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VwGH vom 18.09.2000, 96/17/0360

VwGH vom 18.09.2000, 96/17/0360

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des K, vertreten durch D und H, Rechtsanwälte in L, gegen den Bescheid des Vorstehers des Bezirksgerichtes Urfahr-Umgebung vom , Zl. Jv 290/96, betreffend Zeugengebühren (mitbeteiligte Partei: M),

Spruch

1) zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Festsetzung der Zeugengebühr wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von

S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2) den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird insoweit, als sie sich gegen die im angefochtenen Bescheid enthaltene Auszahlungsanweisung und die Bestimmung der Ersatzpflichtigen richtet, zurückgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei machte für ihre Einvernahme in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am vor dem BG Urfahr-Umgebung beim Kostenbeamten des BG Urfahr-Umgebung Zeugengebühren in der Höhe von S 18.000,-- geltend und begründete dies damit, dass sie infolge ihrer Vernehmung einen Verdienstentgang in dieser Höhe (durch Ausfall zweier Transportaufträge) erlitten hätte. Mit Bescheid des Kostenbeamten des BG Urfahr-Umgebung vom wurde der Gebührenanspruch der mitbeteiligten Partei zur Gänze abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Ablieferungstermin für einen der beiden Transportaufträge (nach und von Deutschland), die zusammen den Einkommensentgang des Zeugen bewirkten, der - also der Tag vor dem Verhandlungstermin - gewesen, ein Verdienstentgang daher nicht ersichtlich sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei mit Schreiben vom Beschwerde und führte aus, dass offensichtlich der Zusammenhang, der zwischen den beiden von ihr ins Treffen geführten Aufträgen bestünde, nicht erkannt worden sei. Die mitbeteiligte Partei (eine "1-Mann-Spedition") habe, um ihrer Zeugenpflicht nachzukommen und eine (unwirtschaftliche) Leerfahrt zu vermeiden, beide Transportaufträge (betreffend den Zeitraum 13. bis ) ablehnen müssen bzw. nicht durchführen können. Als "Eigenersparnisse für Kleintransporter Autobenützung und Treibstoff" seien pro Kilometer S 3,00 (sohin insgesamt S 7.650,--) abzuziehen.

Mit Bescheid vom gab die belangte Behörde der Beschwerde der mitbeteiligten Partei Folge und änderte den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass die Gebühr der mitbeteiligten Partei für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom (nach Abrechnung der Eigenersparnis) mit S 10.350,-- bestimmt wurde. Im Anschluss daran erließ der Gerichtsvorsteher die Auszahlungsverfügung aus dem Amtsverlag und sprach aus, dass die Ersatzpflicht die Prozessgegner des Beschwerdeführers treffe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Entscheidung über die Zahlungsverpflichtung von Zeugengebühren durch den Richter (§ 2 Abs. 2 GEG) und in seinem Recht auf Bestimmung der Zeugengebühren nur nach den gesetzlichen Vorschriften sowie auf Begründung von Bescheiden verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Die mitbeteiligte Partei hat am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht teilgenommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die entscheidungsrelevanten Bestimmungen des Gebührenanspruchgesetzes 1975, BGBl. Nr. 136/1975, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 343/1989, regeln den Gebührenanspruch des Zeugen wie folgt:

Nach § 18 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG gebührt dem selbstständig erwerbstätigen Zeugen als Entschädigung für Zeitversäumnis anstatt der Entschädigung nach Z. 1 das tatsächlich entgangene Einkommen.

Nach § 18 Abs. 2 GebAG hat im Falle des Abs. 1 Z. 1 der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z. 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen.

Nach § 19 Abs. 1 GebAG hat der Zeuge den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen, nach Abschluss seiner Vernehmung oder nachdem er zu Gericht gekommen, aber nicht vernommen worden ist, bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen.

Gemäß § 20 Abs. 1 GebAG ist die Gebühr im Justizverwaltungsweg von dem damit betrauten Bediensteten desjenigen Gerichtes zu bestimmen, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte; bei einem aus dem Ausland geladenen Zeugen vom Leiter des Gerichtes. Das entscheidende Organ hat auch über die Gewährung eines Vorschusses zu entscheiden. Im Zivilprozess entfallen die Bestimmung der Gebühr und ihre Entrichtung, wenn die Parteien dem Zeugen die von ihm geltend gemachte Gebühr sogleich entrichten.

Die maßgeblichen Bestimmungen des GEG 1962, BGBl. Nr. 288/1962, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 343/1989, lauten auszugsweise:

"§ 1 Das Gericht hat nachstehende Beträge von Amts wegen

einzubringen:

...

