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VwGH 04.09.2001, 99/05/0019

VwGH 04.09.2001, 99/05/0019

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BauRallg;
GdPlanungsG Krnt 1995 §24 Abs5;
GdPlanungsG Krnt 1995 §25 Abs2 litf;
RS 1
§ 24 Abs. 5 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz sieht vor, dass die Bebauungspläne die Bebauung unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Orts- und Landschaftsbildes festzulegen haben; § 25 Abs. 2 lit. f leg. cit. erlaubt dem Verordnungsgeber Vorgaben für die äußere Gestaltung (Firstrichtung, Dachform, Dachdeckung, Dachneigung, Farbgebung u.ä.). Von der Möglichkeit einer solchen Reglementierung hat der Verordnungsgeber keinen Gebrauch gemacht, sodass von einer grundsätzlichen Zulässigkeit verschiedener Dachformen auszugehen ist. Allerdings kann - anders als im Fall einer tatsächlich gegebenen Reglementierung, siehe das E , 98/05/0148 - das Schweigen des Verordnungsgebers zu dieser Frage noch nicht dazu führen, dass es der Behörde verwehrt wäre, eine grundsätzlich zulässige äußere Gestaltung hinsichtlich seiner Auswirkung auf das Ortbild zu prüfen.
Normen
BauO Krnt 1996 §17 Abs1;
BauO Krnt 1996 §19 Abs1;
BauO Krnt 1996 §8;
BauRallg;
RS 2
Ausführungen zur Frage, ob unter besonderer Bedachtnahme auf die für die Versagung herangezogene Dachform des Projektes ein schützenswertes Ortsbild gegeben ist.
Normen
BauO Krnt 1996 §17 Abs1;
BauO Krnt 1996 §18 Abs1;
BauRallg;
VwRallg;
RS 3
Es kann zwar allgemein gesagt werden, dass ein Satteldach an Stelle eines Pultdaches das Wesen des Vorhabens nicht verändert; im vorliegenden Fall ist aber die gewählte Dachform mit seiner Auswirkung auf die Belichtung des im ersten Stock untergebrachten Ateliers ein offenbar wesentliches Merkmal des Vorhabens; aus dem Bauplan ergibt sich auch, dass der erste Stock keine Raumunterteilung aufweist und ausschließlich als Atelier verwendet werden soll. Die Erteilung einer solchen projektsändernden Auflage verstößt gegen § 18 Abs 1 Krnt BauO 1996.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Marktgemeinde Finkenstein, vertreten durch Dr. Hans Winkler, Rechtsanwalt in Villach, Peraustraße 31, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 8 B-BRM- 246/3/1998, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Richard Kaplenig in Villach, Gerbergasse 3/3), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Beim gegenständlichen Projekt des mitbeteiligten Bauwerbers handelt es sich um ein zweigeschoßiges rechteckiges Ateliergebäude mit den Ausmaßen 7,50 m x 15,30 m und einer Gebäudehöhe von 6,90 m, welches auf dem Grundstück Nr. 1293/5, KG Faak, errichtet werden soll. Vorgesehen ist ein blechgedecktes Pultdach, das mit einer Neigung von 7 Grad von Süden nach Norden abfällt.

Noch vor Einbringung des Bauansuchens wurde über Antrag des Mitbeteiligten die Ortsbildpflegekommission Villach-Land mit dem Projekt befasst. Nach ihrem Befund liegt der Bauplatz am Südrand der Ortschaft Faak und stellt den Widmungsabschluss (Bauland-Wohngebiet) der Ortschaft dar; eine Grünlandfläche schließt an. Die für den Beurteilungsbereich relevante Umgebung besteht aus eineinhalb- bis zweigeschoßigen Wohngebäuden mit vereinzelten Nebengebäuden. Als Dachformen wurden überwiegend verschieden orientierte, verschieden geneigte Satteldächer festgestellt. Im Gutachten gelangte die Kommission zum Ergebnis, dass eine Störung des Ortsbildes nicht gegeben sei. Die gewählte Dachform nehme Bezug auf vorhandene flachgeneigte Satteldachformen, welche eine gewisse Artverwandtschaft bildeten. Die flache Neigung sei durch die Zwangssituation des Standortes auf Grund einer KV-Leitung begründet.

