VwGH vom 26.01.1998, 96/17/0354

VwGH vom 26.01.1998, 96/17/0354

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. J und Dr. T, Rechtsanwälte in F, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-05/K/36/01724/95, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom (zugestellt durch Hinterlegung am ) wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, am zu einer näher angeführten Zeit ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Fahrzeug in Wien an einem näher umschriebenen Ort in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt zu haben, ohne für seine Kennzeichnung mit einem richtig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben, weil dieser gefehlt habe. Der Beschwerdeführer habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

In seinem mit datierten und am selben Tage beim Magistrat der Stadt Wien eingelangten Einspruch erklärte der Beschwerdeführer, er habe versucht in einer etwa 50 Schritte vom "Parkplatz" entfernt gelegenen Trafik Parkscheine zu besorgen. Da diese aber nicht geöffnet gehabt habe, sei er noch weitergegangen, "um nach anderen Möglichkeiten des Parkscheinkaufes Ausschau zu halten". Da er aber in "sichtbarer Entfernung" keine "Beschaffungsmöglichkeit" gesehen habe, sei er "unverzüglich" zu seinem Fahrzeug zurückgekehrt, wo er das Überwachungsorgan angetroffen habe, das gerade dabei gewesen sei, mit der "Ausfüllung des Strafzettels" zu beginnen. Der Beschwerdeführer habe erklärt, daß es ihm nicht möglich gewesen sei, Parkscheine zu besorgen und sei mit seinem PKW weggefahren. Die gesamte Abstelldauer habe maximal zwei Minuten betragen.

Als Autofahrer mit einem Wohnsitz außerhalb Wiens sei es ihm "nicht zumutbar bzw. völlig realitätsfern", daß er sich schon im vorhinein Parkscheine beschaffe, wenn er sein Fahrzeug in Wien in der Kurzparkzone parken wolle.

1.2. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom (zugestellt am ) wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe das näher bezeichnete Kraftfahrzeug am zu einer näher bezeichneten Zeit an einer näher bezeichneten Stelle in Wien in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben, da dieser gefehlt habe. Der Beschwerdeführer habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt und dadurch § 1 Abs. 3 iVm § 4 Abs. 1 des (Wiener) Parkometergesetzes verletzt. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

In seiner dagegen erhobenen Berufung vom (eingelangt beim Magistrat der Stadt Wien am selben Tag) verwies der Beschwerdeführer hinsichtlich des Sachverhaltes auf seine Angaben im oben erwähnten Einspruch.

1.3. Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge.

1.4. Mit Beschluß vom , B 1057/96-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen und zunächst an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.

1.5. Der Beschwerdeführer bekämpft in seiner - ergänzten - Beschwerde den Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Er erachtet sich "in den gesetzlich gewährleisteten Rechten, entgegen den Bestimmungen des § 1 Abs. 3, 2. Satz und Abs. 5 des Parkometergesetzes und entgegen der Bestimmung des § 21 VStG nicht bestraft zu werden", verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie den Antrag stellt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die - auch nach dem Beschwerdevorbringen - entscheidungserhebliche Frage ist, ob das vom Beschwerdeführer bereits in seinem Einspruch erwähnte Verhalten, das die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid erkennbar zugrundelegte, den Tatbestand der fahrlässigen Abgabenverkürzung verwirklichte. In der Beschwerde erwähnte andere Fallgestaltungen, die aber im Beschwerdefall nicht vorliegen, haben daher insoweit außer Betracht zu bleiben.

2.2. Gemäß § 1 Abs. 3 2. Satz des (Wiener) Parkometergesetzes, LGBl. Nr. 47/1974, hat jeder Lenker eines mehrspurigen Fahrzeuges, der ein solches Fahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Anordnung nach Abs. 1 getroffen wurde, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Nach § 1 Abs. 5 1. Satz leg. cit. umfaßt der Begriff "Abstellen" sowohl das Halten als auch das Parken von mehrspurigen Fahrzeugen.

Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer sein mehrspuriges Fahrzeug im Sinne der erwähnten Bestimmung "abgestellt" hat.

