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VwGH vom 16.11.1998, 96/17/0329

VwGH vom 16.11.1998, 96/17/0329

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde vormals der R AG, vertreten durch D, Rechtsanwalt in S, nunmehr des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen der R AG, Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Oesterreichischen Nationalbank vom , Zl. RECHT 2/12/1996, betreffend Vorlage von Geschäftsbüchern und Belegen sowie Auskunftserteilung nach dem Devisengesetz, die belangte Behörde vertreten durch C, Partnerschaft von Rechtsanwälten in P, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid wurde die beschwerdeführende Partei "gemäß § 20 Abs. 1 des Devisengesetzes" aufgefordert, "zwecks Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des Devisengesetzes

1. binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides der Oesterreichischen Nationalbank sämtliche devisenwirtschaftlich erheblichen Geschäftsbücher und Belege, soweit sie den Zeitraum vom bis betreffen, vorzulegen und

2. über eine gesonderte, noch zu ergehende formlose Aufforderung alle Auskünfte zu erteilen, welche die in Ziffer 1 genannten Geschäftsbücher und Belege sowie die darin verzeichneten Geschäfte betreffen".

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom , B 748/96-12, die Behandlung der dagegen zunächst an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat diese in der Folge mit Beschluß vom dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab.

In der - ergänzten - Beschwerde erachtet sich die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihrem "aus § 20 Abs. 1 DevG herrührenden Recht, nur soweit dies für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des DevG oder zur Erstellung der Zahlungsbilanz erforderlich ist, Bücher und Belege der OeNB vorlegen zu müssen", sowie in ihrem aus § 59 AVG herrührenden Recht, daß der Bescheidspruch das allenfalls gebotene Verhalten präzise festlegt - hier also gattungsmäßig umschrieben die herauszugebenden Geschäftsbücher und Belege bezeichnet - und "nicht bloß ohne eine solche Konkretisierung den Gesetzeswortlaut schablonenhaft wiedergibt", weiter in ihrem Recht auf Wahrung des Bankgeheimnisses (§ 38 BWG) und in ihrem Recht auf Parteiengehör und sorgfältige Berücksichtigung des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens verletzt.

Die beschwerdeführende Partei stellt den Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde und inhaltlicher Rechtswidrigkeit, "in eventu" wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie den Antrag stellt, die Beschwerde abzuweisen und der beschwerdeführenden Partei den Ersatz der Verfahrenskosten der belangten Behörde aufzuerlegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Zusammenhang mit den an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeausführungen erblickt die beschwerdeführende Partei die Unzuständigkeit der belangten Behörde in einem Verstoß des Devisengesetzes gegen Art. 102 B-VG. Nach der zuletzt genannten Bestimmung sei die gesamte staatliche Verwaltung in den Ländern durch den Landeshauptmann und durch die ihm unterstellten Behörden zu vollziehen. Dem widerspreche die Präambel zum Devisengesetz, wonach die Oesterreichische Nationalbank mit dessen Vollzug betraut sei. Das Devisengesetz sei daher insoweit verfassungswidrig. Daran könne auch Art. IV des Finanzmarktanpassungsgesetzes 1993, BGBl. Nr. 352, nichts ändern, weil zwar durch dieses Gesetz die Worte "Geld,- Kredit,- Börse,- Bank- und Versicherungswesen" in den Art. 102 Abs. 2 B-VG aufgenommen worden seien, dies jedoch entgegen Art. 44 Abs. 1 B-VG nicht als ausdrücklich so bezeichnete Verfassungsbestimmung.

Abgesehen davon, daß der Verfassungsgerichtshof auf diese Argumentation nicht näher eingegangen ist und - wie erwähnt - die Behandlung der Beschwerde abgelehnt hat, erachtet der Verwaltungsgerichtshof die belangte Behörde nicht als unzuständig. Wie Potacs, Die Rechtsstellung der Oesterreichischen Nationalbank als Devisenbehörde im Lichte der jüngeren Judikatur des VfGH zur mittelbaren Bundesverwaltung, ZfV 1989, 109, auch unter Bezugnahme auf die vom Verfassungsgesetzgeber vorgefundene Rechtslage ("Versteinerung") überzeugend dargelegt hat, widerspricht die Betrauung der Nationalbank mit den Aufgaben der Devisenbewirtschaftung einschließlich der (nunmehr im § 20 Abs. 1 Devisengesetz geregelten) Überwachung der Einhaltung der Devisenbestimmungen nicht dem Art. 102 B-VG in der Fassung vor dem Art. IV des Finanzmarktanpassungsgesetzes 1993. Daß das zuletzt genannte Gesetz - wie in der Beschwerde ausgeführt - nicht gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG kundgemacht wurde, ist daher nicht entscheidend.

