VwGH vom 15.05.2000, 96/17/0376
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-05/K/23/0556/95, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am um 12.08 Uhr das dem Kennzeichen nach bestimmte mehrspurige Kraftfahrzeug in der in Wien Innere Stadt verordneten Kurzparkzone an einem näher bezeichneten Ort abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für einen Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben, da der Parkschein gefehlt habe; der Beschwerdeführer habe dadurch die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt. Er habe § 1 Abs. 3 iVm § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes, LGBl. für Wien Nr. 47/1974 idgF, verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung - eingelangt beim Magistrat der Stadt Wien am - wandte sich der Beschwerdeführer gegen die Annahme, er selbst habe die Verwaltungsübertretung begangen; zwar habe die amtswegig (auf Grund seiner Lenkerauskunft) vernommene Zeugin nicht angeben können, ob sie zur Tatzeit das Fahrzeug gelenkt habe, doch habe er dies - unter Wahrheitspflicht - in seiner Lenkerauskunft angegeben.
Überdies brachte der Beschwerdeführer wie folgt vor:
"Zur ordnungsgemäßen Kundmachung der Kurzparkzone im I. Bezirk ist zu vermerken, daß kurz vor dem angeblichen Tatzeitpunkt eine Entscheidung des VwGH ergangen ist, die besagt, daß die Kurzparkzone im I. Bezirk deshalb nicht ordnungsgemäß kundgemacht ist, da zu viele Verkehrszeichen an einer Befestigungsstange angebracht sind. Diese Meldung, die damals durch alle Medien ging, muß daher gerade der MA 4 bekannt sein und wäre sie daher verpflichtet gewesen amtswegig zu erforschen, ob eine Bestrafung überhaupt möglich ist, oder bereits rechtlich daran scheitert, daß die Kurzparkzone nicht gesetzeskonform kundgemacht ist.
Die Behörde I. Instanz hätte daher amtswegig diese Entscheidung des VwGH in die Beweiswürdigung und später auch in die Tatsachenfeststellung einfließen lassen müssen. Da dies nicht geschehen ist, ist die Beweiswürdigung auch in diesem Punkt mangelhaft."
Mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG der Berufung keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis.
Es könne der ersten Instanz nicht entgegengetreten werden, wenn diese den Schluss gezogen habe, der Beschwerdeführer selber sei der Täter gewesen; die vom Beschwerdeführer in seiner Lenkerauskunft als jene Person, der zum Tatzeitpunkt das gegenständliche Fahrzeug überlassen gewesen sei, bezeichnete Zeugin habe dies nicht bestätigen können. Vor allem aber habe der Beschwerdeführer in seinem Einspruch vom gegen die erstinstanzliche Strafverfügung die Abstellung des Fahrzeuges in einer Kurzparkzone bestritten und hiezu unter anderem seine Einvernahme angeboten.
Die hier verfahrensgegenständliche Kurzparkzone befinde sich im I. Wiener Gemeindebezirk, der mit Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom mit Wirkung vom zur Kurzparkzone erklärt worden sei; die ordnungsgemäße Kundmachung sei nach dem von der Berufungsbehörde eingesehenen Aktenvermerk gemäß § 44 Abs. 1 StVO am um 06.00 Uhr durch Anbringen bzw. Entfernen der entsprechenden Verkehrszeichen erfolgt. Da der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren, auch nicht in seiner Berufung, Angaben über die Fahrtroute zum Abstellort seines Kraftfahrzeuges gemacht habe, habe - mangels konkreter Benennung der seiner Meinung nach nicht gesetzeskonformen Verkehrszeichen betreffend die Kundmachung der Kurzparkzonenverordnung - auf sein Vorbringen der nicht ordnungsgemäßen Kundmachung der Kurzparkzone nicht weiter eingegangen werden können.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften; er erachtet sich "in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht schuldig gesprochen und bestraft zu werden", als verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift jedoch nicht erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In seiner Beschwerde rügt der Beschwerdeführer das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde. In dieser hätte er anhand eines Stadtplanes die genaue Fahrtroute zum Tatort angegeben. Eine derartige Präzisierung habe sich der Beschwerdeführer für die Verhandlung vorbehalten. Die Erörterung der Fahrtroute hätte schließlich die Überprüfung der Kundmachung und gegebenenfalls eines diesbezüglichen Mangels ermöglicht.
Hätte die belangte Behörde entgegen den in erster Instanz vorliegenden Beweisergebnissen Zweifel an der Lenkereigenschaft der Zeugin gehabt, wäre es an der belangten Behörde gelegen gewesen, sich im Rahmen einer Verhandlung durch die persönliche Einvernahme und allfällige ergänzende Befragung einen eigenen Eindruck von der Glaubwürdigkeit der beteiligten Personen zu verschaffen.