Nach Einbringung des Bauansuchens durch den Mitbeteiligten holte die Beschwerdeführerin das "städtebauliche Gutachten" des Dipl.Ing. Dr. L. vom ein. Dieser nicht amtliche Sachverständige führte im Befund zunächst aus, dass der Ortschaftsteil, in dem das Vorhaben verwirklicht werden soll, typische Merkmale einer dörflichen Ortschaft, wie z.B. eineinhalbbis zweigeschoßige Baukörper, Sattel-, Krüppelwalm- oder Kärntner Schopfdächer und Dachneigungen von etwa 21 Grad bis etwa 50 Grad aufweise. Die Deckungsmaterialien der Dächer reichten von kleinschuppigen Dachziegeln ohne Eternitplatten bis hin zu großflächigem Welleternit. Die Dachlandschaft weise trotz dieser Heterogenität einen ruhigen Charakter auf. Grundsätzlich könnten die Bauten dieses Orteiles als Bauwerke bodenständiger, traditioneller, landläufiger Architektur ohne besondere Gestaltungsqualität angesprochen werden. Das Gesamterscheinungsbild sei auf Grund der einheitlichen Merkmale wie Baukubatur, Geschoßhöhe und Dachform als homogen zu bewerten, wenn auch unterschiedliche, dem Modetrend folgende Baustilelemente wie Gaupen, Balkone, Erker usw. untergeordnet in Erscheinung treten.

Bei Beschreibung des Projektes führte der Gutachter aus, es sei ein spannungsgeladenes und in sich stimmiges Projekt mit hoher Gestaltqualität gelungen. Das geplante Bauwerk stelle eine mutige, interessante und in der Funktion konsequent angelegte einfache Architektur dar, die in ihrer Schlichtheit besteche, jedoch für den aktuellen Standort nicht geeignet erscheine. Er erachtete es als nicht sinnvoll, durch eine Auflage, an Stelle des Pultdaches ein Satteldach zu errichten, das Projekt an das Ortsbild anzupassen. Damit wäre die an und für sich hochwertige, zukunftsweisende Architektur des Objektes zerstört und sinnentleert.

Im eigentlichen Gutachten führte er aus, dass im Bereich des Vorhabens keine besonders erhaltenswerte Gestaltsqualität gegeben sei, dass aber das ruhige Gesamterscheinungsgebiet am Siedlungsrand schützenswert sei. Gemeinsame Charakteristika der umgebenden Bauten seien die Betonung der Mitte, die Symmetrie, die Bauhöhe und Baukubatur sowie die Verwendung von Satteldächern. Es manifestiere sich die örtliche Bautradition an den zuletzt angeführten Charakteristika, die als wesentliche Merkmale bezeichnet werden können; dagegen verstoße das Projekt. In der Verwendung von untergeordneten architektonischen Merkmalen wie Fenstersprossen, Fenstergrößen, Balkongestaltung, Erkergestaltung etc. sei keine örtliche Bautradition zu erkennen. Ebenso würden Dachneigung, Dachfarbe und Deckungsmaterial je nach Bauzeitpunkt divergieren.

Das Projekt sei im Hinblick auf seine Kubatur in dieser Umgebung vertretbar, die Unmaßstäblichkeit sei lediglich auf Grund der Verwendung eines Pultdaches gegeben. Die durch das Pultdach bedingte, großflächig in Erscheinung tretende Südfassade, die Abmessungen der Südfassade würden etwa 13,4 m x 7,0 m betragen, beeinträchtige durch die Unmaßstäblichkeit das Ortsbild insbesondere am optisch so markanten Ortsrand. Stilelemente wie das Pultdach, die asymmetrische Fenstersituierung und die Wahl der verwendeten sichtbaren Baumaterialien stellten für die bestehende Verbauung fremde Elemente dar, wobei das Pultdach und die dadurch bedingt überhöhte Südfassade auf Grund der örtlichen Gegebenheiten einen erheblich störenden Einfluss auf das Ortsbild hätten. Der Gutachter kam schließlich zum Ergebnis, dass durch das Projekt Interessen des Orts- und Landschaftsbildschutzes verletzt würden. Er schloss eine Fotodokumentation an, aus der einerseits die umliegende Bebauung ersichtlich ist, andererseits das Projekt eingefügt wurde, wobei allerdings das Projekt nur aus einer Richtung betrachtet wird.

