VwGH vom 02.02.2000, 99/04/0212
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der J KG in O, vertreten durch S & P, Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom , Zl. 5-G-A 2626/1-1999, betreffend Verfahren gemäß § 79 c GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom wurden der Beschwerdeführerin in Ansehung ihrer gastgewerblichen Betriebsanlage gemäß §§ 79 Abs. 1 und 333 GewO 1994 insgesamt 15 zusätzliche Auflagen vorgeschrieben, die die Errichtung und den Betrieb einer näher umschriebenen Fettabscheideanlage zum Gegenstand haben.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom wurde im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG der Antrag der Beschwerdeführerin auf Aufhebung dieser Auflagen abgewiesen. Zur Begründung führte der Landeshauptmann aus, durch § 79 c GewO 1994 werde der Gewerbebehörde die Möglichkeit eröffnet, Auflagen aufzuheben, wenn die (rechtlichen und tatsächlichen) Voraussetzungen für die Erlassung dieser Auflagen weggefallen seien. Dies sei im vorliegenden Fall aber nicht gegeben. Auch von der Beschwerdeführerin werde nicht bestritten, dass keine Änderung an den tatsächlichen Voraussetzungen für die vorgeschriebenen Auflagen hätten festgestellt werden können. Es hätten sich aber auch die rechtlichen Voraussetzungen nicht geändert. Zwar sei durch die Wasserrechtsnovelle 1997 eine Änderung des § 32 b WRG dermaßen erfolgt, dass eine Bewilligung von Indirekteinleitern nicht mehr erforderlich sei. Diese Wasserrechtsnovelle habe jedoch keine Auswirkungen auf die gewerberechtlichen Bestimmungen. Im vorliegenden Fall sei die Gewerbebehörde in Anwendung des § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1994 tätig geworden. Obwohl für Indirekteinleiter keine wasserrechtliche Bewilligung mehr notwendig sei, seien von der Gewerbebehörde nach wie vor erforderlichenfalls Gewässerschutzmaßnahmen für die Anlage des Indirekteinleiters zu treffen. In einem Gastgewerbebetrieb, wie dem gegenständlichen, fielen fetthaltige Abwässer an, die geeignet seien (in näher dargestellter Weise), die Funktionstüchtigkeit der Kanalisation und der damit verbundenen Abwasserreinigungsanlage zu beeinträchtigen. Es stehe daher fest, dass im gegenständlichen Fall die Errichtung einer Fettabscheideanlage gesetzmäßigerweise vorgeschrieben worden sei, weshalb eine Aufhebung der in Rede stehenden Auflagen nicht in Frage gekommen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Aufhebung von nicht erforderlichen Auflagen gemäß § 79 c GewO 1994 verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes macht sie im Wesentlichen geltend, aus § 79 Abs. 1 in Verbindung mit § 74 Abs. 2 GewO 1994 ergebe sich, dass im Rahmen der Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 79 Abs. 1 GewO 1994 bis zu einer Unzumutbarkeitsgrenze gewisse Beeinträchtigungen der Gewässer hinzunehmen seien. Die Grenze dieser Zumutbarkeit ergebe sich aus dem Wasserrechtsgesetz. Mit der Neuregelung des Indirekteinleiterregimes durch die WRG-Novelle 1997 sei die Bewilligungspflicht für Indirekteinleiter auf das zum unmittelbaren Schutz der Gewässer nötige Ausmaß zurückgenommen worden. Nach § 32 b Abs. 5 WRG habe ein behördliches Verfahren nur dann Platz zu greifen, wenn Abwässer bestimmter Art und/oder Menge Gegenstand der Indirekteinleitung seien. Voraussetzung für die (bewilligungsfreie) Zulässigkeit der Indirekteinleitung sei lediglich die Einhaltung der Emissionsbegrenzungen sowie die Zustimmung des Kanalisationsunternehmens. Im Falle der Einleitung von Küchenabwässern in die öffentliche Kanalisation dürfe daher gemäß der allgemeinen Abwasseremissionsverordnung die Temperatur der eingeleiteten Küchenabwässer nicht mehr als 35 Grad Celsius betragen und der Gehalt an schwerflüchtigen lipophilen Stoffen 100 mg/l nicht überschreiten. Diese Grenzwerte seien bereits von Gesetzes wegen vorgegeben, ohne dass sie durch Bescheid vorgeschrieben werden müssten oder dürften. Dem Kanalisationsunternehmen obliege es, für die Einhaltung seines