Der Beschwerdeführer ist aber der Ansicht, daß der Begriff "Beginn des Abstellens" dahin zu interpretieren sei, daß in ihm auch ein Zeitraum zur Besorgung der erforderlichen Parkscheine enthalten sei.

Dem kann der Verwaltungsgerichtshof nicht folgen. Bereits der Wortsinn "Beginn des Abstellens" legt die Interpretation dahin nahe, daß die Parkometerabgabe mit der Verwirklichung des "Abstellens" zu entrichten ist. Auch vom Zweck der Parkraumbewirtschaftung her ist es einleuchtend, daß - wie gerade das Beispiel des Beschwerdeführers zeigt - es nicht im Sinne des Gesetzes sein kann, knappen Parkraum für die (ergebnislose) Bemühung um die Beschaffung von Parkscheinen zur Verfügung zu stellen. Daraus folgt aber, daß unverzüglich nach dem "Abstellen" des Fahrzeuges die Parkometerabgabe durch Ausfüllen des Parkscheines zu entrichten ist. Entfernt sich der Lenker, ohne diese Pflicht zu erfüllen vom "abgestellten" Fahrzeug (auch nur zur Besorgung von Parkscheinen), so verwirklicht er bereits den Tatbestand der Abgabenverkürzung nach § 4 des (Wiener) Parkometergesetzes.

Die durch das Inkrafttreten der Verordnung Landesgesetzblatt für Wien Nr. 74/1995 am erfolgte Änderung der Rechtslage ist auf den Beschwerdefall im Hinblick auf § 1 Abs. 2 VStG noch nicht anwendbar.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt - wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt - zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Die Fahrlässigkeit ist nach Satz zwei der zitierten Bestimmung bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Wie bereits die Verwaltungsbehörden richtig erkannt haben, ist dem Beschwerdeführer insoweit Fahrlässigkeit im dargelegten Sinne zur Last zu legen, als er ohne vorher Parkscheine besorgt zu haben, sein Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abstellte. Daß ihm die Besorgung von Parkscheinen etwa vor Antritt der Fahrt in den Bereich der gebührenpflichtigen Kurzparkzone aus nicht näher dargelegten Gründen unzumutbar gewesen sei, ist beim Beschwerdeführer, der nach seinen eigenen Angaben seit 20 Jahren in Wien "aufhältig" (gemeint offenbar beruftstätig) ist, nicht anzunehmen.

Soweit der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof wiederum Bedenken gegen den angefochtenen Bescheid unter dem Aspekt der Gleichheitswidrigkeit bzw. des willkürlichen Vorgehens der Behörde äußert, ist er zunächst auf die verfassungsmäßige Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Ausgehend von der dargelegten Rechtslage sieht der Verwaltungsgerichtshof aber auch im Beschwerdefall keinen Anlaß für eine Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung einer hier anzuwendenden generellen Norm.

2.3. Der Beschwerdeführer ist weiters der Ansicht, daß im Beschwerdefall die Behörde von einer Strafe im Sinne des § 21 Abs. 1 VStG hätte absehen können.

§ 21 Abs. 1 VStG lautet:

"(1) Die Behörde kann ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten."

Der Beschwerdeführer verweist in diesem Zusammenhang darauf, daß sein Verschulden deshalb gering zu bewerten sei, da er "durch die Einführung großflächiger gebührenpflichtiger Parkzonen im innerstädtischen Bereich Wiens verhalten gewesen wäre, in einen Außenbezirk zurückzukehren, um unter Benützung eines nichtgebührenpflichtigen Parkplatzes Parkscheine zu besorgen".

Dementgegen verweist die belangte Behörde vor dem Gerichtshof neuerlich darauf, daß der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der von ihm zu beachtenden Sorgfalt dazu verpflichtet gewesen wäre, sich bereits vor Antritt der Fahrt in den Bereich der gebührenpflichtigen Kurzparkzone zu versichern, ob er genügend Parkscheine mitführt. Gerade im Hinblick auf die mehr als 20-jährige Berufstätigkeit des Beschwerdeführers in Wien könne - so die belangte Behörde zutreffend - das diesbezügliche Verschulden des Beschwerdeführers nicht als gering gewertet werden.

2.4. Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.