VwGH vom 27.11.2000, 96/17/0406

VwGH vom 27.11.2000, 96/17/0406

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der Rechtsanwälte B & P Partnerschaft KEG in H, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom , Zl. TM-3000/32- III/11/96, betreffend Verweigerung einer Auskunft nach dem Auskunftspflichtgesetz in einer Angelegenheit des Tabakmonopolgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der beschwerdeführenden Partei vom , ergänzt durch ein Schreiben vom , auf Bekanntgabe der gemäß § 6 Abs. 1 Tabakmonopolgesetzes 1996 zum Großhandel mit Tabakerzeugnissen in Österreich zugelassenen Großhändler und des Zeitpunkts der Bewilligungserteilung als unbegründet ab.

Die beschwerdeführende Partei (eine Rechtsanwalts-KEG) bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes "und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften"; sie erachtet sich in ihrem Recht verletzt, dass ihr "die belangte Behörde bekannt gibt, welchen Personen in Österreich eine Bewilligung der belangten Behörde zum Großhandel mit Tabakerzeugnissen in Österreich, und mit welchem Datum diese Bewilligungen erteilt worden sind".

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit dem das Tabakmonopol neu geregelt wird, und mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz und das Heeresversorgungsgesetz geändert werden (Tabakmonopolgesetz 1996 - TabMG 1996) in der im Beschwerdeverfahren noch anzuwendenden Stammfassung BGBl. Nr. 44/1996, ist der Großhandel mit Tabakerzeugnissen den nach § 6 berechtigten Personen oder Personenvereinigungen vorbehalten. Großhandel im Sinne dieses Bundesgesetzes ist der gewerbliche Vertrieb von Tabakerzeugnissen im Monopolgebiet, der nicht auf Grund eines Bestellungsvertrages (§ 34 Abs. 1) betrieben wird oder nicht gemäß Abs. 5 oder § 40 Abs. 1 erlaubt ist.

Gemäß § 6 leg. cit. ist Großhändler im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, dem die Bewilligung zum Großhandel erteilt wurde (Abs. 1). Die Bewilligung zum Großhandel mit Tabakerzeugnissen ist nur Personen oder Personenvereinigungen zu erteilen, die 1.) ihren Sitz oder Hauptwohnsitz im Gebiet der Europäischen Gemeinschaft haben, 2.) Inhaber eines im Monopolgebiet gelegenen Steuerlagers gemäß § 13 Abs. 2 des Tabaksteuergesetzes 1995 oder berechtigte Empfänger gemäß § 19 des Tabaksteuergesetzes 1995 sind, es sei denn, es werden ausschließlich Kau- und Schnupftabake gehandelt, 3.) eine Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Handelsgewerbes gemäß § 124 Z. 11 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, besitzen, 4.) nicht Tabaktrafikanten sind und weder rechtlich noch faktisch kontrollierend an einem Unternehmen beteiligt sind, das eine Tabak-Trafik führt, 5.) über geeignete Räumlichkeiten zur Lagerung der Tabakerzeugnisse verfügen und 6.) Geschäfts- und Lieferbedingungen gemäß § 10 Abs. 1 und 2 Tabakmonopolgesetz festgelegt haben (Abs. 2). Die im Abs. 2 Z. 1 und 4 der soeben erwähnten Bestimmung angeführten Voraussetzungen müssen auch auf die zur Geschäftsführung befugten Personen zutreffen (Abs. 3). Werden ausschließlich Kau- und Schnupftabake gehandelt, darf die Bewilligung zum Großhandel außerdem nur erteilt werden, wenn der Bewerber ordnungsgemäß kaufmännische Bücher führt, rechtzeitig Jahresabschlüsse aufstellt und gegen seine steuerliche Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen (Abs. 4).

Nach § 7 Abs. 1 leg. cit. obliegt die Erteilung der Bewilligung zum Großhandel mit Tabakerzeugnissen dem Bundesminister für Finanzen. Er kann notwendige Ermittlungen auch durch die ihm unterstellten Behörden vornehmen lassen.

Gemäß § 7 Abs. 6 TabMG hat das Bundesministerium für Finanzen dem Bundesgremium der Tabaktrafikanten und der Monopolverwaltung GmbH über jede erteilte Bewilligung, ausgenommen jene, die nicht zur Belieferung von Tabaktrafikanten mit Tabakerzeugnissen berechtigen, Name und die für Zustellungen maßgebliche Geschäftsanschrift des Bewilligungsinhabers sowie jede diesbezügliche Änderung und das Erlöschen der Bewilligung bekannt zu geben.

§ 8 TabMG regelt näher die Pflichten des Großhändlers; so hat nach Abs. 1 erster Satz dieser Bestimmung der Großhändler Tabakerzeugnisse, die er im Monopolgebiet an Tabaktrafikanten abgeben will, auf Bestellung allen Tabaktrafikanten zu den gleichen Bedingungen zu liefern. Nach Abs. 2 leg. cit. ist die entgeltliche Abgabe von Tabakerzeugnissen durch Großhändler an Verbraucher verboten, ausgenommen in den Fällen, in denen eine tabaksteuerfreie Abgabe zulässig ist.

§ 1 des Bundesgesetzes vom über die Auskunftspflicht der Verwaltung des Bundes und eine Änderung des Bundesministeriengesetzes 1986 (Auskunftspflichtgesetz), BGBl. Nr. 287/1987, lautet wie folgt:

"(1) Die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.

(2) Auskünfte sind nur in einem solchen Umfang zu erteilen, der die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht wesentlich beeinträchtigt; berufliche Vertretungen sind nur gegenüber den ihnen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies insoweit, als dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird. Sie sind nicht zu erteilen, wenn sie offenbar mutwillig verlangt werden."

