Suchen Hilfe
VwGH vom 27.11.2000, 96/17/0382

VwGH vom 27.11.2000, 96/17/0382

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der D Aktiengesellschaft, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt St. Pölten vom , Zl. 00/37/3/1996-Mag. De/Ku, betreffend Anzeigenabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt St. Pölten hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt St. Pölten vom wurde der Rechtsvorgängerin der beschwerdeführenden Partei (in der Folge auch beschwerdeführende Partei) für die Veröffentlichung von Anzeigen im Druckwerk "Amtliches örtliches Telefonbuch St. Pölten 1994/1995" eine Anzeigenabgabe in der Höhe von S 78.594,94 vorgeschrieben.

Die Behörde vertrat dabei die Ansicht, die erstmalige Verbreitung des genannten Druckwerkes sei von St. Pölten ausgegangen, weshalb die Anzeigenabgabe vorzuschreiben gewesen sei.

Diesem Bescheid war eine Korrespondenz mit der beschwerdeführenden Partei vorangegangen, in der diese (Schreiben vom ) ausdrücklich die Ansicht vertreten hatte, "nach eingehender Prüfung des Sachverhaltes durch uns und die Gemeinde Mödling" sei nicht die Landeshauptstadt St. Pölten sondern die Gemeinde Mödling hebeberechtigt.

In ihrer Berufung gegen den erwähnten Bescheid vom führte demnach auch die beschwerdeführende Partei aus, sie habe den Firmensitz im Juli 1994 von Wien nach Mödling verlegt; dieser Veränderung liege eine Betriebsansiedlungsförderung durch die Stadtgemeinde Mödling zu Grunde, die im Ausmaß unmittelbar von der in der Stadt Mödling abgeführten Anzeigenabgabe abhängig sei. Auf Grund der näher dargelegten Rechtsansicht sei die Gemeinde Mödling auch hebeberechtigt, weshalb die Anzeigenabgabe an die Stadt Mödling abgeführt worden sei. Im Übrigen dürfe in Niederösterreich die Anzeigenabgabe jedenfalls nur von einer Gemeinde eingehoben werden.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 213 Abs. 1 der Niederösterreichischen Abgabenordnung, LGBl. 3400-3, als unbegründet ab. Sie vertrat darin die Ansicht, eine erstmalige Verbreitung der Druckwerke sei erst in St. Pölten erfolgt, weshalb St. Pölten einhebungsberechtigte Gemeinde sei. Die Gemeinde Mödling habe die Anzeigenabgabe für das Druckwerk bereits per rechtskräftigem Bescheid vorgeschrieben und eingehoben, "dies jedoch gemäß § 2 Abs. 3 NÖ Anzeigenabgabengesetz unzulässigerweise, da Mödling weder im Titel des Druckwerkes aufscheint, noch Druck und Versand von Mödling aus erfolgten". Das von der Gemeinde Mödling beanspruchte Recht des Zuvorkommens stehe "in krassem Gegensatz zu den zwingenden und eindeutigen Bestimmungen des § 2 Abs. 3 NÖ Anzeigenabgabegesetz", weshalb auf die Möglichkeit der Bescheidaufhebung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 220 Abs. 2 NÖ Abgabenordnung hingewiesen werde.

"Auf Grund der klaren Vorrangsregelungen" stehe "zweifelsfrei die Berechtigung zur Einhebung der Anzeigenabgabe für die Landeshauptstadt St. Pölten fest, sodass eine Entscheidung der Niederösterreichischen Landesregierung in einem etwaigen Zweifelsfall nicht zu suchen" gewesen sei.

Die beschwerdeführende Partei bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Sie erachtet sich erkennbar in dem Recht auf Einhebung der Anzeigenabgabe durch die zuständige Stadt Mödling an Stelle der Landeshauptstadt St. Pölten verletzt; entgegen der Auffassung der belangten Behörde sei durch § 2 Abs. 3 Niederösterreichisches Anzeigenabgabegesetz die Gemeinde, in welcher der Druck und der Versand erfolgte, derart eindeutig mit Mödling bestimmt, dass eine Entscheidung über die Berechtigung zur Erhebung der Anzeigenabgabe bei der Niederösterreichischen Landesregierung nicht einzuholen sei.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 erster Satz Niederösterreichisches Anzeigenabgabegesetz, LGBl. 3705-0, werden die Ortsgemeinden und Städte mit eigenem Statut des Landes Niederösterreich ermächtigt, auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses eine Abgabe von Anzeigen in Druckwerken (Anzeigenabgabe) einzuheben.