Genehmigungskonsenses für die Direkteinleitung Sorge zu tragen. Das Kanalisationsunternehmen werde die Zustimmung zur Indirekteinleitung zu verweigern bzw. zu entziehen haben, wenn die Einhaltung seines Genehmigungskonsenses nicht bzw. nicht mehr möglich sei. Im Fall der Beschwerdeführerin habe das Kanalisationsunternehmen seine Zustimmung zur Einleitung der Küchenabwässer der Beschwerdeführerin in die öffentliche Kanalisation nicht entzogen und nie zur Diskussion gestellt. Die nachteilige Einwirkung auf Gewässer durch Einleitung der in der Betriebsanlage der Beschwerdeführerin anfallenden Küchenabwässer habe sich immer im Rahmen des Zumutbaren gehalten. Die nachträglichen Auflagen zum Gewässerschutz hätten aber aufgehoben werden müssen, da aus wasserrechtlicher Sicht alle Anforderungen an die Indirekteinleitung von Seiten der Beschwerdeführerin erfüllt worden seien und weiterhin erfüllt würden. Ein subsidiäres Tätigsein der Gewerbebehörde zum Schutz der Gewässer wäre etwa dann erforderlich gewesen, wenn Gefahr für die Einhaltung des Einleitungskonsenses durch das Kanalisationsunternehmen bestanden hätte oder wenn bei Einleitung der Küchenabwässer die Grenzwerte der allgemeinen Abwasseremissionsverordnung nicht eingehalten worden wären. In ihrem abweisenden Bescheid verkenne die belangte Behörde in rechtswidriger Weise das durch die WRG-Novelle 1997 neu determinierte Zusammenspiel zwischen den wasserrechtlichen Vorschriften über die Indirekteinleitung und den Voraussetzungen der Gewerbeordnung, die die Gewerbebehörde zum Tätigwerden im Interesse des Gewässerschutzes berufe. Ein Tätigsein der Gewerbebehörde zum Gewässerschutz wäre etwa dann erforderlich gewesen, wenn die Grenzwerte der allgemeinen Abwasseremissionsverordnung nicht eingehalten worden wären oder die Einhaltung des Genehmigungskonsenses durch das Kanalisationsunternehmen gefährdet erschienen wäre. In Anwendung der Bestimmung des § 79 c GewO 1994 solle nach rechtskräftiger Anlagengenehmigung gleichsam ständig hinterfragt werden können, ob die nach den §§ 77, 79 oder 79 b GewO 1994 vorgeschriebenen Auflagen weiterhin erforderlich seien. Es kämen drei prinzipielle Anwendungsbereiche in Betracht. Zum einen könnten sich die tatsächlichen Voraussetzungen für die Vorschreibung von Auflagen geändert haben. Weiters könne auf Grund einer Änderung der rechtlichen Voraussetzungen die Erforderlichkeit anders als bisher zu beurteilen sein. Den beiden ersten Anwendungsbereichen müsse schließlich jener Fall gleichgehalten werden, bei dem sich nachträglich herausstelle, dass die seinerzeit offenbar überschießend vorgeschriebenen Auflagen in Wahrheit nicht erforderlich seien. Es wäre gleichheitsrechtlich bedenklich, wenn der zuletzt genannte Anwendungsbereich nicht unter die Vorschrift des § 79 c GewO 1994 subsumiert werden könnte. Eine schon seinerzeit nicht erforderliche, aber trotzdem vorgeschriebene Auflage könnte dann nur unter strengeren Voraussetzungen aufgehoben werden, als eine Auflage, die erst nachträglich durch eine Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse nicht mehr erforderlich werde. Im Fall der Beschwerdeführerin hätten sich jedenfalls die rechtlichen Voraussetzungen für die Vorschreibung einer Fettabscheideanlage geändert. Wenn der Wasserrechtsgesetzgeber seine Wertung bezüglich des Regimes der Indirekteinleiter geändert und seine geänderte Haltung durch die WRG-Novelle 1997 ausgedrückt habe, habe dies auch Auswirkungen auf die gewerberechtlichen Bestimmungen. Über den Weg des § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1994 und die Schwelle der Zumutbarkeit des § 77 Abs. 1 GewO 1994 sei die WRG-Novelle 1997 auch im Rahmen des gewerblichen Betriebsanlagenrechtes von Bedeutung. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Vorschreibung von Auflagen zum Gewässerschutz nach der Gewerbeordnung hätten sich geändert, weil die Zumutbarkeit und die Erforderlichkeit der Auflagen nach Inkrafttreten der WRG-Novelle 1997 nun anders zu beurteilen seien.