Gemäß § 20 Abs. 1 erster Satz des Devisengesetzes, BGBl. Nr. 162/1946, idF BGBl. Nr. 34/1992, ist die Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes von der Oesterreichischen Nationalbank zu überwachen. Sie kann von jedermann Auskünfte und Meldungen über devisenwirtschaftlich erhebliche Umstände, Geschäfte und Handlungen und die Vorlage von Büchern und sonstigen Belegen verlangen, soweit dies für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder zur Erstellung der Zahlungsbilanz erforderlich ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 94/17/0297, (veröffentlicht etwa in AnwBl. 1995, 4991 (Arnold) = JBl. 1995, 336 = ÖStZB 1995, 407 = WBl 1995, 256 = ÖBA 1995/51 = HS 25.295) dargelegt hat, steht der Pflicht der beschwerdeführenden Partei, aufgrund dieser Gesetzesbestimmung Auskunft zu erteilen, das Bankgeheimnis (§ 38 BWG) nicht entgegen. Die dagegen in der Beschwerde vorgebrachten Argumente überzeugen nicht, so daß der Verwaltungsgerichtshof an seiner bisherigen Rechtsprechung festhält (vgl. auch die zustimmende Anmerkung von Arnold aaO). Die Annahme eines Redaktionsversehens beim Übergang vom KWG auf das BWG wird durch den Hinweis auf den Gesetzeswortlaut gerade nicht widerlegt, läßt sich doch weder diesem noch den Materialien entnehmen, daß von § 36 Abs. 4 Z. 3 KWG abgegangen werden sollte. Dem Argument, einer devisenrechtlichen Kontrolle sei wegen der durch den Beitritt zur EG herabgeminderten Bedeutung vom Gesetzgeber eben nicht mehr jenes Schwergewicht wie zur Zeit der Geltung des KWG beigemessen worden, ist zu entgegnen, daß § 38 Abs. 1 zweiter Satz BWG - im systematischen Zusammenhang unmittelbar nach der Regelung des Bankgeheimnisses und noch vor den in Abs. 2 leg. cit. normierten Ausnahmen hievon - ausdrücklich den Fall regelt, daß (u.a.) Organen der belangten Behörde bei ihrer dienstlichen Tätigkeit Tatsachen bekannt werden, die dem Bankgeheimnis unterliegen. Hätte der Gesetzgeber - dem die Bestimmungen des Devisengesetzes bekannt waren - der darin geregelten Tätigkeit der belangten Behörde tatsächlich so wenig Bedeutung zugemessen, wie dies die beschwerdeführende Partei annimmt, so wäre die erwähnte Regelung in diesem systematischen Zusammenhang nicht nötig gewesen.

Die beschwerdeführende Partei rügt vor dem Gerichtshof einen Verstoß der belangten Behörde gegen die ihr obliegende Pflicht zur Begründung des bekämpften Bescheides. In diesem werde nicht dargelegt, aus welchen Gründen die belangte Behörde gegenüber der beschwerdeführenden Partei von ihrem Kontrollrecht im Sinne des § 20 Abs. 1 Devisengesetz Gebrauch mache. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß die Begründung eines Bescheides erkennen lassen, welchen Sachverhalt die Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat, aus welchen Erwägungen sie zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welche Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I unter E 19 zu § 60 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Die belangte Behörde hat im bekämpften Bescheid unter Hinweis auf die sich aus § 20 Abs. 1 des Devisengesetzes ergebenden Auskunftspflicht ausgeführt, daß die beschwerdeführende Partei "im Rahmen der Verpflichtung zur Überwachung der Einhaltung devisenrechtlicher Vorschriften, insbesondere ob ... bei der Abwicklung der Geschäfte die mit den v.e. Ermächtigungen festgesetzten Rahmenbedingungen eingehalten hat, mit Schreiben vom aufgefordert" worden sei, "die Handelsbücher und Belege für den Zeitraum bis vorzulegen und gegebenenfalls entsprechende Auskünfte zu erteilen". Auch mit weiteren Schreiben vom und vom habe die belangte Behörde Auskünfte über einzelne von der beschwerdeführenden Partei im Jahr 1994 getätigten Geschäfte verlangt. Diese Ersuchen seien von der beschwerdeführenden Partei mit dem Hinweis auf das Bankgeheimnis abgelehnt worden, wobei die beschwerdeführende Partei die Erlassung eines Bescheides verlangt habe. Da die Einsichtnahme in die bescheidgegenständlichen Unterlagen nach wie vor erforderlich sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Die belangte Behörde hat damit nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes eine ausreichende Begründung für die Erlassung des Bescheides gegeben. Die Aufnahme der Erwägungen, die die belangte Behörde zur Ausübung ihrer devisenrechtlichen Aufsicht gerade bei der beschwerdeführenden Partei veranlaßt haben, in die Begründung des Bescheides sind nicht vom Rechtsschutzinteresse der Partei erfaßt (zum Ausmaß der Begründungspflicht im Hinblick auf dieses vgl. etwa die von Walter/Thienel aaO unter E 35 und E 36 zu § 60 AVG zitierte hg. Rechtsprechung). Eine andere Ansicht würde bedeuten, daß der zu Kontrollierende die Richtigkeit und Rechtmäßigkeit seiner Auswahl bekämpfen könnte, was zweifellos nicht im Sinne der durch § 20 Abs. 1 Devisengesetz angestrebten effizienten und umfassenden Kontrolle gelegen wäre.