Anzeigen im Sinne dieses Gesetzes sind gemäß § 2 Abs. 1 leg. cit. alle Anzeigen, die in einer niederösterreichischen Gemeinde erscheinendes Druckwerk (§ 2 des Pressegesetzes) gegen Entgelt aufgenommen oder mit einem solchen ausgesendet oder verbreitet werden. Die Absätze 2 und 3 dieser Bestimmung lauten wie folgt:

"(2) Als Erscheinungsort gilt jene Gemeinde, von welcher aus die Verbreitung erstmalig erfolgt oder in welcher der die Verbreitung besorgende Unternehmer (Verleger) seinen Standort hat oder von der aus die verwaltende Tätigkeit des die Veröffentlichung oder Verbreitung des Druckwerkes besorgenden Unternehmers vorwiegend ausgeübt wird. Ist jedoch im Titel eines Druckwerkes oder sonst als Herausgabeort eine bestimmte Gemeinde besonders angeführt (z.B. Eggenburger Zeitung), so gilt diese Gemeinde als Erscheinungsort.

(3) Die Anzeigenabgabe darf, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 1 und 2 auf verschiedene Gemeinden zutreffen, jedenfalls nur von einer Gemeinde eingehoben werden. Hiebei hat die im Abs. 2, letzter Satz, genannte Gemeinde und nach dieser die Gemeinde den Vorrang, in welcher der Druck und der Versand des Druckwerkes erfolgt. Im Zweifelsfalle entscheidet über die Berechtigung zur Einhebung die NÖ Landesregierung."

Die belangte Behörde führt in ihrer Gegenschrift zutreffend aus, dass der Tatbestand des Erscheinungsortes auch für Mödling zutrifft; nach § 2 Abs. 2 leg. cit. ist Mödling nämlich jene Gemeinde, in der der die Verbreitung besorgende Unternehmer seinen Standort hat oder von der aus die verwaltende Tätigkeit des die Veröffentlichung und Verbreitung des Druckwerkes besorgenden Unternehmers vorwiegend ausgeübt wird.

Nach ihrer bereits im bekämpften Bescheid zum Ausdruck gebrachten Ansicht spreche für St. Pölten als hebeberechtigter Gemeinde der Tatbestand der erstmaligen Verbreitung des Druckwerkes sowie, dass St. Pölten im Titel des Druckwerkes besonders angeführt sei. Gerade dies wird jedoch von der beschwerdeführenden Partei (auch unter Hinweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) bestritten.

Ist aber nach dem eben Gesagten zweifelhaft, ob Mödling (hier liegt nach den Feststellungen der belangten Behörde ein bereits rechtskräftiger Bescheid vor) oder aber St. Pölten Abgabengläubiger ist, so ist dies ein Fall, in dem nach der zitierten Bestimmung des § 2 Abs. 3 letzter Satz leg. cit. die Landesregierung zur Entscheidung berufen ist. Die belangte Behörde hätte bei dieser Sachlage von einem Zweifelsfall ausgehen müssen, den nur die Landesregierung entscheiden darf, in dem also durch das Gesetz der Abgabenbehörde die Lösung der zweifelhaften Vorfrage entzogen ist.

Die belangte Behörde hat dadurch, dass sie den vor ihr angefochtenen Bescheid der Behörde erster Instanz, in dem diese Rechtslage unbeachtet blieb, bestätigte, ihrerseits gleicherweise die Rechtslage verkannt und solcherart ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was zu dessen Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu führen hatte.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf den §§ 47 ff VwGG, wobei jedoch zu berücksichtigen war, dass die Umsatzsteuer bereits im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand enthalten ist und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung die Vorlage des Beschwerdeschriftsatzes (dreifach) sowie des bekämpften Bescheides (einfach) ausreichend war; das diesbezügliche Mehrbegehren war daher abzuweisen.

Wien, am

Fundstelle(n):
OAAAE-55407