5. In bürgerlichen Rechtssachen alle Kosten, die aus Amtsgeldern berichtigt wurden, sofern sie von einer Partei zu ersetzen sind. Solche Kosten sind insbesondere:

...

c) die Gebühren der Zeugen, Sachverständigen, Dolmetscher und Beisitzer, ...

...

§ 2 (1) Die im § 1 Z. 5 genannten Kosten sind, sofern hiefür kein Kostenvorschuss (§ 3) erlegt wurde oder keine andere Regelung getroffen ist, aus Amtsgeldern zu berichtigen; diese und die in § 1 Z. 7 genannten Kosten sind dem Bund von der Partei zu ersetzen, die nach den bestehenden Vorschriften hiezu verpflichtet ist. Hiebei ist, wenn über die Kostenersatzpflicht der Parteien schon rechtskräftig entschieden worden ist, von dieser Entscheidung auszugehen. Mangels einer Vorschrift oder Entscheidung sind diese Beträge von denjenigen Beteiligten zu ersetzen, die sie veranlasst haben oder in deren Interesse die Amtshandlung vorgenommen wurde. Mehrere Personen, die zum Ersatz desselben Betrages verpflichtet sind, haften zur ungeteilten Hand.

(2) Sind in bürgerlichen Rechtssachen die Kosten einer Amtshandlung, die den Betrag von S 3.000,-- übersteigen, aus Amtsgeldern zu berichtigen oder berichtigt worden, so hat das erkennende Gericht (der Vorsitzende) mit der Auszahlungsanweisung oder, wenn die Auszahlung nicht vom Richter angeordnet wird, unverzüglich nach dieser Anweisung mit gesondertem Beschluss dem Grunde nach zu bestimmen, welche Partei in welchem Umfang diese Kosten nach Abs. 1 zu ersetzen hat. Gegen diesen Beschluss ist der Rekurs zulässig.

(3) ...

§ 7 (1) Der Zahlungspflichtige kann, wenn er sich durch den Inhalt des Zahlungsauftrages beschwert erachtet, binnen vierzehn Tagen dessen Berichtigung verlangen. Der Berichtigungsantrag ist bei dem Gericht einzubringen, dessen Kostenbeamter den Zahlungsauftrag erlassen hat. In Ansehung von Beträgen, die in Durchführung einer rechtskräftigen Entscheidung des Gerichtes in den Zahlungsauftrag aufgenommen wurden, gilt dies jedoch nur dann, wenn die Zahlungsfrist unrichtig bestimmt wurde oder wenn der Zahlungsauftrag der ihm zu Grunde liegenden Entscheidung des Gerichtes nicht entspricht."

Die in den bekämpften Bescheid von der belangten Behörde (die erkennbar als Justizverwaltungsorgan handelte) aufgenommene Anordnung an den Rechnungsführer betreffend die Auszahlung der Zeugengebühren aus Amtsgeldern ist eine interne Anordnung der Behörde. Es handelt sich insoweit um keinen (der Rechtskraft zugänglichen) Bescheid. Schon deshalb erweist sich die auch gegen die genannte Anordnung gerichtete Beschwerde insoweit als unzulässig.

Dazu kommt aber noch, dass durch die - jederzeit abänderbare - behördeninterne Anordnung jedenfalls keine Interessen des Beschwerdeführers beeinträchtigt werden, die durch ein subjektiv-öffentliches Recht erkennbar geschützt wären. Selbst bei Durchführung der Anordnung aus Amtsgeldern auszuzahlen, wäre die Rechtsposition des Beschwerdeführers in keiner Weise geändert.

Ebenso wenig aber vermag der gleichfalls in den bekämpften Bescheid aufgenommene Ausspruch über die Ersatzpflicht den Beschwerdeführer in rechtlich geschützten Interessen zu beeinträchtigen; nach dem diesbezüglichen Ausspruch im Bescheid werden nämlich die Prozessgegner des Beschwerdeführers als Ersatzpflichtige bezeichnet.

Die Beschwerde war daher, soweit sie sich gegen die Auszahlungsanordnung an den Rechnungsführer und die Bestimmung der Zahlungspflicht der Prozessgegner des Beschwerdeführers wendet, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem nach § 12 Abs. 4 VwGG gebildeten Fünfersenat zurückzuweisen.

Im Übrigen, also hinsichtlich der Festsetzung der Zeugengebühren, erweist sich die Beschwerde im Ergebnis als berechtigt.

