VwGH vom 29.09.1997, 96/17/0331

VwGH vom 29.09.1997, 96/17/0331

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-05/K/23/00135/95, betreffend Übertretung nach dem Wiener Parkometergesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Schreiben vom richtete der Magistrat der Stadt Wien - nach vorangegangener Strafverfügung wegen Verkürzung der Parkometerabgabe und Einspruch des Beschwerdeführers - an den Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer das Ersuchen, darüber Auskunft zu geben, wem er das dem behördlichen Kennzeichen nach näher bestimmte Fahrzeug, welches zu einem angegebenen Zeitpunkt in einer näher bezeichneten gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt gewesen sei, zu diesem Zeitpunkt überlassen gehabt habe.

Der Beschwerdeführer, ein Rechtsanwalt, gab in seinem fristgerecht erstatteten Antwortschreiben bekannt, daß der Lenker des Kraftfahrzeuges zum angefragten Zeitpunkt gewesen sei:

"W. F.,

E.-straße 55/20/2

in 1220 Wien.

Um Kenntnisnahme wird gebeten.

W. F."

In einem daraufhin gegen den gleichnamigen - an derselben Adresse wie der Beschwerdeführer wohnhaften - Sohn des Beschwerdeführers eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren wegen Verkürzung der Parkometerabgabe erstattete dieser - vertreten durch den Beschwerdeführer - Rechtfertigungsschriftsätze, in denen er bestritt, das gegenständliche Fahrzeug am bezeichneten Tag in Betrieb gehabt zu haben. Offenbar sei sein Name in der Lenkerbekanntgabe unrichtig oder irrtümlich angeführt worden. Dieses Vorbringen wiederholte er nach Anfrage durch die Behörde und ergänzte, daß er das Fahrzeug auch an keine andere Person weitergegeben habe. (Vgl. auch die insoweit ähnlich gelagerten Sachverhalte, die den hg. Erkenntnissen vom , Zlen. 95/17/0187 u.a., und vom ,

Zlen. 96/17/0332, 0408, zugrunde lagen; jeweils betreffend Verletzung der Auskunftspflicht nach § 1a Wr. Parkometergesetz durch den Beschwerdeführer.)

Daraufhin leitete die Erstbehörde das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen Verkürzung der Parkometerabgabe ein und richtete an diesen mit Schreiben vom eine Aufforderung zur Rechtfertigung. Der Rechtfertigungsschriftsatz vom wies zwar im Rubrum als Einschreiter "W.F., E.-Straße 55/20/2, 1220 Wien, vertreten durch" den beschwerdeführenden Rechtsanwalt auf und trug auch eine falsche Geschäftszahl (nämlich die des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Sohn des Beschwerdeführers), stammte aber dem Inhalt nach vom Beschwerdeführer selbst. Darin wurde vorgebracht, daß irrtümlich der Sohn des Beschwerdeführers als Lenker bekanntgegeben worden sei. Tatsächlich sei das Kraftfahrzeug jedoch von Frau A.B., die für einen kurzfristigen Besuch in Wien geweilt habe, benützt worden. Die Adresse werde innerhalb von 14 Tagen bekannt gegeben, weil diese erst ausfindig gemacht werden müsse. Es werde sich in der Folge ergeben, daß allenfalls von dieser Lenkerin oder einer anderen Person, der das Fahrzeug überlassen gewesen sei, das inkriminierte Delikt gesetzt worden sei. Um Einräumung der 14-tägigen Frist zur Bekanntgabe der Zustellanschrift werde gebeten.

1.2. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom wurde der Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer schuldig erkannt, er habe das näher bestimmte Kraftfahrzeug am um 13.58 Uhr in einer bestimmten gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne für sein Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben, da der Parkschein gefehlt habe. Demnach habe er die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt. Er habe dadurch § 1 Abs. 3 iVm § 4 Abs. 1 Parkometergesetz, LGBl. für Wien Nr. 47/1974, in der geltenden Fassung verletzt. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von S 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 19 Stunden) verhängt.