Der Mitbeteiligte äußerte sich zu diesem Gutachten dahingehend, dass er das Gutachten in allen Punkten in Frage stelle und nicht akzeptiere.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom führte die Ortsbildpflegekommission Villach-Land aus, dass das eingeholte städtebauliche Gutachten in sich widersprüchlich sei und für die Beurteilung als nicht schlüssig und ausreichend erachtet werde. Der Hinweis auf eine gemeinsame Charakteristik für die Bauwerke der Siedlung durch Betonung der Mitte, der Symmetrie, der Bauhöhe und der Baukubatur sowie der Verwendung des Satteldaches entspreche auf Grund des Ortsaugenscheines nicht den Tatsachen. In der Realtität handle es sich um Baukörper unterschiedlicher Kubatur und Höhenentwicklung mit verschiedenartigsten Ausstülpungen und Anbauten sowie eine Vielfalt an Dachformen und Dachneigungen, die überdies meist in Kombination auftreten. Von einer örtlichen Bautradition könne nicht gesprochen werden, da die Siedlung erst in den letzten 20 Jahren entstanden sei. Das zu errichtende Ateliergebäude weise in seiner Baukörpergestalt keine starre Symmetrie auf, sondern erreiche durch den klaren und proportional ausgewogenen Baukörper eine neue Interpretation regionaler Typologie. Die Vermischung von Maßstäblichkeit und Dachform sei fachlich unzulässig. Die Maßstäblichkeit, die Proportionsverhältnisse und die schlichte Baukörpergestaltung seien beim gegenständlichen Projekt vollinhaltlich berücksichtigt. Die Wahl des Pultdaches komme der Funktion als Atelier entgegen, da sich das ungehindert eintretende Licht in der Deckenuntersicht reflektieren könne und der Arbeitsraum dadurch gleichmäßig ausgeleuchtet werde. Auf Grund der vorherrschenden Vielfalt und der Artenverwandtheit zu den flachgeneigten Satteldächern in der Umgebung werde die vorgeschlagene Dachform des Pultdaches für diesen Beurteilungsbereich als ortsbildverträglich angesehen.

Der durch Devolution zuständig gewordene Gemeindevorstand brachte dem Mitbeteiligten mit Schreiben vom die bisherigen Verfahrensergebnisse zur Kenntnis, der Mitbeteiligte äußerte sich dazu nicht.

Mit Bescheid vom versagte der Gemeindevorstand der beschwerdeführenden Gemeinde die beantragte Baubewilligung. Der Gemeindevorstand begründete darin, warum er dem Gutachten des Dipl.Ing. L. den Vorzug gab. Das Gutachten der Ortsbildpflegekommission habe nämlich gravierende Mängel aufgewiesen, weil nicht zu erkennen gewesen sei, von welcher konkreten örtlichen Situation und welchem Beurteilungsbereich die Ortsbildpflegekommission ausgegangen sei. Die Form eines Vorhabens, etwa die Anordnung eines Flachdaches und eines Giebeldaches, könne für die Frage des Einfügens in ein bestimmtes Ortsbild entscheidend sein. Das Gutachten des Dipl.Ing. L. habe einen ausführlichen Befund enthalten und durch die angeschlossene Fotomontage klargestellt, welcher Einfluss durch das geplante Gebäude auf das gegebene Ortsbild zu erwarten sei. Auf Grund dieses Gutachtens sei der Gemeindevorstand davon ausgegangen, dass öffentliche Interessen des Schutzes des Ortsbildes der Erteilung der beantragten Bewilligung entgegenstünden.

In seiner dagegen erhobenen Vorstellung machte der Mitbeteiligte geltend, dass sein Bauvorhaben willkürlich negativ beurteilt worden sei und die Behörde die positiven Stellungnahmen der Ortsbildpflegekommission außer acht gelassen hätte.