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich weiters durch die Leistungsfrist von zwei Wochen ab Zustellung des Bescheides beschwert. Dies deshalb, da "über alle Urkunden, die an die OeNB herausgegeben werden, notariell beglaubigte Gleichschriften hergestellt werden mußten, um zu verhindern, daß der beschwerdeführenden Partei Urkunden unterschoben werden oder Urkunden als nicht überreicht bezeichnet wurden".

Damit bestreitet die beschwerdeführende Partei nicht, daß


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ohne die Herstellung notariell beglaubigter Gleichschriften - eine Erfüllung des im Bescheid erteilten Auftrages innerhalb der darin gesetzten Leistungsfrist möglich gewesen und sie daher durch die Leistungsfrist nicht beschwert gewesen wäre. Die Herstellung der notariell beglaubigten Gleichschriften ist indes im bekämpften Bescheid nicht verlangt und auch sonst von der Rechtsordnung nicht vorgeschrieben. Wenn die beschwerdeführende Partei eine derartige Vorgangsweise für notwendig erachtete, hat sie die dadurch
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behauptete - Unmöglichkeit der Einhaltung der Leistungsfrist zu vertreten. Die beschwerdeführende Partei hat auch nicht dargelegt, warum ihr - das behauptete Sicherungsbedürfnis einmal vorausgesetzt - eine andere, weniger zeitaufwendige Art der Dokumentation der übergebenen Urkunden nicht möglich gewesen wäre.

Die beschwerdeführende Partei erblickt schließlich eine weitere Rechtswidrigkeit darin, daß der bekämpfte Bescheid unter Wiederholung der Worte des Gesetzes verlange, "sämtliche devisenwirtschaftlich erhebliche Geschäftsbücher und Belege" eines näher umschriebenen Zeitraumes vorzulegen. Dies sei ungeeignet, das Verhalten, das die beschwerdeführende Partei an den Tag legen solle, hinreichend zu konkretisieren.

Es trifft zu, daß der Spruch eines Bescheides, mit dem eine Verpflichtung auferlegt wird, so bestimmt gefaßt sein muß, daß einerseits dem Bescheidadressaten die überprüfbare Möglichkeit gegeben wird, dem Leistungsauftrag zu entsprechen, und andererseits ohne weiteres Ermittlungsverfahren und neuerliche Entscheidung eine Vollstreckungsverfügung im Rahmen einer allfälligen - ihrem Umfang nach deutlich abgegrenzten Ersatzvornahme - ergehen kann (vgl. nur die bei Walter/Thienel aaO unter E 63 zu § 59 AVG angeführte ständige hg. Rechtsprechung). Von der beschwerdeführenden Partei wird aber nicht vorgebracht, daß es ihr - wie etwa anderen als sachkundig anzusehenden Personen - unmöglich wäre, die devisenwirtschaftliche Erheblichkeit von Geschäftsbüchern und Belegen (eines näher bestimmten Zeitraumes) zu erkennen und diese vorzulegen. Anders aber als bei einem fest umrissenen Verfahrensgegenstand liegt es in der Natur eines Auskunftsverlangens nach § 20 Abs. 1 Devisengesetz, daß eine andere Bezeichnung der zu erteilenden Auskünfte bzw. der vorzulegenden Geschäftsbücher und Belege als nach allgemeinen Gattungsbegriffen in der Regel nicht möglich sein wird. Dabei erscheint die vom Gesetz gewählte Umschreibung "devisenwirtschaftlich erhebliche Umstände" als umfassendster Begriff zur Konkretisierung des Begehrens gerade (noch) geeignet.

Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 im Rahmen des gestellten Begehrens. Stempelgebühren für die Einbringung der Gegenschrift waren nicht zuzuerkennen, da die belangte Behörde gemäß § 72 Abs. 3 NBG gebührenbefreit ist.

Wien, am