Begründend führte die Behörde in diesem Bescheid im wesentlichen aus, daß schon aus der Lenkerauskunft des Beschwerdeführers nicht eindeutig erkennbar gewesen sei, ob das Kraftfahrzeug vom Beschwerdeführer oder von seinem gleichnamigen Sohn gelenkt worden sei. Die Lenkereigenschaft sei dann sowohl vom Beschwerdeführer als auch von seinem Sohn bestritten worden. In der Folge habe der Beschwerdeführer eine weitere Person, die - möglicherweise - das Fahrzeug gelenkt haben könnte, genannt. In dieser Situation scheine die Behauptung des Beschwerdeführers, das Lenken seines Fahrzeuges einer anderen Person überlassen zu haben, unglaubwürdig. Es lasse dies vielmehr darauf schließen, daß der Beschwerdeführer selbst das Fahrzeug ohne Entrichtung der Parkometerabgabe in der Kurzparkzone abgestellt habe und nur versuche, diesen Umstand vor der Behörde zu verbergen, um sich selbst der Verantwortung für die strafbare Handlung zu entziehen.

Am langte bei der Erstbehörde neuerlich ein mit datierter Schriftsatz ein, in dem die Adresse der Frau A.B. in Ungarn bekanntgegeben wurde. Dieser Schriftsatz konnte laut Aktenvermerk vom infolge der vom Beschwerdeführer unrichtig angeführten Geschäftszahl erst nach Abfertigung des genannten Straferkenntnisses dem Akt angeschlossen werden. Auch dieser Schriftsatz nannte im Rubrum als Einschreiter: "W.F., E.-Straße 55/20/2, 1220 Wien, vertreten durch: Rechtsanwalt Dr. W.F., ..." und war mit "W.F." gezeichnet.

In der gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, "schon durch die Unterlassung der angegebenen Lenkerin als Beweismittel" sei das erstinstanzliche Verfahren jedenfalls mangelhaft geblieben. Die Beweiswürdigung sei unrichtig und nicht nachvollziehbar. Es sei unerfindlich, woraus die Erstbehörde auf seine Täterschaft schließe.

1.3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt. Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, sie schließe sich der von der Erstbehörde vorgenommenen Würdigung des Vorbringens des Beschwerdeführers vollinhaltlich an, zumal in einem parallelen Berufungsverfahren desselben Beschuldigten wegen Verkürzung der Parkometerabgabe die auch dort als Lenkerin bezeichnete Frau A.B. schriftlich zur Stellungnahme und zu verschiedenen (ihren Aufenthalt in Österreich betreffenden) Angaben aufgefordert worden sei. Dieses Schreiben sei unbeantwortet geblieben und der Beschwerdeführer in der Folge aufgefordert worden, seinerseits eine Erklärung der Frau A.B. beizubringen. Der Beschwerdeführer habe keine derartige Erklärung beibringen können, jedoch verschiedene Reisepaßkopien vorgelegt, die im bezeichneten Berufungsverfahren (Bescheid der belangen Behörde vom , Zl. UVS-05/K/21/00134/95) nicht als geeignet befunden worden seien, den Aufenthalt der Frau A.B. zum dortigen Tatzeitpunkt () glaubhaft zu machen. Im übrigen legte die belangte Behörde ihre Erwägungen zur Strafbemessung dar.

1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nicht bestraft zu werden, verletzt.

1.5. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und verzeichnete an Kosten den Vorlageaufwand von S 565,--.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 1 Abs. 3 Wr. Parkometergesetz, LGBl. Nr. 47/1974 hat jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abstellt, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.

Gemäß § 4 Abs. 1 Wr. Parkometergesetz in der Fassung LGBl. Nr. 30/1977 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 3.000 S zu bestrafen.

2.2. Im vorliegenden Fall ist allein strittig, ob die belangte Behörde ohne weitere Ermittlungen auf die Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers schließen durfte.

Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, daß in der Frage der Beweiswürdigung die Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes darauf eingeschränkt ist, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die hiebei angestellten Erwägungen schlüssig sind, weshalb es dem Gerichtshof verwehrt ist, die vorgenommene Beweiswürdigung darüber hinaus auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen (vgl. dazu insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 85/02/0053, sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/17/0058).