Das von der belangten Behörde daraufhin eingeholte Gutachten des hochbautechnischen Amtssachverständigen vom lautet auszugsweise wie folgt:

"Das zur Bebauung vorgesehene Grundstück ist am Südrand der Ortschaft Faak situiert und stellt außerdem den südlichen Abschluss des bebauten Gebietes dieser Ortschaft dar, während östlich davon - leicht abgesetzt - die Ausläufer des Siedlungsgebietes der Ortschaft Latschach anschließen. Die Grundflächen in Richtung Süden sind als Grünland gewidmet und reichen weit über die Rosentaler-Bundesstraße bis zu einer dort liegenden Bebauung, die aus Wohnbauten sowie landwirtschaftlichen Gebäuden besteht.

Der Nahbereich des gegenständlichen Bauvorhabens, der primär zur Beurteilung heranzu-ziehen ist, weist neben vorwiegend eineinhalb- und zweigeschossiger vereinzelt auch dreigeschoßige Bebauungsweise auf und wird insbesondere durch eine sehr unterschiedliche Dachlandschaft geprägt. Neben den verschiedenen Dachformen (Satteldach, Krüppelwalmdach, Kärntner Schopf-Dach, Dachabschleppungen), die die unterschiedlichsten Dachneigungen aufweisen, werden hier auch verschiedenartigste Dachdeckungsmaterialien verwendet, die meist kleinstrukturiert sind (Ziegel, Eternitplatten), teilweise aber auch großflächig ausgeführt wurden (Welleternit).

In Einzelfällen sind weiters kleinere und größere Blechabdeckungen vorhanden, wie etwa unmittelbar nordwestlich (über der Gemeindestraße) des gegenständlichen Bauvorhabens. Für die Fassadengestaltung wurden überwiegend Putzmaterialien verwendet, des Öfteren kamen aber auch Holzverschalungen allein oder in Kombination mit Putzfassaden zur Anwendung. Hinzuweisen ist noch auf die sich in diesem Bereich sehr unterschiedlich darstellenden Fenstergrößen, Balkone, Erker, Gaupen sowie baulichen Orientierungen der Gebäude, die nur schwer eine gewisse symmetrische Baukörperausrichtung erkennen lassen.

Erwähnenswert erscheint in diesem Zusammenhang aber auch die Bebauung südlich der Rosentaler-Bundesstraße, die zwar nicht im Nahbereich des gegenständlichen Bauvorhabens liegt, jedoch für den Gesamteindruck der Bebauung im größeren Einflussbereich nicht unwesentlich erscheint. Den Abschluss der dortigen Bebauung stellen zwei Holzstadel dar, wobei der eine in seiner Kubatur größer ist als das gegenständliche Bauvorhaben und hier sehr prägend zur Wirkung kommt. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass in diesem Bereich auch einige kleinere und größere Pultdächer vorhanden sind.

Auf Grund der obigen Ausführungen kann nach ha. Ansicht klar festgestellt werden, dass im südlichen Siedlungsraum der Ortschaft Faak keine besonders erhaltenswerte Gestaltungsqualität gegeben ist und außerdem die hier bereits erwähnte Formenvielfalt kein einheitliches bzw. prägendes Ortsbild erkennen lässt. Die im Gutachten vom Architekten Dipl. lng. Dr. A. L. angesprochene Betonung der Mitte, die Symmetrie, die Bauhöhen und die Baukubaturen als gemeinsame Charakteristika für die Bauwerke dieses Siedlungsbereiches kann aus ha. Sicht in keiner Weise nachvollzogen werden. Auch die Feststellung, dass Stilelemente wie das Pultdach, die asymmetrische Fenstersituierung und die Wahl der verwendeten sichtbaren Baumaterialien des gegenständlichen Bauvorhabens für die bestehende Bebauung fremde Elemente darstellen, entspricht auf Grund des vorgenommenen Ortsaugenscheines nicht der Realität.

Berücksichtigt man außerdem die gegebene Gestaltungsqualität des eingereichten Bauvorhabens, die auch im o.a. Gutachten nicht in Frage gestellt wird, ist abschließend festzustellen , dass aus ha. Sicht eine Versagung der Baubewilligung nicht gerechtfertigt erscheint."

