen Abwasserentsorgungsanlage durch den Beschwerdeführer zurückwirken würde, wäre für ihn nichts gewonnen, weil der nachträgliche Wegfall der Tatbestandsvoraussetzungen einen einmal entstandenen Abgabenanspruch auf die Kanalanschlussgebühr nicht wieder zum Erlöschen bringen würde (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom mit weiteren Nachweisen).

Aus dem Vorgesagten ergibt sich somit, dass der Beschwerdeführer nicht in dem von ihm behaupteten Recht auf "Aussetzung des Verfahrens zur Vorschreibung des Kanalisationsbeitrages gemäß § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens auf Feststellung der Anschlussverpflichtung" (oder eines derartigen behaupteten Rechts nach der von den Abgabenbehörden hier anzuwendenden Steiermärkischen LAO) verletzt worden sein könnte, selbst wenn man überhaupt vom Bestehen eines Rechtsanspruchs der Partei auf Aussetzung des Verfahrens ausgehen wollte (dieser Anspruch wird nach der ständigen Rechtsprechung verneint, vgl. nur die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2 unter E 104 zu § 38 AVG angeführte hg. Rechtsprechung; vgl. überdies das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/03/0136). Soweit der Beschwerdeführer in der "Gestaltung der zeitlichen Abläufe" durch die Behörden Nachteile im Hinblick auf seine Rechtsschutzsituation im Zusammenhang mit seinem Prozesskostenrisiko erblickt und darin eine verfassungswidrige "gesetzliche Konstruktion" sieht, teilt der Verwaltungsgerichtshof diese Bedenken nicht. Eine solche für den Beschwerdeführer nachteilige "Gestaltung" des zeitlichen Ablaufes liegt im Beschwerdefall schon deswegen nicht vor, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anschlussverpflichtung schon gegeben waren und damit der Abgabentatbestand schon verwirklicht war, bevor der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Ausnahmegenehmigung von der Anschlusspflicht nach § 4 Abs. 5 KanalG stellte. Wann der Beschwerdeführer aber seinen Antrag stellt, ist ausschließlich ihm zuzurechnen. Sollte aber durch ein pflichtwidriges und schuldhaftes Verhalten der Behörden dem Beschwerdeführer Schaden zugefügt worden sein, kämen - generell - Amtshaftungsansprüche in Betracht.

Schließlich rügt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der unrichtigen Berechnung des Kanalisationsbeitrages die Einbeziehung einer im Erdgeschoß befindlichen Fläche im Ausmaß von 56,2 m2. Diese Fläche besitze keinen Wasseranschluss. Dem ist entgegen zu halten, dass der Gesetzgeber den Begriff der "verbauten Fläche" nicht dahin eingeschränkt hat, dass es sich dabei nur um Flächen mit Wasseranschluss handeln solle. Dies ist auch vom Standpunkt der typisierenden Betrachtung des "Entsorgungsnutzens" sachgerecht.

Wenn der Beschwerdeführer abschließend noch geltend macht, er habe die Befangenheit von Mitgliedern des Gemeinderates bei der Beschlussfassung gerügt, so hat ihm die belangte Behörde dazu zutreffend entgegen gehalten, dass der Beschwerdeführer selbst nicht vorbringt, im Rechtsmittelverfahren vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz hätten Organe mitgewirkt, die an der Erlassung des angefochtenen Bescheides erster Instanz mitgewirkt hätten (§ 53 Abs. 1 lit. d Steiermärkische LAO). Auch die Beschwerdevorbringen, dem Beschwerdeführer sei "unterstellt" worden, er sei in der Dämmerung mit dem Rad ohne Licht unterwegs gewesen und es hätten ihn "Etiketten an Honiggläsern gestört", lassen nicht erkennen, inwieweit wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit der Organe der Abgabenbehörden (in der zu entscheidenden Sache) in Zweifel zu ziehen (vgl. § 53 Abs. 1 lit. c leg. cit.).

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am