Der Beschwerdeführer rügt insbesondere, dass die der belangten Behörde vorgelegten Urkunden den verursachten Verdienstentgang nicht ausreichend bescheinigen. Dabei stellt der Beschwerdeführer, wie sich aus seinem Beschwerdevorbringen ergibt, an die Bescheinigung (= Glaubhaftmachung) Maßstäbe, die schon an einen Beweis der zu bescheinigenden Sachverhalte heranreichen würden. So bringt der Beschwerdeführer vor, es hätte einer zusätzlichen Bescheinigung bedurft, dass der für den bescheinigte Transportauftrag tatsächlich nicht zu Stande gekommen sei; aus der vorgelegten Urkunde ergebe sich nur, dass der Zeuge den Transportauftrag erhalten habe, nicht aber, dass dieser tatsächlich nicht durchgeführt worden sei. Ebenso wenig ergebe sich aus dem weiteren vorgelegten Transportauftrag vom , dass der Zeuge auch diesen Transport nicht durchgeführt habe. Überdies könne angenommen werden, dass dem Zeugen zum Zeitpunkt des Abschlusses des letztgenannten Transportauftrages der Termin der Zeugenladung bereits bekannt gewesen sei, so dass bereits zu diesem Zeitpunkt die Heranziehung einer Ersatzkraft nahe liegend gewesen wäre. Der Zeuge habe überdies in seinem Vorbringen auch keinerlei Angaben dazu gemacht, welches Einkommen er tatsächlich in der Zeit vom bis zum erzielt habe; diesbezüglich fehle eine Bescheinigung gänzlich.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Zeuge seinen Einkommensentgang jedoch nur zu bescheinigen, nicht aber nachzuweisen, nachdem der konkrete Verdienstentgang vom Zeugen zunächst einmal unter entsprechender Aufgliederung (schlüssig) behauptet wurde; beides trifft im vorliegenden Fall zu (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0184, oder auch in jüngerer Zeit das Erkenntnis vom , Zl. 98/17/0222 mwN).

Eine Bescheinigung (Glaubhaftmachung) bedeutet dabei, dass der über den Anspruch entscheidende Organwalter von der Richtigkeit des Anspruches nicht überzeugt zu sein braucht, sondern ihn lediglich für wahrscheinlich halten muss (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0231).

Es kann somit der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Schilderungen der mitbeteiligten Partei für glaubwürdig hält und insbesondere ihre Begründung auf das - durch Urkunden untermauerte - Vorbringen der mitbeteiligten Partei stützt, welches die wegen der Erfüllung der Zeugenpflicht erkennbar nicht durchgeführtenTransportaufträge als wirtschaftliche Einheit betrachtet.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers stößt die Vorlage von Bescheinigungsmitteln durch die mitbeteiligten Partei im Rahmen einer ergänzenden Beweisaufnahme im Rechtsmittelverfahren durch die belangten Behörde auf keine Bedenken. Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nämlich die Vorlage einer Bestätigung zur Bescheinigung des tatsächlich entgangenen Einkommens auch nach Ablauf der Frist des § 19 Abs. 1 GebAG zulässig (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/17/0357) und somit auch im Rechtsmittelverfahren.

Demnach bestehen dem Grunde nach keine Bedenken gegen die Zuerkennung einer Zeugengebühr an den Mitbeteiligten. Der angefochtene Bescheid erweist sich jedoch als mit einem Begründungsmangel behaftet, der den Verwaltungsgerichtshof an seiner Überprüfung hindert. Der Mitbeteiligte hat in seiner an die belangte Behörde gerichteten Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid Eigenersparnis in Abzug gebracht. Die belangte Behörde hat bei ihrer Entscheidung diese Eigenersparnis zu Grunde gelegt, dabei aber nicht nachvollziehbar begründet, aus welchen Erwägungen sie den Angaben des Zeugen (der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Partei) folgte. Die Eigenersparnis wäre zumindest zu schätzen und bei der Schätzung auf das amtliche Kilometergeld oder notwendige Abweichungen hievon Rücksicht zu nehmen gewesen; dabei hätte Glaubhaftmachung ausgereicht. Da so aber - worauf der Beschwerdeführer zutreffend verweist - nicht ersichtlich ist, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde dem unter der Höhe des amtlichen Kilometergeldes vorgenommenen Abzug des Zeugen für die Eigenersparnis folgte, erweist sich der bekämpfte Bescheid mit einem Begründungsmangel behaftet, weshalb er wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG insoweit aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am