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung Folge, hob den Bescheid des Gemeindevorstandes auf und wies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Beschwerdeführerin zurück. Der Gemeindevorstand habe im Rahmen seiner Beweiswürdigung nicht näher dargelegt, weshalb der Befund des Dipl.Ing. L. gegenüber dem der Ortsbildpflegekommission ausführlicher sei und auf Grund welcher klaren Darlegungen ein störender Einfluss durch das geplante Bauvorhaben zu befürchten sei. Insbesondere enthalte auch das Gutachten des Dipl.Ing. L. keine konkrete Darstellung des Beurteilungsbereiches. Es sei auch nicht verständlich, wie beim typischen Merkmal einer dörflichen Ortschaft, z.B. eineinhalb- bis zweigeschoßige Baukörper, Sattel-, Krüppelwalm- oder Kärntner Schopfdächer, Dachneigungen von etwa 21 Grad bis etwa 50 Grad und Deckungsmaterialien von kleinschuppigen Dachziegeln und Eternitplatten bis großflächigem Welleternit, von einer "traditionellen" Architektur gesprochen werden könne. Gerade nach dieser Beschreibung sei es unverständlich, wenn ein Gesamterscheinungsbild auf Grund der "einheitlichen" Merkmale als "homogen" bezeichnet werde. Die Ortsbildpflegekommission habe hervorgehoben, dass der Hinweis auf eine gemeinsame Charakteristik für Bauwerke durch Betonung der Mitte, der Symmetrie, der Bauhöhe und der Baukubatur sowie Verwendung des Satteldaches auf Grund des Ortsaugenscheines nicht den Tatsachen entspreche. Wenn nur das Gesamterscheinungsbild am Siedlungsrand, offensichtlich aber nicht der Ortsteil schützenswert sei, dann könne von einer massiven Störung oder auch nur einer solchen Störung des Ortsbildes keine Rede sein, welche eine Versagung rechtfertigen würde. Nicht jegliche, von der optimalen ästhetischen Lösung abweichende Gestaltung eines Bauwerkes bedeute bereits, dass dem Vorhaben Interessen der Erhaltung des Schutzes des Ortsbildes bzw. der Erhaltung des Landschaftsbildes entgegenstünden. Im Hinblick auf die Ausführungen der Ortsbildpflegekommission und jener des von der belangten Behörde beigezogenen Sachverständigen könne es keineswegs als erwiesen angenommen werden, dass das Ortsbild durch das geplante Bauvorhaben derart gestört werde, dass eine Versagung der Baubewilligung gerechtfertigt wäre.

Weiters hätte die Baubehörde prüfen müssen, ob die ihrer Ansicht nach fehlende Voraussetzung der Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Ortsbild nicht durch eine projektsändernde Auflage hergestellt werden könne. Eine Änderung der Dachform würde nämlich keine Wesensänderung bewirken. Es komme auch nicht darauf an, ob durch eine Auflage allenfalls eine zukunftsweisende Architektur zerstört würde, sondern allein darauf, ob durch die Erteilung einer projektsändernden Auflage die fehlende Voraussetzung der Übereinstimmung mit Interessen des Schutzes des Ortsbildes hergestellt werden kann.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art. 119a Abs. 9 B-VG, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wurde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist zunächst, dass für die Abweisung des Bauansuchens ein Widerspruch zu einem Bebauungsplan nicht herangezogen wurde. § 24 Abs. 5 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz sieht nämlich vor, dass die Bebauungspläne die Bebauung unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Orts- und Landschaftsbildes festzulegen haben; § 25 Abs. 2 lit. f leg. cit. erlaubt dem Verordnungsgeber Vorgaben für die äußere Gestaltung (Firstrichtung, Dachform, Dachdeckung, Dachneigung, Farbgebung u. ä.). Von der Möglichkeit einer solchen Reglementierung hat der Verordnungsgeber keinen Gebrauch gemacht, sodass von einer grundsätzlichen Zulässigkeit verschiedener Dachformen auszugehen ist.