Der Umstand, dass während des anhängigen Berufungsverfahrens durch die Novelle zum Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 620/1995, eine Änderung hinsichtlich der mündlichen Berufungsverhandlung eingetreten sei, könne dem Beschwerdeführer nicht zum Nachteil gereichen. Mit dem Datum des Inkrafttretens () sei nämlich § 51e Abs. 2 VStG dahin geändert worden, dass im Fall einer S 3.000,-- nicht übersteigenden Geldstrafe eine Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat unterbleiben könne, es sei denn, dass die Durchführung einer Verhandlung von einer Partei ausdrücklich verlangt werde. Der Beschwerdeführer habe auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Einbringung der Berufung vertrauen dürfen, in der eine mündliche Verhandlung zwingend vorgesehen gewesen sei.
Eine mündliche Verhandlung wäre aber auch entgegen der oben erwähnten Bestimmung des § 51e Abs. 2 VStG idF BGBl. Nr. 620/1995, durchzuführen gewesen, da "die unmittelbare Beweisaufnahme bei der gegenständlichen Verfahrenslage jedenfalls notwendig gewesen" wäre, "um zu begründbaren Sachverhaltsfeststellungen zu gelangen".
Die belangte Behörde hätte überdies gemäß § 13a AVG den Beschwerdeführer anhalten müssen, seine Angaben hinsichtlich der Fahrtroute zu präzisieren "bzw. über die Rechtsfolgen der mangelnden Genauigkeit seiner Angaben zu belehren".
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kann es jedoch dahinstehen, ob die belangte Behörde zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung verpflichtet war oder nicht. Die Unterlassung einer mündlichen Verhandlung bedeutet jedenfalls nur dann eine vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wenn die Relevanz dieser Unterlassung vor dem Verwaltungsgerichtshof näher dargelegt wird. Auch die vom Beschwerdeführer angesprochene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtslage vor der Novelle BGBl. Nr. 620/1995 geht von diesem Grundsatz aus (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 93/11/0013, vom , Zl. 94/17/0007, vom , Zl. 93/17/0351 und vom , Zl. 92/17/0281). Für die Rechtslage nach der erwähnten Novelle zum Verwaltungsstrafgesetz hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/10/0193, 0201, mwN), dass auch ein infolge eines ausdrücklich darauf abzielenden Antrages rechtswidriges Unterbleiben der öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht in jedem Fall die Aufhebung des Berufungsbescheides nach sich ziehen müsse; die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften führe nach § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn die belangte Behörde bei Einhaltung dieser Verfahrensvorschriften zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Die Relevanz des Verfahrensmangels ist demnach in der Beschwerde darzustellen.
Im Beschwerdefall geht der Beschwerdeführer vor dem Gerichtshof davon aus, dass anhand eines Stadtplanes die Fahrtroute bei einer mündlichen Verhandlung dargelegt hätte werden können; die Erörterung der Fahrtroute hätte schließlich die Überprüfung der Kundmachung und gegebenenfalls eines diesbezüglichen Mangels ermöglicht. - Der Beschwerdeführer behauptet somit nicht das Vorliegen eines Kundmachungsmangels (arg.: "... gegebenenfalls"). Damit aber erweist sich sein Vorbringen als nur auf die Einholung eines unzulässigen Erkundungsbeweises abzielend; eine Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels wird damit nicht dargetan.
Nur die konkrete Behauptung eines (bestimmten) Kundmachungsmangels hätte nämlich die belangte Behörde, die nach den von ihr getroffenen Erhebungen von einer ordnungsgemäßen Kundmachung ausgehen durfte, zu weiteren (amtswegigen) Erhebungen verpflichten können.
Der Beschwerdeführer wendet sich schließlich auch nicht gegen das von der belangten Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung als tragend angesehene Argument, wonach er im erstinstanzlichen Verfahren seine eigene Einvernahme zur Klärung (auch) des Tatortes angeboten habe. Diese Tatsache rechtfertigt den von der belangten Behörde gezogenen Schluss auf die Tätereigenschaft des Beschwerdeführers. Insbesondere ist weder aus den Angaben des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren noch aus denen der vernommenen Zeugin oder sonstigem Vorbringen zu entnehmen, der Beschwerdeführer sei zum Tatzeitpunkt etwa nur Beifahrer gewesen. Die Richtigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung bestätigt auch das Beschwerdevorbringen; danach hätte der Beschwerdeführer - wie oben dargelegt - genaue Auskunft über die Fahrtroute zum Tatort vor der belangten Behörde geben können. Somit gelingt es der Beschwerde nicht, die Möglichkeit der Unrichtigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung und somit die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers darzulegen.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzeigte. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am