§ 79 c GewO 1994 sei überdies anzuwenden, weil schon die Auflagenvorschreibung als ursprünglich nicht erforderlich zu beurteilen sei. Denn schon vor Inkrafttreten der WRG-Novelle 1997 hätte hinterfragt werden müssen, ob die nachträgliche Vorschreibung einer Fettabscheideanlage im vorliegenden Fall als erforderlich anzusehen sei. Da gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 auch die Verhältnismäßigkeit Voraussetzung für die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen sei, müsse eine schon seinerzeit unverhältnismäßige Auflage gemäß § 79 c leg. cit. aufgehoben werden können. Zur Frage der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der schon seinerzeit vorgeschriebenen Auflagen habe die belangte Behörde keinerlei Ermittlungstätigkeiten angestellt.
Gemäß § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind (unter anderem), eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
Gemäß § 79 c leg. cit. sind die nach § 77, § 79 oder § 79 b vorgeschriebenen Auflagen auf Antrag mit Bescheid aufzuheben oder abzuändern, wenn und soweit die Voraussetzungen für ihre Vorschreibung nicht mehr vorliegen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom , Zl. 99/04/0121, ausgesprochen hat, stellt diese Regelung nach ihrem eindeutigen Wortlaut keine Durchbrechung der Rechtskraft des die fragliche Auflage vorschreibenden Genehmigungsbescheides dar. Sie gibt vielmehr lediglich der Behörde die Möglichkeit, nachträglichen Änderungen des Sachverhaltes in Form des Wegfalles jener Tatsachen, die nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides die Voraussetzungen für die Vorschreibung der Auflage gebildeten haben, Rechnung zu tragen.
Die Beschwerdeführerin irrt daher zunächst, wenn sie meint, im Rahmen des Verfahrens nach § 79 c GewO 1994 könne es zu einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Vorschreibung der in Rede stehenden Auflagen mit dem Ergebnis kommen, dass überschießend vorgeschriebene Auflagen aufzuheben seien.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich aber auch der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin nicht anzuschließen, aus den von ihr in der Beschwerde aufgezeigten Umständen sei abzuleiten, dass die Voraussetzungen für die Vorschreibung der fraglichen Auflagen nachträglich weggefallen seien. Aus der Begründung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom , mit dem die in Rede stehenden Auflagen gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 vorgeschrieben wurden, ergibt sich zweifelsfrei, dass es Ziel dieser Auflagen war, sicherzustellen, dass die (auch in der Beschwerde genannten) Grenzwerte der Abwasseremissionsverordnung für lipophile Stoffe durch die aus der Küche der Betriebsanlage der Beschwerdeführerin stammenden Abwässer bei ihrer Einleitung in das Kanalsystem nicht überschritten werden. Es trifft daher auch nicht zu, wie die Beschwerde offensichtlich darzutun versucht, dass sich die Voraussetzungen für die Vorschreibung der in Rede stehenden Auflagen dadurch geändert hätten, als nunmehr die Einleitung von Küchenabwässern mit höherer Belastung an lipophilen Stoffen für unschädlich erachtet wird, als dies bei Vorschreibung dieser Auflagen der Fall war.
Wie sich aus § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1994 ergibt, ist der Gewässerschutz im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens nach § 77 bzw. § 79 GewO 1994 - vorbehaltlich der Bestimmung des § 356 b GewO 1999 - von der Gewerbebehörde nur dann wahrzunehmen, wenn nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist. Die mit der WRG-Novelle 1997 erfolgte Rücknahme der Bewilligungspflicht für bestimmte Direkteinleiter vermag daher schließlich schon aus diesem Grund die Tatbestandsvoraussetzung des § 79 c GewO 1994 des Wegfalles der Voraussetzungen für die Vorschreibung der fraglichen Auflagen nicht zu erfüllen.
Zusammenfassend lässt somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am