Allerdings kann - anders als im Fall einer tatsächlich gegebenen Reglementierung, siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/05/0148 - das Schweigen des Verordnungsgebers zu dieser Frage noch nicht dazu führen, dass es der Behörde verwehrt wäre, eine grundsätzlich zulässige äußere Gestaltung hinsichtlich seiner Auswirkung auf das Ortbild zu prüfen.

So hat die Behörde schon bei der Vorprüfung des Bauansuchens zu beurteilen, ob dem Vorhaben Interessen des Schutzes des Ortsbildes entgegenstehen (§ 13 Abs. 2 lit. c Kärntner Bauordnung 1996, LGBl. Nr. 62; BO), nach §§ 17 Abs. 1, 19 Abs. 1 BO ist die Baubewilligung zu versagen, wenn Interessen des Schutzes des Ortsbildes entgegenstehen. Bezüglich des Ortsbildschutzes sieht § 8 BO vor:

"§ 8

Ortsbildschutz

(1) Ergeben sich in einem durch dieses Gesetz geregelten Verfahren Auffassungsunterschiede, ob durch das Vorhaben Interessen des Schutzes des Ortsbildes verletzt werden, so haben sowohl der Bewilligungswerber als auch die Behörde - unter gleichzeitiger Verständigung des anderen Antragsberechtigten - das Recht, an die Ortsbildpflegekommission (§ 11 des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes 1990) mit dem Antrag auf Erstattung eines Gutachtens heranzutreten.

(2) Der Bewilligungswerber und die Behörde sind auf ihr Verlangen zur Sitzung der Ortsbildpflegekommission einzuladen und zu hören.

(3) Die Ortsbildpflegekommission hat das Gutachten zum ehestmöglichen Zeitpunkt, längstens aber binnen sechs Wochen ab Einlangen des Antrages, zu erstellen und dem Bewilligungswerber und der Behörde zu übermitteln."

Auch ein solches Gutachten der Ortsbildpflegekommission hat die Behörde auf seine Schlüssigkeit zu prüfen und bei Mängeln ergänzende oder neuerliche gutachtliche Äußerungen einzuholen (Hauer, Kärntner Baurecht3, 107).

Hier lag ein solches Gutachten der Ortsbildkommission vor, welches die Baubehörde als fehlerhaft erachtete und eine weitere gutachtliche Äußerung einholte, der sie in ihrer Entscheidung den Vorzug gab. Die Vorstellungsbehörde (die zu eigenen Ermittlungen berechtigt ist; siehe Berchtold, Gemeindeaufsicht, 45 in: Fröhler-Oberndorfer, Das österreichische Gemeinderecht) hat ihrerseits ein Gutachten eingeholt. Sie gelangte zum Ergebnis, es könne nicht als erwiesen angenommen werden, dass das Ortsbild derart gestört werde, dass eine Versagung gerechtfertigt wäre.

Dies war ein tragender Grund für die Aufhebung, da der Vorstellung des Bauwerbers auch aus diesem Grunde Folge gegeben worden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom , Slg. Nr. 14.316/A, ergangen zum Vorarlberger Baugesetz, mit ausführlicher Begründung und Hinweisen auf seine Vorjudikatur mit den Voraussetzungen einer Störung des Ortsbildes auseinander gesetzt und insbesondere ausgeführt:

"...wesentlich ist vielmehr, dass das Ortsbild als solches noch schutzwürdig vorhanden ist. Für die Schutzwürdigkeit des Ortsbildes in diesem Sinne kommt es auf seine völlige Einheitlichkeit jedoch nicht an ... Das Ortsbild ist aber jedenfalls anhand des konsentierten vorhandenen Bestandes zu beurteilen, insoweit ihm ein Mindestmaß an gemeinsamer Charakteristik (wenn auch nicht vollständiger Einheitlichkeit) eigen ist, welche den (notwendigen) Maßstab dafür bildet, ob ein Bauvorhaben dieses Ortsbild erheblich beeinträchtigt. Ein Ortsbild (oder Ortsteilbild), dem ein solcher Zusammenhang fehlt, sodass ein Bauvorhaben geradezu beliebig in einem Belang als störend, in anderen Belangen jedoch als sich einfügend empfunden werden kann, ist mangels eines geeigneten Beurteilungsmaßstabes kein schützenswertes Ortsbild im Sinne der genannten Bestimmungen."