Die Bezeichnung einer Person, die sich ständig oder überwiegend im Ausland aufhält, als verantwortlicher Lenker, verpflichtet den beschuldigten Zulassungsbesitzer zu einer verstärkten Mitwirkungspflicht. Dennoch wird die Behörde im Normalfall den Versuch zu unternehmen haben, mit der als Lenker genannten Person im Ausland in Kontakt zu treten oder den Zulassungsbesitzer zur Glaubhaftmachung der Existenz der Person und ihres Aufenthaltes im Inland auffordern müssen (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 88/02/0210, und vom , Zl. 86/03/0125, sowie das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 90/18/0091, VwSlg. 13451/A).

Im vorliegenden Fall kann jedoch im Unterbleiben der an sich gebotenen, weiteren Ermittlungen kein zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führender, wesentlicher Verfahrensmangel erblickt werden. Aufgrund der irreführenden und wechselnden Angaben des Beschuldigten in seiner Lenkerauskunft bzw. im Verwaltungsstrafverfahren und unter Berücksichtigung der Beweisergebnisse in dem im bekämpften Bescheid bezeichneten Parallelverfahren war die belangte Behörde hier berechtigt, von weiteren Ermittlungen - die in dem Parallelverfahren unbestritten durchgeführt worden waren und dort zu keinem anderen Ergebnis geführt hatten - abzusehen, und die Verantwortung des Beschwerdeführers als unglaubwürdig zu qualifizieren.

Die bereits von der Erstbehörde aus der unklaren - nach eigener Behauptung des Beschwerdeführers - falschen Lenkerauskunft und dem darauf folgenden Verwaltungsgeschehen gezogene Folgerungen, der Beschwerdeführer habe selbst sein Fahrzeug ohne Entrichtung der Parkometerabgabe in der Kurzparkzone abgestellt, und versuche nur, diesen Umstand vor der Behörde zu verbergen, um sich selbst der Verantwortung zu entziehen, können im speziellen Fall nicht als unschlüssig erkannt werden. (Auf die weitgehend ähnlichen Versuche des Beschwerdeführers in zahlreichen anderen Verwaltungsstrafverfahren wegen Verletzung der Auskunftspflicht nach § 1a Wr. Parkometergesetz bzw. nach § 103 Abs. 2 KFG, die Behörde durch unklare und irreführende Auskünfte und Bekanntgaben in aufwendige Ermittlungen und in Strafverfahren gegen andere Personen zu verstricken, sei an dieser Stelle hingewiesen: Vgl. neben den bereits oben unter 1.1. genannten hg. Erkenntnissen etwa auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/02/0075, sowie vom , Zl. 96/17/0097.)

In der Beschwerde wird auch nicht vorgebracht, daß der Beschwerdeführer hier - anders als in dem von der Behörde als Begründung für das Absehen von weiteren Ermittlungen herangezogenen Parallelverfahren - in der Lage gewesen wäre, die Täterschaft der von ihm genannten Person glaubhaft zu machen, und warum weitere Ermittlungsschritte der belangten Behörde in diesem Fall zu anderen Ergebnissen führen hätten können. Der Beschwerdehinweis, das Verhalten der angegebenen Lenkerin im gegenständlichen Verfahren könne auch von der belangten Behörde nicht vorausgesehen werden, kann im vorliegenden Fall nicht als ausreichende Darlegung der Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels angesehen werden.

2.3. Das Unterbleiben einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde wurde vom Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof zu Recht nicht gerügt. Nach der hiefür maßgeblichen Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides mußte die belangte Behörde nämlich eine öffentliche mündliche Verhandlung im Hinblick auf die Höhe der verhängten Strafe nur über ausdrückliches Verlangen einer Partei durchführen (§ 51e Abs. 2 VStG idF BGBl. Nr. 620/1995), welches nicht vorlag.

Auch vor dem Verwaltungsgerichthof wurde die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragt (vgl. § 39 Abs. 1 Z. 1 VwGG).

2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt wird.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.