Nach § 2 erster Satz leg. cit. (in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998) kann jedermann Auskunftsbegehren mündlich, telefonisch, telegrafisch, schriftlich oder fernschriftlich anbringen. Wird eine Auskunft nicht erteilt, so ist auf Antrag des Auskunftswerbers gemäß § 4 erster Satz leg. cit. hierüber ein Bescheid zu erlassen.

Nach Art. 20 Abs. 4 erster Satz B-VG haben alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht; berufliche Vertretungen sind nur gegenüber den ihnen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies insoweit, als dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird.

Die belangte Behörde vertrat im bekämpften Bescheid die Ansicht, dass sich das gegenständliche Auskunftsbegehren entgegen der Ansicht der Antragsteller auf Tatsachen beziehe, die als geheim anzusehen seien; einer Auskunftserteilung stehe die Verpflichtung zur abgabenrechtlichen Geheimhaltung gemäß § 48a BAO entgegen. Der Inhalt der vom Bundesministerium für Finanzen erteilten Großhandelsbewilligungen sei als "der Öffentlichkeit unbekannte Verhältnisse oder Umstände" im Sinne des § 48a Abs. 2 lit. a leg. cit. bzw. als geheimer Inhalt von Akten eines Monopolverfahrens (§ 48 Abs. 2 lit. b BAO) anzusehen.

Des Weiteren führte die belangte Behörde wie folgt aus:

"Die Erteilung der von Ihnen gewünschten Auskunft wäre im Übrigen auch nach den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 565/1978, unzulässig. Dies ergibt sich aus den Grundsatzbestimmungen des § 1 Abs. 1 und 2 DSG und aus § 7 leg. cit.. Daten, die dem Amtsgeheimnis oder einer (anderen) gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen, dürfen auch nach den Grundsätzen des DSG nicht weiter gegeben werden. In den von der Ausnahmebestimmung des § 7 DSG nicht genannten Fällen ist die Geheimhaltungspflicht wirksam und das "Steuergeheimnis" zu wahren."

Nach Abs. 1 des mit "Grundrecht auf Datenschutz" überschriebenen, als Verfassungsbestimmung erlassenen § 1 Datenschutzgesetz, BGBl. Nr. 565/1978, - dieses ist im Beschwerdefall noch anzuwenden - hat jedermann Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit er daran ein schutzwürdiges Interesse, insbesondere im Hinblick auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, hat. Beschränkungen dieses Rechts sind gemäß Abs. 2 leg. cit. nur zur Wahrung berechtigter Interessen eines anderen oder auf Grund von Gesetzen zulässig, die aus den im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Gründen notwendig sind; auch im Fall solcher Beschränkungen muss der vertraulichen Behandlung personenbezogener Daten Vorrang gegeben werden.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK sind Eingriffe in das in diesem Artikel verbürgte Grundrecht nur statthaft, insoweit sie eine Maßnahme darstellen, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Gemäß § 7 Abs. 3 Datenschutzgesetz dürfen Daten an andere als die in Abs. 2 genannten Empfänger (das sind Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden, einschließlich der Körperschaften des öffentlichen Rechts) nur übermittelt werden, soweit dies zur Wahrung eines berechtigten Interesses an der Übermittlung erforderlich ist, das die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen an der Geheimhaltung überwiegt. Im Zweifel ist der vertraulichen Behandlung personenbezogener Daten der Vorrang zu geben.

Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , G 245/89 u.a., näher dargelegt hat, können auch Wirtschaftsdaten personenbezogene Daten im Sinne des § 1 Datenschutzgesetz sein. Derartige Wirtschaftsdaten (nämlich wer als Großhändler zugelassen ist) sind unstrittig Gegenstand der vorliegenden Anfrage.

Wenngleich auf Grund des Datenschutzgesetzes 1978 iVm § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz nicht generell davon ausgegangen werden konnte, dass die Weitergabe personenbezogener Daten (von Wirtschaftsdaten im dargelegten Sinne) jedenfalls ausgeschlossen war, verlangte § 1 Abs. 2 Datenschutzgesetz 1978 ein berechtigtes Interesse an der Weitergabe der Daten. Eine Auskunftserteilung gemäß § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz kam daher im Hinblick auf § 1 Abs. 2 Datenschutzgesetz nur in Betracht, wenn der Auskunftswerber ein berechtigtes Interesse nachweisen konnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/17/0359). Ein zu berücksichtigendes Interesse der beschwerdeführenden Partei, einer Rechtsanwalts-KEG, das in diesem Zusammenhang in einer Interessenabwägung einzubeziehen wäre, wird jedoch weder vor dem Verwaltungsgerichtshof noch sonst behauptet. Auch die Darlegungen in der Beschwerde betreffend ein behauptetes öffentliches Interesse vermögen zu keinem anderen Ergebnis zu führen, da dadurch ein der der beschwerdeführenden Partei zuzurechnendes eigenes Interesse nicht dargelegt wird und im Übrigen nach dem Inhalt der Beschwerde das "öffentliche" Interesse ein solches potentieller Geschäftspartner der Großhändler, somit der Tabaktrafikanten, wäre; ein Interesse der beschwerdeführenden Partei ist auch hieraus nicht abzuleiten. Ein - behauptetes - allgemeines Interesse daran, "die Transparenz dieses Handelsbereiches zu erreichen" ist - jedenfalls im Beschwerdefall -

bei der auf Grund der Rechtslage vorzunehmenden Interessenabwägung nicht weiter zu berücksichtigen.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am