Zur Frage, ob unter besonderer Bedachtnahme auf die für die Versagung herangezogene Dachform des Projektes ein schützenswertes Ortsbild gegeben ist, hat die Ortsbildkommission zunächst befundet, dass verschieden orientierte, verschieden geneigte Satteldächer überwiegen. Der Gutachter Dipl.Ing. L. verwies auf Sattel-, Krüppelwalm- oder Kärntner-Schöpfdächer mit einer Neigung von 21 bis 50 Grad. Im Ergänzungsgutachten der Ortsbildkommission wurden Baukörper unterschiedlicher Kubatur und Höhenentwicklung mit verschiedenartigsten Ausstülpungen und Anbauten sowie eine Vielfalt von Dachformen und Dachneigungen, die überdies meist in Kombinationen auftreten, festgestellt. Der Amtssachverständige der belangten Behörde nahm verschiedene Dachformen (Satteldach, Krüppelwalmdach, Kärntner-Schopfdach, Dachabschleppungen) wahr, die die unterschiedlichsten Dachneigungen aufwiesen.

Übereinstimmend ergibt sich somit eine Verschiedenheit der Dachformen, sodass insoferne eine gemeinsame Charakteristik tatsächlich fehlen dürfte. Übereinstimmend haben sowohl Dipl.Ing. L. als auch der Amtssachverständige der belangten Behörde "keine besonders erhaltenswerte Gestaltungsqualität" angenommen, sodass auch aus diesem Grunde ein Beurteilungsmaßstab fehlen dürfte. Es kann daher der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die zu einer Versagung führende Störung des Ortsbildes nicht als erwiesen angenommen hat. Aus diesem Grunde wäre die Aufhebung des Bescheides des Gemeindevorstandes zu Recht erfolgt.

Allerdings vermag sich der Verwaltungsgerichtshof der Rechtsauffassung der belangten Behörde zu § 18 Abs. 1 BO nicht anzuschließen: Danach sind, wenn das Vorhaben den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 nicht entspricht, diese durch Auflagen herzustellen. Durch solche Auflagen darf das Vorhaben in seinem Wesen nicht verändert werden.

Es kann zwar allgemein gesagt werden, dass ein Satteldach an Stelle eines Pultdaches das Wesen des Vorhabens nicht verändert; im vorliegenden Fall ist aber die gewählte Dachform mit seiner Auswirkung auf die Belichtung des im ersten Stock untergebrachten Ateliers ein offenbar wesentliches Merkmal des Vorhabens; aus dem Bauplan ergibt sich auch, dass der erste Stock keine Raumunterteilung aufweist und ausschließlich als Atelier verwendet werden soll.

Auch diese Begründung muss als tragend für die Aufhebung angesehen werden und wurde von der Beschwerdeführerin bekämpft. Bei einer Abweisung der Beschwerde wäre der Gemeindevorstand gehalten, nach dieser vom Verwaltungsgerichtshof nicht gebilligten Rechtsauffassung der Behörde vorzugehen.

Da die belangte Behörde die Erteilung einer solchen projektsändernden Auflage forderte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes; er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Gemeinde als Körperschaft des öffentlichen Rechtes im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises gemäß § 2 Z. 2 GebG 1957 von der Entrichtung der Stempelgebühren befreit ist. Diese Befreiung erstreckt sich auch auf

das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (siehe die Nachweise bei Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren MGA6, E 23 zu § 2 GebG). Wien, am

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Normen
BauO Krnt 1996 §17 Abs1;
BauO Krnt 1996 §18 Abs1;
BauO Krnt 1996 §19 Abs1;
BauO Krnt 1996 §8;
BauRallg;
GdPlanungsG Krnt 1995 §24 Abs5;
GdPlanungsG Krnt 1995 §25 Abs2 litf;
VwRallg;
Schlagworte
Auflagen BauRallg7
Baubewilligung BauRallg6
Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2001:1999050019.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
BAAAE-55378